Die Safety-Klasse im Überblick

 

Keine langen Vorreden, der Beitrag ist eh ausufernd genug. Nur soviel: WIe ihr merken werdet, gefällt mir die Safety-Klasse sowohl in der Spitze und dann wieder ab der dritten Runde ziemlich gut. Gerade im Bereich des Übergangs zwischen dem zweiten und dem dritten Tag finden sich einige vielversprechende und durchaus diverse Prospects.

Bei den designierten Top-Prospects habe ich ein paar bewegte Bilder zur Untermalung beigefügt. Die Einteilung erfolgt wie üblich in Tiers, allerdings umfasst das dritte Tier sowohl Spieler, die ich ausführlicher vorgestellt habe, als auch welche, bei denen aus Zeitgründen auf Ausschnitte verzichtet werden musste. So oder so: Viel Spaß beim Lesen und Schauen!

 

Tier 1:

Xavier McKinney, Alabama (Junior)
(6‘0, 201, Arms 30 7/8)
(40: 4.63 // Bench: 19 // Vert: 36 // Broad: 122)

Old Takes:

Vom Saisonstart:

Wer bei all den Stars mir zu wenig Aufmerksamkeit bekommt, ist S Xavier McKinney. Er hat sich über den Saisonverlauf 2018 sehr gesteigert und landete spätestens mit der starken zweiten Saisonhälfte endgültig ganz oben auf meinem Radar. Kann beide Safety-Positionen spielen und auch im Slot eingesetzt werden (nicht so vielseitig wie Minkah Fitzpatrick, aber wird ähnlich viel umhergeschoben), schnelle Breaks downhill gen Line of Scrimmage, interpretiert seine Rolle sehr aggressiv, sicherer Tackler. Meiner Ansicht nach ist er als SS effektiver als als Centerfielder, hier kommen seien Instinkte besser zur Geltung.

  • Zwei Jahre Starter, wie oben angesprochen ab der zweiten Hälfte der 2018er Saison mit deutlicher Steigerung. Stats 2019: 95 Tackles, 5.5 TFL, 3 Sacks, 8 PBU, 3 INTs (und 4 FF!). 2nd team All-American.
  • Durchschnittliche Maße mit etwas zu kurzen Armen. Bei der Combine waren die Explosion-Werte gut, die 40 dagegen weniger. Allerdings litt er merklich unter Krämpfen und nahm nach seinem ersten Sprint an keinen weiteren Übungen teil.
  • McKinney bekleidete die SS- und die STAR-Position in der Tide Defense, letzteres ist eine Art Nickel mit spezifischem Aufgabenset. Denkt euch einfach Minkah Fitzpatrick light. Hat daher eine enorme Positionsvariabilität: Spielte deep Safety, SS, Slot und in Dime Packages auch gerne mal eine Art Linebacker-Position.
  • Athletisch absolut auf der Höhe: Gute Körperflexibilität und Hüftbeweglichkeit, dadurch schnelle Drehungen möglich. Balance und Orientierung ebenfalls stark. Schnelle change of direction.
  • Herausragende Instinkte. Play Diagnosing top. Agiert dabei sehr decisive, kein zögernder Safety. Zugleich extrem „alert“, also aufmerksam gegenüber allen Eventualitäten. In dieser Hinsicht ein echter Safety.
  • Gab wiederholt pre-Snap Signale an Teamkollegen. Sehr savvy, versteht das Spiel.
  • Allerdings kein elite Athlet.
  • Gegen den Pass/Coverage:
  • Sehr kontrolliertes Footwork, wenig falsche Schritte.
  • Flüssiger Shuffle aus jeder Position in Zone Coverage. Schnelle Breaks aus Off Coverage, click and close zum Gegenspieler. Attackiert regelmäßig stark Ball am catch point, so entstehen Incompletions und Interceptions.
  • Range zu den Seitenlinien als tiefer Safety nicht ganz ideal.
  • Erkennt Plays in Man und Zone schnell, kommt sofort von seinem Mann runter und orientiert sich zum Target.
  • Erkennung von Route-Kombinationen in Zone Coverage absolut elite, wird quasi nie auf dem falschen Fuß erwischt.
  • In Slot: keine schlechte Man Coverage, insbesondere bei vertikalen Routes. Shields Receiver in Trail Position, gibt dem QB weder Passing Lane noch Target. Seam Route Eraser!
  • Als tiefer Safety: Nimmt WR auf dessen Route sehr flüssig auf, Turn und Burst sind meist exzellent getimet.
  • Guter Blitzer: Verzögerte Blitzes kommen mit ordentlich Schwung. Einige outside Blitzes sogar mit richtigem Bend.
  • Gegen den Lauf/Tackling:
  • Zumeist gute Lane und guter Winkel zum Runner. Wie fast jeder Safety ab und zu zu aggressiv, nicht immer in perfekter Position. Ein paar missed Tackles weniger und er wäre noch höher gerankt worden.
  • Grundsätzlich sicherer Tackler mit kontrollierten Schritten zum Tackle Point.
  • Sehr aware bei jeglichen Screen-Varianten, fällt nicht auf deceiving Movements herein.
  • In der Box ruhig und diszipliniert, committet nicht zu früh für eine Gap.
  • Probleme bei Lösen von Blocks.
  • Als tiefer Safety kommt er mit ordentlich upfield Burst an die Line. Teils harte Tackles für seine Masse. Einige Plays in traffic in short Yardage.
  • Augen immer beim Play, ohne dabei in Coverage zu riskant zu spielen.
  • Echter Leader.

