Rückschau Woche 5 (II): Die Topteams

Gestern habe ich mir die Big Ten-Teams etwas genauer angeschaut, heute gibts eine Auswahl an Spielen von weiteren gerankten Teams.

Missouri – #1 Georgia 22-26

Nach dem zu knappen Sieg gegen MAC-Team Kent State das zweite Spiel in Folge, in dem die Bulldogs nicht überzeugten. Gegen Mizzou wurde es sogar richtig eng: Georgia ging mit einem 12-22 Rückstand ins 4th quarter, konnte dann aber die Partie mit zwei Touchdown-Drives noch drehen.

Entgegen der landläufigen Narrative ist es nicht nur – oder sogar nicht unbedingt – die Offense, die für Probleme sorgt. Nach dem herausragenden Start scheint die Defense zumindest etwas anfälliger geworden zu sein – natürlich immer gemessen an dem Niveau, was wir von den Bulldogs gewohnt sind. Insgesamt ist die Truppe natürlich weiterhin stout, hat allerdings eine Tendenz offenbart, zu viele Big Plays abzugeben, und zwar nicht nur gegen den Pass, sondern ebenfalls gegen den Run. Ein paar Plays können immer mal passieren, etwa bei verlängerten Plays durch späte Rollouts und Scramble Drills (wie der Lob-Pass von QB Brady Cook auf WR Dominic Lovett an der Seitenlinie), doch das war mir insgesamt ein wenig zu viel. Selbst Top-CB Kelee Ringo gab ein langes Pass Play ab, als die Safeties zu aggressiv auf die Backfield-Motion bissen und er das Leverage-Duell gegen den Receiver verlor und die Innenseite freigab.

Die Unzufriedenheit innerhalb der Defense war merkbar, wie hier zwischen LB Jamon Dumas-Johnson und CB Kamari Lassiter:

Insgesamt sind 294 abgegebene Yards absolut im Rahmen, aber die Chunk Plays kamen zu häufig: 63 Yard Run, 28 Yard Run, 36 Yard Pass, 46 Yard Pass – das war man einfach in der Form nicht gewohnt (von Spielen gegen Alabama einmal abgesehen). Der eine größere Wermutstropfen war die Knieverletzung von Star-DT Jalen Carter bei einem etwas dirty wirkenden tiefen Block des Tigers O-Liners. Hier bleibt abzuwarten, wann er zurückkehren kann.

Missouri hat das in Anbetracht ihres vorhandenen Rosters erstaunlich gut gemacht. Und, wie die treue Leserschaft dieses Blogs weiß: Ich liebe Fake WR Screens und darauf aufbauende Pässe auf die designierten Vorblocker (natürlich erst recht, wenn sie auf einen Ex-Bull wie TE Tyler Stephens gehen).

In den entscheidenden Momentan stoppten die Bulldogs allerdings den Tigers Angriff. Dadurch musste K Harrison Mevis jede Menge langer FGs versuchen (die er allesamt versenkte). Das kürzeste FG – bzw. besser: sein Zustandekommen – war aber wohl einer der Schlüsselmomente des Spiels. Falls jemand vergessen haben sollte, wie wichtig Hustle sein kann: Tigers RB Cody Schrader bricht nach Cutback durch und wird von S Malaki Starks kurz vor der Endzone noch erwischt.

Sowas sieht oft nach nicht viel aus, aber Mizzou muss im Anschluss nach 1st and goal von der 1 u.a. aufgrund eines False Starts ein FG kicken. Ein 3-20 wäre noch einmal eine andere Hypothek gewesen. Starks zeigt also auch in diesem Bereich seine Klasse. Was für ein Freshman.

Auf der anderen Seite schoss sich die Bulldogs Offense mit zwei frühen Turnovers zu Beginn selbst in den Fuß. Erst der Fumble von RB Kendall Milton (großartig forciert von LB Ty’Ron Hopper, der eh ein fantastisches Spiel machte und ganz dick auf meinem Radar aufgetaucht ist. Transfer von Florida, etwas undersized, super athletisch und twitchy, einige Plays in Pass D – Notizzettel!), dann der botched Zone Read Handoff. Danach agierte der Angriff zwar nicht fehlerfrei (und bei 3rd downs wenig effektiv), aber konzentrierter. Btw, toll zu sehen, dass WR Dominick Blaylock nach seinen schlimmen Verletzungen nun wieder ein relevanter Part des Passspiels ist.

