Don’t sleep on… (3)

LB Troy Dye, Oregon

Ich wundere mich ehrlich gesagt ein wenig, dass man von Troy Dye auf den entsprechenden Seiten noch gar keine der typischen Highlight-Videos mit zumeist mäßiger Musik findet (von Cutups kompletter Spiele ganz zu schweigen). Genug zu zeigen gäbe es jedenfalls ganz ohne Frage.

Dye ist ein true Sophomore, dessen exzellente Freshman-Season (er wurde sogar ins Freshman All-American Team berufen) aufgrund der desolaten Saison der Ducks ein wenig untergegangen ist. Er spielte Safety in der Highschool, wurde in Eugene dann aber zum Linebacker umfunktioniert – was aufgrund seiner aktuellen Maße (6‘4, 225) sicherlich naheliegt. Dye könnte noch etwas mehr Muskelmasse vertragen, er wirkt – wohlgemerkt für einen Linebacker – noch recht schlank.

2016 nahm er in der 4-3 Defense von Ex-Michigan-Coach Brady Hoke eine der beiden Outside Linebacker-Positionen ein und konnte 91 Tackles, 13 Tackles for Loss, darunter 6,5 Sacks und eine Interception verbuchen – obwohl er zwei Spiele verletzungsbedingt gar nicht auflaufen konnte. Dabei bestach er nicht nur durch meist sicheres Tackling, sondern war als Blitzer brandgefährlich und zeigte seine Stärken in der Coverage. Seine Schnelligkeit und Play Recognition erlaubte es ihm immer wieder, langsam entwickelnde Run Plays durch starken Backside Pursuit im Keim zu ersticken. Gerade für einen true Freshman war Dye 2016 ein sehr kompletter Linebacker.

In der aktuellen 3-4 Defense von DC Jim Leavitt ist er einer der beiden Inside Linebacker, wenngleich man nicht den Fehler machen darf, hier zu sehr an klassische 3-4 run-stopping ILBs zu denken. Dye übernimmt variable Verantwortlichkeiten auf verschiedenen Ebenen des Feldes, er ist einer derjenigen Spieler, die man je nach Offensive Looks und Schemes in der Defense umherbewegen kann. Ansonsten bestünde auch die Gefahr, dass man ihn mit einer guten O-Line aus dem Weg räumen kann, da er die dafür nötige Kraft noch nicht mitbringt. Vorteil an der neuen Position ist, dass er seine Sideline-to-Sideline-Präsenz noch etwas mehr ausspielen kann als als OLB in einer 4-3. Nach 6 Spielen unterstützen seine Statistiken die Beobachtungen: 52 Tackles, 7 Tackles for Loss, 3 Sacks, 3 Pass Defenses, eine Interception, ein Forced Fumble.

Dye hat Anlagen, wie sie momentan in der passlastigen NFL sehr gefragt sind (siehe: Deion Jones, Jatavis Brown etc.). Der Trend geht vielerorts zu weniger kräftigen oder kleineren, aber dafür extrem athletischen Linebackern, die die heutige Generation Tight Ends (sprich: große WR) covern können und dennoch keine große Schwäche gegen den Lauf darstellen. Dye hat für diese neue Generation Linebacker sogar deutliche Größenvorteile. Wenn er sich weiterhin so entwickelt, sehe ich in ihm im kommenden Jahr einen potenziellen Superstar – hängt aber natürlich auch von der Leistung der Ducks insgesamt ab.

 

OT Chukwuma Okorafor, Western Michigan

Chukes, so sein Spitzname, ist nach der vergangenen Saison von Western Michigan (13-0 in der regulären Saison plus Cotton-Bowl-Teilnahme) sicherlich kein Geheimtipp mehr, sondern einer der besseren Tackles des Landes. Wer sich bei der vergangenen Draft fragte, warum OT Taylor Moton (der 2nd round pick der Carolina Panthers) nicht auf der linken Seite bei Western Michigan spielte, hat mit Okorafor die Antwort: Nachdem der zuvor zwei Jahre als RT auflief, wechselte er vor der 2016er Saison nach links und hatte somit die wichtigste Line-Position inne.

Okorafor kam erst vor sieben Jahren mit Football in Kontakt, da er zunächst in drei afrikanischen Staaten (Nigeria, Südafrika, Botswana) aufwuchs, bis seine Familie schließlich in die USA übersiedelte. Dass er seine eigentliche Sportart Fußball aufgab und sich im Football ausprobierte, dürfte angesichts seines Körperbaus eine der besseren Entscheidungen gewesen sein. Chukes ist ein athletischer Freak: 6‘6, 330 – und wirkt dabei überhaupt nicht „sluggish“ wie einige typische RTs dieser Maße, sondern extrem athletisch und beweglich und hat so eine große Reichweite. Dennoch sollte man Athletik bei ihm nicht mit Finesse verwechseln. Seine größte Stärke liegt im Power Run Block, bei dem er den Gegner durch Leverage und seine kräftigen Hände (guter initial Punch) dominieren kann. Okorafor plays through the whistle, wie es so schön heißt: Öfter sieht man ihn am Ende des Spielzugs noch einen Verteidiger durchs Bild schieben oder einen Pancake setzen.

