Vorschau Woche 1: Mid-Major-Alarm

Es fühlt sich noch nicht so an, aber es ist soweit! College Football beginnt, und daher öffnet auch der Blog wieder regelmäßig seine Pforten. Wie ihr es gewohnt seid, gibt es hier vor allem Previews zu lesen, die euch auf die wichtigsten Spiele des Wochenendes einstimmen.

Diese Saison wird das alles natürlich ein wenig anders laufen. Vier der zehn FBS-Conferences haben ihre Saison auf das Frühjahr verschoben: zwei Power 5-Conferences mit der Big Ten und der Pac-12, zwei Mid-Majors mit der MAC und der Mountain West. Mittlerweile überlegt die Big Ten, doch wieder auf den Herbst umzuschwenken und eventuell ab Thanksgiving, also Ende November zu starten. Grund hierfür sind die großen Proteste der Spieler und insbesondere ihrer Eltern, die sich gut koordiniert haben und die Big Ten mit Forderungen übersähen. Es bleibt abzuwarten, ob Commissioner Kevin Warren und die weiteren Entscheider einknicken werden oder nicht. Hier kann sich täglich etwas ändern. Möglicherweise wird dies in Absprache mit der Pac-12 geschehen.

Der aktuelle Stand sieht folgendermaßen aus, kann sich aber beim Lesen dieser Zeilen schon wieder geändert haben:

  • Die drei verbliebenen Mid-Major Conferences AAC, Sun Belt und Conference USA steigen mit einem abgespeckten Spieltag in dieser Woche ein. Dabei werden voraussichtlich aufgrund der unklaren Situation bei den Out-of-Conference Games nicht alle Teams dieselbe Anzahl Spiele absolvieren. In allen drei Conferences werden die Teams 8 Conference Games spielen. Darüber hinaus sind bis zu 4 Out-of-Conference Games gestattet, die allerdings nur wenig Teams in vollem Umfang wahrnehmen dürften.
  • Die ACC plant den Saisonstart am 12.09. (bei einem vorgezogenen Spiel der Miami Hurricanes am 10.09.). Vorgesehen sind 10 Conference Games und ein Out-of-Conference Game. Ausnahmsweise ist Notre Dame Teil der ACC, und ebenso ausnahmsweise wird es keine Divisionen geben. Die beiden Teams mit den besten Records treffen im ACC Championship Game aufeinander.
  • Die Big 12 startet am 26.09. ihr Conference Play. Vorgesehen ist ein Round Robin (jeder gegen jeden) von 9 Spielen plus ein Out-of-Conference Game. Diese werden zwei Wochen vorher, am 12.09. ausgetragen.
  • Die SEC wird am 26.09. mit einem Conference-only Schedule aus 10 Spielen starten.

Ich werde so gut es geht versuchen, diese verrückte und unwägbare Situation zu begleiten. Dadurch, dass die großen Conferences in der ersten Woche noch nicht am Start sind, bietet sich mir die Gelegenheit, euch ein paar Duelle zwischen Mid-Majors vorzustellen. Wer mich oder diesen Blog kennt, weiß, dass nicht nur die MAC, sondern auch die Mid-Majors allgemein meine heimliche Leidenschaft sind. Normalerweise kann ich der nur in der Bowl-Saison intensiver nachgehen, da das Interesse der Leserschaft sich größtenteils auf die Power 5-Conferences beschränkt. Aber diese Woche könnt ihr dem nicht entkommen. Werfen wir also einen Blick auf ein paar der wenigen Spiele.

Wichtiger Disclaimer vorab: Aktuell fallen Voraussagen über das Roster, die Depth Chart und mögliche spannende Duelle schwer. Spieler entscheiden sich kurzfristig noch für Opt Outs, also setzen die Saison aus. Andere können wegen gesundheitlicher Bedenken nicht am Spiel teilnehmen. Daher bitte alle folgenden Zeilen unter Vorbehalt lesen.

