Quarterbacks (II): Weitere Prospects 2024

Hier nun Teil II des Quarterback-Beitrags mit den Talenten für den zweiten und dritten Tag. Wers noch nicht gelesen haben sollte: Link zu den Top-Quarterbacks der Klasse.

Bo Nix, Oregon (redshirt Senior)

6’2, 214, Arms 31 7/8, Hands 10 1/8
Kein Testing

Bisherige Karriere:

  • 4-star aus Pinson, Alabama. Sohn von Ex-Auburn QB Patrick Nix, Teil der legendären Tigers-Teams der frühen 1990er Jahre. Daher keine Überraschung: Bo entscheidet sich zunächst fürs Heimatcollege.
  • 2019: Bereits als true Freshman mit riesigen Erwartungen beladen. Startet gleich und spielt eine durchaus vielversprechende Saison, aber Wahl zum SEC Freshman of the Year dennoch ein Witz (hallo, Derek Stingley!)
  • 2020 / 2021: Weiterhin Starter der Tigers, aber etwas stagnierend (Completion-Percentage um 60%, ca. 2400 bzw. 2300 Pass Yards, 12-7 bzw. 11-3 TD-INT-Ratio, ganz guter Scrambler. Einige großartige Backyard Football-Plays, aber als Passer ziemlich inkonstant. Auch viel Unruhe und einige Coaching Changes unter Gus Malzahn und dann Bryan Harsin. Entscheidet sich zu Transfer aus der Komfortzone hinaus – und der soll sich bezahlt machen.
  • 2022: Bei Oregon ein völlig neuer Bo Nix, der auch innerhalb der Struktur und aus der Pocket punkten kann: 71.9%, 3593 Pass Yards, 29 TDs, 7 INTs, 510 Rush Yards, 14 TDs. Nach der Saison erneut OC-Wechsel, da Kenny Dillingham neuer HC bei Arizona State wird.
  • 2023 unter neuem OC Will Stein noch besser: 77.4% (bricht den Completion Percentage-Rekord von Mac Jones), 450 Pass Yards, 45 TDs, nur 3 INTs. Aber – auch verletzungsbedingt – weniger gelaufen (immerhin noch 6 Rush TDs). Führt Oregon in Pac-12 CG, aber zweite knappe Niederlagen gegen Washington. Am Ende lockerer NY6-Bowlsieg gegen Liberty. Wäre vielleicht noch mehr drin gewesen.
  • Erfahrung in verschiedenen Spread-Konzepten, die bei Oregon deutlich horizontaler und strukturierter ausfielen.
  • Passable Size, gute Athletik – hier gibt es wenig Fragezeichen.

Passes/Technik:

  • Guter Arm, kann alle Bereiche des Feldes bespielen (aber kein elite Arm). Paar wirklich schöne Touch-Pässe.
  • Dropback gelegentlich etwas unrhythmische Fußfolge (mit Ausfallschritt oder fast hüpfend), scheint aber keine wesentlichen Konsequenzen zu haben.
  • Solider Release mit adäquater Schnelligkeit der Throwing Motion.
  • Richtet manchmal Füße nicht neu aus, bleibt stehen, führt bei Sideline oder intermediate Pässen zu gewisser Streuung, einige Pässe deutlich off. Füße müssen konstanter mit Ausrichtung des Oberkörpers und Blick mitbewegt werden, so macht er zu viel nur mit dem Oberkörper.
  • Ziemlich viel Fokus auf den 1st read (was nicht nur seine Schuld ist -> Ball soll im System schnell raus), aber wie konstant kann er das Feld lesen? Gibt Plays, die Hoffnung machen, aber weniger als bei den anderen Top QB-Prospects.
  • Viel Kurzpassspiel (PA/RPO quick game) mit schnellen horizontal Passes (sehr viele WR Screens) und schnellen Crossern / Drags / Mesh Concepts (also: underneath the LBs). Viele Pass Plays gehen schnell zu pre-determined Targets – und irgendwann kommt der lange Sideline-Pass (meist auf Troy Franklin).
  • Jede Menge Flat / Leak out Passes auf TEs, Swings und Texas Routes auf RBs, jeweils nach PA/RPO/Zone Read.
  • Tiefe Mitte wurde kaum attackiert – ziemliches Fragezeichen (kann er die Bälle da in enge Fenster pressen?)
  • Quick Passing, quick Decision Making, gute Accuracy underneath, gibt so regelmäßig Chance auf YAC (auf diese Weise kam auch der neue Completion%-Rekord in der FBS zustande).
  • Aber Nix auch gutes Beispiel für Accuracy ungleich Ball Placement. Grundsätzlich genau, aber Ball nicht unbedingt immer dankbar gelegt für WR (insb. over the middle).
  • Nimmt zu selten den tieferen Shot, selbst wenn jemand frei ist (oder nur die one-on-ones außen). Bei Comebacks und insb Curls teilweise einen Moment zu spät.
  • Accuracy outside the numbers on and off (insbesondere bei Backshoulders – auch ne Timing-Frage?)
  • Keine besondere deep Ball Accuracy (insgesamt aber wohl okay), einige Overthrows.
  • Nimmt under Pressure und bei Rollouts nicht mehr das alte Risiko, hat seine Turnovers gewaltig zurückgefahren. Passes (& Entscheidungen) on the move und beim Rollout allgemein sehr gut!
  • Kaum gefährliche Bälle, kaum Turnover-worthy Plays, aber auch wenig Bälle in enge Coverage (erneut: größtenteils System-bedingt).

Pocketverhalten:

  • Schnelles laterales Ausweichen in der Pocket. Gewinnt hier mit seiner Beweglichkeit und Quickness. Hat Momente eines Pocket-Wuslers. Improvisations-Plays schlummern immer noch unter der Oberfläche.
  • Under Pressure viel disziplinierter, findet den Dumpoff. Gewisse Poise. Vermeidet so unnötige Sacks.
  • Gute Pocket-Präsenz, dürfte aber gern noch öfter upsteppen.
  • Liest man selten in Reports, aber: Sets up Screens well (mit Pocket Movement und Blick).
  • Früher gefühlt jedes dritte Play out of structure, Backyard Football mit spektakulären und fürchterlichen Plays. Nun wesentlich disziplinierter.

