Die Draft-Rückschau: Trends, Teamstrategien, UDFAs, Q&A-Massaker sowie ein Ausblick auf 2019

Bevor ich mich an einem langen Rückblick der NFL Draft 2018 versuche und die eingegangenen Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantworten werde, möchte ich die meiner Meinung nach vielleicht relevanteste Aussage voranstellen:

Wenn man sich die mediale Landschaft der letzten Tage so betrachtet, hat Ted Nguyen vollkommen recht. Je mehr ein Team entsprechend des Big Boards des einen oder anderen „Experten“ draftete, desto besser fielen dessen Grades aus. Damit beläuft sich der Erkenntnisgewinn solcher Draft Recaps jedoch auf ziemlich genau Null – zumindest, wenn man sich dazu in der Lage fühlt, das Big Board des Experten eigenhändig mit der realen Draft abzugleichen.

Auf der anderen Seite macht es natürlich wenig Sinn, sich jeder Einschätzung und jeder (Be-)Wertung zu enthalten. Dadurch würden Draftartikel zu einer reinen Beschreibung der Draftpicks verkommen, stinklangweilig sein und wirklich niemanden interessieren. Ich versuche daher in der Regel, die Draftstrategie der Teams einfließen zu lassen, um meiner persönlichen Meinung zu bestimmten Prospects nicht zu viel Gewicht beizumessen. Auf diese Weise ist es mir möglich, eine differenziertere Einordnung der Draft vornehmen zu können: Auch wenn ich beispielsweise kein Fan von QB Josh Allen bin (oder meinetwegen noch nicht einmal von LB Tremaine Edmunds), so kann ich die Strategie der Buffalo Bills dennoch lobend erwähnen, weil sie geduldig genug waren, für den Allen-Uptrade nicht ihren zweiten 1st rounder zu opfern und sich mit eben diesem (und einem Uptrade in Form eines 3rd/5th Pick-Tausches) Edmunds zu sichern. Somit deckten sie ihre beiden größten Needs QB und LB nach ihrem Board erfolgreich und relativ kostengünstig ab. Wenngleich es mir sicherlich nicht immer gelingen wird, bemühe ich mich, neben meinen persönlichen Einschätzungen eben immer auch die erweiterte Perspektive der Teamstrategien angemessen zu berücksichtigen. Wichtig ist es meiner Meinung nach, zunächst einmal zu verstehen, warum der Pick so erfolgt ist, also was sich das Team dabei gedacht haben könnte.

Im Übrigen halte ich auch nicht wahnsinnig viel davon, nach zwei oder drei Jahren eine kontextlose Draftbewertung vorzunehmen, weil in der Zwischenzeit wahnsinnig viel passieren kann: Wenn sich beispielsweise der 1st rounder, der in seiner gesamten Collegekarriere keine einzige Verletzung hatte, im ersten Trainings Camp das Knie zerschießt und nicht mehr so recht auf die Beine kommt, war der Pick dann für sich betrachtet schlecht? Im Ergebnis vielleicht, aber da ist mir dann oft zu viel Hindsight dabei. Ähnlich verhält es sich mit Coaching-Wechseln, Positionswechseln oder Systemumstellungen, auf die die Prospects keinerlei Einfluss haben. In solchen Fällen kann man höchstens behaupten, dass der Pick dann nicht (mehr) passte, aber nicht, dass der Prospect keine oder nur wenig NFL-Tauglichkeit besitzt. Eine Draft muss man ausgewogen betrachten: Einschätzungen direkt nach der Draft, die sowohl die persönliche Evaluation als auch die Draftstrategie betreffen, gehören genauso dazu wie spätere Abgleiche, eingebettet in einen vernünftigen Kontext.

Zunächst greife ich die Gedanken zu allgemeineren Trends dieser Draft auf, die ich nach dem zweiten Tag vorläufig und vorsichtig formulierte:

  • Die Edgerusher-Klasse blieb unbeliebt: Auch am dritten Tag kam es nicht zu dem von vielen prognostizierten Run auf die größtenteils in den mittleren Runden gerankten Passrusher: Nur Dorance Armstrong (Cowboys), Marquis Haynes (Panthers) und der wegen seiner Knieprobleme gefallene Josh Sweat (Eagles) gingen in der vierten Runde. Obo Okoronkwo (Rams) musste bis zur fünften Runde warten, der Rest ging entweder in den letzten beiden Runden (Duke Ejiofor, Kylie Fitts etc.) oder blieb gar ganz undrafted (Jeff Holland, Hercules Mata’afa, Marcell Frazier, Ola Adeniyi etc.). Interessanterweise bekamen dagegen die klassischeren (Strongside) DEs, die weniger Passrush-Gefahr ausstrahlen, größeres Interesse als erwartet (etwa Jalyn Holmes, Kentavius Street, John Franklin-Myers). In Sachen Passrush warten wohl die meisten Teams auf die kommende Draftklasse (dazu weiter unten mehr).
  • Die 2nd & 3rd tier Quarterbacks wurden überschätzt: In einer so top-heavy QB Class ist es wenig erstaunlich, dass aufgrund des großen Bedarfs der eine oder andere Quarterback außerhalb der Top 5 (in Draftreihenfolge: Mayfield, Darnold, Allen, Rosen, Jackson) ein wenig medialen Hype abbekam. So wurde Mason Rudolph teilweise in die erste Runde und Kyle Lauletta in den zweiten Tag geschrieben. Letztlich hielt sich das Interesse an den ‚weiteren‘ Passern jedoch in Grenzen: In den Runden 3 (Rudolph), 4 (Lauletta) und 5 (White) ging jeweils nur ein Quarterback von Board, bevor in Runde 6 und 7 noch ein paar late Round Flyer abgesetzt wurden.
  • Receiver mit Quickness gesucht: Wenn es eine Tendenz am dritten Tag zu bestaunen gab, war es der Slide vieler großer, kräftiger Receiver mit mehr oder weniger gravierenden Separation-Problemen: Marcell Ateman, Auden Tate und Javon Wims fielen in die siebte Runde, Allen Lazard, Jake Wieneke und Simmie Cobbs wurden gar nicht gedraftet. In der heutigen, von Kurzpassspiel dominierten NFL werden Quickness und initial Separation immer wichtiger. Große WR mit zu wenig Burst sind nette Tools für die Goal Line und sonstige Jump Balls, aber verlieren gegenüber vielseitigeren Receivern anscheinend etwas an Wert.

Ein paar – wie immer unzusammenhängende – Gedanken zu einigen Draftklassen, die ich noch nicht näher erwähnt habe:

