Cornerbacks I: Coverages und Top Prospects

 

Eines meiner Highlights der Pre-Draft-Zeit ist seit einigen Jahren die Beschäftigung mit den Cornerback-Prospects. Ich weiß nicht mehr, wie es dazu gekommen ist, aber mittlerweile haben die Cornerbacks den Runningbacks in meiner internen Scouting-Hierarchie den Rang abgelaufen. Insgesamt habe ich die verschiedenen Strategien in Coverage und Pass-Defense in den vergangenen Jahren mehr und mehr schätzen gelernt. In einer zunehmend passlastigen NFL, in der jedwede Berührung fast schon unweigerlich eine Flagge nach sich zieht, ist es umso wichtiger, die passenden Spieler für die richtige Strategie zu haben. Denn Cornerback ist nunmal nicht gleich Cornerback und Scheme nicht gleich Scheme.

Für bestimmte Coverages gelten oftmals sehr spezifische Anforderungen, die mitunter auch ein durchaus hochtalentierter Cornerback einer anderen ‚Schule‘ nicht unbedingt erfüllen muss. Ich verweise in diesem Zusammenhang gern auf Nnamdi Asomugha, einen hervorragenden Press Man Coverage CB und mehrfachen All-Pro bei den Raiders, der nach seinem Wechsel zu den Eagles in deren Zone Coverage ziemlich verloren aussah. Umgekehrt gilt natürlich dasselbe.

Bei den Cornerbacks finde ich den System-Fit daher ziemlich relevant, wobei es natürlich auch Prospects gibt, die sich für verschiedene Coverage-Philosophien eignen. Um im Folgenden über die Prospects und ihre Projections etwas eingehender sprechen zu können, werde ich im Folgenden zunächst noch einmal grob auf die grundlegenden Unterschiede zwischen verschiedenen Man Coverage- und Zone Coverage-Konzepten eingehen sowie auf die Skills, die für CBs in diesen Systemen besonders relevant sind. Diese Einführung habe ich bereits vor zwei Jahren am Beispiel der beiden Prospects Denzel Ward und Josh Jackson verfasst und seitdem leicht verändert oder ergänzt. Wer sie bereits kennt oder sowieso gut Bescheid weiß, kann ja einfach runterscrollen. Für andere ist das ja vielleicht eine Hilfe.

Man Coverage

In Man Coverage folgt man dem designierten Gegenspieler über das gesamte Feld. Der Großteil der Man Coverages ist in einer Cover 0 oder Cover 1 aufgestellt. Die Zahl hinter dem „Cover“ gibt an, wie viele Spieler tiefe Zonen abdecken (also nicht in einer Manndeckung sind). In einer Cover 0 ist also wirklich jeder Verteidiger einem Gegenspieler zugewiesen, in einer Cover 1 gibt es einen tiefen Verteidiger (meist den Free Safety), der die tiefe zentrale Zone spielt (und im Idealfall eine Reichweite bis an die Seitenlinien hat). Inside The Pylon hat zu den verschiedenen Coverages ein paar anschauliche Skizzen veröffentlicht:

cover0
Quelle: http://insidethepylon.com/football-101/glossary-football-101/2015/09/23/itp-glossary-cover-0/
Cover1
Quelle: http://insidethepylon.com/football-101/glossary-football-101/2015/09/30/itp-glossary-cover-1/

Diese Systeme beinhalten häufiges Blitzen, da vergleichsweise wenig Spieler in die Coverage eingebunden sind. Seltener existieren auch Cover 2-Systeme mit Man-Coverage underneath: Hier decken die beiden Safeties jeweils eine Hälfte des tiefen Feldes ab, die Cornerbacks spielen Man Coverage. Es sind also entsprechend mehr Spieler für die Pass-Coverage zuständig als in einer Cover 1 oder gar Cover 0. Die Cover 2-Man ist eine Defense, die gut big Plays verhindert (aufgrund der doppelten Absicherung) und daher immer mal eine nette Variation. Dauerhaft wird dabei aber die Laufverteidigung zu sehr vernachlässigt, da sich zu wenige Spieler in der Box nahe der Line of Scrimmage befinden.
In einer Man Coverage (mit Ausnahme der Cover-2 Man) haben die Cornerbacks eine extrem hohe Verantwortung: Lässt man den Gegenspieler laufen, gibt es in der Regel keine oder nur eine sehr sporadische tiefe Absicherung gegenüber dem Big Play. Outside Cornerbacks, die viel Man Coverage spielen, müssen also einen ordentlichen Deep Speed mitbringen, damit sie nicht bei jedem tiefen Pass überlaufen werden. Vor allem aber ist die Coverage-Technik eine ganz andere als in einer Zonenverteidigung. Man Coverage orientiert sich nur am direkten Gegenspieler. Der Corner fokussiert ihn mit Augen und Körper, achtet auf seine initiale Bewegungen, versucht seine Schritte, Cuts und (allgemein) seine Tendenzen zu antizipieren und darauf möglichst schnell zu reagieren. Quickness und Beschleunigung sind insofern wichtig, um bei Cuts und Double Moves möglichst schnell wieder in einer engen Deckung zu sein.
Hierbei gibt es zwei grundsätzliche Positionierungen: Press und Off. In einer Press Man steht der Cornerback dem Receiver direkt gegenüber und versucht vom Snap an, dessen Route zu beeinträchtigen: sei es mit Redirection durch den eigenen Körper oder die Arme zu Beginn der Route, oder gar mit Bump and Run, also einem Schlag (den so genannten Jam) direkt an der Line of Scrimmage auf den Körper des Receivers. Für Press Man CBs sind Disziplin und Balance zwei weitere ganz entscheidende Eigenschaften (sind sie natürlich für jeden Footballspieler, aber hier eben besonders): Ansonsten läuft man Gefahr, durch einen schnellen Fake beim Release des Receivers sich in die falsche Richtung zu orientieren und diesen innen oder außen vorbeizulassen (der CB muss ja noch mehr als der WR beim Snap einen Kaltstart hinlegen) – insbesondere, wenn man zugleich Körperkontakt sucht. Ein Vorteil der Press ist, dass man durch den Release des WRs (entweder innen oder außen am CB vorbei) schon einen ersten Hinweis auf die Route bekommt: Will der WR beispielsweise eine In-Route laufen, wird er normalerweise keinen outside Release versuchen, da er dann beim Cut nach innen zwangsläufig in den CB hineinrennt. Zumeist steht der Cornerback etwas nach innen versetzt (die so genannten inside Leverage), da er den Receiver bei langen Pässen zwischen sich und der Seitenlinie festnageln kann (und so den Raum beschneidet, in den der QB werfen kann) und bei kurzen Pässen nach innen einen Positions- und Leverage-Vorteil hat.
Off Man Coverage ist die etwas sichere Variante: Der CB steht einige Yards hinter der Line of Scrimmage und lässt den Receiver erstmal ‚kommen‘. So kann man auf kurze Routen besser reagieren (im Sinne von den Ball spielen), indem er nach vorne ‚breakt‘. Andererseits gibt man so aber auch den einen oder anderen leichten und schnellen Pass mehr ab. Für tiefe Routen des Receivers verschafft man sich einen kleinen Vorsprung, allerdings ist es so nicht möglich, den Receiver bei seiner Route zu behindern, zu verlangsamen oder ein wenig umzuleiten.