Insgesamt konnten die Bulldogs den Ball ganz gut bewegen, wenngleich Stetson Bennett und seine Receiver einige Chancen zu viel liegenließen. Am Ende war es neben dem Run Game mal wieder TE Brock Bowers, auf den man sich verlassen konnte (wenngleich er nicht so viele spektakuläre Plays wie sonst besorgte). Und bitte, Todd Monken: Designe mehr für TE Darnell Washington. Ja, Bowers ist der beste TE des Landes, aber Washington ist ein Mismatch, das viel mehr gefeatured werden müsste. Btw, die beiden ergänzen sich als in-line und Move-TE auch exzellent. Mein Motto der Wahl wäre eindeutig Tight End Attack!

#20 Arkansas – #2 Alabama 26-49

Das Spiel steht natürlich unter dem unguten Stern der Schulterverletzung von Bamas Star-QB Bryce Young Anfang des 2nd quarters, der bei diesem Sack von Drew Sanders den Ball noch irgendwie loswerden wollte und auf die dadurch ungeschützte Schulter fiel.

HC Nick Saban sprach nach dem Spiel von einem AC sprain der Schulter, also einer Schultereckgelenksverrenkung. Die Ausfallzeit ist noch unklar, das „day to day“ von Saban sollte wohl nicht zu wörtlich genommen werden. Natürlich extrem bitter für Young und die Championship-Ambitionen Alabamas.

Dabei fällt etwas unter den Tisch, was das eigentlich für eine Galavorstellung der Crimson Tide im ersten Viertel gegen einen wohlgemerkt guten Gegner war. Das 14-0 fiel noch viel zu niedrig aus: ein Drive wurde von einer INT vom erneut auffälligen CB Dwight McGlothern an der Goal Line nach unnötigem tipped Pass gestoppt, der vierte endete eben mit jener Verletzung von Young und einem verschossenen (allerdings langen FG). Die Fragezeichen auf Receiver wurden insgesamt von zwei Freshmen beantwortet: Kobe Prentice und Isaiah Bond, beide nicht gerade langsam unterwegs. Prentice gelang das erste Big Play der Partie, mit freundlicher Unterstützung der Secondary in Gestalt von Myles Slusher:

Auch die Defense lief zu Höchstform auf. Saban entschied sich dazu, nicht unbedingt primär das Run Game zu verteidigen (wie ich vermutete), sondern QB KJ Jefferson komplett aus dem Spiel zu nehmen. Stark bewacht bei Zone Reads und weiteren Option-Plays (in denen allerdings RB Rocket Sanders seine herausragende Form unterstrich), zudem setzte die Tide Defense immer wieder auf Pressure, mit der Jefferson anfangs gar nicht klarkam. So endeten die ersten sechs Drives in drei 3& outs und zwei 4-Play-Drives, von denen der zweite nach der ersten 3rd and long-Conversion durch einen erzwungenen sowie recoverten Fumble von S DeMarcco Hellams endete, der dieses Jahr einen riesigen Sprung gemacht und die Safety-Position neben Top-S Jordan Battle nicht nur konsolidiert hat, sondern selbst zu einem Playmaker avanciert ist.

Insgesamt gelang es der Tide D-Line, die bis dato überzeugende O-Line der Razorbacks zu kontrollieren. Ein besonderes Shoutout an dieser Stelle an true Fr. NT Jaheim Oatis, der mit seiner Masse von ca. 350 Pounds nicht nur den Ground hielt (auch gegen double Teams), sondern immer wieder einen Arm freibekam und so einige Tackles setzen konnte sowie einen Sack gegen Jefferson erzielte. Ein Koloss, über den noch zu reden sein wird. Zudem machten die beiden ILBs Henry To’o To’o und Jalen Moody ein starkes Spiel, von Will Anderson ist man das ja auch im Run Support eh gewohnt. Btw, kleine Notiz an gegnerische OCs: Ich würde dringend davon abraten, Zone Reads und Option Plays mit Anderson als Read Player zu callen. Er ist einfach zu (gedanken)schnell und kann oftmals beide Optionen gleichermaßen verunmöglichen.