  • Denver Broncos – Alles für Keenum: Die Broncos blieben auch am dritten Tag ihrer Strategie treu, keinen weiteren Quarterback zu wählen, sondern die vorhandenen mit möglichst vielen Waffen auszustatten. Courtland Sutton als potenzieller X-WR und DaeSean Hamilton für den Slot sind allein schon perspektivisch sinnvoll, weil die Verträge von Demaryius Thomas und Emmanuel Sanders auslaufen. Troy Fumagalli als guter Receiving TE (mit unterschätzten Blocking-Skills) verstärkt die Konkurrenz auf der TE-Position, wo ja auch Jake Butt nach seinem wegen dem Kreuzbandriss verlorenen 2017 sehnlichst erwartet wird. Zusammen mit Jeff Heuerman und Austin Traylor eine echte Big Ten-Gruppe. RB Royce Freeman hat eine Chance auf den Starterposten, und 7th rounder David Williams verstärkt zumindest die RB-Depth. Es wurden also alle Skillplayer-Positionen massiv mit Talent bereichert, um Case Keenum und Co. jede Menge Optionen zu bieten. Auch wenn ich in dieser QB-Klasse zugegriffen hätte, kann ich die Draft des besten Defenders mit Bradley Chubb und die spätere konsequente Aufwertung der Offense als Konzept durchaus nachvollziehen. Bei den UDFAs gelang den Broncos der nächste Coup, als sie einen der (meiner Meinung nach) Top 3 Kandidaten, Auburns Edgerusher Jeff Holland, an Land ziehen konnten. Hinter Miller und Chubb wird es ein Hauen und Stechen um die restlichen Edge-Rosterspots geben, voraussichtlich auf allerhöchstem Niveau.
  • Arizona Cardinals – Alles für Rosen: Die Cardinals verfolgten eine ähnliche Strategie wie die Broncos, zumindest nachdem sie sich mit einem billigen Uptrade den meiner Ansicht nach fertigsten Quarterback der Klasse mit Josh Rosen sicherten. Im Nachgang gabs dann mit Christian Kirk den wohl besten reinen Slot WR der Klasse, mit Mason Cole einen athletischen College-LT mit flinken Füßen, der bei den Pros wohl Center (oder Guard) spielen wird sowie mit Chase Edmonds einen kleinen FCS-Runner mit tollen Moves und guter Contact Balance, den ich für stark unterschätzt halte und der etwas Absicherung für David Johnson bedeutet. Nach einem Defensivpick (CB Christian Campbell) zog man sich noch ein sehr athletisches OT-Project mit Korey Cunningham. Nach dem Rosen-Pick hatte GM Steve Keim offenbar einen klaren Auftrag.
  • Minnesota Vikings – Auf neuen Wegen: In den vergangenen Jahren war GM Rick Spielman dafür bekannt, fallendes Value einzusammeln und sich dabei nicht immer an den dringlichsten Needs zu orientieren – eine Draftstrategie, die mir grundsätzlich sehr zusagt. Dieses Mal sieht die Vikings-Draft doch deutlich anders aus: unter anderem der hochtalentierte, jedoch unerfahrene CB Mike Hughes in Runde 1, das Boom-or-Bust LT-Project Brian O’Neill in Runde 2, der erst im College vom Basketball zum Football gewechselte TE Tyler Conklin in Runde 5 oder der überathletische, aber noch rohe Edgerusher Ade Aruna in Runde 6. Ich vermute, dass Spielman bei der Evaluation des aktuellen Rosters nur sehr wenige Lücken ausmachen konnte. Daher entschied er sich in dieser Draft tendenziell für weniger sofortige Hilfe, sondern für Prospects, die möglicherweise erst in einszwei Jahren soweit sind, wenn das Roster schon ein wenig anders aussehen könnte, auf längere Sicht aber eine größere Upside bieten könnten.
  • Houston Texans – Trotz Handicap top: Die Texans hatten keinen Pick in den ersten zwei Runden aufgrund des Watson-Trades und des Osweiler-Fiaskos und machten trotzdem das Beste draus. Recht unerwartet fiel ihnen S Justin Reid in die Hände, einer der wenigen echten Free Safety-Kandidaten nach der ersten Runde. Ihre Line verstärkten sie mit dem vielseitigen Martinas Rankin, der sowohl auf LT als auch auf C denkbar wäre. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob TE Jordan Akins einen 3rd round Pick wert war (allein aufgrund seines Alters), aber er füllt eine weitere Lücke. Auch am dritten Tag orientierten sich die Texans recht eng an ihren Needs und fuhren damit erstaunlich gut: WR Keke Coutee dürfte sofort in den Kampf um die Slot-WR-Position eingreifen, auf der weder Braxton Miller noch Bruce Ellington nachhaltig überzeugten. Mit dem überraschend tief gefallenen Duke Ejiofor und Peter Kalambayi besorgten sie sich noch nötige Passrush-Depth, TE Jordan Thomas ist im Gegensatz zu Akins eher der klassische Inline-TE. Sehr needbasierte Draft, aber ich würde mich nicht wundern, wenn einige dieser Prospect schon dieses Jahr mehr Spielzeit sehen – und das alles trotz fehlendem 1st und 2nd round Pick.
  • Cincinnati Bengals – Die ausgewogene Draft: Von den großen Medien kaum wahrgenommen haben die Bengals eine sehr unterschätzte Draftklasse ausgewählt, in der glücklicherweise auch mal auf eine Menge größerer Problempicks verzichtet wurde. Der Downtrade in der 1st round für Bills OT Cordy Glenn und die Wahl von C Billy Price sind unspektakuläre, dringend nötige Verstärkungen für die O-Line. Safety war vielleicht nicht das größte Need, einen derart athletischen und instinktiven Free Safety wie Jessie Bates haben die Bengals allerdings bislang nicht in ihren Reihen. Überraschend in die dritte Runde fiel der well-rounded 4-3 DE Sam Hubbard. Nach diesen drei vergleichsweise sicheren Picks gingen die Bengals etwas mehr Risiko ein mit dem extrem athletischen, aber noch inkonstanten LB Malik Jefferson und dem durch eine Knöchelverletzung aus dem Oktober immer noch eingeschränkten shifty RB Mark Walton. Die late Rounder gefallen mir persönlich sehr, aber das muss ja nicht viel heißen: Das Need auf CB bedienten sie doppelt mit dem kräftigen Zone-CB Devontae Harris und dem undersized Ballhawk & Return Specialist Darius Phillips, dazu gabs noch etwas Beef für die interior Line mit dem College 3-4 DE Andrew Brown, der bei den Pros nach innen wandern wird. High Motor, Hustle, sollte sich dort wohlfühlen. Und ganz zum Ende der 7th round fielen den Bengals noch QB Logan Woodside und WR Auden Tate in die Hände, denen ich jeweils gewisse Chancen auf das 53er Roster einräume. Auch mit vielen Picks kann man diszipliniert picken und ein gutes Verhältnis aus Need und Value sowie aus Production/Floor und Projection/Upside wählen.
  • Detroit Lions – Die Power-Draft: Die erste Draft unter dem neuen HC Matt Patricia stand unter einem eindeutigen Vorzeichen, nämlich der Offense eine gehörige Portion Physis und Nastiness zuzuführen. C Frank Ragnow war zwar von vielen hinter Daniels und Price gerankt und besitzt vielleicht nicht ganz deren Upside, dafür ist ein recht fertiger Center mit Stärken im Power- und Drive Blocking. RB Kerryon Johnson ist nicht der große Big Play Threat, aber läuft inside mit hervorragender Patience und Physis gleichermaßen. Nach den zwei Defensivpicks Tracy Walker (überraschend früh) und Da’Shawn Hand widmeten sich die Lions erneut der (Run) Offense mit dem weniger athletischen, dafür extrem physischen OT/OG Tyrell Crosby, der überraschend tief fiel, und dem battering Ram FB Nick Bawden, der für die beiden 2000+ Yard Saisons von Donnel Pumphrey und Rashaad Penny den Weg freiräumte. Kein vielseitiger FB, sondern ein klassischer I-Formation-Vorblocker, der sich ohne Rücksicht auf Verluste in den erstbesten Verteidiger im Gap stürzt. Auch wenn ich von den Prospects her nicht der größte Fan der Lions-Draft bin, kann ich den dahinterliegenden Gedanken extrem gut nachvollziehen: Entlastung sowie Schutz für Matt Stafford.
  • Oakland Raiders – Konsequenz bis zum (bitteren?) Ende: Die Raiders habe ich zwar schon erwähnt, sie verdienen sich mit einer bemerkenswert konsequenten Draft hier jedoch eine weitere Erwähnung. Nachdem sie schon in den ersten Runden einige athletische, aber sehr rohe Prospects sowie den hochtalentierten, mit Verletzungs, Charakter- und Motivationsfragezeichen versehenen Arden Key wählten, blieben sie auch am dritten Tag ihrer Risikostrategie treu. In der fünften Runde sammelten sie (endlich!) das wegen seiner Herzprobleme gefallene 1st round Talent DT Mo Hurst ein, doch damit nicht genug: In der siebten Runde griffen sie bei ILB Azeem Victor zu, einem ursprünglich großen LB-Talent, das wegen Verletzungen, aber vor allem massiven Character Concerns und diversen Suspendierungen sowie Undizipliniertheiten (Gewicht!) seinen Starterplatz in der Defense der Washington Huskies verlor. Ich war mir eigentlich relativ sicher, dass Victor nicht gedraftet werden würde. Wie schon im vorigen Recap ausgeführt: Es wäre definitiv nicht meine Strategie, dennoch wird es enorm spannend zu verfolgen sein, ob Gruden damit Erfolg haben wird.

