Top Prospects 2019: D-Line und EDGE (II)

Hier nun der zweite Teil des Beitrags mit weiteren großen Talenten für die D-Line und EDGE. Ich bin neulich zufällig über mein letztjähriges Draft-Recap gestolpert, in dem ich einen kurzen Ausblick auf die aktuelle Draft wage und ein paar der aus damaliger Perspektive attraktivsten Spieler nenne (ganz unten). Sehr interessant, wie eine – bzw. zwei – solch tiefer Klassen durch den kometenhaften Aufstieg des damals kaum beachteten Quinnen Williams noch ganz on-top bereichert wird und einige andere Talente ebenfalls noch ins Rampenlicht schießen.
Nun erstmal weiter mit einem schon lange bekannten DE:

 

DE Clelin Ferrell, Clemson (6’4, 264, Arms 34 1/8, Hands 10 1/2)
(Shuttle: 4.4 // Cone: 7.26 // Bench: 25)

(Notizen Saison 2017  // Saison 2018)

Ferrell nahm im ersten Jahr bei Clemson verletzungsbedingt ein Redshirt und überzeugte in den nächsten drei Saisons mit hervorragender Leistung und Production. Ich habe mich spätestens im National Championship Game seiner Freshman Saison (2016) in ihn verguckt, als er Alabamas LT Cam Robinson riesige Probleme bereitete, bis er sich leider früh verletzte. Dass er (wie Christian Wilkins, s.u.) für seine redshirt Junior Season 2018 zurückkehrte, überraschte doch sehr, zumal er ja schon zuvor eine National Championship gewinnen konnte. Doch hat es sich in eigentlich jeder Hinsicht gelohnt: Clemsons D-Line war neben QB Trevor Lawrence der Schlüssel für die Demontage eines der besten Alabama-Teams ever – und nebenbei hat sich Ferrell in einszwei Bereichen noch einmal weiterentwickelt. 38 TFL und 21 Sacks in den letzten zwei Jahren sprechen auch statistisch eine deutliche Sprache.

Zunächst muss ich mit einem beliebten Irrtum aufräumen: Sein Getoff aus dem 3-point stance finde ich deutlich besser als oft geschrieben. Habe mir vor einigen Tagen noch einmal drei Spiele nur daraufhin angeschaut und Stills im Moment nach dem Snap gemacht. Getoff und first Step sind sogar richtig stark. Wenn, dann zeigt sich die minimal fehlende Athletik eher in den nächsten zweidrei Schritten (kein exzellenter Burst), so dass er aus dem Getoff zu wenig Kapital schlägt.
Zwischen Getoff, Athletik und Bend bestehen nicht immer enge Korrelationen: Ferrell ist sicherlich nicht der körperflexibelste DE, sein Bend ist höchstens okay. Er gewinnt eben nicht unbedingt mit dem mega-bended outside Speedrush. Hier kann er mit wenig Armeinsatz des OTs zu einem zu weiten Arc (also Radius) um den QB herum bewegt werden – sicherlich sein größtes Passrush-Manko. Die fehlende Beweglichkeit in Hüfte und Oberkörper macht sich hier bemerkbar. Change of Direction im Backfield eher durchschnittlich.

Doch wie gesagt: Ferrell gewinnt anders. Er verfügt nicht nur über einen großen Pool an Passrush Moves, er setzt diese auch sinnvoll ein: schöner Swim, nachdem er den OT auf den Außenfuß gestellt hat. Technisch extrem sound, insbesondere das Timing der Moves bzw. Placement der Hände ist absolut herausragend. Gerade aufs Timing achtet man bei der Analyse meist weniger, hier ists jedoch augenscheinlich. Er adjustet seinen Passrush Plan quasi „on the fly“ nach dem Passblock Set des O-Liners, inklusive Counter Moves. Wollte ja eigentlich keine Videoschnipsel verwenden, aber hier muss ich einmal:  nicht weil es ein spektakulärste Play ist, sondern weil es Ferrells technische Klasse so gut demonstriert:

Stellt Texas A&M LT Dan Moore mit seinem ersten Schritt auf dessen äußeren Fuß (der rechnet mit Outside Rush), dann der Inside Counter Chop Club: punktgenauer Chop des rechten Arms auf Moores Innenhand (bzw. eher Handgelenk), linke Hand mit dem Club der rechten Schulter des OTs, duckt sich vorbei, beendet das Play ohne Chance für QB Nick Starkel, geht dabei noch mit dem äußeren Arm um dessen Körper auf den Ball und schlägt ihn frei. Und Moore steht völlig verwirrt da und weiß immer noch nicht, wie ihm geschieht. Perfekt getimet, perfekt executet.

Ferrells Hands Usage ist IMO von allen Edge Rusher mit oder nach Bosa die beste. Arme sind immer in Bewegung, kein Play ist verfrüht zu Ende, notfalls versucht er auch noch den dritten oder vierten Move.
Ebenso stark: Der Bullrush. Hier setzt er seine langen Arme sehr gewinnbringend ein (hervorragende Arm Extension). Dies gilt ebenso für die Laufverteidigung: herausragender Edge Setter, hält outside Contain und den OT auf seiner Innenseite. Gutes Block-Shedding. Dabei hält er seine Augen gut im Backfield, insgesamt eine beeindruckende Hand-Eye-Body-Koordination. Vernünftiger Gap Shooter (bzw. eher Gap Slipper), vor allem gegen den Lauf.
Ferrell tacklet sehr sicher und bei Gelegenheit durchaus hart. Vernünftige körperliche Reichweite, setzt teilweise einen schönen Raubtiersprung an. Grundsätzlich vernünftige Angles, wobei ihm ab und an ein Runner entgleitet (wenngleich nicht häufiger als bei anderen Top-DEs). Effort insgesamt top.

Ferrell projectet vor allem als 4-3 DE. Er hat durchaus regelmäßig standup Rusher gespielt und in einigen Partien auch short Zone Coverage-Aufgaben übernommen und dabei nicht völlig verloren gewirkt, als regulären OLB sehe ich ihn aber doch weniger aufgrund der fraglichen Flexibilität.

Fazit: Top 15. Ferrell ist so ein wenig das Defense-Äquivalent von Jonah Williams: technisch variabel und herausragend, sehr rundes overall Game, athletisch aber mit einszwei kleineren Limitationen. Also: extrem hoher Floor, nicht das allerhöchste Ceiling. Da hängts halt vor allem vom jeweiligen Team ab, wieviel Risiko man nehmen will. Ich glaube nicht unbedingt, dass er ein Passrush Demon in der NFL wird, der jede Saison verlässlich 10-13 Sacks aufs Tableau zaubert, doch bringt er die technische Finesse, Länge und Spielintelligenz mit für eine sehr lange und erfolgreiche Karriere als Starter.

 

DE Montez Sweat, Mississippi State (6’6, 260, Arms 35 3/4, Hands 10 1/2)
(40: 4.41 // Shuttle: 4.29 // Cone: 7.00 // Bench: 21 // Vert: 36 // Broad: 125)

(Notizen Saison // Senior Bowl)

Montez Sweat begann seine Karriere bei Michigan State, wurde dort allerdings wegen einer nicht näher spezifizierten Violation of Team Rules aus dem Programm gekickt (soll seitdem sehr gereift sein). Nach einem Jahr JUCO hatte er zwei starke Saisons in der Bulldogs D-Line um Jeffery Simmons mit 10.5 und 12 Sacks, aber auffällig wenigen zusätzlichen TFLs (2018 außerhalb der Sacks nur 2.5).

Zunächst das Offensichtliche: Sweat ist ein Monsterathlet, der die Combine dominiert hat wie selten jemand. Mit 260 Pounds eine 40 time von 4.41 ist eigentlich nicht wirklich glaubhaft. Ich gebe gerne zu, dass ich während der letzten Saison ihn eher als eindimensionalen Passrush-Athleten wahrgenommen habe, musste diesen Eindruck nun jedoch partiell revidieren.

