Die Top-Cornerbacks dieser Draft und die ewige Frage von Man- oder Zone-Coverage (I)

Ich hatte in meinem Eingangsposting zur diesjährigen Draftsaison die werte Leserschaft gefragt, in welche Richtung mein Blog in Sachen Draft denn vorzugsweise gehen soll. In den vergangenen Tagen sind einige Rückmeldungen eingetrudelt, die durchaus unterschiedliche Akzente setzten, aber jeweils sehr interessant klangen. Ich werde mich bemühen, den allermeisten Anregungen gerecht zu werden, allerdings wird das sicher nicht innerhalb eines Beitrags gelingen. Selbstverständlich werde ich auch noch weitere Tipps oder Wünsche berücksichtigen, sollten welche bestehen.
Eine – wenngleich in unterschiedlicher Form – mehrfach formulierte Idee bestand in der Verquickung von Draft Prospects bzw. Scouting Reports und Positionen bzw. Systemen. Oftmals liest man in Scouting Reports von Eignungen für bestimmte Spielsysteme oder -philosophien, ohne dass darauf spezifischer eingegangen wird. Warum ist der eine Verteidiger vielleicht ein sehr guter Pick für die Defense des Teams X, aber könnte in der Defense des Teams Y sein Potenzial eventuell nicht voll entfalten? Ganz allgemein gesprochen ist dieser Punkt eine extrem unterschätzte Variable für den Erfolg bei den Pros. Auch wenn alle hoch gedrafteten Spieler zweifelsohne ein riesiges Talent besitzen, geben bei der hohen Leistungsdichte in der NFL und der Analyse jeglicher Tendenzen jedes einzelnen Gegenspielers manchmal Kleinigkeiten den Ausschlag. Von daher ist es zu kurz gegriffen zu behaupten, dass ein Topspieler in jedem System glänzen muss. Andersherum wäre es aber auch ein Trugschluss, Spieler für bestimmte Positionen dichotomisch oder binär einzuordnen, sprich: Spieler X zu Position/System X, Spieler Y zu Position/System Y. Wie so oft ist Differenzierung notwendig.

Wie man bereits an der Überschrift erahnen kann, widme ich mich heute ein wenig intensiver der Position des Cornerbacks und hierbei insbesondere der beinahe klassischen Scouting-Frage, ob ein bestimmter Prospect eher für Man- oder für Zone-Coverage geeignet ist – und woran man das überhaupt festmachen kann. Dies werde ich exemplarisch an zwei der hoch gehandelten Cornerbacks dieser Draftclass, Ohio States Denzel Ward und Iowas Josh Jackson, veranschaulichen, und später auch noch weitere potenzielle Top-Prospects auf dieser Position vorstellen (EDIT: Folgt im zweiten Teil!). Zunächst allerdings nochmal in wenigen oberflächlichen Worten die CB-spezifischen Eigenheiten verschiedener Man- und Zone-Coverage-Konzepte. Das mag für einige nichts Neues sein, aber vielleicht kann der eine oder die andere hier ja noch etwas mitnehmen für das eigene Scouting.