Persönlich gefallen mir die Drafts der Chicago Bears (von den Prospects), der Atlanta Falcons (von der BPA-Strategie), der Dallas Cowboys (in Sachen „Need meets Value“), der Washington Redskins (größtenteils vom Value), der Tennessee Titans (aufgrund des aggressiven Vorgehens), der Cincinnati Bengals (s.o.) und der LA Chargers (Mischung aus allem). Klar ist jedoch auch, dass eine Bewertung oder gar ein Ranking der Draftklassen insbesondere vom Erfolg der (frühen) 1st round Quarterbacks abhängen wird. Wer von den Browns, Jets, Bills und Cardinals (sowie bedingt: Ravens) sich einen Franchise QB angeln konnte, ist definitiv der/ein großer Gewinner der 2018er NFL Draft – no matter what. So einfach ist das heutzutage.

 

Undrafted Free Agents: Die ganz tief vergrabenen Goldnuggets

Aufgrund meiner Vorliebe für late Rounder, Sleeper und ähnliches verfolge ich seit einigen Jahren nach der Draft noch stundenlang die Verteilung der nicht-gedrafteten Prospects. Im Laufe der Jahre habe ich hier durchaus Tendenzen ausmachen können: Während einige Teams sich verstärkt um die hochpreisigen UDFAs bemühen (die natürlich mehr kosten, was sich auf die Rookie Wage Scale auswirkt), entwickeln andere Teams sehr spezielle Boards an unbekannteren Namen und wählen höchstens ein oder zwei ‚teurere‘ UDFAs. So hatten beispielsweise die Bills oder die Packers unter Ted Thompson oft recht individuelle Vorstellungen, was die UDFA-Signings betraf, die Vikings greifen dagegen gerne ganz oben zu. Trotz ihrer veränderten Draftstrategie übrigens auch in diesem Jahr:

Das, was Justis Mosqueda sagt! Keiner hätte sich groß gewundert, wenn beispielsweise in der fünften Runde hintereinander CB Holton Hill, Edge Garret Dooley, WR Korey Robertson, Edge Hercules Mata’afa, S Tray Matthews, RB Roc Thomas und WR Jake Wieneke gedraftet worden wären. Sindse aber nicht! Alles UDFAs, die sich die Vikings gesichert haben. Dort kann man nun wohl einen äußerst heißen Kampf nicht nur um die 53 Rosterplätze, sondern selbst um die Practice Squad erwarten.

Andere Teams, die viele zuvor als potenzielle Draftpicks geltende Spieler einsammelten:

  • Tennessee Titans: u.a. RB Akrum Wadley, WR Deontay Burnett, LB Nick DeLuca, S Damon Webb, TE Ethan Wolfe.
  • Washington Redskins: u.a. WR Simmie Cobbs, S Quin Blanding, OT Timon Parris, OG Sean Welsh, RB Martez Carter.
  • Chicago Bears: u.a. CB Kevin Toliver, C/G Dejon Allen, CB Michael Joseph, RB Ryan Nall.
  • Jacksonville Jaguars: u.a. CB Quenton Meeks (warum auch immer der nicht gedraftet wurde), WR Allen Lazard, C/G Tony Adams.
  • Philadelphia Eagles: u.a. RB Josh Adams, DE Joe Ostman, S Jeremy Reaves, S Stephen Roberts, OT Toby Weathersby.
  • Seattle Seahawks: u.a. DT Poona Ford, DE Marcell Frazier, OG Skyler Phillips.

Diese Auflistung ist weder vollständig noch muss sie zwangsläufig irgendetwas aussagen. Ganz umsonst sind diese Prospects ja nicht aus der Draft gefallen. Teams, die verstärkt in kleineren Schulen scouten, haben nicht unbedingt eine schlechtere Chance auf Erfolg. Allein: Ich kenne die Spieler schlicht nicht so gut.

 

Q&A: Die volle Breitseite!

Im folgenden Abschnitt werde ich zu den mir zugespielten Fragen Stellung beziehen. Auch hier nochmal der Hinweis: Die Bewertungen bitte als meine persönlichen verstehen und daher tendenziell mit Vorsicht genießen. Zunächst die Fragen zu gesamten Draftklassen – hier bitte ich zu berücksichtigen, dass ich mich vorrangig auf den Fit der Prospects konzentrieren werde und weniger auf die Depth des jeweiligen Rosters.

Zur besseren Orientierung für alle noch einmal die Browns-Picks:
1 (1) QB Baker Mayfield, Oklahoma
1 (4) CB Denzel Ward, Ohio State
2 (33) OL Austin Corbett, Nevada
2 (35) RB Nick Chubb, Georgia
3 (67) DE Chad Thomas, Miami (Fl)
4 (105) WR Antonio Callaway, Florida
5 (150) LB Genard Avery, Memphis
6 (175) WR Damion Ratley, Texas A&M
6 (188) CB Simeon Thomas, ULL