Zone Coverage

In der Zone Coverage sind die Cornerbacks nicht für bestimmte Gegenspieler, sondern für bestimmte Bereiche des Feldes zuständig. Vereinfacht gesagt: Wer sich dort aufhält oder in eine solche Zone eindringt, wird gedeckt, wer eine solche Zone verlässt, wird an einen Mitspieler übergeben. Dies erfordert natürlich ein höheres Maß an Eingespieltheit der Passverteidiger untereinander. Typische Zonenverteidigungen sind die Cover 2, Cover 3 und Cover 4. In der berühmten Cover 2 decken die beiden Safetys jeweils eine tiefe Hälfte des Feldes ab. Die Cornerbacks haben daher ’nur‘ die kurzen Zonen outside als Feldbereich zu bewachen.

Cover2
Quelle: http://insidethepylon.com/football-101/glossary-football-101/2015/11/16/itp-glossary-cover-2/

Anfällig ist hier vor allem der Mittelbereich zwischen den beiden Safeties, so dass Tony Dungy bei den Buccaneers zusätzlich noch den MLB in die tiefe Zone zwischen (und leicht unter) den beiden Safeties droppen ließ – die so genannte Tampa 2 war geboren.

In der Cover 3 müssen die beiden Outside Cornerbacks jeweils ein Drittel des Feldes tief verteidigen, während einer der Safetys das mittlere Drittel abdeckt. Die kurzen Zonen werden von Linebackern oder dem Strong Safety übernommen.

Cover3
Quelle: http://insidethepylon.com/football-101/glossary-football-101/2015/12/09/itp-glossary-cover-3/

In einer Cover 4 oder Quarters ist das Feld entsprechend in vier tiefe Zonen aufgeteilt: Die beiden äußeren übernehmen die Cornerbacks, die beiden inneren in der Regel die Safetys. Hier übernehmen dann zwangsläufig die Linebackers oder ein dritter CB/S die kurzen Zonen.

Cover4
Quelle: http://insidethepylon.com/football-101/glossary-football-101/2016/01/13/itp-glossary-cover-4/

Für einen Cornerback in einem Cover 2-Scheme stellen sich die Aufgaben also ganz anders dar als bei einer Man-Coverage. Der Deep Speed ist nicht ganz so entscheidend, da der tiefe Feldbereich ja durch einen Safety abgedeckt ist. Ein Cornerback in einer Zone-Defense fokussiert in der Regel den Quarterback und nicht den direkten Gegenspieler (das lässt sich pre-Snap meist sehr gut erkennen, der ganze Körper steht eher seitlich und ist auf den QB ausgerichtet). Er liest die Augen des Quarterbacks, seine Bewegungen und Throwing Motion, um zu erahnen, wo der Pass hingehen soll, und um dann möglichst schnell mit einem „Break“ Richtung Ball zu reagieren, den Receiver am Catch zu hindern oder den Ball im Idealfall abzufangen. Einige Zone-Cornerbacks verwenden nicht den klassischen Backpedal (bei dem die Schultern parallel zur Line of Scrimmage ausgerichtet sind), sondern den so genannten Slide Step oder Shuffle, bei dem man gewissermaßen seitlich läuft und während des Drops sowohl den Receiver als auch den Quarterback im Blick behält.
Hierbei gibt es zwei grundlegende Strategien: Spot Drop Zone oder Pattern Match Zone. Beim klassischen Spot Drop bewegt sich der Cornerback nach dem Snap genau auf einen zuvor bestimmten Platz innerhalb seiner Zone. Diese Positionierung variiert je nach Gegner und seinen Tendenzen und wird im Laufe des Spiels oft leicht modifiziert. Bei Pattern Match (stark geprägt von Alabamas HC Nick Saban) wird die Zone Coverage mehr auf den konkreten Gegenspieler abgestellt, der in die Zone kommt. Man verfolgt innerhalb der Zone dessen Route oder Pattern, so dass es hier Überschneidungen zur Man Coverage gibt. In der heutigen NFL mit ihrem schnellen Kurzpassspiel hat sich überwiegend die pattern match Zone durchgesetzt.