Anyway, nach Youngs Ausfall drohte das Spiel kurz zu kippen. Backup-QB Jalen Milroe ist nicht nur deutlich unerfahrener und längst nicht so weit wie Young, sondern schlicht auch ein anderer Typ. Starker Arm, aber noch kein profiliert akkurater Passer, dafür ein gefährlicherer und physischerer Runner. Doch erst halfen die Special Teams (durch Kool-Aid McKinstrys langen Punt Return), dann legte Milroe selbst einen Drive mit einigen netten Pässen hin. 28-0, Game over?

Not so fast, denn mit dem Rücken zur Wand ging Arkansas volles Risiko. Ein TD Drive vor der Pause (erneut mit einigen exzellenten Runs von Rocket Sanders), und dann im dritten Viertel halfen die Special Teams der Tide mit. Nach einem weiteren TD Drive sicherte sich Arkansas erst einen Onside Kick (was zu einem FG zum 17-28 führte). Dann gab es nach 3&out Alabama einen der mieseren Punt Snaps zu bewundern:

Ein Play später stand es nur noch 23-28.

Im nächsten Drive Alabamas gab es ein 3rd and 15 – die Chance für die Razorbacks? Nein, denn hier zeigte Milroe seine Playmaker-Qualitäten, indem er beim Scramble der gesamten Arkansas-Defense auf spektakuläre Weise davonlief. Erkannte die Man Coverage (wohl mit zwei tiefen Safeties als C2 Man) und nutzte sie.

Damit war das Spiel gegessen – vor allem, da der fantastische Jahmyr Gibbs noch zwei lange TD Runs addierte, in denen die Defense jeweils zu sehr auf den outside Run committete und die Tür für den Backside Cut weit offen lässt. In einer potenziellen Zeit ohne Young wird es noch einmal mehr als ohnehin schon auf Gibbs ankommen, der gegen eine gute Defense für 206 Yards bei einem 11.4er Schnitt lief.

Doch machen wir uns nichts vor: Alabamas Saison wird von Youngs Gesundheitszustand abhängen. In anderen Jahren wäre mit dem Backup-QB womöglich etwas drin gewesen, in dieser scheinen die Fragezeichen auf den Skill-Positionen etwas zu groß zu sein. Warten wir mal ab…

#5 Clemson – #10 NC State 30-20

Ganz starke Leistung der Clemson Front, gerade in der zweiten Halbzeit. Die Secondary war ersatzgeschwächt, dann wurde auch noch der beste Mann S Andrew Mukuba wegen Targeting ejectet. Eine günstige Gelegenheit für Wolfpack QB Devin Leary und Co.? Möchte man meinen, aber die D-Line hat sowas von die Tür zugeschlagen. Der Lauf wurde komplett abgewürgt (34 Rush Yards, längster Lauf waren 8 Yards), und Leary wurde beständig vom Spot bewegt. DE Myles Murphy und DT Tyler Davis machten ein sensationelles Spiel, was in dem Play kulminierte, als sie beide gemeinsam (Murphy nach outside Rush, Davis mit Swim Move über die Mitte) bei Leary einschlugen. Der kräftige DE K.J. Henry und der nominelle Backup DT Ruke Orhorhoro, die sonst etwas im Schatten stehen, hatten ebenfalls einige Schlüsselplays. Henry sorgte dann auch für den zweiten (und entscheidenden) Turnover beim Stand von 23-13, als er einen zu frühen Snap des erfahrenen C Grant Gibson recovern konnte. Und Leute, ich bleibe dabei, OLB Barrett Carter hat das Potenzial zu einem Star. Super aktiver Linebacker mit Speed, COD und closing Burst, hat jedes Spiel eins, zwei absolute Wow Plays drin. Vor allem spricht mich sein zusätzliches Potenzial in Coverage sehr an, bewegt sich teilweise wie ein zu großer Safety. Momentan noch im Schatten vom designierten high Draftpick Trenton Simpson, watch out.