Ich bin bei dieser Draft ehrlich gesagt ein wenig zwiegespalten und glaube, dass man da aufgrund der vielen frühen Picks (noch) mehr hätte rausholen können.
Zur ersten Runde habe ich meine Einschätzung bereits abgegeben: Auch wenn ich Rosen und Darnold vor Baker Mayfield gerankt habe, ist das ein sehr guter Pick, da man sich endlich auf seinen Quarterback festlegt und die Suche damit vorerst beendet ist. Könnte mir vorstellen, dass Mayfield vom Typ her hervorragend passt. Alonzo Highsmith, Vice President of Football Operations, deutete ja an, dass die Entscheidung pro Mayfield (und contra Darnold) eher bezüglich der Intangibles als aufgrund der Leistungen auf dem Feld gefallen ist. Wenn die Browns etwas dringend gebrauchen können, sind es Mayfields Drive, Mentalität, Leadership und riesengroßer Ehrgeiz. Ich hoffe wirklich, dass der Plan hinter dem Pick wie erwartet aufgeht.
Beim Pick #4 bleibe ich dabei: Ich liebe CB Denzel Ward mehr als andere (hier nochmal der Link zur in-depth Analyse), aber ich hätte hier den Valuepick Bradley Chubb gewählt, für mich einer der zwei Top Prospects dieser Klasse. Ein in vielerlei Hinsicht so weiter und vielseitiger DE ist mir in den letzten Jahren nicht untergekommen (Clowney oder Garrett waren sicherlich talentierter, brachten jedoch nicht ansatzweise den Motor und teilweise auch die Technik für inside Rush mit). Wenn ich das richtig verfolgt habe, ist der Pick vor allem needbasiert begründet worden: DC Gregg Williams hält große Stücke auf DE Emmanuel Ogbah und möchte daher (entgegen der üblichen Perspektive) dem Passrush durch gute Coverage ein wenig mehr Zeit geben, um beim Quarterback einzuschlagen. Es beruhigt mich immerhin, dass die Browns dasselbe auf Tape gesehen haben wie ich: Dass Ward nicht nur der CB1 ist, sondern recht deutlich der CB1, wenn es um Press Man Coverage geht – und für eben die wurde er geholt. Einen derart flüssigen, quicken und technisch sauberen Bewegungsablauf wie bei Ward findet man einfach extrem selten. Btw: Ein Downtrade wäre höchstwahrscheinlich nicht möglich gewesen, ohne Ward zu verlieren, da die QB-needy Teams viel zu weit hinten saßen. Von daher lautete die Frage für das Browns FO hier schlicht: Ward oder Chubb an #4?
Austin Corbett ist der vielleicht umstrittenste Pick, vor allem aufgrund der strategisch günstigen Position als erster Pick des zweiten Tages. Ich hätte erwartet, dass die Browns mit einem der beiden frühen Picks (#33 oder #35) downtraden, weil sich in dieser Region oftmals uptradewillige Teams finden lassen. Offenbar wollten sie aber genau diese beiden Prospects. Zunächst zu Corbett: Habe ihn mir nun noch einmal genauer angeschaut, aber sehe in ihm weiterhin keinen OT-Prospect. Er ist in kleinen Räumen athletischer als erwartet, Gewinnt seine Reps im Running Game gegen den D-Liner insbesondere durch seinen hervorragenden initial Punch und allgemeiner seinen variablen Handeinsatz, dazu hat er einen unterschätzten Leg Drive und eine grundsätzlich gute Leverage. Kann Defender aus den Gaps schieben. Gute Awareness bei Blitzes, Stunts und allgemein Pre-Snap Movement. Die Frage ist nun, ob ihm all das ebenso gut gelingen wird, wenn er auf OG wechselt. Corbett ist mit 49 College-Starts extrem erfahren, aber er spielte nur auf LT, hatte also deutlich leichtere Kontrahenten als die, die nun auf ihn warten werden. Er ist kraftvoll, allerdings kein wirklicher Power Blocker, vielleicht braucht er daher eine leichte Eingewöhnungszeit. Aufgrund seiner Pass Protection sehe ich ihn eben nicht unbedingt als OT-Prospect: er kommt ab und an zu spät / zu langsam aus dem Stance, nimmt keine wirklich tiefen Schritte beim Kick Slide und kann daher von Speed Rushern überlaufen werden. Wirkt teilweise nicht top balanciert. Zudem sind seine Arme mit 33 1/8 am unteren Ende für NFL-OTs angesiedelt. Anscheinend will man in Cleveland ja nun Joel Bitonio, den Vorgänger von Corbett als LT des Wolfpack, von LG auf LT stellen, so dass er mit Corbett eine Wolfpack-Seite der O-Line formen kann. Ich stehe solchen Wechseln ein wenig kritisch gegenüber, da ich zumindest den Eindruck hatte, dass sich die interior OL im Laufe der Saison gesteigert hatte (mag mich da natürlich irren). Hätte daher eher nach einem echten LT-Prospect geschaut und Bitonio auf LG gelassen – ganz unabhängig von meiner Einschätzung zu Corbett. Eine andere Möglichkeit wäre Corbett auf Center zu stellen, was ihm aufgrund seiner Intelligenz und seines Football-IQs durchaus zuzutrauen wäre. Aber auch dort ist man mit Tretter ja eigentlich gut besetzt.
Die Wahl von Nick Chubb werde ich keinesfalls kritisieren. Im Gegensatz zu den meisten anderen sah ich ihn ja als klaren 1st round RB. Beste inside Vision der Klasse, bester inside Runner (neben Guice), top Pad Level, eine sehr unterschätzte lateral Quickness aufgrund sehr kontrollierter und balancierter Side Steps (hier übrigens auch besser als Sony Michel, der eher der straight line Runner im open field ist). Ich hatte mit dir (Andi) ja schon einmal über einen passenden Back für die Browns diskutiert und da warf ich Chubb als passenderen Counterpart zu Duke Johnson als bspw. Ronald Jones ein. Man hat nun einen sehr vollen RB Room (zusätzlich noch Carlos Hyde, von dem ich mehr halte als andere) mit hervorragender Depth. Zusammen mit der O-Line sollten die Browns dieses Jahr endlich ein wirklich entlastendes Running Game aufweisen. All das natürlich unter der Vorannahme, dass Chubbs Knie hält. Davon abgesehen: Love it.
Der Pick von DE Chad Thomas, der wohl eine ebenso erfolgreiche Karriere als Musiker starten könnte (spielt 9 Instrumente!), hat ja nicht nur bei mir etwas Verwunderung ausgelöst. Immerhin wurde durch den kleinen Downtrade ein zusätzlicher 6th rounder eingestrichen. Wollte man einen reinen Sack Artist haben, wären sicherlich noch attraktivere Prospects on Board gewesen. Thomas projectet eher als SDE: ein langer, kräftiger DE mit guter Power, aber weder dem Burst und der Explosivität noch den Passrush Moves, um dauerhaft beim Quarterback anzukommen, Ich finde ihn quicker als gedacht, trotz seiner Combine-Werte kein ganz schlechter Athlet. Guter Edge Setter, guter Run Defender. Ich nehme einfach mal an, dass eine Verbesserung der Run Defense hier eine gewichtige Rolle gespielt hat. Könnte in die Rotation als early-down SDE rutschen, und wenn er seine Handtechniken verbessert ein Kandidat für inside Rush on 3rd down? Ich werde das Gefühl nicht los, dass man mit dem ersten Pick der dritten Runde noch etwas mehr Value (und potenziellen Differencemaker) hätte abgreifen können, aber da gewichte ich das verhältnismäßig geringere Ceiling bei Thomas vielleicht auch etwas zu sehr.
Zu WR Antonio Callaway fasse ich mich kurz: Ich hätte ihn nicht gepickt – und erst recht nicht für ihn upgetradet. Ich habe wohlgemerkt kein Problem mit zweiten Chancen, aber Callaway hat bereits im College schon die dritte und vierte Chance aufgebraucht. Zudem differenziere ich zwischen der Art des Vergehens und habe für all das, was üblicherweise unter „häuslicher Gewalt“ firmiert, keinerlei Verständnis. Ich weiß nicht, ob eine solche, doch überraschend hohe Wahl von Callaway das richtige Signal ist – auch im Hinblick auf Josh Gordon. Im Übrigen kann ich dieses „1st round label on-field“ nicht vollumfänglich teilen. Callaway ist ein sehr talentierter Deep Threat, der überraschend nuanciert seine Routen läuft und dadurch oftmals Separation generiert, aber in anderen Bereichen seines Spiels (Hände, vs. Press, Yards after Catch) noch viel zu inkonstant. Ich hätte ihn auch in dieser WR Class, der es ein wenig an glasklarem 1st round Talent gemangelt hat, so weit oben nicht eingeordnet.
Genard Avery ist aus meiner Sicht einer der interessantesten Prospects der mittleren Runden. Ich habe ihn hier ausführlich beleuchtet, daher möchte ich jetzt nicht alles wiederholen. Ein Schweizer Taschenmesser, das alle möglichen LB-Positionen spielen kann (von MLB bis Edgerusher), dem es aber in jedem Bereich an mindestens einem entscheidenden Trait fehlt. Körperlich projectet er am ehesten als ILB, von Talent und Technik her als Edgerusher (was er aufgrund seiner körperlichen Limitationen, insb. Größe und Armlänge, in der NFL nicht full-time spielen wird), vom Spielverständnis her als Off-Ball OLB. Avery besticht durch spektakuläre Athletik und hat immer wieder Plays drin, die außer ihm höchstens zwei weitere Linebacker dieser Klasse machen können (unter dem obigen Link findet ihr ein paar davon), man muss ihn halt nur gewinnbringend einsetzen können. Hier wird insbesondere DC Williams gefragt sein: Wenn man keine Position für ihn kreiert, wird er vielleicht zwei Jahre Special Teams spielen und dann raus aus der Liga sein. Mit etwas Kreativität wäre jedoch so viel mehr drin. Bin extrem gespannt, inwieweit sich sein Spiel auf die NFL übertragen lässt.
Der Pick von WR Damion Ratley hat viele überrascht, allerdings hatte sich in den zwei Wochen vor der Draft ein gewisser Rise angedeutet. Ratley ist so ein typisches athletisches Project, das für die later Rounds attraktiv erscheint. Hervorragende Kombination aus Größe (6’2) und Speed (unter 4.40 beim Pro Day), dazu eine passable Quickness und top Sprungkraft. War die Deep Threat-Ergänzung zu Christian Kirks Passfängen aus dem Slot und underneath, machte pro Catch erstaunliche 23,1 Yards. Sicherlich noch etwas unfertig, hatte 2017 allerdings auch nicht die einfachste QB-Situation bei den Aggies mit zwei völlig unerfahrenen Spielern, von denen sich der bessere Passer (Nick Starkel) zu Saisonbeginn verletzte, weshalb die Offense für den dual-threat Kellen Mond entsprechend umgestaltet wurde. Klassischer 6th round Pick, wenngleich auf einer Position, auf der sich schon so einige Spieler tummeln. Hier könnte es im Training Camp Hauen und Stechen geben.
Zum letzten Browns-Pick, DB Simeon Thomas, kann ich gar nichts sagen. Ich habe insbesondere die Cornerbacks bis in die letzten Sleeper-Tiefen gescoutet und dennoch war mir dieser Prospect vollkommen unbekannt. Height-Weight-Speed-Project, bei 6‘3 wahrscheinlich eher als Safety angedacht? Scheint sowohl akademische als auch off-field Probleme zu haben, allein aus dem Grund hätte ich hier wohl einen anderen Sleeper gewählt. Aber wie gesagt, ich kann ihn nicht beurteilen, von daher muss ich hier nicht die Einschätzungen anderer Seiten reinkopieren. Safety-Depth war wohl noch ein zu füllendes Need.
Und um noch kurz ein paar Worte zu den UDFAs zu verlieren: Hier waren die Browns offensichtlich vor allem an weiterer Konkurrenz für die Lines interessiert: OT Desmond Harrison galt eigentlich als Draftpick, aber der Mix aus Alter (wird dieses Jahr noch 25), Unerfahrenheit (zwei Jahre kein Football, letztes Jahr bei West Georgia in der Division II), Character Concerns und Verletzungsgeschichte erwies sich wohl als zu toxisch. Die Kombination aus Size, Athletik und Power/Nastiness ist dennoch äußerst lecker. // Georgias DT Trenton Thompson wurde teilweise sogar in den mittleren Runden erwartet, dies wurde wohl vor allem aufgrund seiner langen Verletzungsgeschichte verunmöglicht. Kleinerer DL, der in der Bulldogs 3-4 Defense 5-tech DE gespielt hat, bei den Pros eher als 3-tech gesehen wird. Gewinnt eher mit Power als mit Speed oder Quickness. // DT Zaycoven Henderson ist noch kompakter gebaut (6’1, 298) und ein klassischer undersized 3-tech Prospect: vernünftige Athletik, aber auch eher über Punch und Bullrush kommend. Character Concerns. // OL Erick Wren war der Center von Baker Mayfield im College und ist allein deshalb schon eine Erwähnung wert. // LB D.J. Calhoun könnte überraschen, gefiel mir in einigen Spielen besser als sein wesentlich höher gehandelter LB-Kollege Christian Sam. Prototypische LB-Maße, auf den ersten Metern vernünftige Athletik, guter Blitzer und vor allem sehr sicherer Tackler. Solche Prospects haben gerne mal einen Shot auf das Roster oder die Practice Squad.