In Man Coverage folgt man dem designierten Gegenspieler über das gesamte Feld. Der Großteil der Man-Coverages ist in einer Cover-0 oder Cover-1 aufgestellt. Die Zahl hinter dem „Cover“ gibt an, wie viele Spieler tiefe Zonen abdecken (also nicht in einer Manndeckung sind). In einer Cover-0 (Schema) ist also wirklich jeder Verteidiger einem Gegenspieler zugewiesen, in einer Cover-1 (Schema) gibt es einen tiefen Verteidiger (meist den Free Safety), der die tiefe zentrale Zone spielt (und im Idealfall eine Reichweite bis an die Seitenlinien hat). Es existieren auch Cover-2-Systeme mit Man-Coverage outside, aber ich möchte hier nicht zu sehr ins Detail gehen.
In einer Man-Coverage haben die Cornerbacks eine extrem hohe Verantwortung: Lässt man den Gegenspieler laufen, gibt es keine (oder nur eine sehr sporadische) tiefe Absicherung gegenüber dem Big Play. Outside Cornerbacks, die viel Man Coverage spielen, müssen also einen ordentlichen Deep Speed mitbringen, damit sie nicht bei jedem tiefen Pass überlaufen werden. Vor allem aber ist die Coverage-Technik eine ganz andere als in einer Zonenverteidigung. Man Coverage orientiert sich nur am direkten Gegenspieler. Man fokussiert ihn mit Augen und Körper und seine initialen Bewegungen, versucht seine Schritte, Cuts und (allgemein) seine Tendenzen zu antizipieren und darauf möglichst schnell zu reagieren. Quickness und Beschleunigung sind insofern wichtig, um bei Cuts und Double Moves möglichst schnell wieder in einer engen Deckung zu sein.
Hierbei gibt es zwei grundsätzliche Positionierungen: Press und Off. In einer Press Man steht der Cornerback dem Receiver direkt gegenüber und versucht vom Snap an, dessen Route zu beeinträchtigen (sei es mit Redirection durch den eigenen Körper, mit Bump and Run oder ähnlichem). Für Press Man CBs sind Disziplin und Balance zwei weitere ganz entscheidende Eigenschaften (sind sie natürlich für jeden Footballspieler, aber hier eben besonders): Ansonsten läuft man Gefahr, durch einen schnellen Fake beim Release des Receivers sich in die falsche Richtung zu orientieren und diesen innen oder außen vorbeizulassen (der CB muss ja noch mehr als der WR beim Snap einen Kaltstart hinlegen) – insbesondere, wenn man zugleich Körperkontakt sucht. Ein Vorteil der Press ist, dass man durch den Release des WRs (entweder innen oder außen am CB vorbei) schon einen ersten Hinweis auf die Route bekommt: Will der WR beispielsweise eine In-Route laufen, wird er normalerweise keinen outside Release versuchen, da er dann beim Cut nach innen zwangsläufig in den CB hineinrennt.
Off Man Coverage ist die etwas sichere Variante: Der CB steht einige Yards hinter der Line of Scrimmage und lässt den Receiver erstmal ‚kommen‘. So kann man auf kurze Routen besser reagieren (im Sinne von den Ball spielen), gibt aber auch den einen oder anderen leichten Pass mehr ab. Bei tiefen Routen hat man einen kleinen Vorsprung, allerdings ist es so nicht möglich, den Receiver bei seiner Route zu behindern, zu verlangsamen oder ein wenig umzuleiten.