Running/Sonstiges:

  • Ex-dual threat QB – wieviel ist da noch drin?
  • Läuft ein paar Zone Reads, hat aber nicht ganz den Burst und die Entschlossenheit vergangener Tage. Da ist noch was freizulegen von früher (war aber 2023 über weite Strecken auch angeschlagen)
  • Guter short Yardage Runner. Müsste mit seinem Frame im open field aber paar mehr Tackles brechen (wollte bei vielen Plays aber offenbar nicht viel riskieren)
  • Profitierte von sehr guter Passblock O-Line, bekam nicht besonders viel Druck – und hatte mit Franklin & Tez Johnson zwei absolute Playmaker.
  • Sehr viele verschiedene OCs und Systeme in seiner CFB-Karriere, musste ständig neue Plays und Terminologien lernen.
  • Auf der anderen Seite extrem viel Erfahrung: Kein Quarterback in der NCAA-Historie startete mehr Spiele als Bo Nix mit 61.
Fazit:

Wer hätte vorn paar Jahren gedacht, dass Nix am ehesten in einer rhythmischen Kurzpass-Offense mit QB innerhalb und außerhalb der Pocket projectet? So wirkt es aber momentan: Nix bringt einen guten Arm, generelle underneath Accuracy sowie Pocket-Präsenz und Poise mit. Er ist ein starker Passer on the move, zeigt auch in anderen Plays seine Beweglichkeit und hat viel Erfahrung in diversen (Spread-)Systemen. Ich sehe bei ihm aber ein paar mehr Fragezeichen als bei den Top-Prospects: Sein Footwork verursacht gelegentlich Accuracy-Probleme, er muss – auch System-bedingt – lernen, schneller und konstanter durch Progressions zu gehen und hat Leerstellen in der Mitte des Feldes und teilweise auch im deep Ball-Passing. Vielleicht eine West-Coast-angelehnte Offense mit schnellem rhythmischen Sideline- und Flat-Passing? Habe ihn in der ungefähren Region late 2nd.

Anspieltipp:

Spencer Rattler, South Carolina (Senior)

6’0, 211, Arms 31, Hands 9 7/8
40: 4.95 // Vert: 32 // Broad: 108 // Shuttle: 4.37 // Cone: 7.21

Bisherige Karriere:

  • Aus der Serie QB1 Beyond the Lights bekannt, in der er – für viele – nicht unbedingt mega sympathisch wirkte.
  • 5-star Recruit aus Phoenix, Arizona. #1 QB seines Jahrgangs, entscheidet sich für Oklahoma und HC Lincoln Riley.
  • 2019: Als true Freshman Backup von Jalen Hurts.
  • 2020: Übernimmt den Starterposten und kann durchaus überzeugen (67.5%, 3031 Pass Yards, 28 TDs, 7 INTs). Einige hatten aufgrund des riesigen Hypes vielleicht noch etwas mehr erwartet. Gewinnt mit den Sooners die Big 12 und einen NY6 Bowl gegen Florida.
  • 2021: Ziemlich wackliger Saisonstart, einige Inkonstanzen und grobe Aussetzer führen zum Benching, Caleb Williams übernimmt. Nach Saisonende wechseln Riley und Williams zu USC, Rattler transferiert zu South Carolina.
  • 2022: Starter in einer überraschend guten Saison der Gamecocks (8 Siege in der regulären Saison inklusive erstem Sieg gegen Erzrivale Clemson seit 2013).  Rattler mit 66.2%, über 3026 Pass Yards, 18 TDs, 12 INTs.
  • 2023: Ähnliches Niveau (wohlgemerkt mit neuem OC). Exakt gleiche Anzahl Passversuche wie 2022 (399). Leichte Verbesserungen bei Completion mit 68.9%, Yards mit 3186, TDs mit 19, weniger INTs (8), aber auch weniger Teamerfolg & kein Bowlgame.
  • Kleiner Quarterback, der noch etwas schmaler wirkt als 211 Pounds. Spielte 2023 in einer sehr horizontalen Offense mit vergleichsweise wenig intermediate und deep Passing.

Passing/Technik:

  • Armstärke eher mittelgut. Bei Pässen nach außen sieht man nicht ganz idealen Punch. Auch im quick Pass Game bemerkbar. Dank effortless throwing motion macht er aber einen Teil der fehlenden ‚natürlichen‘ Armstärke wieder wett.
  • Muss in den Wurf reinsteppen, vom Backfoot kriegt er nicht genügend Speed auf die Bälle.
  • Gute Technik: Cleane Throwing Motion mit wenig unnötigen/zusätzlichen Bewegungen
  • Agiles, fluides Footwork, Oberkörper und Füße in Harmonie. Setzt seine Füße konstant vor dem Wurf, technisch sehr sound.
  • Bei schnellen Pässen nach außen machen sich geringe Größe und nicht besondere Arm Angle-Variationen gegen ankommende Rusher gelegentlich bemerkbar.
  • Accuracy ist insgesamt okay. Genauigkeit/Ball Placement bei kurzen Pässen gut, ermöglicht meist YAC. Ab und an etwas in den Rücken geworfen (gerade bei Crossern).
  • Geht okay durch Progressions, könnte vielleicht noch etwas schneller sein dabei. Klebt gelegentlich zu lang beim 1st read oder auf einer Seite des Feldes. Gibt aber auch Plays, in denen er das Feld gut scannt. Braucht hier Konstanz, aber Anlagen sind da.
  • Decision Making hot und cold: Übersieht underneath Defender zu oft. Gelegentlich bei pre-determined quick Passes Audible wünschenswert, wenn Play direkt in Stärke der Defense geht. Benötigt schnellere Entscheidungen, gelegentlich etwas spät mit Würfen (gerade bei Timing Stop Routes wie Hitches, Curls etc.)
  • Deep Balls hängen ein wenig in der Luft, erlaubt Defendern zurück ins Play zu kommen. Nicht grundsätzlich inakkurat, aber Receiver müssen zu oft abbremsen. Eher wenig (und nicht besonders profilierte) deep Sideline Throws
  • Ganz gute Antizipation, top Touch Throws, legt die Bälle an einen Spot, sollte aber gelegentlich mehr mit dem hard ball agieren.
  • Scheut sich nicht, die engen Fenster über die Mitte zu attackieren. Armstärke reicht, Accuracy meist gut. Leider keine echten Bullets.
  • Kann mit Rollouts arbeiten, wirkt hier under command und recht akkurat. Gute Throws on the Run. Aber auch Rollout und Setzen der Füße ziemlich gut.