In der Pass Protection kommt ihm die angesprochene Athletik zugute. Sein Footwork ist wesentlich flinker, als man erwarten würde (und auch wesentlich besser als das seines LT-Vorgängers Willie Beavers, dem damaligen 3rd round pick der Minnesota Vikings). Er hat einen guten Mirror, also lateral quickness, die ihm schnelle Richtungsänderungen je nach Move oder Counter-Move des Passrushers erlaubt.

Okorafor ist noch relativ „raw“ aufgrund seines späten Einstiegs in den Sport, das merkt man an einigen technischen Unsauberkeiten (hat die Arme und Hände beim Block oft zu weit außen, der Kick Slide gegen Speedrusher ist teilweise nicht tief genug). Aber Talent und Upside sind einfach enorm hoch. Wer neugierig geworden ist, sollte sich das Spiel von Western Michigan bei USC vom Saisonstart anschauen und dort einen genaueren Blick auf Okorafor und seine Duelle mit den Top-OLBs der Trojans (Porter Gustin, Uchenna Nwosu) werfen. Gerade im Running Game hat Western Michigan gegen ein deutlich talentierteres USC in der ersten Halbzeit eine exzellente Vorstellung geboten – was eben nicht nur an ihren drei starken RBs Jarvion Franklin, Jamauri Bogan und Levante Bellamy, sondern insbesondere an der Line um Okorafor und C John Keenoy lag.

 

WR Stanley Morgan Jr., Nebraska

Die Nebraska Cornhuskers hatten in ihrer gesamten Geschichte noch nie (!) einen WR mit 1000 Receiving Yards in einer Saison – ein Fakt, der mich als Fan von Oldschool Running fast ein wenig stolz macht. Junior Receiver Stanley Morgan schickt sich allerdings an, diese Statistik zu ändern: In fünf Spielen (eines fehlte er verletzt) stehen 30 Catches für 510 Yards und 5 TDs zu Buche.

Trotz der guten Average von 17 Yards pro Catch ist Morgan kein Burner, sondern eher der Typ physischer Possession WR: stark bei Comeback Routes, bei denen er wie im Basketball ‚aufposten‘ kann, stark bei contested Catches gegen enge Deckung aufgrund seiner sehr kräftigen Hände. In der Pro-Style-Offense von OC Danny Langsdorf ist er erfahren, was verschiedene und variable Routen angeht.

Morgan ist mit 6‘1, 195 angegeben, aber er spielt extrem viel größer und kräftiger – vor allem, wenn er den Ball in seinen Händen hat. Yards after Catch holt er weniger mit spektakulären Moves, sondern eher wie ein Running Back mit Power und Leg Drive. Zudem besitzt er einen exzellenten Stiff Arm, den er bei jeder sich bietenden Gelegenheit einsetzt.

Hier eine für ihn typische Run after Catch-Situation beim Hook, und im nächsten Play beweist er dann seine starken Hände zum TD auf der Post Route:

Stanley Morgan Catches

Morgan ist nicht der schnellste WR und hat ab und an Probleme mit Separation, da ihm eine gewisse Quickness abgeht. Zudem unterlaufen ihm immer mal wieder Drops, die nach mangelnder Konzentration wirken. Dies sind sicherlich Fragezeichen, die für eine mögliche weitere Karriere genauer evaluiert werden müssen.

Morgan wurde aus dem talentreichen Louisiana recruitet, worüber man sich bei LSU heutzutage sicherlich ärgern wird. Kurz nach seinem (frühen) Commitment zur University of Nebraska meldete sich übrigens prompt seine Mutter im größten Huskers-Forum an und diskutierte fleißig mit. Nicht nur deshalb ist „Stan the Man“ bei Huskers-Fans außerordentlich beliebt: harter Arbeiter, kein me-first Egoplayer, tough, guter Blocker – ein traditioneller Receiver in einem Programm, bei dem diese Position immer eher eine Nebenrolle spielte. Von daher wäre – wenn überhaupt – er geeignet, die allererste 1000-Yard-Saison zu produzieren.

Und die kleine Marihuana-Geschichte in der Offseason lasse ich jetzt mal bewusst unter den Tisch fallen. Sollte er draus gelernt haben…