QB D.J. Uiagalelei spielte vielleicht kein spektakuläres, aber meiner Ansicht nach ein richtig gutes Spiel gegen eine underrated Defense. Er verteilte den Ball an sein großes Receiving Corps, vermied unnötige Fehler und machte noch einmal mehr Plays als Runner, wenn kein Target frei war oder er doch einmal früher unter Druck geriet. Zudem schaffte es Clemsons Offense endlich, RB Will Shipley ins Receiving einzubinden, wie ich es im Preview dringend gefordert hatte. Shipley machte gegen eine toughe Front um die LBs Payton Wilson, Drake Thomas und Isaiah Moore (der gefühlt überall war) eine starke Partie. 14 Rushes für 60 Yards bei einem längsten Lauf von 12 Yards klingt vielleicht nicht viel, aber es waren eben beständige Yards, die die Tigers eben in günstigen Down & Distance-Situationen hielten.

Beeindruckender Win, gerade weil er so unspektakulär zustande kam – und weil der Gegner keineswegs total enttäuschte.

#14 Ole Miss – #7 Kentucky 22-19

Tolles Spiel mit Physis, spektakulären Plays, interessanten Strategien – und am Ende einem glücklichen, aber nicht unverdienten Sieger.

Der Game Ball gehört meiner Ansicht nach Ole Miss DC Chris Partridge, der ein hervorragendes Spiel callte. Am Ende gehörten auch die richtigen Bounces dazu, keine Frage. Bereits zuvor endete beim Stand von 19-22 ein Drive der Wildcats mit Turnover on Downs in der Hälfte der Rebels, in den letzten beiden Drives befand sich Kentucky bereits in der Red Zone, doch zwei Fumbles von QB Will Levis verhinderten weitere Punkte zum Ausgleich oder Sieg. Besonders eindrucksvoll der John Elway’sche Helikopter, doch verlor Levis dabei wie seinerzeit Sage Rosenfels den Ball:

Doch vorher gebührt Partridge jede Menge Lob: Er entschied sich für Risiko und brachte beständig einen Spieler mehr, um Levis unter Druck zu setzen, ging dabei aber keineswegs hirnlos vor. Gerade bei early downs ‚crowdete‘ er die Line gegen die vielen horizontalen Motion- und Misdirection Plays der Wildcats – und die Defender tackleten grundsätzlich sehr sicher. Der von mir im Preview gelobte S AJ Finley bestach durch mehrere exzellente Angles und ein paar krachende Hits. Spieler des Spiels für mich (etwas subjektiv) jedoch mein alter MAC-Mancrush LB Troy Brown, der an sehr vielen Plays mitbeteiligt war und einige Drives eigenhändig stoppte (unter anderem eine PBU gegen die Angle Route von RB McClain, zudem mitbeteiligt am Safety nach seinem looping Rush around the Line). Ich bin sehr gespannt, ob Brown in den kommenden Wochen und Monaten zumindest ein wenig Hype entfachen kann. Verdient hätte er es.

Mit diesem beständigen Druck bekamen die Rebels Kentuckys QB Will Levis etwas aus dem Rhythmus. Seine Statline sieht okay aus, allerdings hielt er mehrfach den Ball zu lange und einige seiner quicken Pässe nach außen (aber auch mindestens ein längerer Ball) waren etwas ungenauer als gewohnt. Das gefürchtete deep Passing wurde sowieso von Ole Miss‘ Secondary konsequent verhindert. Das ist insgesamt eine Secondary, die noch zu beachten sein wird: neben Finley S Isheem Young, der meist näher an der Line unterwegs ist und mehrfach starke Spielzugerkennung zusätzlich zu seinem sowieso harten Tackling bewies, Nickel-DB Otis Reese, der als halber Linebacker daherkommt und die Slot-Position ziemlich aggressiv interpretiert – und nicht zuletzt CB Davison Igbinosun, der im Duell der true Freshmen dazu beitrug, dass WR Dane Key weitgehend abgemeldet war. So eine gute Verteidigung ist man von Ole Miss nicht unbedingt gewohnt gewesen.

Kentucky profitierte mehrfach vor allem von den Big Plays von true Fr. WR Barion Brown, der mit seinem Speed gleich zwei lange Kick Returns besorgte: Einer wurde von der Offense zum TD veredelt, einer endete im bereits angesprochenen Turnover on Downs. Auch in der Offense waren seine beiden spektakulären Catch&Runs die produktivsten Plays. Brown ist ein großes Talent, das mit seinem puren Speed und starken YAC noch für einige Aufmerksamkeit sorgen wird. Ansonsten ging nicht so viel – übrigens auch nicht in den Special Teams (verkicktes FG, verkickter PAT, botched PAT Snap – fünf mögliche Punkte verschenkt).