Pocketverhalten:

  • Pocket Movement eine seiner größten Stärken. Antizipation von Druck, meist gute Entscheidungen, wann step-up, wann raus aus Pocket. Gutes Gefühl für Blitzes, aber gelegentlich muss Ball schneller raus. Wird Bälle aber auch mit Druck im Gesicht los.
  • Arbeitet aus der Pocket heraus, auch wenn diese kleiner wird. Keine happy feet, sondern manövriert trotz schnellem Druck.
  • Underrated Wendigkeit und Quickness in der Pocket. Kann sich aus dem einen oder anderen Sack rauswinden. Ganz gute Balance.
  • Kann Plays verlängern und findet Lösungen außerhalb der Playstruktur.
  • Meist kein übertriebenes Scrambling, aber erneut: Muss ab und an den Ball eher wegwerfen
  • Pocketverhalten hat sich im Verlauf der letzten Saison deutlich verbessert. In anderen Worten: Hat sich an die wirklich üble O-Line der Gamecocks gewöhnt. Vergleich zwischen UNC und Saisonende ist deutlich.

 Running/Sonstiges:

  • Kein dual-threat, aber kann sich aus engen Pockets befreien. Gewisse Wendigkeit erlaubt ihm ein paar Yards zu Fuß. Sneaky slippery. Dennoch klar Pass-first Ausrichtung. Könnte in der NFL aber ab und an 3rd and mediums connverten.
  • Paar Improvisations-Momente spät im Play, hat sich aber die grotesken Böcke einigermaßen abgewöhnt (zumindest fast immer).
  • Wirkt in command der Offense.
  • Mix aus fiery und arrogant, stand ihm zeitweilig ein bisschen im Weg. Ließe sich aber auch positiv nutzen.
  • Grotesk schlechte O-Line-Leistung in 2023. Man muss hier noch einmal mehr 2022 miteinbeziehen (auch da nicht besonders, aber immerhin durchschnittlich). Viel zu oft unter Dauerfeuer innen und außen, keine Chance für den Escape. Rattler war hier unglaublich tough, steckte Hit um Hit ein, ohne dass es ihn merklich entnervte. Kein Fingerpointing, keine Frustration, sondern next Play. Ist offenbar erwachsen geworden.
  • Einige Drops der Receiver, kaum Hilfe durchs Run Game (gerade in der frühen Saison).
  • Älterer Prospect, bereits 24 Jahre.
Fazit:

Ja, Spencer Rattler gibt es noch, und zwar sogar als ganz vernünftigen NFL-Prospect. Rattler bringt eine ausgereifte Passtechnik von Footwork bis Throwing Motion mit, agiert sehr gut und poised in der Pocket und hat eine solide Accuracy im short und intermediate Bereich sowie eine funktionale Mobilität. Er konnte viele Erfahrungen mit schlechten Umständen sowie mit Adversity sammeln. Er wird nie mit einem Bombenarm punkten und muss seine Inkonstanzen bezüglich der Progression und des Decision Makings reduzieren. Die Chancen auf einen regulären Starterposten in der NFL schätze ich nicht als sehr hoch ein, aber sie sind zumindest vorhanden. Ein Spieler, der überraschen könnte. Sehe ihn im Bereich der 3rd round, vielleicht eher am hinteren Ende.

Anspieltipp:

Michael Pratt, Tulane (Senior)

6’2 ½, 217, Arms 30 ¾, Hands 9 ¼
Vert: 36 // Broad: 114 // Shuttle: 4.23 // Cone: 7.20

Bisherige Karriere:

  • 3-star QB aus Deerfield Beach, Florida. Committet zu Tulane.
  • 2020. Erobert sich überraschend als true Freshman den Starterposten und konnte überzeugen (20 TDs, 8 INTs, paar Rush Yards obendrauf)
  • 2021: Weiterhin solider Starter, aber Team schmiert komplett ab mit 2-10 Bilanz.
  • 2022: Einer der krassesten Turnarounds der jüngeren Zeit, an dem Pratt (gemeinsam mit RB Tyjae Spears) besonders beteiligt war. Tulane gewinnt die AAC, qualifiziert sich als Mid-Major für einen NY6 Bowl und besiegt im Cotton Bowl sensationell USC und Caleb Williams in einem Shootout. 12-2 nach 2-10. Pratt passt für 63.6%, 3009 Pass Yards, 27 TDs bei nur 5 INTs, dazu 478 Yards Rushing und 10 TDs.
  • 2023: Statistiken weiterhin gut bei leichtem Rückgang: 65.4%, 2406 Pass Yards, 22 TDs, 5 INTs, nur noch 286 Rush Yards und 5 TDs). Die Green Wave ist lange erneut im Rennen um NY6 Bowl, aber verliert etwas überraschend im AAC Championship Game gegen SMU.
  • Solide Größe, eher kurze Arme und kleine Hände bei recht guter Athletik.
  • Spielte in Willie Fritz’ spezieller Offense. Eher run-heavy Offense (mit QB prominent ins Run Game eingebunden), aus der bevorzugt tiefe Shots genommen werden.