Zone Cornerbacks benötigen in der Regel gute Instinkte und Ball Skills. Zudem spielen für insbesondere für Cover 2-Cornerbacks Physis und Tackling eine größere Rolle, da sich ja nicht nur WRs in ihren (kurzen) Feldbereich verirren, sondern auch RBs oder TEs. Wenn der WR eine tiefe Route läuft, wird er nach hinten an den Safety übergeben und man kümmert sich um etwaige andere Ballfänger, die oftmals etwas mehr Masse und Kraft mitbringen (also RBs oder TEs). Eine gewisse Größe ist hier also nicht von Nachteil, ebenso wie eine gewisse (Arm-)Länge, um die eine oder andere Passing Lane zu covern. Cover 2-CBs sind im Gegensatz zu Man-CBs oftmals eher etwas nach außen versetzt aufgestellt. So wird der Receiver zum Inside Release gezwungen, was den Vorteil hat, dass der Weg des Safeties, der die hintere Zone abdeckt, von der Feldmitte aus bei einer langen Route weniger weit ist, als wenn der Receiver durch Outside Release gleich direkt an der Seitenlinie laufen würde.

Derartige Unterschiede zwischen den verschiedenen Coverage-Philosophien sind wichtig, allerdings sollte man sie sich nicht zu sklavisch vorstellen. In der heutigen Zeit arbeiten die allermeisten Teams mit hybriden Systemen, in denen je nach Spielsituation (oder sogar Feldbereich im selben Play) Man oder Zone gespielt wird. Selbst die Buccaneers spielten in ihrer Tampa 2-Hochphase bei early Downs (und an der Goal Line natürlich sowieso) oftmals Man Coverage, um mehr Spieler in der Box zu haben und so primär den Lauf zu verteidigen.
In jüngerer Zeit haben sich die Aufgaben der Cornerbacks in einigen Systemen aufeinander zubewegt. Das lässt sich am besten an der Entwicklung der Cover 3 veranschaulichen. Wie oben beschrieben, ist der tiefe Teil des Feldes in drei Zonen aufgeteilt, von denen die beiden äußeren von den Cornerbacks übernommen werden. In einer klassischen Cover 3 stehen die CBs einige Yards hinter der Line of Scrimmage (also in Off Coverage): zwar vorteilhaft für die Verteidigung der tiefen Zonen, aber dadurch wurden leichte Yards mit kurzen Pässen nach außen ermöglicht – gerade in der heutigen (kurz)passlastigen Zeit kein dauerhaftes Erfolgsrezept mehr. Der Clou von Defenses wie der der Seattle Seahawks bestand nun kurz gesagt darin, in einer Cover 3 die Cornerbacks Press spielen zu lassen. Wenn der Receiver eine Route upfield an oder nahe der Seitenline läuft, mutiert die Cover 3 quasi zu einer Man-Coverage (ein reines Pattern Match). Wenn er allerdings eine Route nach innen läuft, wird er wie bei jeder anderen Zone-Coverage übergeben und der CB orientiert sich tiefer an einen bestimmten Punkt (eher Spot Drop). Cornerbacks, die in einer Cover 3 Press spielen, sollten im Idealfall einzelne Elemente eines typischen Man- und eines typischen Zone-CBs vereinen: Wichtig ist zunächst die Physis, um dem Receiver keinen einfachen Release zu ermöglichen und ihn von Beginn an in seiner Route zu stören. Hierfür sind große CBs mit langen Armen ideal. Zugleich sollten sie eine gute short-area Quickness mitbringen, um sofort auf schnelle Richtungswechsel des Receivers reagieren zu können. Der Long Speed sollte zumindest passabel sein. Diesbezüglich kleinere Limitationen müssen durch Athletik, Balance sowie eben Sprungkraft und Länge kompensiert werden (etwa wenn bei tiefen Pässen gegen Speedster ein wenig Separation zugelassen wird, wahlweise auch durch einen Free Safety mit enormer Range). Eine ähnliche Modifikation spielen die Michigan State Spartans mit einer Cover 4 Press, indem sie ihre CBs den WRs quasi ins Gesicht stellen und ihre Safetys näher an die Line of Scrimmage ziehen. Auch hier hängt es von den Routen bzw. der Routen-Kombination ab, ob es eine reale Zone-Defense ist oder wie eine Man-Defense wirkt. In den letzten Jahren haben darüber hinaus Cover 6-Schemes zugenommen: auf der einen Seite des Feldes wird Cover 2 gespielt (der CB deckt also nur die kurze Zone, der Safety dahinter die Hälfte des Feldes), auf der anderen Cover 4 (Cornerback und Safety decken jeweils ein Viertel des Feldes tief).

In Man und Cover 3 Press haben sich zudem unterschiedliche Techniken gegen den Release des Receivers entwickelt. In der klassischeren „soft shoeing“-Technik wird jeder Move des Receivers an der Anspiellinie mitgegangen: Bewegt er sich nach außen an, geht der CB diesen Schritt mit (ohne bereits die Hüften zu öffnen), wenn dann doch der Release nach innen erfolgt, wird darauf reagiert. Hierfür müssen Corners besonders leichtfüßig sein, dürfen sich in diesem Prozess des ‚Mirroring‘ des Receivers jedoch nicht zu sehr nach hinten bewegen, damit der Receiver keinen Raum zum Operieren hat. Eine andere Technik verwenden unter anderem die Seahawks mit dem Step-Kick. Hier bewegt sich der Cornerback mit dem Snap einen Schritt seitlich versetzt und leicht nach hinten. Aus dieser Position wartet er alle Release Moves des Receivers ab, bis er sich zu seiner Route bekannt hat und hüpft dann gewissermaßen auf den anderen Fuß und geht mit. Hier ist ein hohes Maß an Ruhe und Disziplin vonnöten, bis man dann blitzschnell reagiert. Aber das führt jetzt vielleicht auch schon ein wenig zu weit.