Kracher des Spieltags:
Arkansas State Red Wolves (Sun Belt) @ Memphis Tigers (AAC)
(02:00 Uhr mitteleuropäische Zeit)

Ich gebe es gerne zu: In den letzten Jahren sind mir die Memphis Tigers ein wenig ans Herz gewachsen. Kaum ein Team aus den Mid-Majors außerhalb der MAC habe ich intensiver verfolgt. Letztes Jahr gabs dann die vorläufige Krönung: nicht nur den Titel der AAC, sondern auch die Teilnahme an einem New Year’s Six Bowl, dem Cotton Bowl, als bestes Team der Mid-Majors. 12 Siege bedeuteten zudem Unirekord. Der Bowl ging zwar gegen Penn State verloren, da man defensiv überhaupt keine Antwort aufs Laufspiel der Lions fand, aber auch hier konnten die Tigers mit ihrer explosiven Offense überzeugen (Endstand 41-59). Insgesamt erzielte man sensationelle 6.85 Yards pro Play.

Doch gute Leistungen bleiben nie lange unter dem Radar: Schon vor dem Bowl verließ HC Mike Norvell die Tigers in Richtung Florida State. Doch verständigte man sich schnell auf eine interne Lösung für die Nachfolge und ernannte den vormaligen O-Line Coach Ryan Silverfield zum neuen Cheftrainer. Da auch OC Kevin Johns blieb, ist für eine größtmögliche Kontinuität gesorgt.

In der Defense sieht das anders aus. DC Adam Fuller begleitete Novell zu FSU, und Silverfield entschied sich für einen Neuanfang mit DC Mike MacIntyre, dem langjährigen HC von Colorado. Vom Namen her sicherlich ein Hochkaräter. Letzte Saison zeichnete er sich übrigens als DC von Ole Miss für die niedrigste Punktzahl der Memphis Offense beim 15-10 Sieg der Tigers verantwortlich.

Tigers Offense:

Die Offense war nach S&P+ unter den Top 10 zu finden, aber das ist längst nicht alles: Sie zeichnete sich durch eine enorme Variabilität aus. Je nach Gegner wurde aus multiplen Formationen eher auf Passfeuerwerk oder auf Ground&Pound zurückgegriffen. Man darf gespannt sein, ob diese Philosophie beibehalten werden kann. Hochkarätige Abgänge gibt es jedenfalls einige zu verkraften: Meine kleine Entdeckung WR/RB Antonio Gibson, RB Patrick Taylor, TE Joey Magnifico oder C Dustin Woodard. Und dann entschied sich vor wenigen Tagen auch noch einer der besten all-purpose Backs des Landes, der spektakuläre Kenny Gainwell, die Saison auszusetzen. Seine Gründe sind sehr nachvollziehbar:

Was bleibt also? Immer noch einiges! QB Brady White (4014 Pass Yards, 33 TDs, 11 INTs) hat 2019 einen wahrnehmbaren Sprung gemacht, der sich nicht unbedingt groß in den Stats niedergeschlagen hat. Erfahrener Pocket Passer ohne die ganz große Armstärke, neigt ab und an zu haarsträubenden Fehlern, aber versteht es, den Ball in die Hände seiner Playmaker zu bewegen. Der beste verbliebene ist WR Damonte Coxie (1276 Receiving Yards, 9 TDs), für den ich hier schon ein Weilchen die Trommel rühre: großer, recht schlanker Receiver mit fantastischen Ball Skills und Body Control. Ein Mann für die (auch vertikalen) Highlight Catches. Daneben wird abzuwarten sein, wer ihn unterstützen kann: Hoffnungen ruhen auf TE Sean Dykes, der die letzte Saison fast komplett verpasste. Im Laufspiel erwarteten die meisten, dass nun der wendige RB Kylan Watkins den ersten Shot kriegen wird, der 2019 nach der Verletzung von Taylor als Backup Gainwells fungierte. Ein Auge sollte man auf den hochtalentierten Auburn Transfer RB Asa Martin werfen. Der dritte RB im Bunde, Rodrigues Clark, bekam viel Lob im Trainings Camp und wurde nun sogar überraschend zum Starter ernannt. Mal abwarten, wie sich das entwickelt. Immerhin gibt es zwei Vorteile für die Runner: Die Tigers verstehen es schematisch, regelmäßig für viel Space zu sorgen. Dazu steht eine O-Line vor ihnen, bei denen drei Starter zurückkehren, unter anderem die beiden potenziellen NFL-Prospects iOL Dylan Parham (der auf C vorgesehen war, nun aber eventuell auf OT wechseln wird) und OT Obinna Eze.