Passing/Technik:

  • Arm Strength nicht elite, aber nicht so schlecht, wie teilweise geschrieben wird. Allerdings flattern die Pässe teilweise, keine besondere Velocity, das ist das größere Problem. Braucht mehr Spin auf den Bällen.
  • Innerhalb seiner Arm Range nette Speed-Variationen. Adjustment der Angles ebenfalls.
  • Vernünftige Throwing Motion und Release. Nicht super kompakt, etwas weite Ausholbewegung, aber Ball doch vglw schnell draußen.
  • Aber: Cleane Motion hilft ihm, dass er auch vom Backfoot noch einigermaßen Zunder draufkriegt.
  • Bisschen ungewöhnliches Footwork beim Dropback. Wirkt etwas clunky, ist aber einigermaßen effektiv. Unterkörper und Oberkörper agieren einigermaßen im Gleichklang.
  • Progressions ‚eigentlich‘ gut, bewegt seinen Kopf von Target zu Target, wenig stare downs, aber Decision Making VIEL zu langsam. Muss den Trigger schneller pullen. Hab mehrfach in den Bildschirm gerufen, dass er den Ball (weg)werfen soll.
  • Trotz des eher mittelguten Arms: Kein klein-klein-Quarterback: Attackiert sowohl vertikal als auch die Mitte des Feldes. Erstaunlich wenig quickes horizontales Passspiel.
  • Furchtlose Pässe über die Mitte. Drive okay, Accuracy auch okay, aber muss die Coverage von underneath Defendern besser lesen. Zu viele riskante Bälle, die in der NFL abgefangen werden.
  • Wenn im Rhythmus, mag ich nicht nur Accuracy, sondern auch Ball Placement (gerade bei quick Outs), bei Backshoulders brauchts aber Verbesserungen.
  • Richtig schöne Touch Passes, die in die Bucket des WR droppen. Aber auch er muss aufpassen, dass underneath Defender oder Safeties nicht zurück ins Spiel kommen. Gutes Placement bei Corners und deep Overs (und in etwas geringerem Maße Posts). Insgesamt hier starke Accuracy.
  • Deep Sideline Passes hot and cold. (Zu) viel Air unterm Ball? Aber: Verschafft sich immer wieder größere Fenster durch auffällig hohe Frequenz an Pump Fakes.
  • Manchmal etwas zu risikobehaftet? Kein grundsätzlich fragwürdiges Decision Making, aber einige Pässe in zu enge Deckung.
  • Bälle across his body kommen gar nicht so unscharf und inakkurat.
  • Sehr guter Playaction-Passer (vielleicht der beste neben Caleb Williams), ein echter Fake innerhalb eines fluiden Gesamtmovements. Es sind Kleinigkeiten, die ihm eins, zwei Vorteile verschaffen.

Pocketverhalten:

  • Braucht ewig lang in der Pocket, lässt gute Pockets mit der Zauderei irgendwann kollabieren. Nicht das beste Gefühl für sich entwickelnde Pressure
  • Muss lernen besser Blitzer zu identifizieren.
  • Steps up in der Pocket, aber wenig Instinkt, was um ihm herum passiert. Augen downfield, aber eben nur downfield.
  • Wenn er aus der Pocket ausbricht, kommt ihm Mobility zugute. Kann scramblen, sich Zeit erkaufen und Receiver dirigieren.

Running/Sonstiges:

  • Mobiler QB, dessen Running ein entscheidender Part des Gameplans in Fritz‘ Offense war, ohne dass er jetzt ein ganz krasser Athlet ist.
  • Kein krasser Burst auf den ersten Schritten, aber kann Speed aufnehmen. Guter Läufer aus der Pocket oder bei Zone Reads, auch wenns nicht immer die dicken Yards sind.
  • Findet Run Lanes, macht Yards, notfalls mit seinem Frame. Tough, nimmt die Schulter runter, steckt massig Hits ein. Unfazed, nächstes Play ist nächstes Play!
  • Football Player – auch als Vorblocker o.ä.
  • Kann mich an das Spiel 2021 gegen Oklahoma (damals mit Rattler) erinnern, als er einen krassen Hit nach dem nächsten einsteckte, aber Tulane unverdrossen im Spiel hielt und beinahe die Sensation schaffte.
Fazit:

Michael Pratt ist ein ungewöhnlicher Quarterback, der einige spannende Traits zum Entwickeln mitbringt: Erfahrung, sehr gute Fundamentals, bespielt alle Bereiche des Feldes, hat eine solide Accuracy und legt wunderschöne (vertikale) Touchpässe auf freie Spots. Zudem bringt er die richtige Attitude mit. Leider sind zaghaftes Decision Making und insbesondere das teils desaströse Pocket-Verhalten zwei dicke Fragezeichen. Bei guter Entwicklung dennoch ein Kandidat auf eine längere Backup-Karriere mit Phasen als Spot Starter. Warten wir mal ab. Early/mid 4th.

Anspieltipp:

Jordan Travis, Florida State (6th year Senior)

6’1, 200, Arms 31 3/8, Hands 9
Kein Testing (Injury)

Bisherige Karriere:

  • 3-star Recruit aus North Palm Beach, Florida, der sich zunächst zu Louisville und HC Bobby Petrino entschied (why?)
  • 2018: Als true Freshman 3rd stringer hinter Puma Pass und Malik Cunningham. Danach Transfer zu Florida State, damals unter HC Willie Taggart.
  • 2019: 3rd stringer hinter James Blackman und Alex Hornibrook. Entlassung von Taggart noch in Saison. Wieder Coaching-Staff, nun mit HC Mike Norvell.
  • 2020: Holt sich den Starterposten von Blackman, aber noch nichts Besonderes außerhalb seiner läuferischen Qualitäten.
  • 2021: Karriere kommt langsam in Gang, vor allem Verbesserungen als Passer: 62.9%, 1539 Pass Yards, 15 TDs, 6 INTs, zudem 530 Yards Rushing und 7 TDs
  • 2022:  Weitere deutliche Steigerung als Passer: 64%, 3214 Yards, 24 TDs, 5 INTs, dazu 417 Rush Yards und 7 TDs. FSU feiert eine 11 Win Season. Travis entscheidet sich wie einige andere Noles zum Verbleib.
  • 2023: Konsolidiert sich auf hohem Niveau: 63.9%, 2756 Pass Yards, 20 TDs, nur 2 INTs, nimmt sich aber als Runner etwas zurück. Führt die Noles ins ACC Championship Game, ungeschlagene Saison, die Playoffs winken, und dann im unwichtigen Spiel gegen North Alabama der fürchterliche Beinbruch. FSU bleibt dank überragender Defense zwar ungeschlagen, aber wird vom Komitee wegen Travis‘ Verletzung nicht für die Playoffs ernannt. Travis wird Fünfter in der Heisman-Wahl, durchaus ein Indiz, wie gut er war.
  • Reha dauert natürlich noch an.
  • Etwas undersized Quarterback mit kleinen Händen und (vor der Verletzung) sehr guter Athletik.
  • Hat Norvells eher run-lastige Spread-Offense beinahe ideal ausgefüllt.

Passing/Technik:

  • Armstärke mittel. Merkt man auch daran, dass er seinen ganzen Körper in härtere Würfe bewegt. Rechtes Bein mit enorm auffälliger Austritt-Bewegung.
  • Schneller, sehr kompakter Release ohne krasse Ausholbewegung. Throwing Motion eigentlich wirklich gut, aber off platform verliert er seine Technik. Zu viele halbe throwing motions, zieht den Arm nicht durch, hat Auswirkungen auf Velocity und gelegentlich auch Accuracy.
  • Potenzial für Footwork ist da. Steht auf Ballen, kann sich schnell umorientieren. Wenn cleane Pocket, siehts gut aus.
  • Einige nette Arm Angles für kreative Pässe. Auch hier resultiert die halbe throwing Motion, gelegentlich in flatterige Bälle (womöglich resultieren auch einige Drops der Receiver hieraus – sah zumindest ein paarmal so aus?). Wurfbewegung hat was von Ball zupitchen oder zuwerfen, anstatt ordentlich Spin draufzulegen. Ohne die leidigen Handdiskussionen eröffnen zu wollen: Gerade für jemanden mit eher kleinen Händen nachteilig.
  • Pässe über die Mitte und in enge Fenster dadurch schon etwas limitiert, so entstanden einige eigentlich unnötige PBUs. Pfeffert die Bälle nicht in Fenster, sondern legt sie. Accuracy und Ball Placement auf kurzen Distanzen gut, insbesondere über die Mitte. Aber: Seltsame deutliche Misses, auch bei cleaner Pocket
  • Progressions sind meist da, aber müssen schneller sein. Hängt oft an einem Read oder einer Hälfte des Feldes fest, hatte mit Johnny Wilson, Keon Coleman und in gerimgerem Maße Jaheim Bell natürlich auch die contested Catch WR dafür. Dennoch: Kein besonders antizipativer Werfer.
  • Hat Momente mit quick Decisions, die müssten aber häufiger kommen. Bei ihm ist vieles eine Frage der Konstanz, es gibt die meisten Plays auch in „gut“.
  • Meidet keinen Bereich des Feldes. Viele Pässe nach außen, einiges über die tiefere Mitte (erstaunlich wenig Crosser/Drags, aber das ist eher eine Scheme- und Talent-Frage bei den beiden großen WR und den Top TEs).
  • Attackiert furchtlos (und tendenziell erfolgreich) über die Mitte mit o.g. Traits. Frage: Funktioniert das in der NFL?
  • Deep Balls on/off, zu viele segeln über die Köpfe der WR hinweg ins Aus. Allgemein: Je tiefer es wird, Tendenz zu Overthrows (erneut: muss hier den ganzen Körper reinlegen, daher weniger Finetuning?). Insgesamt kein besonderes Ball Placement bei Sideline Throws, all over the place – hier haben die riesigen WRs einiges kaschiert.
  • Wird Ball unter Druck noch schnell los dank Release, teilweise aber nicht ungefährlich (dennoch: wenig Turnover-worthy throws)
  • Wenn unter Druck, lassen Mechanics und Accuracy gerade im intermediate und deep Bereich deutlich nach. Margin for error geringer als bei anderen QBs. Kein besonderer Backfoot Thrower.
  • Aber: Immer wieder echte Wow-Throws out of structure dazwischen. Was macht man daraus?
  • Plays on the move können immer in etwas Positives münden. Accuracy ebenfalls on/off. Beweist hier aber erstaunlich gute Field Vision, findet spät in den Fokus bzw. Blick kommende Routes von der anderen Seite.

Pocketverhalten:

  • Insgesamt gute Bewegungen in der Pocket: Beweglich, fluide, umgeht Druck mit lateral steps oder indem er nach hinten driftet. Vor allem aber viel und effizientes laterales Sliden.
  • Verlässt Pocket gelegentlich zu früh, aber liegt auch an enormer Effizienz außerhalb der Pocket.
  • Antizipation von Druck inkonstant. Stept gelegentlich in Pressure, nutzt die Pocket nicht immer als Ganzes aus.
  • Einige unnötige Sacks, muss Ball schneller loswerden oder sich in bessere Position bringen

Running/Sonstiges:

  • Guter Athlet, tolle Mobilität, wenngleich weniger straight line Speedster als sehr elusive mit ein paar netten und ein paar spektakulären Moves. Offenbar Fan des dead legs sowie von Verzögerungsschritten), kann Plays verlängern und auf eigene Faust kreieren
  • Out of structure mindset, nur leider nicht immer out of structure Technik (s.o.).
  • Absoluter wuseliger Scrambling Master. Schwer zu stellen on the Run hinter der Line of Scrimmage, findet kleine Lücken/Creases. Gute Elusiveness und v.a. Balance, kann Tackles ausweichen oder überleben, z.T. überraschende und ungewöhnliche Entscheidungen, die Defender auf dem falschen Fuß erwischen.
  • Designed Runs mit Patience und Vision, daher sehr effektiv in short Yardage- und Goal Line-Situationen. Keine Angst vor Hits. Tough.
  • Absolute Baller-Tendenzen. Kann ein Team in kritischen Situationen auf seinen Rücken nehmen.
  • Die fürchterliche Verletzung limitiert die Vorhersagekraft für ihn schon deutlich. Wie lange wird er noch brauchen? Zudem ja schon ein älterer Prospect mit 23 Jahren.
  • Leader des Teams, sehr intelligent, einer der absoluten Sympathieträger im CFB. Seine Reaktion auf die fatale Entscheidung des Playoff-Komitees (Motto: „Ich wünschte ich hätte mir früher in der Saison das Bein gebrochen, damit ihr seht, dass dieses Team so viel mehr ist als sein Quarterback“) jagt mir immer noch Gänsehaut über den Rücken.
Fazit:

Ignorieren wir die Verletzung mal für einen Moment: Jordan Travis ist ein Playmaker auf Quarterback mit all-around Mobilität (bis hin zu selten spektakulären Plays), einem Passspiel auf allen Ebenen inklusive der wichtigen Mitte des Feldes. Er besticht mit Improvisation und Kreation außerhalb der Pocket. Nebenbei ist er einer der krassesten Leader im gesamten College Football. Er muss allerdings dringend an seinen Fundamentals als Passer arbeiten, wenn er in der NFL unterkommen will. Es gibt Flashes in vielen neuralgischen Bereichen, allerdings fehlt die Konstanz. Ich bleibe ein wenig skeptisch und bin mir nicht sicher, ob sich substanzielle Verbesserungen einstellen werden. Ohne Berücksichtigung der Verletzung und ihrer Nachwirkungen im Bereich late 4th bis 5th. Es gibt keinen Quarterback, bei dem ich mich lieber irren würde. Let’s go!

Anspieltipp:

Zum Abschluss ein paar etwas kürzere Reports zu ausgewählten late Roundern:

Devin Leary, Kentucky (redshirt Senior)

6’1, 215, Arms 30 1/8, Hands 9 ½
Kein Testing

  • Begann seine Karriere bei NC State. Zwei Jahre Co-Starter (mit Verletzungen, u.a. Beinbruch), dann zwei Jahre unumstrittener Starter. Sensationelle Saison 2021 (u.a. fast 3500 Pass Yards, 35 TDs, 5 INTs), aber 2022 erneut länger verletzt (Schulter). Transfer zu Kentucky (den ich nicht ganz verstanden habe, wohl auch wegen Pro Style-nahem System mit vielen under Center-Plays?). Dort keine überzeugende Saison, ziemlich inkonstante Leistungen.
  • Ziemlich guter Arm, halte ich für grob underrated. Kann ziemliche Bullets mit guter Velocity auspacken, aber hat ebenso einige gefühlvolle Touch-Pässe im Arsenal.
  • Release/Throwing Motion ist arg lang mit charakteristischem tiefem Windup. Werden deshalb die Pässe unterschätzt? Auf jeden Fall ein Hindernis, wenn Pässe blitzschnell raus müssen. Niedriger Release Point führt zu einer Menge batted Balls.
  • Kann Bälle zwischen die zweite und dritte Ebene legen, ermöglichte den schnellen Wildcats-WRs so mehrfach gute YAC-Gelegenheiten.
  • Gelegentlich Bälle nach außen mit großartiger, ziemlich unique Flugkurve (wohl wegen seines Releases), die nur seinem WR eine Chance auf den Ball ermöglicht.
  • Footwork extrem inkonstant. Mechanics on/off. Steppt nicht consequent in den Ball, richtet Füße ungenau aus, wirft aus weiter Base. Bälle streuen (insb. viele Overthrows)
  • Accuracy ist sehr streaky. Hat Phasen, in denen er alle Bereiche des Feldes stark attackiert: Harte Pässe in kleine Fenster over the middle, Bälle nach außen wunderbar über die Schulter und weg vom Defender gelegt. Dann wiederum streuen die Dinger unfassbar.
  • Insgesamt über die Mitte genauer als zu den Sidelines und insbesondere bei deep Shots (urg).
  • Übersieht wiederholt Defender in Mitte des Plays. Insgesamt zu viele riskante / TO-worthy Pässe. Muss disziplinierter das Feld scannen und nicht pre-determined werfen. Zu careless.
  • Alles andere als ein dual-threat, aber einigermaßen beweglich. Kann sich gelegentlich aus Druck befreien und auch mal ein paar Yards erlaufen.
  • Hab bei keinem QB-Tape dieses Jahr so viele Drops und Halb-Drops der WR gesehen wie bei Kentucky. Half natürlich auch nicht.
  • Älterer Prospect, bereits 24 Jahre.

Fazit: Devin Leary ist ein erfahrener Pocket-Passer, der leider nie wieder an seine überragende 2021er Saison anknüpfen konnte. Sein Arm reicht locker für die NFL, aber die Mechanics kommen und gehen – und damit auch die Accuracy. Er muss seine Lapses im Decision Making reduzieren und allgemein Konstanz (zurück)erlangen, bringt aber ein paar spannende Tools mit. Wenn ich auf einen der late Round-Prospects als soliden und eventuell langjährigen Backup in der NFL tippen müsste, fiele meine Wahl wohl auf ihn. 5th/6th.

Anspieltipp:

(Kein besonders starkes Spiel, aber eines, bei dem man alles sieht, was Leary gleichzeitig spannend und frustrierend macht.)