Sweat hat einen guten, aber keinen Extraklasse Getoff und Burst. Dafür einen überragenden Closing Speed, in dem man seine 40-Zeit mehr als erahnen kann. Wie heißt es so schön: Arrives in a hurry. Hat er einen freien Weg zum Quarterback, schlägts auch ein. Dabei agiert er mit seiner Athletik (im Gegensatz zu einigen anderen) nicht überaggressiv und overcommitet, sondern ziemlich kontrolliert beim Tackle.
Seine Körperflexibilität und sein Bending finde ich gar nicht so schlecht wie vermutet. Sicherlich nicht überragend, aber entfernt von wirklich stiff. Die Cone-Zeit ist eventuell ein Indikator, dass hier noch was möglich ist. Sein Outside Rush kann (insb. in Verbindung mit dem Rip Move) durchaus effektiv sein; was eher fehlt, ist der tiefe Shoulder Dip unter die Pads des OTs, hier etwas zu aufrecht. Für seine überragende Athletik gewinnt er zu selten Reps über außen. Manchmal leichte Balance-Probleme, wenn der OL einen ersten Shot oder Punch setzen kann. Wenn der QB in die Pocket steppt, ist er etwas zu wenig flexibel. Dies liegt IMO z.T. am nicht ganz idealen Körperbau mit seinen langen Beinen. Oberkörper ist wesentlich ausgereifter als lower Body. Hat zwar keine Streichholzbeine wie Brian Burns, aber für einen 260-Pounder doch etwas wenig Fleisch an den langen Schenkeln (dadurch Probleme mit schnellen Richtungswechseln und teilweise Leverage).

Sweat muss in den kommenden Jahren daran arbeiten, seine Passsrush-Moves nuancierter einzusetzen: Stutter Steps, Rush Disguise, insgesamt wäre ein größeres Repertoire an effektiven Moves wünschenswert. Ist jedoch nicht so, dass er hier ganz weit unten beginnt: hat bspw. einen effektiven Inside Counter beim Top of the Arc, also ein paar Yards im Backfield. Muss er häufiger einsetzen, gerade da die OTs bei ihm oftmals overcommitten aufgrund seines Speeds und seiner raumgreifenden ersten Schritte.

Sweat ist allerdings alles andere als ein eindimensionaler Passrusher: Hat einen ganz starken Punch, setzt seine ultralangen Arme und kräftigen Hände sehr gewinnbringend beim Edge-setting ein. Lässt sich selten nach hinten schieben. Block-shedding erinnert teilweise an Wrestling als an gut getimete Moves, ist aber nicht ineffektiv. Kann OL mit Power aus dem Weg drücken und sich separieren. Schöner Bullrush. Tacklet effektiv, doch kein besonders harter Hitter. Die Länge seiner Arme hilft enorm, hat eine große Reichweite innerhalb der Box. Findet den Ball, hat eine unterschätzte Play Recognition. Nur: Warum machte er dann so wenig TFL gegen den Lauf? Hier müsste aufgrund von Athletik und Technik wesentlich mehr herumkommen.
Was mich zudem begeistert hat: sein Effort. Hat eine beinahe ansteckende Physis. Hustle, hustle, hustle. Mit seinem Speed hat er eine gute Sideline-Präsenz.

Einige Fragezeichen bestehen wegen seines bei der Combine diagnostizierten Herzproblems, das allerdings nicht so gravierend sein soll wie letztes Jahr bei Mo Hurst. Kann ich natürlich nicht einschätzen.

Fazit: Top 20 mit einem höheren Ceiling. Projectet als 4-3 DE, den ich eher nicht auf OLB stellen würde. Sweat spielt variabler und nuancierter als gedacht, ist alles andere als ein reiner Athlet. Die entscheidende Evaluation wird sein: Kann er mit seinem Profil in der NFL outside gewinnen? Kann er in Sachen Fluidität noch zulegen (was allerdings eher selten vorkommt)? Der Medical Check wird ebenso entscheidend sein.