Auf der anderen Seite machte die O-Line der Rebels eine bockstarke Partie und verschaffte QB Jaxson Dart oft jede Menge Zeit, was der allerdings etwas zu wenig zu nutzen vermochte. Die Wildcats verzichteten zu Beginn auf einen fünften Rusher, und das sollte sich rächen. Zudem überzeugte die Line auch im Run Block, was insbesondere true Freshman RB Quinshon Judkins zugutekam. Der ist zwar ein veritabler und durchaus spektakulärer Bulldozer, aber bei Weitem kein reiner Bulldozer:

Impressive Runner, vor allem wenn man bedenkt, dass er lediglich ein wenig beachteter mittlerer 3-star Recruit aus Alabama war, der nicht gerade die größte Offer List hatte. RB #46 der aktuellen Klasse. Schau an. Btw, Judkins und Kentuckys Rückkehrer RB Chris Rodriguez überboten sich gegenseitig in der inoffiziellen Disziplin, als RB den Verteidigern im Kontakt ordentlich eine mitzugeben. Für Fans von physischem Laufspiel war das die reine Augenweide.

Dabei soll nicht untergehen, dass die Rebels hierbei von der Verletzung von Wildcats ILB Jacquez Jones (pikanterweise ein Ole Miss-Transfer) im ersten Viertel profitierten. Der kehrte zwar nochmal zurück (und sicherte sich dabei gleich eine INT), war aber merklich limitiert. Wenn er nicht auf dem Feld war, fehlte er in der Mitte an allen Ecken und Enden. Illustrierte noch einmal durch Subtraktion, wie großartig er bisher spielte. Gefühlt saß bei ihm fast jedes Assignment und jeder Tackle. Die hervorragende LB-Crew der Wildcats wird langsam durch Verletzungen arg dezimiert (J.J. Weaver fehlte ja bereits).

Ich halte insgesamt Kentucky weiterhin für das bessere Team all-around, das interessiert aber niemanden. Ole Miss ist bisher eine der positiven Überraschungen der Saison.

UCLA – #15 Washington 40-32

Schade, da hat der Höhenflug der Huskies ein jähes Ende gefunden. UCLA dominierte die Partie drei Viertel lang eindrucksvoll, bis ein spätes Comeback mit zwei Touchdowns und zwei 2-point-Conversions daraus noch ein One-Score-Game machten. Näher kam Washington dann aber nicht mehr ran, da UCLA mit vielen Runs und einem entscheidenden Pass auf All-Name-Kandidaten Hudson Habermehl die Zeit auslaufen lassen konnte.

UCLA beeindruckte mich auf beiden Seiten des Balles mit Variabilität. In der Defense setzten die Bruins zu Beginn auf einige Pressures und Blitzes gegen Washingtons QB Michael Penix und zwangen den ja bisher fantastischen Passer dazu, mehr auf ein schnelles Kurzpassspiel setzen zu müssen, was den Huskies nicht unbedingt lieb war. Doch immer wieder ging man auch davon weg und baute variable Coverage-Disguises ein, denen Penix gleich zweimal in die Falle ging. Bei seiner ersten Interception wechseln die Bruins mit dem Snap die Coverage auf tiefe Quarter-Quarter-Half durch einen droppenden DB, Penix ist zu gierig, will unbedingt den Out&Up seines Receivers bedienen, aber hinten ist auf der Seite nun eben ein Passverteidiger mehr aufgestellt. S Stephan Blaylock kann sich ganz auf die Seitenlinie konzentrieren und sagt danke.

Das war eines der Schlüsselplays: Die Bruins waren direkt vorher 16-10 in Führung gegangen, ein Play nach der INT sorgte WR Kam Brown für das 23-10. Davon kamen die Huskies nicht mehr zurück.

Kurz darauf die zweite INT von Penix durch netzte Trap Coverage. Sieht Pre-Snap nach Cover-6 aus, die sich post-Snap eher als Cover-3 zeigt, doch der Clou lag underneath. Der Cornerback bleibt in der kurzen Zone, LB JonJon Vaughns (der übrigens bei den Bruins auch Baseball spielt) deutet erst den Weg seitlich in die Middle Hook-Zone an, geht dann aber vertikal mit dem Receiver mit und undercuttet die Route. Ganz starkes Play.