In der Zone Coverage sind die Cornerbacks nicht für bestimmte Gegenspieler, sondern für bestimmte Bereiche des Feldes zuständig. Vereinfacht gesagt: Wer sich dort aufhält oder in eine solche Zone eindringt, wird gedeckt, wer eine solche Zone verlässt, wird an einen Mitspieler übergeben. Dies erfordert natürlich ein höheres Maß an Eingespieltheit der Passverteidiger untereinander. Typische Zonenverteidigungen sind die Cover-2, Cover-3 und Cover-4. In der berühmten Cover-2 (Schema) decken die beiden Safetys jeweils eine tiefe Hälfte des Feldes ab. Die Cornerbacks haben daher ’nur‘ die kurzen Zonen outside als Feldbereich zu bewachen. In der Cover-3 (Schema) müssen die beiden Outside Cornerbacks jeweils ein Drittel des Feldes tief verteidigen, während einer der Safetys das mittlere Drittel abdeckt. In einer Cover-4 oder Quarters-D (Schema) ist das Feld entsprechend in vier tiefe Zonen aufgeteilt: Die beiden äußeren übernehmen die Cornerbacks, die beiden inneren in der Regel die Safetys.
Für einen Cornerback in einem Cover-2-Scheme stellen sich die Aufgaben ganz anders dar als bei einer Man-Coverage. Der Deep Speed ist nicht ganz so entscheidend, da der tiefe Feldbereich ja durch einen Safety abgedeckt ist. Ein Cornerback in einer Zone-Defense fokussiert in der Regel den Quarterback und nicht den direkten Gegenspieler (das lässt sich pre-Snap meist sehr gut erkennen, der ganze Körper steht eher seitlich und ist auf den QB ausgerichtet). Er liest die Augen des Quarterbacks, seine Bewegungen und Throwing Motion, um zu erahnen, wo der Pass hingehen soll, und um dann möglichst schnell mit einem „Break“ Richtung Ball zu reagieren, den Receiver am Catch zu hindern oder den Ball im Idealfall abzufangen. Cover-2 CBs benötigen in der Regel gute Instinkte und Ball Skills. Die Positionierung innerhalb ihrer Zone variiert je nach Gegner und seinen Tendenzen und wird im Laufe des Spiels oft leicht modifiziert. Physis und Tackling spielen eine größere Rolle, da sich ja nicht nur WRs in ihren Feldbereich verirren, sondern auch RBs oder TEs. Wenn der WR eine tiefe Route läuft, wird er nach hinten an den Safety übergeben und man kümmert sich um etwaige andere Ballfänger, die oftmals etwas mehr Masse und Kraft mitbringen. Eine gewisse Größe ist hier also nicht von Nachteil, ebenso wie eine gewisse (Arm-)Länge, um die eine oder andere Passing Lane zu covern.
Derartige Unterschiede zwischen den verschiedenen Coverage-Philosophien sind wichtig, allerdings sollte man sie sich nicht zu sklavisch vorstellen. In der heutigen Zeit arbeiten die allermeisten Teams mit hybriden Systemen, in denen je nach Spielsituation (oder sogar Feldbereich im selben Play) Man oder Zone gespielt wird. Zudem haben sich gerade die Aufgaben der Cornerbacks in einigen Systemen aufeinander zubewegt. Das lässt sich am besten an der Entwicklung der Cover-3 veranschaulichen. Wie oben beschrieben, ist der tiefe Teil des Feldes in drei Zonen aufgeteilt, von denen die beiden äußeren von den Cornerbacks übernommen werden. In einer klassischen Cover-3 standen die CBs einige Yards hinter der Line of Scrimmage: zwar vorteilhaft für die Verteidigung der tiefen Zonen, aber dadurch wurden leichte Yards mit kurzen Pässen nach außen ermöglicht – gerade in der heutigen (kurz)passlastigen Zeit kein dauerhaftes Erfolgsrezept mehr. Der Clou von Defenses wie der der Seattle Seahawks bestand nun kurz gesagt darin, in einer Cover-3 die Cornerbacks Press spielen zu lassen. Wenn der Receiver eine Route upfield an oder nahe der Seitenline läuft, mutiert die Cover-3 quasi zu einer Man-Coverage. Wenn er allerdings eine Route nach innen läuft, wird er wie bei jeder anderen Zone-Coverage übergeben und der CB orientiert sich tiefer. Cornerbacks, die in einer Cover 3 Press spielen, sollten im Idealfall einzelne Elemente eines typischen Man- und eines typischen Zone-CBs vereinen: Wichtig ist zunächst die Physis, um dem Receiver keinen clean Release zu ermöglichen und ihn von Beginn an in seiner Route zu stören. Zugleich sollten Speed und short-area Quickness nicht zu schlecht ausfallen (oder müssen durch eine enorme Athletik, Balance und auch Länge (wichtig, wenn etwa deep etwas Separation zugelassen wird) kompensiert werden – wahlweise auch durch einen Free Safety mit enormer Range). Eine ähnliche Modifikation spielen die Michigan State Spartans mit einer Cover-4 Press, indem sie ihre CBs den WRs quasi ins Gesicht stellen und ihre Safetys näher an die Line of Scrimmage ziehen. Auch hier hängt es von den Routen bzw. der Routen-Kombination ab, ob es eine Zone-Defense ist oder wie eine Man-Defense wirkt.

Soweit der – wohlgemerkt grobe und sehr idealtypische – Überblick. Wie wirkt sich das bevorzugte System nun auf die Evaluation von Draftprospects aus? Dieses Jahr haben wir zwei relativ prototypische Top-Cornerbacks für die beiden Coverage-Typen mit Denzel Ward und Josh Jackson. Von außen betrachtet weisen die beiden gewisse Ähnlichkeiten auf: Big Ten-CBs, Juniors, erstes Jahr als wirkliche Starter, im Jahr zuvor jeweils dritter CB hinter zwei Startern (Lattimore und Conley auf der einen Seite, King und Mabin auf der anderen Seite), die alle 2017 in der NFL gespielt haben.
Die folgenden Scouting Reports orientieren sich auch – aber nicht nur – an den oben ausgeführten Eigenheiten von Man und Zone. Im Übrigen möchte ich damit weder implizieren, dass diese meine Top-CBs der Klasse sind, noch ausschließen, dass die beiden nur in ‚ihrem‘ System funktionieren. Man sollte immer berücksichtigen, dass die Prospects jung und daher durchaus noch in die eine oder andere Richtung formbar sind. Aber: Die aktuellen Stärken von Ward und Jackson liegen in unterschiedlichen Bereichen. Am Ende dieses (jetzt schon monsterlangen) Beitrags werde ich dann noch kurz auf weitere Top-CBs eingehen (EDIT: Doch nicht, s.u.)