Fazit: Letztlich steht und fällt alles mit Baker Mayfield. Ist er der Franchise-QB, den die Browns so lange gesucht haben, wird man über diese Draft künftig positiv reden – selbst wenn sich viele andere Spieler als Fehlgriffe erweisen sollten. Denzel Ward wird wohl eine gewisse Zeit mit Bradley Chubb quasi im Fernduell gemessen werden. Ich denke weiterhin, dass man gerade aus dem zweiten Tag etwas mehr rausholen hätte können (gerade in Anbetracht des geplanten, aber doch unsicheren Geshuffle in der O-Line). Die late Round Flyer sind okay, persönlich hätte ich mir hier eine etwas cleanere Draft gewünscht, was die Off-Field-Incidents angeht. Aber sowas ist wie immer Geschmackssache.

 

Auch hier zunächst die gesamten Panthers-Picks für den Überblick:
1 (24) WR D.J. Moore, Maryland
2 (55) CB Donte Jackson, LSU
3 (85) DB Rashaan Gaulden, Tennessee
4 (101) TE Ian Thomas, Indiana
4 (136) DE Marquis Haynes, Ole Miss
5 (161) LB Jermaine Carter, Maryland
7 (234) LB Andre Smith, UNC
7 (242) DT Kendrick Norton, Miami (Fl)

Der erste und dritte Tag gefallen mir tendenziell besser als der zweite. Interessant finde ich, dass weder O-Line noch RB adressiert wurden, nicht einmal mit einem der späteren Picks. Aber der Reihe nach:
Wie ich schon ausführte, hätte die erste Runde für die Panthers kaum besser laufen können. An #24 sind noch alle Receiver, das wohl wichtigste Need, auf dem Board, so dass die Panthers ihre Nummer eins wählen können. Die Zukunft wird zeigen, ob D.J. Moore die richtige Wahl gegenüber Calvin Ridley oder etwa Courtland Sutton war. Ich hätte mich wohl ebenso wie die Panthers entschieden, weil Moore (bei etwas niedrigerem Floor) ein höheres Ceiling aufweist als Ridley. Die Kombination aus Deep Speed, Sprungkraft und Körperkontrolle auf der einen Seite und den herausragenden Yards after Catch-Skills auf der anderen Seite verspricht einen sofortigen Impact – gerade für eine vertikale Norv-Turner-Offense. Wenn er die Body Catches und Konzentrationsdrops reduziert, wird er in der ersten Saison bereits eine beträchtliche Rolle spielen. Hoffentlich wird er mit genügend WR Screens gefüttert.
Am zweiten Tag sind die Panthers aus meiner Sicht etwas zu sehr im Needmodus verharrt. CB Donte Jackson ist ein herausragender Athlet mit Weltklasse-Speed und ähnlich guter Quickness. Technisch wirkt er sauber (Backpedal, Transition), toller short-area Burst, jedoch muss er noch geduldiger werden und seiner Athletik mehr vertrauen als den Moves der WR (öffnet seine Hüften zu früh, teilweise zu sehr am spekulieren). Aufgrund seines dürren Körperbaus (5’10, 178), der sehr geringen Armlänge (29 ½) und der fehlenden Kraft sehe ich ihn in der NFL als Slot CB only.
Der zweite Pick des zweiten Tages verstärkte ebenfalls das Defensive Backfield mit Tennessees vielseitigem Rashaan Gaulden. Gaulden besetzte bei den Vols zumeist die Nickelback-Position, hat allerdings auch außen gespielt und projectet zudem als Safety. GM Marty Hurney deutete an, dass dies wohl seine erste Position werden wird. Gaulden hat sehr langsam getestet, wirkt auf dem Spielfeld zwar schneller, aber die Frage bleibt, ob sein Speed für die CB-Position ausreicht. Aktiver, aggressiver Typ, der wesentlich physischer spielt, als sein Körperbau (6’1, 197) nahelegt. Guter Tackler auch nahe der Line of Scrimmage. Von daher sicherlich ein interessanter Safety-Prospect, insgesamt war mir das nur ein kleines bisschen zu viel Projection (gerade in Anbetracht der fraglichen Athletik und der recht geringen Production) und Prevent Picking. Möglicherweise hat der Mangel an echten Free Safeties bei der Entscheidung pro Gaulden eine größere Rolle gespielt.
Bei ihrem zweiten 3rd round pick entschieden sich die Panthers zu einem Downtrade in den dritten Tag hinein und wählten dort Indianas TE Ian Thomas. Thomas hat eine schwere Kindheit hinter sich (beide Eltern starben und er musste mit seinen sieben Geschwistern immer wieder umziehen). Wegen akademischer Probleme zunächst zwei Jahre Junior College, bevor er das Offer von Indiana annahm. 1 year starter, von daher noch recht roh und mit wenig Erfahrung, seine Athletik wirkt sehr vielversprechend. Prototypische Größe (6’4, 260), bewegt sich sehr flüssig, hat sichere Hände. Im Gegensatz zu anderen rohen TEs wirkt sein Blocking okay und vor allem ausbaufähig (starke Hände, guter Drive, genug Kraft), könnte sich also perspektivisch zu einem starting Inline-TE entwickeln. Die deutlichen Steigerungen im Laufe der letzten Saison geben Anlass zur Hoffnung. Für mich an dieser Stelle ein starker Pick. Braucht wohl noch etwas Zeit, aber zum einen ist die Depth hinter Greg Olsen fragwürdig, zum anderen steht ja irgendwann seine Nachfolge an.
Den durch den Downtrade gewonnenen 5th round pick setzten die Panthers zusammen mit ihrem 6th round pick sofort wieder ein, um zurück in die vierte Runde zu kommen und dort DE Marquis Haynes zu picken. Ich hätte Haynes eher in einer 3-4 Defense erwartet, da ich ihn mir nicht recht als Off-Ball OLB vorstellen kann. Vielleicht ist er ja wirklich ’nur‘ als Passrush-Specialist für 3rd downs vorgesehen – eine Rolle vergleichbar mit der von Mario Addison zu Beginn seiner Karriere. Haynes ist für einen DE in jeder Hinsicht deutlich undersized (6’2, 235), aber sehr explosiv. Hervorragender 1st step, toller Burst around the Edge, ein klassischer Speedrusher eben. Tacklet sicher und vergleichsweise hart. Guter Backside Pursuit bei Runs oder Rollouts weg von ihm. Wie man sich bei seiner Statur denken kann, ist seine Kraft für Run Defense / Edge Setting nicht ausreichend. Hat nur DE gespielt, daher keine Erfahrung in Coverage. Nettes Tool für eine Defense, ich weiß nur nicht, ob er mehr als ein 3rd down Passrusher sein wird. Wenn er darin gut wird, hat sich der Pick allerdings definitiv gelohnt.
Mit LB Jermaine Carter hat sicherlich kaum jemand gerechnet. Carter war einer meiner Deepest Sleeper, der mir unter der Saison mehrfach positiv aufgefallen ist (unter anderem gegen Texas), aber wirklich auf keiner einzigen Seite als potenzieller Draftpick erwartet wurde. Umso schöner, dass die Panthers ihn ähnlich hoch einschätzten wie ich. Im Ernst, Carter ist als ILB angegeben, wird jedoch sicherlich eher Konkurrenz und Depth auf der WLB-Position darstellen. Undersized LB mit sehr guten Instinkten, der Blocks gut umgehen und wiederholt Plays im Backfield machen kann. Spieler dieser Region müssen sich eh zuallererst in den Special Teams beweisen.
LB Andre Smith hatte ich im Rahmen meiner Beschäftigung mit den ILBs bereits vorgestellt. Ganz anderer Typ als Carter: ein Thumper in der Mitte mit wirklich harten Tackles, aber weder die Athletik bzw. lateral Mobility für eine Sideline-Range noch die Coverage-Skills für 3rd down Aufgaben. Fiel die letzte Saison fast komplett aus, zeigte 2016 starke Leistungen in der Mitte der Tar Heels Defense. Für Ende der 7th eine gute Wahl.
Ein paar Picks später sammelten sich die Panthers dann noch den fallenden DT Kendrick Norton ein: kräftiger, schwerer 1-tech, der sich eventuell den Backup-Spot hinter Dontari Poe erkämpfen könnte. Kein Spieler, der besonders viele Plays macht, aber einer, der den Linebackers hinter sich Plays ermöglicht, weil er vorne zwei Blocker okkupiert. Ende der 7th sicherlich ein Valuepick – selbst wenn solche tendenziell eindimensionalen NTs nicht mehr ganz so hoch im Kurs stehen. Norton wurde übrigens im letzten Jahr durch folgenden Move ein wenig bekannter:

Auch hier noch kurz der Blick auf einige UDFAs, wenngleich die Liste insgesamt nicht übermäßig prominent erscheint. Die Panthers konnten sich zwei der etwas höher gerankten interior O-Liner sichern: Penn States Brendan Mahon ist ein vielseitiger Liner, der bis auf Center alle Positionen in der Lions-Line gespielt hat. Dürfte in der NFL wohl als OG vorgesehen sein. Verletzungsprobleme, ansonsten solides Tape. // Clemsons OG Taylor Hearn ist ein kräftiger Mauler, dem ein wenig die Athletik abgeht. Passt vom Typ her ins Anforderungsprofil der Panthers OL. // QB Kyle Allen war einer der höchsten Recruits aus der Highschool, aber konnte sich weder bei Texas A&M noch bei Houston nachhaltig durchsetzen. Physisches Talent vorhanden, realisiert sich bisher nicht auf dem Feld. // RB Reggie Bonnafon war Louisvilles starting QB vor Lamar Jackson, pendelte in den letzten zwei Saisons zwischen WR und RB. Hat mich als RB nicht wirklich überzeugt.

Fazit: Größtenteils mag ich die Prospects, die die Panthers ausgewählt haben. Ich hätte am zweiten Tag weniger needbasiert gepickt – insbesondere, nachdem man am ersten das größte Need nach eigenem Wunsch bedienen konnte – aber gerade Jackson könnte bald auf dem Feld zu finden sein (evtl. Battle mit Corn Elder um den Nickelback-Spot?). Die Picks des dritten Tages kann ich allesamt nachvollziehen, teilweise sind sie strategisch klug gewählt (Ian Thomas als eventueller Nachfolger von Olsen), dennoch bleibt die Frage, warum man sich nicht mehr Konkurrenz für die OL- und RB-Positionen geholt hat. Anscheinend plant man Taylor Moton als OG ein (nachdem sich Darryl Williams den RT-Spot mit sehr guten Leistungen gesichert hat), zudem scheint man RB Cameron Artis-Payne auf einmal mehr Vertrauen entgegenzubringen als in den gesamten vergangenen Jahren zusammen. Insgesamt nach aktuellem Stand für mich eine gute, etwas unterschätzte Draft.

 

Ich bin mit dem Begriff Steal etwas vorsichtiger, weil der einem in zweidrei Jahren gerne mal ziemlich um die Ohren fliegen kann, aber sagen wir mal so: Für mich hat Jamarco Jones an dieser Stelle großes Value gehabt. Richtig großes sogar. Jones ist einer von zwei weniger athletischen OTs, die in dieser Draft tiefer als erwartet gefallen sind (der andere ist Oregons Tyrell Crosby, da spielten wohl medizinische Fragezeichen eine zusätzliche Rolle). Hatte das ja nach dem zweiten Drafttag schon kurz angedeutet: Viele Teams haben in den frühen bis mittleren Runden eher die athletischen Projekte bevorzugt, die ein höheres Ceiling versprechen. Jones ist gewissermaßen das Gegenteil davon: athletisch limitiert, dazu nicht einmal mit besonders viel Runblock Power ausgestattet (wie bspw. Orlando Brown), aber wie heißt es so schön: He gets the job done. Das sieht oft weder ästhetisch noch dynamisch besonders ansprechend aus, aber er gewinnt seine Reps halt mit großer Regelmäßigkeit. Er hat eine sehr ungewöhnliche Passblock-Technik, da er aus dem Stance kommend nicht einen üblichen seitlichen Kick-Slide wählt, sondern seinen Körper sehr schnell quasi in einen rechten Winkel zur Line of Scrimmage bringt. Das verschafft ihm Vorteile beim ‚Mirroring‘ des DEs, auch aufgrund seiner wide Base und seiner guten Balance, aber macht ihn tendenziell anfälliger für Counter Moves inside (was allerdings nicht oft vorgekommen ist). Jones ist ein Techniker, der mit guter Leverage (insbesondere im Running Game) spielt, hat jedoch wohl nicht das ganze große Potenzial. Nur ist mir ein solcher Spieler, den man als Swing Tackle einsetzen kann und der sich im Idealfall zu einem passablen Starter entwickeln könnte, oftmals lieber als dieses andauernde Project Picking, bei dem mit ganz geringer Wahrscheinlichkeit ein Topspieler rauskommt und eben mit wesentlich größerer Wahrscheinlichkeit ein komplett verschwendeter Pick.

Insgesamt macht es mir für die Seahawks Hoffnung, dass sie nicht mehr so sklavisch nur an rohen, sehr athletischen Linern interessiert sind, welche die Zeit von Tom Cable als OL-Coach doch ziemlich dominiert haben. In diesem Zusammenhang ist auch die Verpflichtung eines der (auf dem Papier) besten UDFA-Liners, Idaho States OG Skyler Phillips, zu beachten: ein Prospect, der eher mit roher Kraft und einem guten initial Punch als mit überragender Beweglichkeit aufwartet.