Es ist natürlich auch möglich, eine Press anzutäuschen und sich dann mit dem Snap (gewissermaßen unabhängig von der Route des Receivers) nach hinten zu bewegen und den Quarterback weiterhin im Auge zu behalten. Dies bezeichnet man als Bail Technique, der meist im Shuffle Step ausgeführt wird, da man damit schneller Tiefe bekommt. Teilweise laufen die CBs noch mehr „Freestyle“ mit seitlicher Körperhaltung nach hinten. In einer Cover 3 oder Cover 4 kann man damit gut variieren und dem Quarterback keine leichten kurzen Pässe ermöglichen. Bei der Bail ist der CB anfällig gegen schnelle in-breaking Routes (etwa Slants oder Ins), daher ist er eben ideal für eine Zonenverteidigung, in der man dem Receiver nicht nach innen übers Feld folgen muss (das übernimmt dann ja der nächste Verteidiger in einer der short middle Zones, siehe die Grafiken oben).
Das reicht vielleicht erstmal als grobe Orientierung. In der Realität sind da natürlich noch viele, viele weitere Nuancen zu beachten.

Prospects

Kommen wir nun also zu den Top Prospects dieser Klasse. Wie immer ist die Reihenfolge kein Ranking! Im nächsten Beitrag werden noch einige CBs vorgestellt, die ich möglicherweise vor dem einen oder anderen aus diesem Beitrag einordne. Hierfür müsst ihr schon die jeweiligen Fazits lesen.
Bei CBs ist aufgrund der unterschiedlichen Coverage-Aufgaben nochmals zu betonen, dass ein pauschales Grade noch weniger Sinn macht als sowieso schon. Ein Team, was stark auf Man Coverage setzt, wird einen Prospect mitunter ganz anders ranken als ein Zone-Team, selbst wenn sie exakt die gleichen Stärken und Schwächen herausgearbeitet haben.
Ich wollte eigentlich ja weniger GIFs verwenden, aber konnte mich dann doch nicht ganz zügeln. Naja, seht selbst…

 

Jeff Okudah, Ohio State, Junior (6’1, 205, Arms 32 5/8, Hands 9 1/8)
(40: 4.48 // Bench: 11 // Vert: 41 // Broad: 135)

Okudah hatte ich 2018 als Breakout-Player auf dem Schirm, wurde allerdings ein wenig enttäuscht. Vor der 2019er Saison sagte ich ihm erneut eine große Zukunft voraus, unter anderem in der Preview vom Sideline-Reporter zu den besten Prospects der Big Ten und in meiner eigenen Big Ten Preview:

Jeffrey Okudah (8 PBU) hatte ich bereits in der letzten Saison den Durchbruch prognostiziert (der dann nicht im gewünschten Umfang eingetreten ist). Aufgrund seiner enormen Athletik und Speed hat er meiner Ansicht nach das Potenzial zum Shutdown Corner.

Diesmal sah das dann besser aus: Okudah spielte eine überragende Saison, wurde zum 1st team All-American gewählt und war Finalist für den Thorpe Award als bester Defensive Back des Landes.

  • Okudah spielte – wie üblich bei den Buckeyes – viel Press Man, doch mit den beiden neuen Co-DCs Hafley und Mattison wurden auch mehr Off- und mehr Zone-Konzepte implementiert, insbesondere Cover 3.
  • Großer CB mit sehr langen Armen. Hätte eine schnellere 40 time vermutet, 4.48 ist aber noch okay. Herausragende Explosion-Werte, die er problemlos aufs Feld übertragen bekommt.
  • Meist als RCB aufgestellt.
  • Absolut elektrisierendes Footwork. Technisch mit Abstand der sauberste CB der Klasse. Tiefer Stance, schnelle und dennoch enorm kontrollierte Kadenz des Backpedals. Transition (also das Wenden und Mitlaufen insbesondere bei tieferen Routen) sauber. Burst aus Transition exzellent, klebt förmlich am Receiver. Herausragende Beweglichkeit in der Hüfte.
  • Ab und an etwas zu frühes Öffnen der Hüfte, erlaubt dadurch zu leichten outside Release. Könnte in einigen Plays (wenn er nicht Bump & Run spielt) beim Release mehr stören
  • Herausragender Armeinsatz: Arm nach Release fast immer am Gegner, ohne dabei grabby zu sein. Eher als Orientierung, damit der in seinem Rücken keine Cuts machen kann.
  • Geduldig bei langsamen oder mehrfachen Release Fakes des WR.
  • Verschiedene Bump&Run-Techniken: Jam, teilweise auch Swipe mit beiden Händen. Sehr kontrolliert, gerät nicht leicht aus der Balance.
  • Off Coverage: Wird nicht überlaufen. Kann es sich aufgrund seines sensationellen Footworks sogar erlauben, in Off stehend auf den ersten Move des WRs zu warten. Wahnsinn. Schneller Break aus Off Coverage nach vorne bei kurzen Pässen.
  • Zone: In Cover 3 Press mit flüssigem Shuffle Step. Zone Drops insgesamt enorm fluide. Wenn er Bail Technique spielt (also mit dem Snap aus Press Coverage nach hinten droppt), bekommt er sehr schnell gute Tiefe. Starke Route Awareness, weiß in der Regel, was vor ihm und hinter ihm geschieht.
  • Versteht verschiedene Konzepte von Safety-Hilfe und orientiert sich an deren Feldposition (high-low oder inside-outside Coverage).
  • Sen-sa-tio-nel-ler Einsatz von Augen und Blick. Schaut auch in Man Coverage immer wieder zum Play bzw. QB zurück, und zwar nicht nur bei tiefen Go Routes, sondern in jeder Situation, in der er den Receiver unter Kontrolle wähnt. Enormes Selbstbewusstsein.
  • Während der Route hervorragendes Body Positioning, quasi nie aus dem Play. Mit großem Abstand bester CB bei Inside Routes (Slants, Digs). Kann hier problemlos Trail spielen (also ein Stück hinter dem Receiver laufen), um dann mit seinem closing Speed blitzschnell den Pass abzuwehren. Mirror and match enorm stark (also erst das Spiegeln der Bewegungen des Receivers und nach dem Break das ‚Matchen‘ jedes einzelnen Schritts). Geht nur sehr selten über die Mitte in traffic verloren. Manchmal ein wenig viel mit den Händen am Gegner, aber meist im Rahmen des Erlaubten.
  • Noch einmal zur Betonung: ELITE closing speed. Recovery speed mag mans kaum nennen, da er sehr selten recovern muss.
  • Ab und an am catch point minimal zu viel Separation, macht dies in der Regel mit seiner enormen Körperkontrolle wieder wett. Starkes Timing bei Jumps. Ab und zu bei contested Catches gegen große WR an der Seitenlinie unterlegen, doch das passiert jedem CB mal.
  • Starke Ball Skills, aber noch kein echter Ball Hawk. Bekommt seine langen Griffel regelmäßig zwischen die Arme des Receivers und sorgt so für PBUs. Starke Technik hierbei, absolut relentless. Muss halt ein wenig an der Catch-Technik arbeiten.
  • Für einen Ohio State-CB ein ziemlich guter Tackler. Kommt aus Off nach vorne. Geht mit Energie in Vorblocker bei WR Screens. Verteilt durchaus auch mal einen härteren Hit, wenngleich teilweise zu viel Schulter und zu wenig Arme.