Bewegte Bilder:  Beginnen wir mit einem sensationellen Play. Der Gegner ist „nur“ Western Carolina, doch das nimmt McKinneys Leistung hier wenig. Eigentlich begeht Alabamas Secondary hier einen veritablen Coverage Bust. Die CBs außen sind in Man Coverage und traveln ihre WR die Seitenlinien runter. McKinney (trägt die Nummer #15) ist der obere der beiden Safeties, der andere Safety Jared Mayden (#21) bewegt sich mit dem Snap nach vorn Richtung Swing des Motion Spielers. Die Linebacker droppen nicht schnell genug, so steht McKinney gegen zwei hintereinander gelaufene (mehr oder weniger) Seam Routes, die beide aus dem Backfield kommen (vom H-Back und RB). Der Richtungswechsel, der Turn auf die zweite Seam und die Antizipation sind exzellent. Ganz starke Interception:

Hier steht er vorne und deckt zunächst eine kurze Zone ab, droppt dann mangels Beschäftigung nach hinten und findet im offenen Feld das Target WR Seth Williams, attackiert den Ball und schlägt ihn ganz gezielt frei. Herausragende Zone Awareness:

Gegen den Run kann er aus verschiedenen Alignments punkten. Hier ist er als eine Art OLB aufgestellt (untere Bildmitte), liest den Laufspielzug und schießt kontrolliert hinter dem designierten Vorblocker TE Thaddeus Moss (#81) ins Backfield und tacklet einen schwer zu Boden bringenden Runner wie Clyde Edwards-Helaire vor dem eigentlich sicheren 1st down:

McKinney ist jetzt vielleicht nicht der prototypische Thumper, der reihenweise harte Hits verteilt, doch das hat er im richtigen Moment durchaus im Repertoire. Hier kommt er gegen einen Jet Sweep von der FS-Position schnell und dennoch kontrolliert in einer guten Lane runter und lässts krachen (rechter Bildrand):

Um seine Vielseitigkeit noch einmal zu illustrieren: Hier steht McKinney gegen eine Bunch-Formation an der Edge und blitzt. Setzt sich (sogar mit ganz gutem Hüft-Bend) gegen LSUs etwas überraschten LT Saadiq Charles durch und schlägt den Ball mit einem schönen Hit auf Burrows Wurfarm frei. Tide-Kollege Terrell Lewis recovert den Fumble:

Wie bereits erwähnt gibt es Plays, bei denen er etwas kontrollierter gegen den Lauf agieren muss. Hier kommt er zu „hot“ im Backfield an (‚crasht down‘, hält keine Contain) und lässt sich von einem (zugegebenermaßen sensationellen) Spin von Edwards-Helaire düpieren:

Insgesamt aber wirklich eher die Ausnahme, doch mindestens ein negatives Play muss eben auch drin sein. Und dieses ist anschaulicher als gelegentliche leichte Schwächen in der tieferen Man Coverage.