Später zeigte Penix einige seiner gefürchteten Pässe in stride der Receiver und/oder in enge Fenster der Zone mit dem üblichen Zip, doch da war es dann schon etwas zu spät.

Auf der anderen Seite bewies die Bruins Offense ihre Variabilität, die ich HC Chip Kelly nicht unbedingt zugetraut hätte. Aber da muss ich schon seit letzter Saison etwas Abbitte leisten. Das Run Game ist mit QB Dorian Thompson-Robinson und RB Zach Charbonnet viel variabler als zu Kellys goldenen Ducks-Zeiten: Power- und Gap-Runs, nicht nur Inside Zone, einige dezidierte Option Plays etc. Vor allem aber beeindruckte DTR mit einem fehlerlosen Auftritt, auch und gerade im Passspiel. Ich hätte erwartet, dass die Bruins deutlich lauflastiger agieren, doch konnten sie konstant größere Lücken in der Huskies Zone Defense nutzen. Zu Beginn funktionierten Twins- und Bunch-Formations (und Pre-Snap-Motions daraus oder darein) ziemlich gut und sorgten auf der anderen Seite für Verwirrung. Später streute Kelly vermehrt schnelle Pässe in die Flat auf RBs und TEs gegen Off ein, bei denen regelmäßig der erste Tackle gebrochen wurde.

Das ist alles nur folgerichtig gewesen: Während man der früheren Zone Defense der Huskies in ihren exotischen 2-3-6, 3-3-5 und 3-2-6 Looks und einer tendenziell leichteren Front am ehesten durch Power Running oder Zone Reads (oder allgemein zwei Run-Optionen im Backfield) beikommen konnte, ist die neue Huskies Defense deutlich anfälliger gegen den Pass. In der ersten Halbzeit gelang es den Bruins mit diversen Shifts und Motions, den hünenhaften 6‘5 Duke Transfer WR Jake Bobo mehrfach in günstige Matchups zu bringen, insbesondere gegen S Alex Cook. Ein Duell, das mehrfach ausgenutzt werden konnte, unter anderem bei einem langen Pass im ersten Viertel und dann noch einmal beim TD.

Bobo machte allgemein ein ganz starkes Spiel (6 Catches, 142 Yards, 2 TDs), nicht nur als Red Zone-Mismatch, sondern auch im offenen Feld, und brachte sich damit sicherlich auf einige Notizzettel.

Der Todesstoß dann zu Beginn des 3rd quarters: Exzellenter und flüssiger Drive der Bruins mit Runs und schnellen kurzen Pässen, am Ende dann der große Auftritt von DTR aus der Reihe „Wie ich Kollisionen der Gegner provoziere“:

Nach dem Zittersieg gegen South Alabama haben sich die Bruins mittlerweile eindrucksvoll zurückgemeldet und stehen nun tatsächlich 5-0. Anscheinend gehört Chip Kelly keineswegs zum alten Eisen.

Mississippi State – #17 Texas A&M 42-24

Was für eine Blamage für Texas A&M und HC Jimbo Fisher. Zum wiederholten Male schaffen es die Aggies nicht, ihre riesiges Talent aufs Feld zu bringen und kassieren gegen Mississippi State eine deutliche Klatsche.