Bewegte Bilder:

Fangen wir mal mit seinen stetig zum Play gerichteten Augen an. Hier steht er erst in Press gegen Clemsons WR Justyn Ross, geht dann pre-Snap in eine Zone-Aufstellung, mit dem Snap Bail ins tiefe Drittel. Dabei covert er Ross hauteng und mit exzellenter Leverage. Aber achtet mal drauf, dass er trotz downfield Route die ganze Zeit zurückblickt und dann das Play auf den Ball macht. Null Chance für QB Trevor Lawrence, den Ball anzubringen (hätte er eigentlich nicht werfen dürfen). Okudah hat die Nummer #1:

Nochmal ein tiefer Ball. Ohio State spielt eine Coverage Disguise, bei der der tiefe Safety nach vorne kommt und der Strong Safety die tiefe Position einnimmt. Das ist nicht ganz ideal gespielt (Indiana ist in Max Protection gegen Zone und trotzdem kommt der Ball gut an). Okudah covert die ganze Route sehr eng (schnelle Transition!) und hat eigentlich die richtige Idee bei einer anvisierten double Coverage (nämlich high-low, dass er hinten abdeckt), der Safety kommt aber nicht ran, so dass WR Nick Westbrook die Chance aufs Play hat. Okudah gerät nicht in Panik und verhindert den Catch von hinten:

Kommen wir zur anderen Paradedisziplin, Crossern und Ins in Man Coverage. Einige Beispiele von ganz vielen. Hier ist er am unteren Bildrand in Off Coverage gegen Washingtons WR Aaron Fuller aufgestellt. Man kann nur erahnen, wie gut er sich durch Traffic bewegt. Was man sieht, ist der closing Speed und die PBU. Ganz stark:

Noch einmal am unteren Bildrand, diesmal in Press. Agiert sehr diszipliniert, rennt nicht blind in den TE, der eine Seam Route läuft, lässt sich selbst vom eigenen Linebacker nicht stören. QB Brain Lewerke schaut in Richtung des Slants, aber Okudah deckt zu gut. Chase Young räumt dann ab. Die beiden waren wirklich ein Monsterduo in der vergangenen Saison.

Das hier ist eines meiner Lieblingsplays von ihm, erneut aus dem Rose Bowl 2018/19. 4th and 4, Washington versucht ein Comeback. Okudah ist am unteren Bildrand in Man, WR Fuller geht in Motion, der tiefe S Devin Fuller (#4) deutet an zu übernehmen, aber Okudah gibt ihm ein Handzeichen: Hab alles im Griff. Muss den weiten Bogen zur Out Route nehmen, doch dabei hilft erneut dieser unfassbare Burst. Turnover on downs. Wow.

Nochmal etwas zur Verdeutlichung der Handarbeit. Dieses Play werden viele von euch kennen, der incomplete Pass aus dem Fiesta Bowl gegen Clemson, der genauso gut ein Fumble Six hätte sein können. Achtet mal drauf, mit wie vielen verschiedenen Arm Moves er den Catch versucht zu verhindern, bis es ihm endlich gelingt – wohlgemerkt ohne einen physischen WR wie Ross dabei aus seinen Fängen zu lassen:

Zur Awareness und Route Recognition hatten wir noch nichts? Bitte sehr. Sieht nach Press Man aus, doch Okudah geht mit dem Snap in Bail mit einem enorm raumgreifenden Shuffle und übernimmt den Slot WR Ronnie Bell. Starkes Play auf den Ball, das fast in einer spektakulären Interception mündet.

Nur positive Plays machen natürlich keinen Spaß. Hier eine Tendenz, die mir ein paar Mal aufgefallen ist. Bei Slants verschafft er sich ab und an einen kleinen Vorteil durch Ziehen am Trikot an der Schulter, um sich Leverage zu verschaffen. Interessanterweise ist das zusammen mit dem PBU eine so flüssige Einheit, dass es fast nie gepfiffen wurde: weder hier gegen Tee Higgins noch u.a. gegen Michigans Nico Collins.

Und zum Abschluss noch zwei Plays, die seinen Run Support bzw. sein Tackling untermauern, beide aus dem Fiesta Bowl. Zuerst läuft Clemson eine Option mit RB Travis Etienne. Okudah kann sich des Blocks von Ross erwehren und packt einen ordentlichen Hit aus (mit Armen wäre allerdings noch besser).

Hier eine echte Read Option (also Zone Read mit Option Pass) auf WR Diondre Overton. Okudah in Off aufgestellt, liest das Play schnell und dann das übliche: Burst.

