Receiver (III): Der zweite Tag 2021

Ostern bedeutet noch mehr Zeit für Scouting Reports. Hier nun die dritte Ladung spannender Receiver innerhalb von drei Tagen.

Teil 1: Einführung in die Receiver-Positionen sowie die Top-Prospects Chase, Smith und Waddle.

Teil 2: Die erweiterte Spitze mit Bateman, Toney, Elijah Moore und Rondale Moore.

Nun schauen wir auf ein paar Receiver, die für den zweiten Tag spannend sein könnten. Und ich kann euch versprechen, es gibt Überraschungen. Wie immer gilt: Reihenfolge der Vorstellung ungleich Ranking.

Terrace Marshall, LSU (Junior)

6‘3, 205, Arms 30 ¾, Hands 9 5/8

40: 4.38 // Vert: 41 // Shuttle: 3.99 / Cone: 6.96

  • Als true Freshman Backup-WR mit wenigen Einsätzen.
  • Große Steigerung in der legendären LSU-Offense um QB Joe Burrow, zwischendrin aber einige Wochen verletzungsbedingter Ausfall. Dennoch 671 Yards und 13 TDs.
  • Go-to-guy 2020: 48 Catches für 731 Yards und 10 TDs, bevor er für die letzten irrelevanten Wochen den Opt Out wählte.

Mein früher Take:

Nö, hier gibts einen späten:

Scouting:

  • Testwerte sicherlich etwas optimistisch, überraschen mich aber nicht. Echter Height-Weight-Speed-Prospect.
  • 2019 primär außen gespielt, 2020 nach dem Abgang von Justin Jefferson vermehrt als Big Slot. Mochte ihn außen mehr, ist aber variabel einsetzbar.
  • Nicht nur guter straight-line Athlet auf dem Feld, sondern ziemlich netter Fluidität für seine Größe.
  • Kein eindimensionaler Route Tree, läuft nicht nur die üblichen Big WR-Routes (Hook, Slant, Post, Go). Vernünftige short area Quickness dank richtig guter Foot Quickness und Hüftarbeit, sieht man bspw. bei den Out Routes, die nicht driften. Dank seiner Fußarbeit ist auch noch mehr zu holen in den kommenden Jahren.
  • Agiert nach Release mit effektiven Stutter Steps, müsste vielleicht noch mehr Varianten entwickeln.
  • Müsste aber insgesamt seine Physis viel mehr ausspielen: sowohl gegen Press und Bump & Run Coverage als auch im Blocking. Manchmal entsteht der Eindruck, er weiß gar nicht, was für einen Körper er besitzt.
  • Hat selten Press gesehen. Wie gut ist er da? Projectet er für den X-WR?
  • Effektiv in Zone Coverage. Findet Lücken, bietet sich bei Scramble Drills immer wieder sinnvoll als Passempfänger an.
  • Beeindruckender Catch Radius: Sicherst auch ungenaue Bälle in den Rücken oder unterworfen (beweist seine Flexibilität für großen WR)
  • Viel zu viele Drops – und ich sehe eigentlich keinen Grund dafür. Hat weiche Hände, ist disziplinierter Hands Catcher. Nur Konzentration oder mehr?
  • Kommt regelmäßig zurück zum Pass, verhindert damit Plays der CBs auf den Ball. Guter Handeinsatz vor und am Catch Point, ohne Foul zu spielen. Aber keiner, der viel mit seiner Sprungkraft macht, eher mit seinem Körper, seinen langen Armen und seinem Positioning.
  • Setzt seinen Körper als Shield ein, nicht nur bei Crossing Routes. Agiert wie ein Basketballspieler.
  • Echte Red Zone-Waffe (von denen es unter den Top-Prospects nicht so wahnsinnig viele gibt).
  • Braucht etwas Feuer unterm Arsch, um sein Potenzial voll auszuschöpfen.

Fazit: Terrace Marshall hat ein ungewöhnliches Profil für einen großen Receiver, was allerdings auf seine Variabilität verweist. Wenn man aus ihm noch mehr Big WR-Skills herauskitzelt, könnte er die große Überraschung der Klasse werden. Könnte von Big Slot bis X alle Positionen spielen, braucht insbesondere für letzteres noch etwas Feinschliff. Enorm spannender Prospect. Early 2nd round, würde mich aber nicht überraschen, wenn er in real in die späte 1st rutscht.

Anspieltipp:

Trotz überraschender Niederlage gegen Missouri war die Leistung von Marshall herausragend. HieltLSU fast eigenhändig im Spiel.