Ich möchte gar nicht so sehr ins Spiel reingehen, nur ein paar Anmerkungen: 1) Die Aggies Offense musste nach dem Saisonaus ihres mit Abstand gefährlichsten Receivers SWR Ainias Smith verstärkt über außen agieren, was in den letzten Saisons schon für einige Probleme sorgte. Das klappte notgedrungen etwas besser als üblich (u.a. mit Muhsin Muhammads Sohn Moose Muhammad), doch vier Turnover erwiesen sich als viel zu viel. Momentan gibt es in dieser Offense nur noch den weiterhin fantastischen Speed-Back Devon Achane und sonst kaum etwas. Viel zu wenig für die Ansprüche der Aggies. 2) In diesem Spiel muss man allerdings auch und vielleicht sogar insbesondere über die Defense reden. Ja, die Front musste nach all den Abgängen in die NFL runderneuert werden, aber dafür hatten die Aggies im Gegensatz zu anderen Teams eben jede Menge 5-stars und high 4-stars zur Verfügung. Und ja, die Secondary ist leicht ersatzgeschwächt, doch dort tummelt sich ebenfalls jede Menge Talent. Die Leistung gegen die Air Raid der Bulldogs lässt sich nur als unterirdisch bezeichnen. Es wurde keinerlei Druck auf QB Will Rogers aufgebaut (trotz 45 Dropbacks kein Sack und nur wenig Pressure). Und ganz im Ernst, wenn ein Mike Leach-Team auch noch anfängt, erfolgreich zu laufen, sollten wirklich alle Alarmglocken schrillen. 24 Runs der drei RBs sind schon seltsam genug für Leach, doch wenn er damit 6 Yards pro Lauf macht, kann selbst er anscheinend nicht mehr umhin, ab und zu mal einen Lauf mehr einzustreuen. Das ist schon einigermaßen peinlich.

Normalerweise würde Jimbo Fisher auf einem sehr heißen Stuhl sitzen, vor allem da es den Anschein erweckt, dass es sich um fortlaufende und teils systemische Probleme handelt. Das Problem für Texas A&M: Fishers Vertrag läuft noch bis 2031 (!) und ist komplett garantiert (!). Sprich: Bei einer Entlassung stünden ihm über 86 Millionen Dollar (!) zu. Das sind natürlich Summen, die auch die wohlhabenden Donors einer großen Uni nicht so ohne weiteres aus dem Hut schütteln können.

Und nun wartet Alabama auf die Aggies. Es wird wohl unruhig bleiben…

TCU – #18 Oklahoma 55-24

Schon letzte Woche legte sich Oklahoma gegen Kansas State ordentlich hin, dennoch hätte wohl niemand mit so einer Klatsche gerechnet. Das sowieso schon klare Endergebnis gibt nicht einmal ansatzweise wieder, wie dominant TCU dieses Spiel bestritt. Und ja, der Ausfall von QB Dillon Gabriel nach einem üblen late Hit war natürlich bitter, doch vermag er nicht einmal ansatzweise die peinliche Darbietung der Defense zu erklären. Wohlgemerkt: Einer Brent Venables-Defense. Bei allen Erwartungen einer Umbruchsaison hätte ich nie erwartet, dass ich solche Zeilen einmal schreiben würde. Schon letzte Woche konnte mal das K-State Backfield-Duo QB Adrian Martinez und RB Deuce Vaughn nicht stoppen (insgesamt erzielten die Wildcats 275 Rush Yards und 4 TDs), diese Woche wurde es noch trüber: Die Horned Frogs erzielten kaum glaubhafte 361 Rush Yards und 5 TDs bei einem Schnitt von 8.8 Yards pro Lauf. Und das war nicht alles: QB Max Duggan legte noch einmal 302 Pass Yards und 2 TDs drauf. Insgesamt gab Venables‘ Defense 668 Yards ab. Und um das Ganze noch zu krönen: Nach dem 55-17 Ende des 3rd quarters nahm TCU sichtbar den Fuß vom Gase – was durchaus schwer ist, wenn man den Ball sowohl am Boden als auch durch die Luft problemlos bewegen kann. Darunter waren übrigens ein 69 Yard-Lauf, ein 67 Yard-Lauf, ein 73 Yard-Pass und ein 62 Yard-Pass. Puh.

Auf der anderen Seite ein dickes Lob an TCU HC Sonny Dykes, der seine Air Raid-Variante hervorragend ans vorhandene Personal angepasst hat. Dykes war nie jemand, der das Laufspiel so sehr missachtet hat wie die ‚reine‘ Air Raid-Schule, aber mit einem mobilen Quarterback wie Duggan baut er nun vermehrt spannende Run-Konzepte ein, die seine Stärken als Läufer ausnutzen. Genau so sieht gutes Offense Coaching aus.

Nur mal ein Beispiel von vielen: Orbit Motion des WRs, daraus der entgegengesetzte QB Counter, der neben den beiden pullenden Backside-Linern eben auch noch den erst einen Passblock andeutetenden RB via Counter Movement als Vorblocker hat. Tolles, sehr effektives Play Design.

Manchmal reichte auch ein simpler (und sehr schlechte verteidigter) Zone Read, bei dem Duggan seinen Speed unterstreicht.