Tigers Defense:

Die Defense hatte in den letzten Jahren – gerade gegen den Lauf – nicht unbedingt Bäume ausgerissen, so dass frischer Wind vielleicht gar nicht so schlecht ist. Größtenteils bleibt die Defense zusammen, allerdings müssen einige Schlüsselspieler ersetzt werden: vor allem DE Bryce Huff und LB/S Austin Hall, dazu CB Chris Claybrooks.

DC MacIntyre plant eine Umstellung auf seine favorisierte 3-4 Defense. In der D-Line bedeutet das eine Umstellung: NT O’Bryan Goodson wird voraussichtlich auf die 0-tech rutschen (wofür er recht klein und leicht ist), und der beste D-Liner Joseph Dorceus (14.5 TFL, 5 Sacks) wird nun 5-tech DE spielen (von der Masse noch okay, ihm fehlt es etwas an Länge). Ich vermute, dass dies auf eine aggressivere one-gap 3er Front hinauslaufen wird, da dies den Stärken der Spieler deutlich entgegenkommen würde. Problematisch ist bei solchen Umstellungen erfahrungsgemäß der Passrush der OLBs.

Das Defensive Backfield war bereits letzte Saison die Stärke der Defense, und das sollte sich auch 2020 nicht ändern. Man agierte viel mit Man Coverage, was an den starken Cornerbacks lag, insbesondere CB T.J. Carter, für den ich eine kleine Schwäche habe. Nicht der größte Big Play-Guy, aber äußerst solider Cover-Corner mit guter Technik, Footwork und mehr als adäquater Beweglichkeit. Läuft immer noch ein wenig unter dem Radar. Auf Safety hat man ein starkes Duo mit Jr. SS Sanchez Blake, der in sein drittes Jahr als Starter geht, und der Freshman-Überraschung der letzten Saison, FS Quindell Johnson. Daher muss die primäre Aufgabe der Tigers lauten, die löchrige Laufverteidigung zu stopfen.

Sonst bewerbe ich die Special Teams nicht, aber bei den Tigers muss eine Ausnahme gemacht werden: Mit K Riley Patterson stellen sie den meiner Meinung nach besten Kicker im College Football, und auch P Adam Williams gehört zu den besseren seiner Zunft.

Arkansas State Red Wolves:

Seit Blake Andersons Verpflichtung als HC im Jahr 2014 sind die Red Wolves ein Muster an Konstanz: Jedes Jahr erreichten sie ein Bowl Game, und zweimal konnten sie die Sun Belt gewinnen (einmal davon geteilt). Letzte Saison war man mit einer 8-5 Bilanz im Soll, doch die Saison war in vielerlei Hinsicht keine normale Saison. Im Sommer verstarb Wendy Anderson, die Frau des Head Coaches, an Brustkrebs. Er kehrte nach einer kurzer Trauerphase zurück (einige erinnern sich vielleicht noch an das Pink-Out, das die Fans der Georgia Bulldogs ihr zu Ehren beim Spiel gegen die Red Wolves veranstalteten). Sportlich musste ein enormes Verletzungspech überwunden werden, doch das Team wuchs in dieser schwierigen Zeit zusammen.

In der Offense werden wir voraussichtlich zwei Quarterbacks zu sehen bekommen: Logan Bonner, den etatmäßigen Starter, und Layne Hatcher, der ihn nach seinem verletzungsbedingten Saisonausfall gut ersetzt hat. Bonner wird der Starter sein, aber Hatcher soll ebenfalls Spielanteile bekommen. In der aktuellen Depth Chart sind beide mit einem „or“ als Starter gekennzeichnet.