 

Fazit: Jeff Okudah ist einer der besten CB-Prospects der letzten Jahre und kann in jedem Scheme glänzen. Ich gehöre zu der Fraktion, die starke Man-CBs gerne auch in Man Coverage-Systemen sehen würde, weil man dadurch eben anderswo auf dem Feld mehr Freiheiten hat (insbesondere beim Blitzen). Day 1 Starter und potenzieller Difference Maker bereits in seiner Rookie-Saison. Jedes weitere Wort wäre zu viel. Top 5 Prospect.

 

C.J. Henderson, Florida, Junior (6’1, 204, Arms 31 5/8, Hands 9)
(40: 4.39 // Bench: 20 // Vert: 37.5 // Broad: 127)

In der schematisch spannenden Gators-Defense ist mir Henderson recht früh ins Auge gestochen. Mitte der 2018er Saison stellte ich ihn das erste Mal genauer vor:

Nach den letzten Spielen bin ich überzeugt, dass die Gators mit CB C.J. Henderson einen kommenden Star in ihren Reihen haben. Extrem schneller, athletischer Corner, aber verlässt sich nicht nur darauf: spielt den Ball, aggressiv gegen den Lauf, scheut sich nicht vor Tackles.

Eine ähnliche Einschätzung wagte ich bei Down, Set, Talk vor Beginn der abgelaufenen Saison, als ich Henderson als einen von 10 Top-Prospects auswählte, da er etwas unter dem Radar lief und ich ihn pushen wollte. Und dann kam das Spiel in Woche 0 gegen Miami, in dem Henderson durch wirklich GROTESK schlechtes Tackling auffiel und meine Aussagen einfach mal komplett karikierte. Warum das dennoch differenziert zu betrachten ist? Lest selbst:

  • Henderson spielte weniger Man Coverage (Cover 1) als viele andere Top-CBs. Die Gators setzen in ihrer 4-2-5 Base stark auf Cover 4, und dies seltener aus Press. Insgesamt ist er so in verschiedenen Coverage-Arten erfahren.
  • Gute Size, gute Masse mit über 200 pounds (wirkt wesentlich schmaler, liegt vielleicht auch an seinem langen Hals). Absoluter Top-Speed – und, siehe da: 20 Reps bei fast 32er Armen. Kraft scheint er also zu haben.
  • Ganz andere Technik als Okudah: Höherer Stance, seltener mit klassischem Backpedal. Flüssiger Shuffle, aber technisch nicht auf dem Niveau von Okudah. Footwork insgesamt dennoch gut. Transition noch verbesserungswürdig, Burst aus Transition allerdings top. Verlässt sich insgesamt stärker auf Athletik als auf Technik, hier ist noch was rauszuholen.
  • In Press recht diszipliniert bei Release Fakes. Öffnet Hüften nicht zu früh. Bump & Run-Technik nicht immer effizient, rutscht manchmal ab. Hier hilft dann der Recovery Speed. Erlaubt Receivern teilweise zu leicht Releases. Einarmiger Stab aber gut.
  • Guter Handeinsatz auf der Route und insbesondere beim Break des Receivers. Muss jedoch aufpassen, dabei selbst nicht zu viel Schwung zu verlieren. Verfügt über top Recovery Speed, um kleinere Schwächen zu überstehen.
  • Insgesamt hervorragendes Re-Routing des Receivers. Bei outside Release verkleinert er mit Armen den Raum zur Seitenlinie. Am Perimeter starker Einsatz von Armen oder Händen, ohne zu grabby zu sein. Lange Arme ideal für abgewehrte Pässe.
  • Sein Topspeed erlaubt ihm abwartende Haltung aus Off Coverage. Vertraut auf Burst, wenn er zentral auf die letzten Stem-Schritte des Receivers vor dem Break wartet.
  • Trotz seiner gefühlt dürren Statur selten mit Balance-Problemen. Footwork mag nicht so ästhetisch sein wie bei Okudah, aber insgesamt sehr effizient.
  • Break aus Off Coverage nach vorne unterschiedlich: Bei spot Zone stark, aus dem Pedal oder Shuffle weniger gut. Teilweise Probleme bei outbreaking Routes aus Off.
  • Körperposition am catch point nicht immer ideal. Ball Skills okay, aber sicher nicht besonders. Nach vier Interceptions in der Freshman-Saison und zwei Interceptions 2018 keine einzige 2019.
  • Einer der besten Blitzer von der outside CB-Position. Starker Burst, gute Lane, in der Regel starkes Finish. Mehrere Pressures und Sacks, auch bei Run Blitzes erfolgreich.
  • Nun zum Zankapfel Tackling: Habe mir das noch einmal genauer angeschaut, und 2018 war er wirklich alles andere als ein mieser Tackler, zumindest verglichen mit anderen CBs. Kam öfter nach vorne und hat überraschend viel Wums dahinter. 2019 ein ganz anderes Bild: viele halbherzige Schulter-Tackles, viele Business-Decisions. Zwischendurch dann jedoch auch immer wieder mal ein Play, bei dem er ohne Rücksicht auf Verluste nach vorne schießt. Frage des Willens? Braucht einen Coach, der ihm da Feuer unterm Hintern macht.

Bewegte Bilder:

Tief ist Henderson schwer zu bezwingen. Exemplarisch dieses exzellente Play gegen LSU Star WR Ja’Marr Chase auf der Go Route. Top Footwork, sehr smoothe Transition, schnell auf Top Speed, dreht sich zum Ball und wehrt ihn trotz gutem Pass punktgenau ab, da war der vorab ausgestreckte Jubelarm des Fans vor der Kamera leider umsonst (Henderson hat die Nummer #1, in älteren Ausschnitten die Nummer #5).

Hier aus der Goal Line-Perspektive ein weiteres ganz starkes Play. In Off Man gegen Miamis quicken WR Jeff Thomas. Henderson bleibt diszipliniert trotz des inside Stems von Thomas vor dem Break, selbst der Push (borderline OPI) bringt ihn nicht aus der Balance. Verhindert mit langen Armen um den Körper den TD, ohne zu früh am Gegner zu sein:

Nochmal in Off Man (man sieht seine Beine am oberen Bildrand), sehr schöner kontrollierter Pedal, dann der tolle Break auf die Post Route. Klar, fürchterlicher Wurf von QB Terry Wilson, dennoch nette Reaktion und Ball Skills bei der Interception.