 

DE/DT Rashan Gary, Michigan (6’4, 277, Arms 34 1/8, Hands 9 5/8)
(40: 4.58 // Shuttle: 4.29 // Cone: 7.26 // Bench: 26 // Vert: 38 // Broad: 120)

(Notizen)

Gary war der absolute Top-Recruit in der 2016er Class, doch leider hat es in seiner College-Karriere trotz überragender Anlagen nie endgültig klick gemacht. Er wechselte in der 4-man front von Michigan öfter zwischen DE und DT umher, wobei er die meisten Plays doch von der DE-Position machte (in der zweiten Saisonhälfte 2018 sah er verletzungsbedingt dann etwas mehr Spielzeit als zuvor in der interior Line). Seine Statistiken fallen insgesamt gegenüber den anderen Top-DL doch deutlich ab (nur 18 TFL und 9 Sacks in den letzten beiden Saisons zusammen).

Gary ist für seine Maße ein Wahnsinns-Athlet mit überragenden Speed- und Explosion-Werten (ein 38er Vertical bei knapp 280 Pounds? Cmon).Dies kriegt er aufs Feld transferiert mit einem hervorragenden Getoff, first Step und Burst. Er setzt seine langen Arme gut ein, sowohl beim Bullrush als auch beim Block-shedding, hält sich gegnerische O-Liner so vom Leib. Starke Base, starke Contact Balance. Er hat dabei weniger Pop in den Händen als bspw. Montez Sweat, seine Kraft kommt eher aus dem Oberkörper. Meist, aber nicht immer gute Leverage.

Edge-Setting ist in der Regel sehr erfolgreich. Hier hat er seine Augen konstant im Backfield (was sonst nicht immer der Fall ist). Vom herausragenden Bullrush abgesehen mangelt es ihm aber an einem größeren Arsenal an Passrush Moves, das wirkt oft einigermaßen einfallslos. Speed-to-Power outside ist stark & einige Inside Counters, ansonsten letztlich zu unvariabel und teilweise schlicht zu langsam ausgeführt. Kommt in solchen Fällen dann am OT vorbei, kann jedoch aufgrund des Telegrafieren seiner Moves vom zur Hilfe kommenden OG gechippt werden. Hat zu selten ein zweiter Move parat, wenn der OL ihn kontrolliert. Wird viel zu oft komplett neutralisiert. Sein Bending ist mäßig, meist reicht dem QB ein Schritt in die Pocket hinein. Doch dürfte Outside Passrush ja auch nicht unbedingt das zentrale Profil für die NFL sein. Insgesamt kein „do or die“-Effort wie etwa Sweat oder Ed Oliver, manchmal vermisse ich ein wenig die Urgency.

Run Defense ist gut, teilweise etwas zu unkoordiniert, so dass er aus einer vorteilhaften Position teilweise zu wenig macht oder eine zu große Lücke für den Runner lässt, nachdem er seinen O-Liner geschlagen hat. Lateral Speed ist erstaunlich (etwa beim Backside Pursuit, den er notfalls bis zur Seitenlinie durchzieht), auch hier allerdings eher linear als wendig. Tackling gehört zu den Stärken, Gary ist ein echter Punisher, wenn sich die Gelegenheit bietet.

Das Profil liest sich jetzt insgesamt negativer, als es eigentlich sollte, denn Gary ist alles andere als ein mittelmäßiger Prospect. Die entscheidende Frage ist: Wo gehört er hin? Ich finde ihn outside effektiver als inside in einer 4-3 Defense. Projectet als Strongside DE bzw. LDE, doch ist er damit wirklich einen so hohen Pick wert? Wie bekommt man seine überragende Athletik am besten aufs Feld? 3-4 Teams werden ihn sicherlich pre-Draft ausgiebig als 5-tech DE testen. Damit hat er kaum Erfahrung in Don Browns base 4-3 Defense gesammelt, könnte jedoch aufgrund Länge, Power und Athletik ebenfalls passen. Nur: Kann er da zum Difference Maker reifen?