Denzel Ward – der Press Man-CB
(5’11 / 183 / Arm 31 ¼ / 40: 4.32 / High 39 / Broad 11’4)
Ward ist ein überragender Athlet, dabei geht allerdings ein wenig unter, was für hervorragende Technik er bereits besitzt. Ohio State ließ die letzten Jahre viel Press Man spielen und vertraute seinen Cornerbacks überaus stark – letztlich kein Wunder bei Kalibern wie Eli Apple, Marshon Lattimore, Gareon Conley und Co. Ward ist der nächste in dieser Reihe: Auch wenn ich mit solchen Statistiken immer etwas vorsichtig bin, hat Ward in den letzten beiden Jahren nur 32% Completions gegen sich zugelassen – ein exzellenter Wert. Und wenn man etwas genauer hinschaut, ist beinahe jede Completion gegen ihn hart erarbeitet.
Schauen wir uns mal ein paar Plays an, die typisch für eine gute Man-Coverage sind (Ward trägt die Nummer #12):

Einer meiner absoluten Lieblingsspielzüge von ihm: Ward ist am unteren Bildrand in Man Coverage gegen Iowas WR Nick Easley (man erkennt, er achtet nur auf den Receiver, nicht auf den Quarterback). Easley versucht einen guten Release zu kriegen und faket zweimal nach innen, aber Ward bleibt extrem diszipliniert und v.a. geduldig in seinem tiefen Backpedal, öffnet die Hüften nicht zu früh in die eine oder andere Richtung (was Easley erlauben würde, an der jeweils anderen Seite an ihm vorbeizuziehen), und auch der Cut zur Out- oder Comeback-Route, den man wegen des Kameraschwenks leider nur angedeutet sieht, stellt ihn vor keinerlei Probleme. Textbook. Hier ein weiteres Beispiel gegen Penn States sehr athletischen und talentierten WR Juwan Johnson (oberer Bildrand):

Erneut beweist er Patience, öffnet die Hüften nicht zu früh und zeigt auch seinen Antritt auf den ersten Metern nach Johnsons Cut zur Slant Route. Insgesamt ist seine Verteidigung von Crossing Routes in Man Coverage beeindruckend (Awareness bei Inside Route durchs ganze Play // Keine Chance für Baker Mayfield // Top Defense vs. Slant). Wie man sich vorstellen kann, erfordern diese die meiste Awareness und eine gute technische Basis, da hier der Receiver aufgrund des großen Raums, der sich da bietet, im Vorteil ist. Auch dieses Play unterstreicht seine technische Klasse (unterer Bildrand):

Hier kann man besonders gut das „mirror & match“ illustrieren, von dem Scouts so gerne sprechen. Ward ‚mirrort‘ (im wahrsten Sinne des Wortes: spiegelt) den Receiver, bis der Cut erfolgt, öffnet nach dem Cut sofort seine Hüften und ‚matcht‘ dann jeden einzelnen Schritt des Receivers. Dabei hält er die Idealposition, die es ihm ermöglicht, mit seinem front Arm (also dem linken) einen potenziellen Pass zu batten. Hüften und Füße sind bei ihm so sehr in sync. Nochmal zum Footwork:

Bei diesem Play steht Ward im Slot, ’sein‘ Receiver Easley ist das primäre Target beim Rollout nach links, aber Wards Footwork und der short area Burst nach dem Cut ist so herausragend, dass er diesen komplett aus dem Spiel nimmt und QB Nathan Stanley sich zum zweiten Read orientiert.

Erneut im Slot, hier wird noch einmal deutlicher, wie raumgreifend und zugleich smooth sein Backpedal ist. Zugleich wird in den letzten Plays auch seine Balance deutlich. Obwohl er grundsätzlich viel mit den Händen arbeitet (ohne dabei zu grabby zu werden, Beispiel dafür inklusive Pass Breakup), ist er kaum aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das folgende Play ist dafür geradezu paradigmatisch:

Johnson und Ward (unterer Bildrand) tauschen einen Shove zu Beginn des Spielzugs aus, aber Ward ist keine Millisekunde aus der Balance und läuft auch nach der Transition aus dem Pedal Schritt für Schritt mit. Keine Chance auf Separation.
Bei tiefen Bällen kommt ihm sein herausragender Speed zu Gute. Zudem gelingt es ihm vom Snap an, mit seinen Armen den WR beim Route Running zu behindern, ohne dabei zu penalty-gefährdet zu sein, und die Seitenlinie als zusätzlichen Defender zu nutzen. Es offenbaren sich aber auch kleinere Probleme:

Ward verteidigt hier einen Slot Fade, bei dem er isoliert wird. Die anderen beiden Sooners-WR auf der rechten Seite laufen kurze Routen, so dass hier viel Raum ohne Defender zur Seitenlinie kreiert wird, in die Baker Mayfield den Ball reinlegen kann. Wards Coverage ist erneut exzellent, er klebt geradezu am Receiver, aber er dreht sich nicht um, kann den Ball daher nicht lokalisieren und muss seine Arme und Hände instinktiv einsetzen. Hier gelingt es ihm letztlich nicht, den WR an der Completion zu hindern. Grundsätzlich hat er auf diese Weise 2017 eine ganze Menge Pässe abgewehrt, dennoch könnten es wesentlich mehr sein – und vor allem auch wesentlich mehr als zwei Interceptions diese Saison.

Hier hat er an der Goal Line gegen WR Simmie Cobbs (unterer Bildrand) dasselbe Problem. Eigentlich exzellente Coverage, er dreht sich jedoch nicht zum Ball und lässt dadurch den Touchdown zu. An dieser Stelle möchte ich aber mal mit dem in Scouting-Reports immer wieder zu lesenden Gerücht aufräumen, er habe gegen Cobbs grundsätzlich schlecht ausgesehen. Das Spiel gegen Indiana war wohl sein schlechtestes der Saison (insbesondere das hier passierte ihm in der Form nicht mehr), aber die meisten Catches ließ er gegen WR Donavan Hale zu. Insgesamt ist hier jedoch zu berücksichtigen, dass es das erste Saisonspiel war und damit auch sein erstes Spiel als #1 CB.
Dennoch: Plays, bei denen er sich nicht zum Ball umdreht, zogen sich durch die ganze Saison: Beispiel 1  // Beispiel 2  // Beispiel 3  // Beispiel 4. Nicht immer entstanden Completions daraus (wegen seiner engen Coverage und seiner aktiven Hände), hieran sollte er jedoch unbedingt arbeiten. Ich kann verstehen, wenn Cornerbacks, die einen gewissen Respekt vor dem Speed des Gegners haben, hier lieber vorsichtig agieren, aber Ward besitzt den Speed, die Coverage und nicht zuletzt die Balance dazu. Hier wäre das Coaching gefragt. Denn dass er es grundsätzlich kann, zeigte er ja ab und an (hier ein Beispiel). Und daraus resultierten dann auch die Interceptions:

Erneut eine Art Slot Fade. Hervorragender Armeinsatz, um den WR zu re-routen (und das Fenster enger zu machen), gutes Positioning, turn the head, Interception.

Verteidigt die Wheel-Route von TE Troy Fumagalli exzellent (oberer Bildrand), herausragende Quickness nach dem turn upfield, Ball Location. Erneut: Textbook.
Ward hat natürlich auch Zone-Coverage gespielt und dabei durchaus okay ausgesehen, gerade in Cover-3-Aufstellungen. Man merkte aber bei einigen Zone-Plays, dass ihm ab und an die Awareness fehlt (oberer Bildrand):

Hier muss er früher erkennen, wo der Pass hingeht, und sich entsprechend schneller zum TE down the seam orientieren. Fehlende Erfahrung mag eine Rolle spielen.
Ein weiteres Fragezeichen besteht in seiner Physis. Mit knapp 5’11 und nur 183 Pounds ist er schon sehr am unteren Ende der Skala für Outside CBs. Allerdings war über die gesamte Saison betrachtet seine Größe nicht das große Problem. Gegen den einen oder anderen großen WR ließ er eventuell einen Catch mehr zu, allerdings war ein Großteil dieser Catches auf das oben genannte Problem (turning the head) zurückzuführen. Mit seiner Sprungkraft kann er da eh einiges wettmachen. Dass ihn größere Receiver ‚outboxen‘, kam extrem selten vor. Gegen Michigan States physischen WR Felton Davis spielte er beispielsweise exzellent und ließ keinen einzigen Catch zu (was aber auch an der Pressure gegen deren QB Brian Lewerke lag – war das Wiedergutmachungsspiel nach der Klatsche gegen Iowa).
Die Aggressivität beim Tacklen und im Run Support ist überraschend okay (zumindest für seine Größe). Allerdings lässt die Technik immer mal wieder zu wünschen übrig (Jump Cut Akrum Wadley… wooop  oder erneut das Indiana Game). Einsatz kann man ihm aber nicht absprechen (Tackle Chris Evans // Vs. O-Liner). Hier ein schöner Tackle gegen Saquon Barkley. Bei Receivern underneath bewies er durchaus guten Closing Speed.