Egal, wer von beiden spielen wird, sie müssen den Abgang ihrer zwei Top-Receiver Kirk Merritt und Omar Bayless verkraften. Gerade TD-Maschine Bayless wird nach seiner ultraproduktiven Saison (1653 Receiving Yards, 17 TDs) schmerzlich vermisst werden. Immerhin hat man mit dem großen und physischen WR Jonathan Adams (851 Receiving Yards, 5 TDs) noch einen weiteren richtig guten Kandidaten außen. Da außerhalb der Top 3 Receiver kaum einer regelmäßig Pässe gesehen hat, braucht es dringend Unterstützung für Adams. Ansonsten ist in der Offense der solide, aber eher unspektakuläre RB Marcel Murray zu erwähnen, der – ebenso wie die beiden QBs – allerdings unter einer eher mauen OL-Leistung litt.

Die im 4-2-5 Base Look spielende Defense der Red Wolves war eine der schlechtesten des Landes in beinahe jeder Kategorie. Aus dieser Defense fehlen nun die Top 4 Tackler sowie der beste Spieler DE William Bradley-King, der zu Baylor transferierte. Sieht also auf dem Papier nicht besonders vielversprechend aus. Die bekanntesten Spieler sind MLB Caleb Bonner (nicht verwandt mit dem Quarterback) und S Antonio Fletcher, dazu kann man mal ein Auge auf den Mammut-NT Foster Merrill werfen, der einem aber eh ins Auge springen wird. Eine vielversprechende Freshman-Saison spielte CB Jarius Reimonenq. Gegen die explosive Offense der Tigers ist dennoch schlimmes zu erwarten.

Fazit: Alles deutet auf einen Sieg von Memphis hin. Beide Teams hatten einige wichtige Abgänge zu verkraften, aber Arkansas State war letzte Saison wesentlich stärker abhängig von seinen drei Receivern und hat zudem eine grauenvolle Defense. Keine guten Voraussetzungen, um gegen ein frisches Memphis anzutreten, das auch ohne Kenny Gainwell offensiv einiges auffahren wird.

Weitere Partien im Schnelldurchlauf:
Eastern Kentucky Colonels (FCS: Ohio Valley Conference) @ Marshall Thundering Herd (Conference USA)
(19:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit, das ranCollege-Spiel)

In Anbetracht der geringen Auswahl überträgt ranCollege am ersten Spieltag Ein FBS-FCS-Duell: Marshall trifft auf Eastern Kentucky und muss dabei als haushoher Favorit betrachtet werden. Die Thundering Herd gehört unter ihrem langjährigen HC Doc Holliday zu den besseren Mid-Major-Programmen, auch wenn der Sprung ins Conference USA-Championship Game zuletzt 2014 gelang.

In den vergangenen Jahren hatte die Thundering Herd Probleme mit konstantem offensivem Output. Ob sich das 2020 ändert, ist ungewiss. Die Story der Offseason war das Hin und Her um QB Isaiah Green, unspektakulärer Starter der letzten beiden Saisons. Der wollte erst wechseln, meldete sich im Transfer Portal, dann entschied er sich doch wieder um. Nützte aber alles nichts, denn Holliday ernannte kürzlich redshirt Freshman QB Grant Wells zum Starter. Green wird aktuell nicht auf dem Roster geführt. Ob da ist das letzte Wort schon gesprochen ist?

Der unerfahrene Wells hat zumindest den Vorteil, auf eine der besten Rushing Attacks der Conference USA zurückgreifen zu können. RB Brenden Knox (1387 Rush Yards, 11 TDs) ist ein bulliger between-the-tackles Runner, der im Kontakt regelmäßig nochmal ein paar Extrayards holt. Er wird sicherlich der zentrale Spieler der Offense sein. Vor ihm steht eine überdurchschnittliche O-Line um den hoch eingeschätzten OG Cain Madden. Im Passspiel ruhen die Hoffnungen vor allem auf dem Receiving TE/H-Back Xavier Gaines, der in der vergangenen Saison auch regelmäßig Carries bekam. Möglicherweise wird der gefährliche PR Talik Keaton nun mehr in die Offense eingebunden.