Tylan Wallace, Oklahoma State (Senior)

5’11, 194, Arms 30 3/8, Hands 9 3/8

40: 4.48 // Vert: 33 // Shuttle: 4.25 // Cone: 6.97

  • Backup als true Freshman 2017
  • Absolute Breakout-Saison 2018 mit 86 Catches für 1491 Yards und 12 TDs. Finalist des Biletnikoff Award als bester WR im College Football.
  • 2019 verlief ähnlich gut – bis zum Kreuzbandriss spät in der Saison. Daher entschied er sich, für seine Senior Season in Stillwater zu bleiben.
  • 2020 weiterhin auf hohem Niveau: 59 – 922 – 6 TDs.

Mein früher Take:

Ich war im College bekennender Wallace-Fan und habe seit 2018 eigentlich immer dasselbe geschrieben:

Verlassen kann er sich dabei vor allem auf So. WR Tylan Wallace, der sich langsam zum Superstar mausert. Ich habe selten einen so ‚kleinen‘ WR gesehen (ist mit 6’0, 185 angegeben), der am catch point derart physisch agiert und eine Menge contested Catches für sich entscheiden kann. Dazu ist sein deep Speed immer zu beachten, wie u.a. Texas‘ erstklassiger CB Kris Boyd schmerzlich erfahren musste.

https://tripleoptionblog.wordpress.com/2018/11/17/vorschau-woche-12-die-ruhe-vor-dem-sturm/

Scouting:

  • Nach Statur und Testwerten kein großer, langarmiger und sprungkräftiger Receiver, aber wie gesagt: Auf dem Spielfeld sieht das ganz anders aus. Große Statur-Spielstil-Diskrepanz.
  • Meist als X-WR gespielt, fast immer auf der rechten Seite aufgestellt.
  • Releases inkonstant. Grundsätzlich kein schlechtes Footwork, sieht fluide aus. Aber schlechte outside Releases gegen Press, lässt sich viel zu leicht re-routen und landet oft im Aus. Braucht stärkere Armarbeit und -technik gegen Press.
  • Ansonsten aber schöne Release Fakes (insbesondere outside/inside) inklusive Head Fakes. Daher effektive Separation bei Slants.
  • Gute Releases und Route Stem bei Off, fliegt öfter am CB vorbei mit build-up Beschleunigung. Zwar nicht der super Burst, aber setzt den vorhandenen effizient ein.
  • Ist keinen variablen Route Tree gelaufen. Nicht der nuancierteste Route Runner. Hier brauchts Feinschliff, seine Cuts und Breaks zeigen aber durchaus einiges Entwicklungspotenzial. Gerade bei Hooks und Comebacks ziemlich regelmäßig gute Separation.
  • Hat vernünftigen deep Speed, ist aber nicht super twitchy und beweglich. Deep Separation mal so, mal so. Kann sich nicht immer vom CB lösen.
  • Gute Armarbeit auf der Route und nahe der Sideline. Überhaupt ist Wallace ein Sideline Wizard. Tolle Körperkontrolle an der Sideline und v.a. in der Luft. Top Backshoulder Catches. Kann unter größter Bedrängnis oder in ungünstiger Situation den Ball noch fangen und kriegt den Fuß noch ins Feld.
  • Super am Catch Point, insbesondere was high-pointing des Balles und Body Positioning betrifft. Fängt sicher auch weit außerhalb seines Körpers. Spielt so viel größer, als er ist. Bester kleiner Contested Catch-Receiver der letzten Jahre. Nur: Wie projectet das für die NFL?
  • Ab und an ein unnötiger Drop (insbesondere 2018, sind danach aber weniger geworden).
  • Yards after Catch eher im mittleren Bereich. Ist nunmal weder der Burner noch hat er besondere Moves oder beeindruckende Power. Allerdings tough und physisch nach dem Catch: Kein fancy Rumgetänzel. Nimmt den Kopf runter und geht rein. Ganz gute Contact Balance, ab und an spektakulär, dann wiederum nur mäßig effektiv. Woran liegts?

Fazit: Wie gesagt, ich war großer Fan von Tylan Wallace am College, habe nach genauerem Studium doch ein paar mehr Fragezeichen als angenommen. Netter straight-line WR mit Potenziel für bessere Routes. Kann er außen spielen und sich gegen Press verbessern? Oder muss er in den Slot? Ist er da ähnlich effektiv. Dennoch für mich ein Day 2-Kandidat, so im Bereich early 3rd.