Zu Michael Dickson kann ich ebenfalls nur gratulieren. Ich weiß, dass Punter und Kicker keine übermäßig sexy Draftpicks sind. Persönlich bin ich nach vielen schlechten Erfahrungen und Fehleinschätzungen der Meinung, dass man Kicker nicht draften sollte. Bei denen spielen so viele zusätzliche Faktoren rein als das reine Talent. Oftmals entscheidet die Psyche über eine erfolgreiche oder erfolglose NFL-Karriere, wie man an einem der besten College-Kicker der letzten Jahre, Roberto Aguayo, gesehen hat. Insofern halse ich Kickern ungern eine zusätzliche Bürde (bzw. einen zusätzlichen Druck) durch einen – möglicherweise auch noch hohen – Draftpick auf. Kicker sind schlicht zu sensibel.
Bei Puntern sieht das ganze für mich anders aus, da diese in der Regel besser planbar agieren. Und obwohl ich in den letzten Jahren ein großer Fan von Alabamas J.K. Scott war, hat mich 2017 kein Punter so begeistert wie Michael Dickson von Texas. Er muss für die NFL noch ein wenig an seiner Punting-Technik arbeiten (als Australier besitzt er immer noch Anleihen dieses typischen Rugby-Punt-Stils), aber er hat in einer solchen Regelmäßigkeit Bomben rausgehauen, wie ich es glaube ich noch nie erlebt habe. Im Texas Bowl gegen Missouri wurde er zum MVP des Spiels gewählt, nachdem er 10 seiner 11 Punts innerhalb der gegnerischen 15-Yard-Linie unterbrachte (davon 4 innerhalb der gegnerischen 5-Yard-Line und keinen Touchback), so dass die Tigers immer wieder gezwungen waren, weite Wege für Punkte zurückzulegen. Auch in der regulären Saison hatte er einige absolute Top-Leistungen, aus meiner Sicht keine besser als die gegen das offensive Powerhouse Oklahoma State: drei Punts über 60 Yards, fünf innerhalb der gegnerischen 20-Yard-Line. Neben der hervorragenden Longhorns-Defense war er ein wesentlicher Garant dafür, dass das Spiel mit 10-10 in die Overtime ging. Seine Saison-Statistiken sind eh absolut beeindruckend: in jedem Spiel mindestens ein 50-Yard-Punt, in sieben der 13 Saisonspiele mindestens ein Punt über 60 Yards.
So komisch das klingt: Dickson ist eine zusätzliche Waffe für die Defensive. Ich glaube übrigens nicht einmal zwangsläufig, dass seine Draft unbedingt etwas mit der (etwas nachlassenden) Leistung von Jon Ryan zu tun hatte. Hört mal rein, wie GM John Schneider und HC Pete Carroll auf der Pressekonferenz von einem Punter (!) schwärmen. Dickson ist unique, und möglicherweise hat die NFL so etwas noch nicht gesehen. Für mich ein wirklich hervorragender Pick an dieser Stelle.

 

Ich würde es nicht einmal ausschließen – was weniger mit dem Talent von Tanner Lee als mit dem QB Room der Jaguars zusammenhängt. Dort tummeln sich neben Blake Bortles nur noch Cody Kessler und eben Lee. Ich erwarte zwar, dass sie noch einen weiteren Camp Arm verpflichten (vielleicht ja auch einen erfahreneren), so oder so dürfte die QB Depth der Jaguars zu den allerschwächsten der Liga gehören. Von daher hängen Lees Chancen auf einen 53er Rosterspot neben annehmbaren Leistungen im Training Camp und in der Preseason vor allem davon ab, ob die Jaguars zwei oder drei QBs auf dem Roster behalten wollen.
Lee hat zwar prototypische QB Size (6’4, 220) und einen starken Arm, aber ist eine Pocket-Statue, die beim kleinsten Druck seine eigentlich vernünftigen Throwing Mechanics über Bord wirft und teilweise komplett vogelwild agiert. In seiner einzigen Saison bei Nebraska nach seinem Transfer von Tulane resultierten daraus jede Menge ungenaue Würfe (nur 57,5% Completion Percentage) sowie immer wieder sehr fragwürdige Entscheidungen (16 INTs). So ganz verstehe ich nicht, warum sich Teams immer wieder in starke Arme mit wenig drumherum verlieben. Es war zwar nur die sechste Runde, dennoch waren noch einige Quarterbacks verfügbar, die meiner Ansicht nach deutlich mehr Spielverständnis mitbringen. Immerhin hat Lee den Streak von Nebraska-Draftpicks am Leben erhalten, insofern darf er mich gerne eines Besseren belehren.
Nachtrag: Nun haben die Jaguars tatsächlich noch einen Camp Arm verpflichtet, wenngleich eher aus der niedrigpreisigen Kategorie: Malik Zaire, undersized dual-threat Quarterback von Notre Dame und später Florida. Ursprünglich hielt ich ihn für ein großes Talent, aber nach seinem Knöchelbruch (durch den der den Starterposten bei Notre Dame an DeShone Kizer verlor) ist er nie wieder so richtig auf die Beine gekommen. Seine Graduate Transfer-Saison bei Florida war zum Vergessen: Erst verlor er den Kampf um den Starterposten gegen Feleipe Franks, und nachdem dieser nicht überzeugte, unterbot Zaire bei seinen wenigen Chancen dessen Leistungen noch (insg. 57% Completion Percentage, 0 TDs, 1 INT). Von daher darf er sich schon glücklich schätzen, überhaupt einen UDFA-Vertrag ergattert zu haben.

 

derMadiin:

Als Fan der Patriots interessiert mich deine Einschätzung zum gedrafteten QB Danny Etling. Ich habe LSU die letzten Jahre nicht wirklich intensiv verfolgt, daher finde ich es schwierig zu beurteilen, ob Belichick evtl. glaubt hier einen Sleeper in ihm zu erkennen oder ob der Junge nur ein „Platzhalter“ sein könnte?
Seine College-Stats sind ja ähnlich wie bei Brady damals wirklich wenig beeindruckend. Oder ist das dem lauflastigen Spiel LSUs zuzuschreiben?
Mit anderen Worten: Kann der was?

Puh, ich sags ganz ehrlich: Ich habe den Pick von Danny Etling überhaupt nicht verstanden, wie man auch an meiner Reaktion (sowie der von Christian von derdraft.de) in der Live-Coverage merken konnte. Es waren – nicht nur aus meiner Sicht – doch noch einige deutlich höher gerankte QBs auf dem Board. Etling ist nach zwei mäßigen Jahren bei Purdue zu LSU transferiert und hat sich dort für viele überraschend beide Jahre den Starterposten erkämpft. Seine Stats der letzten Saison lesen sich durchaus gut (60% Completion Percentage, 16 TDs, nur 2 INTs), verdecken aber, wie konservativ LSU in der Offense vorgegangen ist – selbst mit einem so kreativen Offensivcoach wie dem 2017 verpflichteten OC Matt Canada. Laufspiel mit Derrius Guice, Laufspiel mit dessen Backup Darrel Williams und harte Defense lautete das Credo. Etling konnte dadurch halbwegs gewinnbringend eingesetzt werden: Man versuchte ihn wenig in reine Passing Downs zu zwingen, überraschte mit teilweise gut getimeten Playaction-Momenten und ließ ihn wenig Fehler machen. Letztlich war die Offense insbesondere wegen ihm extrem limitiert, was man immer dann merkte, wenn er bei einem Rückstand verstärkt gefragt war. Das 2017er Duell gegen Alabama war da das beste Beispiel: Trotz Rückstand und immer weniger Zeit auf der Uhr öffnete man das Playbook nie so ganz.
Etling hat gute Armstärke, aber keine besondere Genauigkeit in den Würfen. Vor allem finde ich seine Pocket Presence desaströs: Er hat kein Gefühl für ankommenden Rush, steppt zu selten bei Outside Pressure in die Pocket und begibt sich auf diese Weise unnötig in eine schlechte Position, etwa mit tiefen Rollouts o.ä. Er entscheidet sich oft zu zögerlich oder zu spät (vielleicht, um Turnover um jeden Preis zu vermeiden?). Immerhin ist er athletischer, als viele vermuten, verwendet dies in Sachen Pocket Movement und Footwork jedoch zu selten zu seinem Vorteil.
Aber gut, irgendwas wird Belichick in ihm sehen, sonst hätte er ihn nicht gepickt. Nur hält der Vergleich von Etling mit dem College-Brady auch ohne heutiges Wissen nicht stand. Brady hatte eine riesige Konkurrenz auf der QB-Position (zunächst vor allem Brian Griese, später der hochgehypte Highschool-Star Drew Henson), setzte sich letztlich durch und zeigte gerade in seiner letzten Saison einige Gamer-Qualitäten. Kein wirklicher Star-QB im College, aber deutlich mehr Differencemaker als eben ein Danny Etling. Wer sich hiervon überzeugen will, dem empfehle ich den spektakulären Orange Bowl 2000 zwischen Michigan und Alabama:

 

Badger:

Ich habe dich schon in einem anderen Forum über deine Meinung nach Oren Burks gefragt, dann verschiebe ich das einfach mal nach hier.
Er scheint ein athletischen LB zu sein, der sideline to sideline RB’s und TE’s Covern kann. Ich habe schon gelesen das er etwas unter dem Radar geflogen ist weil er erst Safety, Linebacker und auch Edge gespielt hat, und deswegen seine stats nicht sonderlich gut aussehen. Da ich die Commodores überhaupt nicht verfolgt habe ist er ein völlig unbeschriebenes Blatt für mich.
Kannst du was dazu sagen?