Die Defense war der bessere Mannschaftsteil, insbesondere gegen den Pass. Der spritzige undersized DE Darius Hodge ist mir beim Scouting zum letztjährigen Gasparillo Bowl aufgefallen, er wird primär für den Passrush verantwortlich sein. Ansonsten fehlen in der Front-7 viele Starter von 2019, unter anderem Top-LB Omari Cobb (aktuell bei den Chiefs im Trainings Camp). Mit OLB Tavante Beckett (122 Tackles, 6.5 TFL) ist jedoch der beste Tackler wieder dabei: eher der Körper eines Safeties, aber sehr aktiv und wendig mit vernünftiger Range, kann sich auch okay in Traffic bewegen. Zum ersten Eindruck ein paar Highlights:

Im Backfield muss der verlässliche CB Chris Jackson, ersetzt werden, aber die anderen drei sehr soliden Starter sind zurück, unter anderem der instinktive Tackler S Nazeeh Johnson, der sowohl als Centerfielder als auch in der Box (oder im Slot) spielen kann.

Eastern Kentucky:

Zu FCS-Team Eastern Kentucky kann ich natürlich wenig bis nichts beisteuern. Letzte Saison erreichten die Colonels eine 7-5 Bilanz, woraufhin HC Mark Elder seinen Hut nehmen musste. Neuer Mann am Ruder ist HC Walt Wells, zuvor Quality Control Coach bei Kentucky.

2019 muss das Passspiel um den jungen QB Parker McKinney absolut grausam gewesen sein. Daher ist zu erwarten, dass die Colonels sich auf ihre Stärke besinnen: Laufspiel mit dem extrem kräftigen RB Alonzo Booth hinter einer für FCS-Verhältnisse guten O-Line. Was allerdings passiert, wenn man wie erwartet in Rückstand gerät, bleibt abzuwarten. In der Defense gelten LB Steven Crowder und CB Josh Hayes als die besten Akteure.

Fazit: Sollte kein Problem für Marshall sein. Wer auf Power Running steht, dürfte bei diesem Spiel gut aufgehoben sein.

Middle Tennessee State Blue Raiders (Conference USA) @ Army Black Knights (Independent)
(19:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

2019 war mit einer Bilanz von 4-8 ein Jahr zum Vergessen für Middle Tennessee. In den 14 Jahren unter HC Rick Stockstill schnitt man nur einmal schlechter ab. Sowohl in der Offense als auch in der Defense gab es leichte Rückschritte, letztlich machten drei Niederlagen in den knappen Spielen den Ausschlag gegen eine Bowlteilnahme. Dennoch waren einige Lichtblicke auszumachen. Stockstill musste seinen Sohn, den vier Jahre Starter QB Brent Stockstill, ersetzen und fand in dem ultramobilen QB Asher O’Hara einen vielversprechenden Ersatz. O’Hara spielte als Passer solide und relativ fehlerfrei und erlief zudem über 1000 Yards. Mit ihm und einer soliden O-Line sollten deutliche offensive Verbesserungen möglich sein, möglicherweise ist O’Hara sogar ein echter Breakout-Kandidat. Allerdings entschieden sich die beiden hochkarätigen RB-Transfers Martell Pettaway (zuvor West Virginia) und Amir Rasul (zuvor FSU) beide für einen Corona-bedingten Opt Out, so dass die RB Depth recht dünn ist. Bei den Passempfängern ist der kleine toughe Ty Lee weg, hier ruhen die Hoffnungen vor allem auf WR Jarrin Pierce.