Henderson hat viele unterschiedliche Coverages gespielt. Hier in Cover 2, übergibt den WR an den Safety, starker Break auf den RB in der Flat Zone, beinahe eine artistische Interception.

Ab und an ist er etwas unorientiert am catch point. Hier das wohl deutlichste Beispiel: Spielt eine Cover 3 Off (unterer Bildrand), der tiefe Safety befindet sich im Nirgendwo, der Ball ist deutlich underthrown, das ist sicher alles nicht ideal. Aber sein Body Positioning eben auch nicht.

Hier fehlts an Awareness beim beinahe Pick Play. Henderson steht hier innen. Sicherlich eine hervorragende Execution von Joe Burrow und Chase, das hätte wohl eh im TD geendet, aber Henderson ist kurz nach dem Snap völlig aus dem Spielzug genommen:

Zum Abschluss nochmal die Tackle-Frage. Ich sprach ja schon über dieses fatale Auftreten gegen Miami. Zur Untermalung eines von vielen Plays gegen RB DeeJay Dallas. Was zur Hölle ist das bitte?

Dabei gibt es so viele Plays, die anders aussehen. Ganz umsonst hat sich Gators DC Todd Grantham ja nicht entschieden, ausgerechnet Henderson dauernd auf Blitzes ins Backfield zu schicken. Hier mit einem dicken Tackle for Loss gegen Vanderbilts RB Ke’Shawn Vaughn:

Hier ein Sack nach Blitz gegen QB Shea Patterson. Insgesamt erzielte Henderson vier Sacks und weitere Pressures in den letzten zwei Saisons:

Nochmal zurück zum LSU-Spiel. Henderson verhindert mit sicherem Tackle gegen Justin Jefferson mit hervorragendem Burst das 1st down:

Welches ist also der wahre Henderson? Auf jeden Fall bin ich nach intensivem Videostudium der Meinung, dass Henderson im Vergleich zu einigen anderen CBs nicht per se als schwacher Tackler bezeichnet werden kann. Es kommt halt darauf an, welchen Henderson man bekommt…

Fazit: Henderson verfügt nicht nur über Weltklasse-Athletik, sondern auch einige technische Skills für einen Man-CB in der NFL. Coverage sieht sehr flüssig aus, muss in Sachen Pedal vielleicht noch etwas variabler werden. Hat viel Zone gespielt, ist darin aber nicht ganz so nuanciert wie in Man. Bei tiefen Bällen oder an der Sideline schwer zu bezwingen. Insgesamt ein extrem hohes Ceiling, wenn man das Potenzial für Ball Skills und Tackling/Run Support berücksichtigt. Für mich der zweitbeste CB der Klasse. Mid 1st.

 

Kristian Fulton, LSU, Senior (6‘0, 197, Arms 30 5/8, Hands 9 1/8)
(40: 4.46 // Shuttle: 4.36 // Cone: 6.94 // Vert: 35.5 // Broad: 123)

Fultons Weg zum Top Prospect war ungewöhnlich. Nach seiner Freshman-Saison 2017 versuchte er bei einem Dopingtest zu bescheißen, da er vorher an einer Sportzigarette gezogen hatte, und wurde von der NCAA für zwei Jahre gesperrt. Später wurde die Sperre auf eine Saison reduziert. Trotz einer soliden Leistung 2018 entschied er sich, ans College zurückzukehren, und wurde mit einer magischen Saison und der National Championship belohnt.

  • Fulton spielte in DC Dave Arandas Defense extrem viel Man Coverage (oftmals aus Press). In den dauernden Shootouts aufgrund der zeitweiligen Probleme in der Defense gabs auch ne Menge tiefer Cover 4- und einige Cover 3-Looks.
  • Meist auf der rechten Seite aufgestellt, ‚travelte‘ selten mit einem Receiver.
  • Durchschnittliche Größe und Size für einen outside CB, relativ kurze Arme. Testwerte größtenteils gut, die gute 40 hat viele sogar ein wenig überrascht. Beantwortete damit ein paar Fragezeichen zu seinem long Speed.
  • Schöner tiefer Stance. Sauberer Backpedal, flüssige Transition aus dem Pedal.
  • In Press oft Bump & Run, guter Punch, bleibt dabei tief im Pedal und lässt sich nicht überrumpeln. Insgesamt technisch sehr ausgereift, zudem geduldig, erlaubt keine einfachen Releases. Auf den ersten drei Yards einer der 2-3 absoluten Top-CBs der Klasse.
  • Auf der Route an und an leichte Balance-Probleme, ansonsten enge Coverage. An Seitenlinie effektiv: Gutes Mirroring. Verringert den Raum, in den der QB den Ball legen kann, indem er den Receiver Richtung Aus leitet. Sollte aber häufiger/schneller den Kopf Richtung QB drehen, wenn die Route klar ist, ansonsten droht in der NFL Flaggengefahr.
  • Probleme bei tiefen Breaks (Hooks/Ins nach 8-10 Yards), hier rechnet er teilweise nicht mehr mit einer Route-Änderung oder reagiert zu spät, wenn die Transition schon abgeschlossen ist.
  • Insgesamt besser mit klarem Gegenspieler als bei komplizierten Route-Kombinationen (bspw. beim ersten TD von Florida).
  • Aus Off Coverage herausragende Breaks Richtung Ball und Spieler. Flüssiger Shuffle, disziplinierte Augen, orientiert sich am QB, schnelle Reaktionen.
  • Kein besonderer recovery speed: Wenn er geschlagen ist, ist er geschlagen. Kann dann zu Fouls greifen.
  • Dies merkt man besonders bei in-breaking Routes, bei denen er deutlich schlechter ist als an der Seitenlinie. Lässt zu leicht Inside Leverage zu, ist zu oft hinter dem WR positioniert und kann dann nicht mehr mit Beschleunigung heranrauschen.
  • Am catch point nicht immer physisch genug und ab und zu etwas ungeschickt, müsste seinen Körper mehr einsetzen. Arme/Hände dagegen effizient im Abwehren von Bällen und Beschränken des Radius. Nicht die besten Hände (nur 2 INTs in den letzten beiden Saisons).
  • Wirklich kein gutes Tackling: wirkt nicht immer interessiert, schlechte Technik, zögerlich. Verschlechtert so ein wenig die Cover 3 Press-Projection, die ansonsten sehr passig wäre.
  • Sehr effizient gegen die Top-Konkurrenz aus der SEC. Den großen Hype bekam sein sensationeller Freshman-Kollege Derek Stingley, doch Fulton war ebenso wenig bezwingbar in Coverage und wechselte gegen Florida sogar die Zuständigkeiten, als Stingley ein paar Probleme mit den Routes von Van Jefferson hatte.