Fazit: In dieser so tiefen DL- und EDGE-Klasse ist er für mich nur ein borderline 1st rounder. In anderen Jahren hätte man seinem Potenzial sicherlich mehr Gewicht beigemessen, doch haben in dieser Draftklasse eine ganze Menge Defensive Front-Prospects Potenzial und nebenbei einen höheren Floor und klarere Positions- und Scheme-Projections. Irgendwie wäre Gary so ein typischer Patriots-Pick: vielseitig in einer 3- oder 4-man Front aufstellbar, enormes athletisches Potenzial für ein sehr variables Skillset. Nur muss da eben noch technisch an einigem gefeilt werden.

 

DT Christian Wilkins, Clemson (6’3, 315, Arms 32 1/2, Hands 9 3/4)
(40: 5.04 // Shuttle: 4.55 // Bench: 28 // Vert: 29.5 // Broad 107)

(Notizen)

Wer mich im vergangenen Jahr bei den Daily Nuggets auf Sportradio 360 gehört hat oder fleißig den Blog gelesen hat, weiß, wieviel ich von Wilkins insgesamt halte. Habe nicht verstanden, warum er bei vielen Hobbyscouts im Verlauf des letzten Jahres immer kritischer gesehen wurde und in Scouting Reports sowie Mock Drafts teilweise in die zweite Runde fiel. Mittlerweile hat sich dieser Trend allerdings wieder etwas umgekehrt – vollkommen zurecht.
Wilkins ist ein seltener Top-Recruit, der vier Jahre lang produziert hat (im ersten offiziell nicht gestartet, aber sehr viel Spielzeit gesehen), ohne zu declaren. Wie bei Clelin Ferrell rechnete jeder 2018 mit einem Sprung in die NFL, doch er entschied sich dagegen. Spielte eine absolute Top-Saison, wurde unanimous All-American, 14 TFL und 5.5 Sacks, doch geben die Statistiken seinen Impact nicht vollumfänglich wieder.

Weil es sich bei ihm so anbietet, ausnahmsweise mal zunächst der Off-Field-Kram: Wilkins ist ein absoluter Teamleader, hat einen astreinen Charakter und brilliert als Student. Machte seinen Abschluss nach zweieinhalb Jahren, legte mittlerweile sogar noch den Master drauf und gewann 2018 zudem die William V. Campbell Trophy, umgangssprachlich auch als Academic Heisman bekannt. Ich habe in der Rückschau des National Championship Games noch ein wenig mehr lobende Worte über ihn abseits des Feldes verloren: Wens interessiert. Long story short: Abseits des Feldes wird man keinen sichereren Pick als Wilkins bekommen. Nun zum für die Draft entscheidenden:

Sein Getoff ist okay, aber nicht special. Im Gegensatz zum exzellenten initial Punch im Passrush, der kraftvoll, gut getimet kommt und zusammen mit seiner exzellenten Leverage den O-Liner gleich in Bedrängnis bringt. Wilkins kann sich gut von Passblocks lösen, unter anderem auch deswegen, weil er für seine Masse wirklich unfassbar beweglich ist (insbesondere wendig und schnell auf kurzen Distanzen). Hat großartige, bewegliche Hüften für einen 315 Pounder. Einen Bend im Passrush, den man nicht erwartet, daher ist er für einen Big Man erstaunlich effektiv bei Twists und Stunts – nicht nur ein Decoy, um dem DE innen freie Bahn zu geben.
Passrush-Techniken sind variabel, die klassischen Inside Rush-Techniken sehr effektiv: insbesondere Rip, Club und Arm Over. Seine lateral Quickness ist klasse, machte einige Tackles bei Reverses und Endarounds nahe der Seitenlinie. Fußarbeit gefällt mir fast noch besser als Handarbeit.