Die Defense war etwas weniger schlecht als die Offense und litt vor allem unter mauem Passrush. Hier müssen einige Spieler ersetzt werden, unter anderem S Jovante Moffatt. Doch wenn man sich die Blue Raiders aus Draftperspektive anschauen möchte, dann sollte man bei dieser Position bleiben: S Reed Blankenship ist der mit Abstand beste Spieler dieses Teams. Wird vor allem als Centerfielder eingesetzt und beweist dort eine gute Range und nette Ball Skills, hat sich aber auch gegen den Lauf verbessert. Leider fiel er die zweite Hälfte der Saison mit einem gebrochenen Bein aus. Dennoch gilt er nicht zu Unrecht als spannender Draft Prospect. Man wird abwarten müssen, wie gut er nun zurückkommt. Ein weiterer Key Player ist der agile Off-Ball OLB D.Q. Thomas (74 Tackles, 12 TFL). Ansonsten muss ich ehrlich gesagt mir erst einmal selbst ein aktuelles Bild machen.

Army:

Army war eine der größten Enttäuschungen der vergangenen Saison. Nachdem das Team von HC Jeff Monken im Jahr zuvor eine 11-2 Bilanz erreichte und gerade in der Offense alle Key Player zurückkehrten, kam man 2019 nie in Schwung und beendete die Saison mit 5-8. Insbesondere QB Kelvin Hopkins machte einen enormen Rückschritt, nachdem er 2018 sogar mit einigen netten Pässen auf sich aufmerksam machte.

Schematisch bleibt natürlich alles beim Alten, sprich: Flexbone Triple Option mit viel inside Running Game, um den Gegner müde zu machen und die Uhr zu kontrollieren – notfalls mit jeder Menge ausgespielter 4th down-Versuche. Nur haben die Black Knights dafür nun neue Protagonisten: QB Jabari Laws und B-Back Sandon McCoy sind das Gespann im Backfield anstelle von Hopkins und Conor Slomka. Für die Big Plays sind Slotback Artice Hobbs und WR Camden Harrison verantwortlich. Der großgewachsene Harrison fing 2019 25 Pässe – für Army-Verhältnisse eine halbe Sensation.

Die Defense der Black Knights war der weniger schwache Part, verliert aber viele Starter, unter anderem LB Cole Christiansen, der mir mehrfach sehr positiv in Erinnerung geblieben ist. Angeblich soll die Mitte der Defense weiterhin die Stärke sein mit DT Kwabena Bonsu und LB Arik Smith, doch das muss ich mir selbst erst einmal genauer betrachten.

Fazit: Im Normalfall sollte Army mit seinen methodischen Drives und jeder Menge Time of Possession die Defense der Blue Raiders müde laufen.

SMU Mustangs (AAC) @ Texas State Bobcats (Sun Belt)
(22:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Wanna have some fun? Dann schalte ein bei SMU, die in der letzten Saison offensiv extrem viel zu bieten hatten. In ihrem Auftaktspiel treffen die Mustangs in einem In-State-Duell auf die Texas State Bobcats, das wohl unerfolgreichste FBS-Team aus dem talentreichen Lone Star State.

SMU HC Sonny Dykes, vielen vielleicht noch in gleicher Position bei Cal bekannt, hat seine Air Raid-Offense mit nach Dallas genommen und dort mächtig was abgebrannt. Vom Bowl Game abgesehen knackte die Offense nur einmal nicht die 30-Punkte-Marke, und das gegen das Zeit fressende Navy. Vor allem im tiefen Passspiel wussten die Mustangs zu überzeugen. Kaum ein anderes Team versuchte so oft den langen Pass. Primärer Grund hierfür war eine herausragende Saison von Texas Transfer QB Shane Buechele (3929 Pass Yards, 34 TDs, 10 INTs). Der ist zwar weder besonders groß noch verfügt er über den stärksten Arm der Welt, aber er zeigte gutes und schnelles Decision Making sowie generell gute Accuracy und Downfield Touch. Sein Top-Possession WR James Proche ist nun in der NFL, doch kann er weiterhin auf den herausragenden deep threat WR Reggie Roberson (43-803-6) bauen, der weniger mit reinem Speed als mit exzellenten Ball Skills (Adjusting, Tracking, Hands) gewinnt. Aus meiner Sicht ein spannender Draft Prospect – wie übrigens auch TE Kylen Granson (43-721-9), der unverständlicherweise immer noch keinen Hype bekommt, aber meiner Ansicht nach durchaus Potenzial zum Star hat. Sichere Hände und mehr Speed / YAC Skills, als man vermutet. Vor Buechele steht eine starke O-Line um LT Jaylon Thomas, die natürlich ein wenig vom Scheme profitiert. Das Laufspiel muss nach dem Abgang des ewigen Xavier Jones neu aufgestellt werden, hier soll wohl RB TJ McDaniel den ersten Shot bekommen. Im Gegensatz zur klassischen Air Raid ist Dykes nicht abgeneigt, auch mal mehr zu laufen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Von daher hat die Position durchaus eine gewisse Relevanz.