Wie du schon korrekterweise schriebst, hat Oren Burks eine Menge verschiedener Positionen gespielt und ist entsprechend erfahren: erst zwei Jahre als Free Safety, dann ein Jahr in einer S/Nickel/LB-Hybrid-Position (zumeist Star genannt) und in der letzten Saison dann der Wechsel auf full-time ILB, wenngleich er ab und an auch outside eingesetzt wurde. Burks ist extrem athletisch, nicht nur schnell, sondern quick und wendig (wie seine hervorragenden Combine-Zahlen untermauerten, sieht man aber auch auf dem Feld). Ich habe mich für deine Frage nun noch einmal genauer mit ihm beschäftigt und bin leider ähnlich skeptisch geblieben wie bei meiner ersten Sichtung. Ich tue mich weiterhin sehr schwer, ihn als NFL-ILB zu projecten, da er wirklich extrem leicht aus dem Play zu blocken ist, selbst von TEs und sogar WRs. Er geht in traffic verloren (wie heißt es so schön: „swallowed up“), hier zeigen sich leider immer wieder große Fragezeichen bezüglich seiner Play Strength. Das Tackling gefällt mir ebenfalls nicht wirklich, teilweise wird er von kräftigeren Runnern meterweit mitgezogen. Tackles ab und an auch zu hoch angesetzt. Dazu immer wieder eine schlechte Positionierung zum Runner (gerade bei Outside und Offtackle Runs), nimmt zu oft falsche Schritte.  Teilweise agiert er im prevent mode, wenn er die Lane nach außen dicht macht und den Runner in die Mitte zurück zwingt, verpasst dadurch aber den einen oder anderen Tackle. Im Block sind seine Augen zu wenig auf den Ballträger gerichtet, der direkt an ihm vorbeilaufen konnte.
All diese negativen Sätze sollen nicht bedeuten, dass ich keine Verwendung von Burks bei den Pros sehe – mal ganz davon abgesehen, dass wir hier ja nicht von fertigen Spielern reden, die sich selbstredend in einigen ihrer Schwächen noch deutlich steigern können. Gerade Burks gilt als sehr intelligent und lernfähig, von daher sollte man auf vorschnelle Urteile verzichten. Grundsätzlich agiert er auf dem Feld durchaus instinktiv und überzeugt mit schnellen Reaktionen auf die Play-Entwicklung, insbesondere in space. Er hat einigen lateral Speed, kommt also schnell an die jeweilige Sideline. Besonders seine Vielseitigkeit bei Passing Downs überzeugt: wurde als QB Spy eingesetzt, überzeugt jedoch vor allem in Coverage – und zwar nicht nur Zone, sondern durchaus auch Man. Er übernahm die RBs aus dem Backfield, wurde gegen TEs eingesetzt und teilweise sogar als Slot CB und bewies selbst hier seine für einen Linebacker erstaunliche Quickness. Selbst bei tiefen Routes wirkte seine Coverage sehr flüssig.

Ich denke, dass er (neben den obligatorischen Special Teams) zunächst an eine Position als Nickel-LB herangeführt werden wird. Mal zwei Plays herausgegriffen, die sein Einsatzgebiet ganz gut umreißen: Hier (eingekreist) fällt er nicht auf die Play Action rein, verteidigt eine Art Wheel Route des nach Play Design als Vorblocker konzipierten RBs, offenbar der erste Read dieses Passspielzugs, und nimmt ihn komplett aus dem Spiel:

Und hier (oberer Bildrand) ist er an der Goal Line outside gegen den hünenhaften 6’6 TE Ethan Wolf aufgestellt und an der Incompletion beteiligt (dreht sich zwar nicht zum Ball, lässt aber null Separation zu):

Ich schrieb ja schon in meinem Rückblick des zweiten Drafttages, dass athletische Coverage-LB noch einmal mehr als sowieso schon an Bedeutung gewonnen haben. Bei diesen nimmt man einige Schwächen in der Physis bewusst in Kauf, weil die überathletischen TEs einfach eine so prominente Rolle im Passspiel vieler Teams ausmachen. Auch wenn solche Sätze eher nach Role Player klingen: Hält Burks in diesem Punkt das, was er verspricht, reden wir in ein paar Jahren wesentlich positiver über den Pick.

 

Nach der Draft ist vor der Draft!

Wirft die Draft 2019 schon ihren Schatten voraus? Nicht so ganz – zumindest nicht, was diesen Blog betrifft. Hier wird es nach einer wohlverdienten Sommerpause zunächst mal wieder vor allem um College Football gehen. Dennoch sei mir ein kleiner Ausblick gestattet. Wenn sich nichts grundlegend ändert, werden wir eine der stärksten DL-Klassen der jüngeren Zeit erleben. Viele reden ja schon jetzt von Ohio States DE Nick Bosa und Houstons DT Ed Oliver, die nach aktuellem Stand als Top 10 oder sogar Top 5 Player gelten. Aber diese beiden Positionen sind auch danach ultratief besetzt: Auf DE etwa Clemsons Clelin Ferrell und Austin Bryant, Michigans Rashan Gary, Boston Colleges Zach Allen (der Bookend von Harold Landry), Miamis Joe Jackson oder Mississippi States Montez Sweat. Auf DT siehts fast noch besser aus: Clemsons Christian Wilkins und Dexter Lawrence, Auburns Dontavius Russell und Derrick Brown, Alabamas Raekwon Davis, Ohio States Dre’Mont Jones, dazu Mississippi States stark unterschätzter Jeffery Simmons (leider mit massiven Character Concerns). Und das sind nur die DL-Prospects der großen Programmen, Spieler wie Louisiana Techs kräftiger DE Jaylon Ferguson oder Northern Illinois undersized Speed Demon Sutton Smith und viele weitere könnten da ebenfalls noch reinrutschen.

Auch die WR-Klasse schätze ich als hochinteressant ein, wenngleich da persönliche Präferenzen eine Rolle spielen mögen. A.J. Brown von Ole Miss, Arizona States Hüne N’Keal Harry, Miamis Speedster Ahmmon Richards und South Carolinas Deebo Samuel, beide mit verschenkten 2017er Saisons, Samuels noch sehr unterschätzter Teamkollege Bryan Edwards, der noch rohe, aber extrem talentierte Juwan Johnson von Penn State und ein paar Geheimtipps wie NC States Kelvin Harmon und Iowa States Hakeem Butler fallen mir da spontan ein. Zudem haben meine beiden Teams jeweils eine Chance auf einen höheren Draftpick: Nebraskas Stanley Morgan Jr. und insbesondere Buffalos Anthony Johnson, der sich im Laufe der kommenden Saison zu einem absoluten Top-Pick entwickeln könnte.

Beim Schreiben dieser Zeilen merke ich vor allem eine große Lust auf die kommende Saison, die gerade für die Huskers und die Bulls so spannend sein könnte wie schon länger nicht mehr. Aber das werde ich zu einer anderen Zeit ausführen…

8 Gedanken zu „Die Draft-Rückschau: Trends, Teamstrategien, UDFAs, Q&A-Massaker sowie ein Ausblick auf 2019

Hinterlasse einen Kommentar