In der Run Defense ist er dann gut, wenn er als 3-tech one-gappen kann. Kann den gegnerischen O-Liner schieben, bei Outside Runs behält er die Kontrolle über den Block, geht mit dem Flow des Plays und macht den sicheren Tackle. Sehr agil. Kann ebenso gut in die Gaps slanten, eher slippery als Gap shooting. Oftmals mit Schulter voran, womit sich viele andere schnell aus dem Play nehmen lassen. Er ist dabei extrem kontrolliert, vor allem aufgrund seiner wirklich immer hervorragenden Leverage (spielt insgesamt wesentlich tiefer als es seine 6’3 nahelegen) und der Balance. Schulter voran sehr low.

Allerdings sehe ich in der Run Defense auch einige größere Lücken: Trotz seiner 315 Pounds offenbart er Probleme bei straight-on Blocks, hier wird dann unter anderem seine etwas geringe Armlänge deutlich. Gegen double Teams hat er schlicht nicht genügend rohe Kraft, wir bei all seiner Leverage oft recht problemlos nach hinten geschoben und kann sich nicht befreien. Dürfte in der Form eigentlich nicht sein. Vielleicht am Anchor arbeiten? Auch die Hands Use ist im Run Game verbesserungswürdig. Projectet daher deutlich besser als 3-tech DT, selbst wenn er ab und an mit 1-tech DT Dexter Lawrence die Plätze tauschte. Sah man übrigens auch deutlich im National Championship Game, als er wegen Lawrences Suspension mehr als sonst auf NT spielte (und Albert Huggins dann auf 3-tech): Wilkins machte ein überragendes Spiel, aber beinahe alle Top Plays waren als 3-tech.

Tackling ist sicher, könnte etwas mehr Punch vertragen. Eher der Form Tackler mit beiden Armen als jemand, der häufig auf den Ball geht. Play Recognition ist in der Regel stark, hat die Augen im Backfield und nimmt kontrollierte Bewegungen Richtung Ballträger vor. Beim Pass achtet er gut auf den Release des Quarterbacks, trotz vergleichsweise geringer Armlänge einige batted Balls.

Fazit: Top 15. Extrem sound, doch hängt die Evaluation stärker als bei vielen anderen vom Scheme ab. Für mich ist Wilkins ein reiner 3-tech DT in einer 4-3. In allen anderen Aufstellungen beraubt man ihm seiner größten Stärken. Wegen dieses sehr spezifischen Profils könnte er möglicherweise sogar ein wenig weiter fallen, aber genauso gut höher gehen. Es reicht halt ein 4-3 Team, das sich genauso wie ich in ihn verguckt hat.

Und da ich nach den Scouting Reports von Ferrell und Wilkins eh wirke wie der letzte Clemson-Homer, setze ich damit nun auch den Schlusspunkt: Ferrell mit dem Bullrush außen gegen LT Jonah Williams, Wilkins splittet das Gap innen mit Swim (bzw. eher Arm Over) gegen RG Alex Leatherwood und dem Forearm Check gegen C Ross Pierschbacher, und beide schlagen fast zeitgleich bei Tua ein. Prost!

 

Wer in diese Liste rein von seinen Football-Skills auf jeden Fall noch gehört hätte, ist Mississippi States DT Jeffery Simmons, den ich hier bereits in der 2017er Saison immer wieder hervorgehoben habe. Für mich on-field sogar ein Top 10 Prospect, mag sein Skillset extrem, nur riss er sich in der Vorbereitung auf die Combine das Kreuzband. Zudem existiert ein extrem ekliges Video aus seiner Highschoolzeit, in dem er eine auf dem Boden liegende Frau (wohl nach einer Auseinandersetzung mit Simmons‘ Schwester) mehrfach mit Schlägen traktiert. Vielleicht ist die Verletzung ja eine Art Bad Karma? Ein Team mit vielen Picks oder wenig Roster-Lücken könnte eventuell Ende der ersten Runde oder in der zweiten Runde zugreifen, natürlich wie immer nach einer ausführlichen Evaluation seines Charakters. Wenn es explizit gewünscht ist, reiche ich seinen Report gerne noch nach.

4 Gedanken zu „Top Prospects 2019: D-Line und EDGE (II)

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