Anspieltipp:

Wallace war der entscheidende Spieler beim Sieg über Texas 2018. Ist zwar aus seiner Sophomore Season, lohnt sich dennoch.

D’Wayne Eskridge, Western Michigan (redshirt Senior)

5`9, 188, Arms 30 1/8, Hands 9

40: 4.38 // Vert: 35 / Shuttle: 4.22 / Cone: 6.95

  • Einer der wenigen echten two-way player in der FBS: Hat Receiver und Cornerback gespielt, teils auch beides zugleich.
  • Zunächst primär Receiver: 2016 Backup, 2017 und 2018 deep threat (506 bzw. 776 Receiving Yards).
  • 2019 wurde er zum Cornerback umgeschult, bekam aber weiter Snaps in der Offense. Nach wenigen Spielen Saisonaus mit Schlüsselbeinbruch.
  • 2020 zurück auf Receiver – und wie: in sechs Spielen 768 Yards mit einem 23.3er Schnitt und 8 TDs.
  • Lange Karriere, daher bereits 24 Jahre alt.

Mein früher Take:

Bei Eskridge bin ich zugegebenermaßen ein wenig stolz, da ich den vor eigentlich allen anderen Medien als spannenden (Sleeper-)Prospect beworben habe. Zumindest habe ich nichts früheres gelesen. Aus meinem MAC-Preview des vergangenen Jahres:

Und vielleicht kehrt ja D’Wayne Eskridge zumindest teilweise in die Offense zurück. Eskridge ist einer der wenigen echten two-way player im (FBS) College Football, er kann sowohl WR als auch CB spielen. 2019 wurde er zum CB umgeschult, verletzte sich dann aber früh und verpasste die Saison. Mit seinem Weltklasse-Speed und seiner Explosivität ist er für beide Units eine Bereicherung. Eskridge ist als Playmaker für mich auch ein netter Sleeper-Prospect, wenngleich er diesbezüglich noch völlig unter dem Radar läuft. Aber mal schaun.

https://tripleoptionblog.wordpress.com/2020/11/04/preview-mac-west-2020/

„Mal schaun“ hat sich ausgezahlt. In der letzten Saison habe ich ihn dann regelmäßig begleitet:

Scouting:

  • Undersized Receiver mit eher kurzen Armen, aber fantastischem Speed und Burst
  • Hat bei den Broncos fast ausschließlich X-WR gespielt, wird in der NFL eher als Z-WR / Flanker projecten.
  • Burner-Speed. MAC-Cornerbacks hatten vertikal keine Chance gegen ihn.
  • Alles andere als eindimensionaler Speedster: Variable Releases gegen Press, vor allem herausragende Handarbeit gegen Press. Verhindert, dass der CB die Hände an seinen Körper bekommt. Schlägt die Jams weg mit Quickness und exzellentem Timing.
  • Megaschneller Release, Burst aus dem Stance ist enorm auf den ersten Schritten. Foot Quickness sorgt für explosive Releases, egal ob Press oder Off.
  • Wenn er in stride angespielt wird, isses vorbei. Slants (auch als RPO), Posts, Gos sind brandgefährlich. Dauernde TD-Gefahr.
  • Starkes Footwork auch während der Route. Sehr gute Separation bei Hooks und weiteren Comebacks. Hier merkt man seine CB-Erfahrung. Throttles down immediately, kaum Extraschritte.
  • Route Tree nicht besonders ausgereift. Zeigte aber enormes Potenzial beim Senior Bowl, wo er verschiedene gute Cornerbacks mit komplexen Routes ganz alt aussehen ließ (hatte ich hier etwas länger berichtet).
  • Big Plays, Big Plays, Big Plays!
  • Passfang inkonstant: Grundsätzlich sichere Hände, Hands Catcher, aber immer mal wieder lässt er zum Körper durch oder einen einfachen fallen, weil er sich zu früh zum Gegner dreht. Muss disziplinierter werden.
  • Catch Radius dagegen ziemlich gut für kleinen WR. Sichert sich auch zu hohe Bälle mit schnellen Reaktionen.
  • Contested Catch-Skills nicht besonders, hier macht sich dann sein kleiner Körper bemerkbar. Meist bei vertikalen Pässen aber eh genug Separation.
  • Moves im open field und in traffic okay, aber nicht besonders. Nicht das größte Arsenal, eher der north-south Runner. Bei Screens ist das ein Vorteil: kein Rumgetänzel.
  • Fantastische Spins ausm Contact bei Hooks, Hitches o.ä. Kann sofort den Nachbrenner einschalten (s. CMU Game).
  • Herausragende Return Skills: Speed plus Gefühl für Lanes
  • Ziemlich guter und aktiver Blocker mit Verständnis von Leverage. So physisch wie möglich. Mag ich bei so kleinen Kerlen.