Bottom Line: Nach dem genaueren Videostudium war ich wesentlich mehr angetan von Ward als während der regulären Saison, wo ich wahrscheinlich aufgrund seiner Steadyness und des zugleich geringen Flash-Faktors mich mehr auf ’spannendere‘ Corner fokussierte. Ward ist (von seiner etwas zu dünnen Status abgesehen) ein prototypischer Man Press Corner mit dem Potenzial zum Shutdown Corner. Hierfür müsste er zunächst sein Play gegen den Ball verbessern (dass er überhaupt so viele Pass Breakups hatte, zeigt, wieviel da eventuell noch möglich ist). Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass eines der Cover-3-Teams, die viele man-ähnliche Konzepte spielen, sich ihn einmal genauer anschauen wird. Aufgrund seiner Quickness, seines Bursts und seiner superben Footwork-Hüften-Kombination hätte er zur Not (so sich outside doch größere Probleme offenbaren sollten) auch hervorragende Anlagen als Slot Corner. Der untere Teil des Körpers (wenn mans so ausdrücken will) ist aus meiner Sicht mit Abstand der beste dieser Draftklasse.

Josh Jackson – der Zone-CB
(6’0 / 196 / Arm 31 1/8 / 40 4.56 / High 38 / Broad 10’3 / SS 4.03 / Cone 6.86)
Wenn man Jackson auf dem Feld gesehen hat (und insbesondere, wenn man ihn mit Ward abgleicht), wundert man sich beinahe, wie wenig größer er ist und dass seine Arme sogar kürzer sind. Teilweise liegt das sicher auch an Wards absurd niedrigem Backpedal, dennoch: Jackson hat schon eine andere Präsenz auf dem Platz. Seine Zeit im 40 Yards Dash ist etwas besorgniserregend und schreit quasi schon „Zone-CB“. Diese konnte er beim Pro Day angeblich deutlich steigern (in den 4.4-Bereich hinein), aber bei Werten vom Pro Day sollte man immer etwas vorsichtig sein. Seine Quickness-Werte in 3-Cone und insbesondere Short-Shuttle sind dagegen sehr gut.
Wenn Ohio States Defense dafür bekannt ist, viel Man Press zu spielen, werden bei Iowa traditionell viele Zone-Konzepte angewandt. DC Phil Parker, der in Personalunion für die Secondary zuständig ist, schafft es seit Jahren, aus auf dem Papier nicht übermäßig talentierten Recruits nicht nur eine gute Unit zu formen, sondern die einzelnen Spieler auch so weiterzuentwickeln, dass viele von ihnen den Sprung zu den Pros geschafft haben. Desmond King, der Thorpe-Trophy-Gewinner von 2015, ist hierfür sicherlich ein Paradebeispiel. Wenn ich GM oder HC eines NFL-Teams wäre, hätte ich bei ihm sicherlich schon einmal energischer angeklopft, aber Iowas HC Kirk Ferentz schafft es doch relativ beeindruckend, seine Staff zusammenzuhalten. Sicherlich auch kein ganz schlechtes Zeichen.
Zurück zu Jackson: Auch hier beginne ich mal mit einem typischen Zone-Coverage-Play, das ich sehr mag (oberer Bildrand, Jackson trägt die Nummer #15):

Schon durch seine Positionierung pre-Snap kann Jackson die Augen des Quarterbacks lesen. Er droppt ein paar Yards zurück ins Zentrum seiner Zone (etwa auf Höhe der 23-Yard Linie), reagiert zunächst nicht auf den WR in tight Formation, der eine Corner Route läuft und beachtet auch den H-Back in der Flat. Während er aus dem Kamerabild verschwindet, liest er den Quarterback und seine Passing Lane, macht (ebenfalls noch nicht im Bild) massig Yards gen Ball und deflected diesen per Hechtsprung ca. an der 35-Yard-Linie. Ein fantastisches Play, das sowohl seine Instinkte als auch seine Ball Skills hervorhebt. Als ehemaliger Receiver sind letztere besonders ausgeprägt, wie auch seine absurden Statistiken 2017 (8 Interceptions, 27 Pass Breakups) verdeutlichen. Am Ende des Plays kann man übrigens noch erkennen, dass er von ihm übergebende WR over the Top vom Safety gedeckt wird. Hervorragende Zone Coverage, bei der das Fenster immer kleiner wurde.
Wie man auch hier wieder sieht, ist bei Zone Coverage im Vergleich zur Man Coverage die Abstimmung viel entscheidender (Beispiele: WR in Flat wird vom LB übernommen, Jackson orientiert sich sofort nach hinten  // Jackson underneath vs. Trips). Seine Instinkte sorgten in ähnlichen Situationen immer wieder für Big Plays:

Die Hawkeyes spielen eine Art Cover-3 (ein Safety bewegt sich in die tiefe Mitte des Feldes, einer ‚crasht down‘). Jackson erkennt schnell, wohin der Spielzug gehen soll, lässt seinen WR laufen und cuttet vor den für TE Marcus Baugh gedachten Pass. Besser kann man das nicht spielen. Hier erkennt man auch einen großen Vorteil von Zone-Coverage: Ein Spieler mit hervorragenden Instinkten kann einen Pass verteidigen, für den er eigentlich gar nicht im engeren Sinne ‚zuständig‘ war. Zudem lässt sich etwas mehr gamblen, wenn man bspw. einen Safety over the top hat. Nirgends wird das so gut deutlich wie bei Jacksons Weltklasse-Interception gegen Ohio State (seiner dritten in diesem Spiel):

Derartige Ball Skills hat kein anderer Corner der Klasse, und allein diese machen ihn natürlich enorm attraktiv. Turnover sind nun einmal eine der verlässlichsten Indikatoren für Sieg oder Niederlage, und Jackson kann jede Menge davon kreieren.
Seine Verteidigung der kurzen Zonen und schnellen Pässe ist ebenfalls grundsätzlich als Stärke zu attestieren. Der Break auf die Route erfolgt für gewöhnlich schnell und entschlossen, hier gegen WR Allen Lazard (unterer Bildrand):

Weitere Beispiele: Good Tackle vs. Lazard // Break on Route.
Aufgrund seiner Erfahrung mit der Verteidigung des Balles (und nicht des Gegenspielers) ist er in Goal Line-Situationen und bei Contested Catches schwer zu schlagen:

An der Goal Line befindet man sich outside oftmals im eins-gegen-eins in Man Coverage. Jackson verteidigt den Fade perfekt gegen Lazard: Begibt sich in eine vorteilhafte Position, lässt sich vom größeren WR nicht ‚outboxen‘, dreht seinen Kopf und spielt den Ball. Dieses Play gegen WR Juwan Johnson gefiel mir fast noch besser:

Body Positioning in front, Gefühl für Leverage, head turn, Ball Skills – da past alles! Das sind die Plays, die Denzel Ward trotz hautenger Coverage an der Goal Line in der Regelmäßigkeit eben nicht produzierte, weil er seinen Kopf nicht immer zum Ball drehte.
Man Coverage an der Goal Line kann man jedoch überhaupt nicht mit Man Coverage auf dem Feld vergleichen. An der Goal Line muss letztlich nur ’small space‘ verteidigt werden, der Receiver strahlt keine tiefe Gefahr aus und hat auchg ansonsten nur einen begrenzten Route Tree. Wenn man dagegen Plays betrachtet, in denen Jackson Man oder sogar Man Press spielt, offenbaren sich doch deutliche technische Defizite:

Hier steht Jackson im Slot in Press Coverage. Vergleicht das mal mit Ward (und dabei meine ich nicht nur den Slip): Jackson öffnet seine Hüften viel zu schnell, ist daher anfällig gegen den Inside/Outside Release von WR Hakeem Butler, bei der Korrektur verliert er die Balance, rutscht weg und ermöglicht so den Touchdown. Butler ist ein sehr talentierter Receiver (und ein Name, den man sich fürs kommende Jahr schonmal notieren kann), aber allein schon aufgrund seiner Größe nicht unbedingt der ‚quickeste‘. Mit klassischen Slot-WRs dürfte er noch mehr Probleme bekommen – auf dieser Position würde ich ihn nur im Notfall oder in bestimmten Packages einsetzen.
Auch bei Inside Routes in Man Coverage zeigen sich Probleme (oberer Bildrand):