Bewegte Bilder:

Fulton ist meiner Meinung nach gleichermaßen gut in Press / Bump & Run und in Off. Ich weiß, dass die meisten das anders sehen. Ein paar Plays dazu. Hier starke Bump & Run Technik gegen Alabamas Speedster Henry Ruggs, mit beiden Armen, gerät nicht aus der Balance. Ganz enge Coverage beim Slant, top Play (oberer Bildrand, Fulton trägt ebenfalls die Nummer #1).

Dieses Play stammt aus besagtem Spiel gegen Florida. Dem anderen CB Derek Stingley gelingt die Interception, aber achtet mal auf den oberen Bildrand und die Coverage von Fulton gegen Jefferson. Press Man, keine schlechte Route von Jefferson, Fulton lässt sich von Head Fake nicht irritieren und bleibt hauteng bei ihm.

Nochmal gegen einen Slant, diesmal aus Off Coverage. Toller Break auf Ball und Spieler, aggressiv am catch point (unterer Bildrand):

Hier geht Fulton vor dem Snap in Off Coverage (oberer Bildrand). Man erkennt noch den flüssigen Shuffle, er verteidigt die Go Route exzellent. Bleibt vor dem WR und verhindert so die Chance auf eine Completion. Würde mir einen etwas kontrollierteren und höheren Sprung wünschen, aber das ist nitpicking.

Nochmal in Off, dieses Mal starker Break gegen eine Out Route von Auburns WR Eli Stove (die allerdings nicht wirklich gut gelaufen ist und ziemlich ‚driftet‘).

Ich glaube daher, dass Fulton auch für eine Cover 3 Off, wie sie etwa die Philadelphia Eagles spielen, eine durchaus interessante Option wäre. Seine einzige Interception der Saison stammt übrigens aus einer (tiefen) Cover 2, die Mississippi States QB Garrett Shrader falsch liest. Fulton übergibt seinen Mann an den Safety und fängt den Ball auf die deep Out des Slot WR problemlos ab (unterer Bildrand):

Nun zu den Dingen, die mir nicht so gefallen und eine höhere Einschätzung von Fulton verhindern. Zum einen die angesprochene Tendenz, bei tieferen Breaks zu langsam zu reagieren und hier viel Separation zuzulassen. Beispielsweise dieser Comeback von Texas WR Colin Johnson. Natürlich gibt jeder CB mal so ein Play ab, bei Fulton warens mir aber ein paar zu viele – und die Separation eines derart großen WR ist einfach enorm (unterer Bildrand):

Das andere ist die immer mal wieder fehlende Balance. Ein Duell gegen Jerry Jeudy ist vielleicht kein faires Beispiel dafür, aber ein sehr anschaulich. Die Route und der double Move lässt Fulton völlig aus den Latschen kippen, bis er sich finally hinlegt (oberer Bildrand, in Off Coverage):

Weniger augenscheinlich, aber hier gerät er gleich zweimal minimal aus der Balance. Einmal nach der Transition (am Bildrand zu erahnen, da WR Brennan Eagles inside an ihm vorbeikommt), und dann noch einmal am Ende der Route, als er das Foul begeht (oberer Bildrand, in ansatzweise Press).

Das folgende Play ist eher eine Ausnahme, hier fehlts an Abstimmung. Keine Ahnung, ob Fulton dachte, dass Gators WR Grimes vom innen in Off stehenden CB Vincent (#5) übernommen werden soll aufgrund seines inside Releases, aber Delpit (#7) übergibt den Slot WR an Vincent, und Fultons Gegenspieler kann sichs in der Endzone gemütlich machen.

Dieses Play würde ich allerdings nicht unbedingt stark gegen ihn gewichten. Irritierend isses dennoch.

Fazit: Fulton ist ein sehr sounder, wenngleich etwas unspektakulärer CB, der seinen Job auf seiner Seite sehr verlässlich verrichtet, aber wohl nie die große Big Play-Maschine sein wird. Die fehlende Explosivität wird sicherlich getestet werden, doch Fulton verstand es bisher sehr gut, um seine Schwächen herum zu spielen und das Maximum aus seinem Skillset herauszuholen. Vielleicht nicht das höchste Ceiling, aber projectet als verlässlicher Starter, nicht nur in einem Press Scheme. Sollte er Physis und Tackling verbessern können, wäre er für Cover 3-Press Teams attraktiv. Ist in Off Man und Zone allerdings ebenfalls nicht zu verachten. Insgesamt für mich kein 1st rounder, eher early 2nd.

 

Gibt es also andere CBs, die ich noch vor Fulton ranken würde? Wer weiß. Mehr dazu dann im zweiten Teil…

 

 

 

 

4 Gedanken zu „Cornerbacks I: Coverages und Top Prospects

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