Fazit: Ich mag da wegen der MAC und meiner langen Beschäftigung mit Dee Eskridge etwas biased sein, aber er ist ein verdammt spannender Spieler, der für die NFL den so attraktiven quick Speed bietet, aber nicht darauf reduziert werden kann. Ist etwas älter (weswegen ich ihn hier nochmal etwas nach unten gegradet habe), dennoch glaube ich, dass er überraschen wird. Early 2nd mit leichter Tendenz zur mid 2nd. Wird aber voraussichtlich (deutlich) später gehen.

Anspieltipp:

Gibt Spiele mit mehr Big Plays, dieses gegen Ball State um die MAC West-Krone demonstriert sein nicht rein vertikales Skillset aber ein wenig besser.

Dyami Brown, North Carolina (Junior)

6’0 5/8, 189, Arms 32 ¾, Hands 9 5/8

40: 4.46 // Vert: 35.5 // Shuttle: 4.35 // Cone: 6.87 // Bench: 18

  • Als true Freshman 2018 Backup mit gelegentlichen Einsätzen.
  • 2019 und 2020 dann einer der besten deep threats des Landes: erst 1034 Yards (20.3 Schnitt) und 12 TDs, dann 1099 Yards (20.0 Schnitt) und 8 TDs.

Meine frühen Takes:

Gabs nicht wirklich, daher präsentiere ich euch ein Spitzen-Wortspiel:

Scouting:

  • Size ist passabel, auffällig die recht langen Arme und großen Hände. Athletische Testunden ebenfalls wie erwartet: Gut, jedoch nicht herausragend.
  • Spielte fast ausschließlich outside, meist als X-WR, projectet in der NFL aber vielleicht eher als Z-WR.
  • Flinker Release von der Line of Scrimmage, wenngleich nicht besonders explosiv. Hat sehr viel gegen Off Coverage gespielt und diese ausgenutzt. Eher build-up Speed, daher hier besonders effektiv. Feierte das eine oder andere Fest gegen softe Zone Coverage der ACC Cornerbacks.
  • Weniger Erfahrung gegen Press, allerdings einige gute Reps dank gutem Footwork. Potemzial vorhanden, muss ausgebaut werden.
  • Kein herausragend komplizierter, aber auch kein komplett eindimensionaler Route Tree. Für die NFL braucht er hier mehr Variablilität.
  • Klar am besten bei vertikalen Routes. Verschafft sich Separation durch subtile Richtungsänderungen, Speed-Variationen und Stutters, seltener durch puren Speed. In einigen Reps allerdings Probleme, sich vom CB zu lösen. Frage: Reicht seine Athletik als primärer deep threat bei den Pros?
  • Comeback Routes mit plötzlichen Cuts besser als erwartet. Von daher nicht nur vertikal gefährlich. Aber: Wie siehts mit inside Routes aus?
  • Bei vertikalen Routes exzellentes Ball Tracking (sein bester Skill!). Schätzt die Flugkurve hervorragend ein, rennt unter den Ball. Top Konzentration, auch und gerade in traffic. Kann trotz eher dürrer Statur seinen Körper bei contested downfield Catches einsetzen. Gute Körperkontrolle. Ab und an subtiler Handeinsatz und Arm Bar.
  • Passable Hände. Fängt den Ball entfernt vom Körper, aber nicht immer sauberer Hands Catcher. Kaschiert viel mit seiner Body Control und einem engen Basket.
  • Nach dem Catch vernünftige Physis für seine Statur, lässt immer mal wieder einen aussteigen und geht nicht bei jedem Kontakt zu Boden. Keine besonderen Moves, eher der Glider.
  • Kein Top Burst, besonders erkennbar nach Catches von kurzen Pässen.
  • Guter und engagierter Blocker am Perimeter.

Fazit: Dyami Brown ist ein smoother deep threat Receiver, bei dem die Projection etwas unklar ist. Explosivität und Athletik sind absolut okay, aber reicht das für seine Spezialdisziplin? Wenn nicht, bräuchte er mehr Variabilität in seinem Spiel. Wieviel ist da wie schnell möglich? Sehe ihn daher leicht kritischer als die meisten. 3rd round.

Anspieltipp:

Im Shootout gegen Wake Forest zeigen sich Browns Skills recht anschaulich:

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