Hier spielt er Off-Man, aber kriegt kein Gefühl für die Route des Receivers. Ist zu weit weg (auch ein schlechter Break) und hat dann auch nicht den Closing Speed oder die Acceleration, um aufzuholen und dadurch zumindest das 1st down zu verhindern. Ein weiteres Beispiel, bei dem man ihm fehlendes Gefühl für die Route attestieren muss, die er eigentlich gut verteidigen müsste (oberer Bildrand):

WR Stanley Morgan läuft einen Post Pattern, Jackson ‚trailt‘ die gesamte Zeit und versucht irgendetwas mit den Armen zu korrigieren (was misslingen muss), orientiert sich hier nicht zum Ball, der daher gar nicht so sehr in front geworfen hätte werden müssen, sondern einfach nur hoch. Auch das Zusammenspiel zwischen Footwork und Hüften ist immer wieder problematisch (unterer Bildrand):

Hier begeht er das absolute no-go eines jeden Cornerbacks, indem er mit seinem Körper einen 360°-Turn macht und daher kurz mit dem Rücken zum Receiver steht. Das ist ihm im Spiel gegen Penn State gleich noch einmal passiert (bei einer RPO, aus der dann ein Lauf von Saquon Barkley resultierte).
Insgesamt ist seine Technik (Pedal, Footwork, Hüften) nicht in der Klasse von Ward anzusiedeln. Das lässt sich nicht nur an solch krassen Beispielen veranschaulichen, sondern auch an durchaus soliden Plays. Vergleicht das ruhig mal genauer: Beispiel 1 //
Beispiel 2 // Beispiel 3. Wohlgemerkt: Das sind alles keine schlechten Plays! Aber es zeigen sich Nuancen gegenüber Ward, bei dem die Hüften etwas fluider sind und seine Fußarbeit einfach unfassbar sound ist.
Ein weiterer Punkt, den ich bei Jackson kritisiere, ist sein Run Support. Bei dem einen oder anderen Ausschnitt (bzw. Verlinkung) hat man ja durchaus gesehen, dass sein Tackling in der Regel okay ist. Es geht eher um eine tendenzielle Unwilligkeit, sich dort einzubringen (beispielhaft: Blitz ohne jegliche Awareness  // Play Recognition, aber halbherziges Shoulder Tackle  // Blitz ohne Entschlossenheit)
Eigentlich bringt es jedoch wenig, hier einzelne Plays aufzuführen, weil man die letztlich bei jedem Cornerback findet, wenn man denn sucht. Es geht eher um den Gesamteindruck und die Menge solcher Plays, die bei Jackson ins Auge fallen. Das unterscheidet ihn übrigens von einem scrappy CB wie Desmond King – auch ein typischer Zone-CB, aber doch mit ganz anderen Stärken und Schwächen ausgestattet als Jackson.

Bottom Line: Jackson ist ein superinstinktiver Ball Hawk, der in verschiedenen Zone Coverages seine Stärken voll entfalten kann. Er orientiert sich beinahe immer zuerst zum Ball. Top Physis, aber auch Gefühl für Positionierung bei contested Catches. Technisch ist er teilweise noch zu undiszipliniert, auch im athletischen Bereich fehlen ihm eventuell die Voraussetzungen für eine Karriere als (reiner) Man-CB oder auch für den Slot. Auch ihn kann ich mir tendenziell als Cover-3 Press Corner vorstellen, aber hierfür müsste er noch an seinem Footwork arbeiten und Press Techniques lernen. In einer tieferen (oder Off-) Cover-3 oder einer Cover-2 wäre er nach aktuellem Stand jedoch am besten aufgehoben.
Im Vergleich halte ich Ward für den vielseitigeren der beiden Corner. Und da ich eine Schwäche für Technicians habe, würde ich ihn schon eine Ecke vor Jackson ranken, aber – wie gesagt – ist das zum einen schemeabhängig (wenngleich bei Ward weniger) und zum anderen eben auch eine Präferenzfrage (wieviel Risiko nimmt eine Defense, wie relevant sind Turnover?). Interessanterweise war ich während der Saison wesentlich mehr von Jackson angetan und wunderte mich nun ein wenig, dass ich seine Lücken aktuell für doch größer halte als die von Ward – was wohlgemerkt nicht heißt, dass ich ihm die schlechtere Karriere prognostiziere.
Wie ihr merkt, ist der Artikel schon jetzt überlang. Daher werde ich die weiteren Top-Cornerbacks in einer Fortsetzung abhandeln. Sollte in den kommenden Tagen erscheinen…