Die Defense spielte letzte Saison ein wenig do-or-die. Die Mustangs produzierten einige Turnover und vor allem viele Sacks und Tackle for Losses, waren in der tiefen Passverteidigung aber offen wie ein Scheunentor. Nun fehlen die Top-Passrusher (DE Delontae Scott und LB/S-Hybrid Patrick Nelson mit zusammen über 20 Sacks), so dass anderweitig dringend Verbesserungen nötig sind. DE Turner Coxe gilt als Hoffnungsträger trotz nur 2.5 Sacks. Bester verbliebener Spieler der Defense ist meiner Ansicht nach OLB Delano Robinson (76 Tackles, 5.5 TFL). Die Secondary hat die wenigsten Abgänge zu verkraften, aber inwiefern ist das wirklich eine gute Nachricht? CB Ar’mani Johnson hatte ein paar Momente und müsste einen Sprung machen – und vielleicht bringt ja der vom RB zum S umgeschulte UCLA Grad Transfer Brandon Stephens eine Verbesserung.

Texas State:

Texas State konnte nach seinem Sprung in die FBS 2012 noch keinen einzigen Bowl erreichen und erzielte in den vergangenen fünf Saisons nie mehr als drei Siege – eine desaströse Bilanz. HC der Bobcats ist der junge Jake Spavital in seinem zweiten Jahr. Spavital ist ein alter Bekannter vom gegnerischen HC Dykes, er fungierte für ein Jahr unter ihm als OC von Cal. Weitere Erfahrung sammelte er West Virginia unter Dana Holgorsen. Spavital lässt eine Air Raid-Variante spielen und legt dabei großen Wert auf hurry-up. Doch im ersten Jahr sah die Offense alles andere als explosiv aus. Hoffnung verschafft der neue QB Brady McBride, ein Transfer von Memphis, der wohl starten dürfte. Laufspiel und O-Line spotteten jeder Beschreibung, auch hier soll es mit RB Brock Sturges (ehemals Arizona State) ein Transfer richten. Caleb Twyford kann als RB und WR eingesetzt werden. Für die Big Plays soll der dürre Speedster WR Javen Banks sorgen. Doch wahrscheinlich geht es in diesem Jahr zunächst mal um sichtbare Verbesserungen.

Die Base 3-3-5 Defense – gecoacht von Jakes Bruder Zac Spavital – war der etwas weniger schlechte Mannschaftsteil, muss allerdings einen Großteil der Produktion ersetzen. Ich habe mich hiermit noch nicht eingehender beschäftigt. Die Stärke scheint eher in der Passverteidigung zu liegen. Wie in der Offense sollen einige Transfers die größten Löcher stopfen. Von den Rückkehrern sind insbesondere die beiden CBs Khambrail Winters und der miniaturige Jarron Morris zu erwähnen, der deutlich härter und tougher spielt, als er aussieht. Ich mag solche CB-Typen einfach. In der 3er Line überzeugte DT Caeveon Patton mit 61 Tackles, meist von der NT-Position. Von dieser Unit muss aber deutlich mehr kommen, damit die Gegner nicht mehr spielerisch leicht über die Bobcats Defense drüberlaufen können.

Fazit: Sollte eine klare Angelegenheit für die high-powered Offense der Mustangs werden. Könnte aber dennoch Spaß machen.

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