Ich war ja lange bekennender Duggan-Fan, hatte mich aber nach seinen inkonstanten und fehlerbehafteten Auftritten irgendwann nicht mehr getraut. Ist einfach ein ungewöhnlicher Typ Quarterback, ein natürlicher und instinktiver Playmaker, um den man eine spezielle Offense kreieren muss, um die Highlights herauszukitzeln. Dykes scheint das gelungen zu sein, TCU steht nun 4-1.

#24 Pitt – Georgia Tech 21-26

Trotz aller Mid-Major vs. Power 5- und sogar FCS vs. Power 5-Siege: Georgia Techs Triumph über ein geranktes Pitt gehört für mich zu den krassesten Sensationen dieser Saison. Zur Erinnerung: Georgia Tech hatte nach einem miesen Saisonstart letzte Woche HC Geoff Collins entlassen. Assistant HC/OL-Coach Brent Key übernimmt und soll eigentlich nur sicherstellen, dass der Ablauf der Saison weiterhin gewährleistet ist. Tja, und dann fahren die Yellow Jackets nach Pitt und würgen die Offense um QB Kedon Slovis und ein nicht gerade schlechtes Receiving Corps gnadenlos ab. Die ersten vier Drives der Panthers enden mit Punts (davon drei 3&outs), der fünfte nach Turnover on Downs. Insbesondere LB Ayinde Eley macht mit einem herausragenden Spiel um die Line of Scrimmage herum nachhaltig auf sich aufmerksam, und sein Nebenmann Charlie Thomas hatte ebenfalls ein paar richtig gute Szenen.

Zudem gelingt es den Yellow Jackets völlig überraschend, gegen die Pitt Front (die eindeutige Stärke des Teams) konstant zu laufen. Zwar bekam man den erneut fürchterlich disruptiven und kaum zu blockenden DT Calijah Kancey nicht recht in den Griff, ansonsten überzeugten Louisville Transfer Slasher RB Hassan Hall und QB Jeff Sims für die nötigen Yards – und als es am Ende drauf ankommt (und Pitt auf 14-19 verkürzte), auch für die nötigen Big Plays. Am Ende läuft Sims den Ball rein – und die Sensation ist perfekt!

#25 Kansas State – Texas Tech 37-28

Nur ein Gedanke: Adrian Martinez. Ich verspüre große Ambivalenz, allerdings nicht die gewohnte. Ich gönne Martinez von Herzen alles Gute! Seitdem ich im Recruiting Process ein Interview von ihm gehört habe, bin ich hin und weg – und sein größter Fan. Passiert mir bei Quarterbacks nicht so häufig. Von daher bin ich dieses Jahr Kansas State-Sympathisant in der Big 12.

Andererseits komme ich nicht umhin, mich bei seinen letzten Galaauftritten gerade im Running (vs. Oklahoma: 148 Rush Yards, 4 TDs; vs. TTU: 171 Rush Yards, 3 TDs) zu fragen, warum er das bei Nebraska zwar immer mal wieder zwar andeuten, aber nie in dieser Genialität umsetzen konnte. Ich befürchte die Antwort liegt auf der Hand und hat mit einem gewissen Herrn Frost zu tun, der ihn viel zu sehr zu einem Passing Quarterback ummodeln wollte (was Martinez kann, jedoch eben nicht konstant herausragend und fehlerlos). Wildcats HC Chris Klieman zeigt, wieviel schematisch möglich ist, selbst wenn man seine Offense vor allem auf zwei Spieler – Martinez und den fantastischen Mini-RB Deuce Vaughn – ausrichtet.

Glückwunsch, K-State! Ihr habt es verstanden.

Und zum Abschluss noch meine beiden Plays der Woche, beide von Liberty, beide innerhalb weniger Minuten, in beide ist ihr (wohlgemerkt wirklich spannender) QB Kaidon Salter involviert, beide Male rollt er nach rechts raus und wirft einen langen Pass, beide Male ist das Ergebnis das gleiche, aber das Zustandekommen unterscheidet sich drastisch. Einfach anschauen und genießen (Play 1) oder staunen (Play 2).

Kann man mal machen.

Ein Gedanke zu „Rückschau Woche 5 (II): Die Topteams

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