Austin Reed, Western Kentucky (6th year Senior)

6’1 ½, 220, Arms 30 1/8, Hands 9 7/8
40: 4.82 (10: 1.67)

  • Erst in der FCS bei Southern Illinois, dann 2019 Transfer in die Division II zu West Florida, führte die Argonauts gleich im ersten Jahr zur Division II-Championship. Nach weiteren erfolgreichen Jahren 2022 Transfer in die FBS zu Western Kentucky. Dort zwei Saisons in passlastiger Offense mit dicken Stats (vor allem 2022: 64.5%, 4746 Pass Yards, 40 TDs, 11 INTs; 2023 dann kürzerer Ausfall und nicht nur vom Volume leichter Abfall).
  • Mittelgroßer, eher kräftiger Quarterback mit okay Speed.
  • High volume Passer in eher horizontaler hurry-up Spread. Pass Pass Pass, aber extrem viel schnell zur Sideline, und mehr als jeder andere QB hinter die Line of Scrimmage. Ja, man wollte den Ball schnell in die Hände von WR Malachi Corley bringen, um dessen YAC-Skills auszuspielen, aber das war mir insgesamt too much (gerade 2023).
  • Arm durchschnittlich. Ausladende Throwing Motion mit auffällig tiefem Release Point. Ziemlicher one speed Thrower, bräuchte gelegentlich etwas mehr Gefühl, gerade bei layering Throws über den Defender.
  • Medium Accuracy. Ab und an größere Probleme, ein paar Bälle missraten völlig. Wirft gelegentlich ohne besondere Pressure unnötig vom Backfoot. Warum? Weil er den Körper ganz reinlegen muss?
  • Quick passing Game mit vielen kurzen Backshoulders. Einige richtig nette Seams, geht auch in enge Fenster over the middle. Gelegentlich zu viel Risiko oder Vertrauen in seinen medium Arm.
  • Accuracy bei tieferen Pässen ziemlich mau, und zwar in jede Richtung. Auch sonst eher inkonstant. Zwischendrin einige wirklich gute Würfe, aber wird in NFL eher für horizontale schnellere Pass-Offense in Frage kommen. Wenn er underneath bleibt: Grundsätzlich schnelle Entscheidungen, rhythmisches Kurzpassspiel.
  • Ziemlich gute Pocket-Präsenz, kann Druck entgehen, ohne besonders mobil zu sein oder dauernd aus der Pocket ausbrechen zu müssen. Vermeidet Sacks.
  • Vielleicht noch was aus der Mobilität rauszuholen? Funktional, on the run ganz okay. Kann improvisieren.
  • Älterer Prospect, bereits 24 Jahre.

Fazit: Austin Reed war ein sehr produktiver College-QB in einem Passer-freundlichen System. Er bringt gewisse Gamer-Qualitäten mitn und kann den Ball über die Mitte bewegen, hat aber in vielen Fundamentals noch einiges aufzuholen – allein damit er mehr Konstanz bei der Genauigkeit von Pässen bekommt. Würde dennoch einen Flyer in der 6th absetzen, irgendwie hat er was.

Anspieltipp:

Sind komplette Highlights, kein Cutup, aber illustriert die gute Seite von Reed über die Mitte.

Joe Milton, Tennessee (6th year Senior)

6’5, 235, Arms 33 3/8, Hands 10 ¼
Vert: 35 // Broad: 121

  • Begann seine Karriere bei Michigan: Erst zwei Jahre Backup, dann ein eher unglücklicher Auftritt als Starter in der Corona-Saison 2020. Transfer zu Tennessee, dort – von zwei kurzen Sequenzen abgesehen – zwei Saisons Backup von Hendon Hooker. 2023 endlich Starter. Solide Stats (über 2800 Pass Yards, 20 TDs, 5 INTs, 300 Rush Yards, 7 TDs), aber viele hatten mehr erwartet.
  • Spielte in der QB-freundlichen hyper-speed ultra-spread out Offense von HC Josh Heupel.
  • Von Maßen, Arm und Athletik der QB aus dem Labor: riesig, kräftig gebaut, lange Arme und große Pranken, dazu verdammt athletisch und beweglich.
  • Der beste Arm der gesamten QB-Klasse. Kann Bälle aus dem Stand übers gesamte Feld feuern. Hat einen absoluten Raketenwerfer auf der Schulter. Einige der spektakulärsten Pässe der Saison – allein weil sie nach Verlassen seiner Hand sofort beim WR sind. Aber: Ihm fehlen die Speed-Variationen, wenig Touch-Passes. Die Touch-Bemühungen bei vertikalen Pässen waren oftmals völlig off.
  • Wenn nicht unter Druck, recht schneller und kompakter Release. Die Top-Plays sehen ästhetisch aus.
  • Footwork nicht ideal. Steht viel zu oft ohne jede Bewegung flat-footed in der Pocket. Warum? Er ist doch beweglich genug. Das wiederum ist ein Faktor für…
  • Bedenkliche Accuracy bei allem wesentlich über die LOS hinaus. Bälle streuen in wirklich jedwede Richtung. Leider kein besonderer deep Ball-Passer trotz Raketenarm. Auch deswegen wurde Tennessees big Play-Offense im Saisonverlauf mehr zu einer Screen/Slant Pitch & Catch-Offense. Accuracy underneath (insb. Outs & Slants) ist ganz gut (natürlich Vorteil für Offense, wenn Ball quasi mit dem Snap beim WR ist).
  • Wie traditionell im Vols System kaum Passing über die Mitte. Macht Projection noch schwieriger.
  • Extrem inkonstant bei Progressions. Lesen des Feldes und der Coverage immer wieder Problem. Klebt am ersten Read. Kaum Antizipations-Würfe. Aber: Wenig Turnover in seiner Karriere.
  • In Pocket okay. Kann Druck ganz gut ausweichen, aber Pässe under pressure streuen sehr.
  • Wenn designed aus der Pocket bewegt, Potenzial auf Plays vorhanden. Throws on the Run ganz gut und mit ordentlich Wums.
  • Gefährlicher Rusher. Nimmt nicht nur die easy Yards, kann mit seinem Frame auch die dreckigen Yards im Kontakt holen. Lowers the shoulder. Gute Run Lanes bei Draws, verleitet LBs zu falschen Schritten in der Box.
  • Älterer Prospect, bereits 24 Jahre, aber eben nicht übermäßig viel Erfahrung. Langjähriger Backup.

Fazit: Was tun mit Joe Milton? Einer der krassesten Tools-Quarterbacks der jüngeren Zeit mit einem überirdischen Arm und toller Athletik, aber leider nicht viel mehr. Trotz seines Alters müsste man bei ihm wirklich von „raw“ sprechen. Kann er von den Play-to-Play Mechanics über die Schnelligkeit Processing, das Passing über die Mitte bis zum Decision Making wirklich noch riesige Sprünge machen? Und selbst damit wären die Accuracy-Streuer noch nicht unbedingt behoben. So strange es klingt, momentan müsste er fast eher in einer Kurzpass-Offense landen, doch da wären wiederum viele seiner Skills etwas verschenkt. Ich bin bei ihm leider skeptisch, würde aber dennoch diesen Arm gern einmal in einem NFL-Kontext bestaunen. 6th/7th. Irgendwer wird den Flyer auf ihn setzen.

Anspieltipp:

Auswahl gefällt nicht wirklich, aber erste Halbzeit gegen Alabama war eine seiner besten diese Saison.

Sam Hartman, Notre Dame (6th year Senior)

6’1, 211, Arms 31 3/8, Hands 9 ¾
40: 4.80 (10: 1.63) // Vert: 28.5 // Broad: 113 // Shuttle: 4.34 // Cone: 7.19

  • Jahrelanger produktiver Quarterback bei Wake Forest in der berüchtigen Slow-Mesh-RPO-Offense. Sicherte sich 2018 als true Freshman gleich den Starterposten, zeigte solide Leistungen, brach sich Ende der Saison das Bein. 2019 Backup von Jamie Newman mit wenigen Einsätzen. 2020 nach Newmans Saison-Opt-Out wieder Starter. 2021 mit sensationellen Leistungen (über 4200 Pass Yards, 39 TD-Pässe, zudem über 350 Rush Yards und 11 Rush TDs), führt die Demon Deacons völlig überraschend ins ACC Championship Game. 2022 Konsolidierung auf hohem Niveau. 2023 im sechsten Jahr Transfer zu Notre Dame, sicherlich um seine Chancen auf die NFL in einer klassischeren Offense (sogar mit under Center-Plays) zu verbessern, statistisch ein (allerdings erwartbarer) Rückgang.
  • Etwas undersized Quarterback mit unterdurchschnittlicher overall Athletik (trotz guter Agilitätswerte bei der Combine)
  • Grenzwertiger Arm für die NFL. Outs auf andere Seite hängen merklich in der Luft.
  • Unter Druck und bei Pässen vom Backfoot segeln die Bälle extrem, einige easy Interceptions. Release wird spotty. MUSS konsequent in den Wurf steppen, alles andere kann in der NFL zum Desaster werden.
  • Bespielt alle Bereiche des Feldes, keine Angst vor der Mitte. Kann als Ballverteiler auf kurzen Distanzen oder mit vertikalem Ansatz gewinnen.
  • Gunslinger-Mentalität, geht gerne und viel auf den deep Pass. Entsprechend seines Arms aber eher Touch-Bälle mit guter Antizipation und oftmals gutem Timing.
  • Accuracy grundsätzlich solide, allerdings mit krassen Aussetzern. Deep Ball Accuracy on/off – und selbst bei guten Bällen kommen DBs zu oft zurück ins Play. Nur mit Touch wird es in NFL nicht funktionieren.
  • Geht durch Progressions, full-field reader. Hätte ich nach der langen Zeit in der Deacs-Offense nicht unbedingt erwartet. Kommt im letzten Moment wieder zum Dumpoff runter. Nice.
  • Passing on the move merklich ineffektiver. Throwing Motion passt nicht, Accuracy geringer. Sprich: Keiner, den man viel planmäßig aus der Pocket bewegen sollte.
  • Pocket Movement und Footwork gefallen mir grundsätzlich. Richtet Füße mit dem Blick beständig neu aus. Kann in enger werdender Pocket bleiben, hält Augen downfield. Meist gutes Footwork auch hier, gelegentlich wird es etwas zu viel.
  • Aber: Unter Druck mit teils fatalen Entscheidungen (s. vs. Louisville: 3 INTs, hätten aber eigentlich mehr sein müssen). Braucht unbedingt eine cleane Pocket für sein Spiel (allen fürs in den Wurf steppen).
  • Kein dual-threat, aber beweglich genug Druck auszuweichen. Allerdings keiner, der sich dauernd aus Tackleversuchen in der Pocket befreien kann.
  • Vor einigen Jahren mehr und erfolgreicher selbst gelaufen – da wäre sicherlich noch was drin.
  • Älterer Prospect, bereits 24 Jahre.

Fazit: Sam Hartman ist ein erfahrener Quarterback, der in punkto NFL-Projection nach seinem Transfer zu Notre Dame einige Fragezeichen beantworten konnte: Er hat grundsätzlich vernünftige Mechanics, geht konstant durch seine Reads und bringt solide Accuracy, gutes Pocketverhalten und ein aggressives Mindset mit. Leider macht ihm sein marginaler Arm einen Strich durch die Rechnung, und insbesondere in Kombination mit Pressure zeigen sich massive Limitationen. Ich bin nicht sicher, ob er das für einen Backup-Posten in der NFL genügend umspielen kann. Undenkbar ist es aber nicht. Spaßiger College-QB, sehe ihn allerdings eher im späten Bereich 6th/7th. Wäre nicht überrascht, wenn er undrafted geht.

Anspieltipp:

Gibt nicht so viel sinnvolle Optionen aus seiner Notre Dame-Zeit. Wähle das Debütspiel gegen eine überfordete Navy-Defense.

Ein Spieler fehlt hier übrigens noch, den ich etwas mehr mag als einige der genannten, aber ich kann nicht mein ganzes Pulver vor dem Sleeper-Beitrag verschießen. Wird dann also nachgereicht.

Ein Gedanke zu „Quarterbacks (II): Weitere Prospects 2024

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