Fazit: Xavier McKinney ist ein moderner Safety-Typ, der in der Defense fast beliebig umhergeschoben werden kann. Ist in etwa gleichermaßen stark als tiefer Safety, Box Safety und im Slot, wobei ich ihn aufgrund seiner exzellenten Instinkte und seines gleichermaßen besonnenen wie aggressiven Spielstils lieber näher an der Line haben würde. Für einen single-high Centerfielder bringt er vielleicht nicht ganz die gewünschte Top-Range mit. Nicht der Überathlet, aber der Spieler, der deine Defense instantan aufwertet. Mid 1st.

 

Grant Delpit, LSU (Junior)
(6‘3, 213, Arms 30 7/8)
(No combine workout)

Old Takes:

Hier muss ich ein wenig ausholen. Auf Delpit bin ich bereits früh in seiner true Freshman Season gestoßen, als er sich gegenüber Veterans und höher gerankten Recruits (etwa JaCoby Stevens) einen Starterposten in der gefürchteten Tigers Secondary sichern konnte. Vor Saisonbeginn 2018 schrieb ich:

Und niemand – wirklich niemand! – sollte true So. S Grant Delpit übersehen. Physisch imposanter Typ, der vom ersten Tag an startete und sowohl gegen den Lauf als auch gegen den Pass überzeugte. IMO ein kommender Superstar.

Wenige Tage später widmete ich ihm dann einen Abschnitt im Don’t sleep on…-Segment und analysierte ihn etwas ausführlicher:

Don’t sleep on… Grant Delpit.

Die Vorschusslorbeeren sollten sich bestätigen: Delpit spielte eine unfassbare 2018er Saison, in der ich gefühlt bei jedem zweiten Preview eine Lobeshymne auf ihn verfasste. Am Ende stand er bei 74 Tackles, 9.5 TFL, 5 Sacks, 14 PBU und 5 INTs und durfte sich Unanimous All-American nennen. Dass er den Thorpe Award für den besten Defensive Back nicht gewinnen konnte (Sieger wurde Georgias Deandre Baker), halte ich weiterhin für einen Skandal.
Vor der 2019er Saison ließ ich dann echte Mancrush-Liebe in der Vorstellung einiger Top-Prospects bei Down, Set, Talk durch die Luft fliegen (ziemlich am Ende):

Doch dann kam 2019. Da diese beiden Saisons so unterschiedlich verliefen, werde ich auf größere Diskrepanzen in den Scouting-Notizen verweisen.

  • Stats 2019: 65 Tackles, 4.5 TFL, 2 Sacks, 9 PBU, 2 INTs. All-American und Thorpe Award Winner (was eine lächerliche Konzessionsentscheidung für 2018 war, der Award hätte an Jeff Okudah gehen müssen, selbst Delpits Backfield-Kollege Derek Stingley wäre eine deutlich bessere Wahl gewesen).
  • Spielte 2019 mit einer Knöchelverletzung fast durch, die ihn merklich hinderte. Angeblich schon zuvor in der Saisonvorbereitung ein paar kleinere Verletzungen. 2018 schon eine Schlüsselbeinverletzung und OP.
  • Sehr großer Safety mit guter Masse, der vielleicht noch ein paar Pfunde zulegen könnte.
  • Spielte in LSUs Defense sowohl den FS (als single-high und two-deep), den Strong Safety sowie den Slot/Nickel Safety. 2018 war er tendenziell weiter vorne postiert, 2019 eher tief.
  • Auch ohne Combine-Werte sticht seine Athletik heraus. Starker deep Speed, absoluter Top Burst, dazu gute (wenngleich nicht extraklasse) Quickness und change of direction. Dadurch selten komplett aus dem Play. 2019 aufgrund der Verletzung(en) allerdings erkennbar weniger Burst und in einigen Spielen quasi einbeinig und mit Richtungswechseln eines D-Liners. Sicherlich tough, Aussetzen wäre aber wohl die bessere Entscheidung gewesen. Andererseits bekommt man nicht so oft die Chance auf eine National Championship.
  • Gegen den Pass/Coverage:
  • Flüssiger Backpedal für einen großen Safety.
  • Gute Range als Centerfielder. Herausragender Plant Foot und Burst zu einer der Seitenlinien.
  • Extrem schneller Break aus Off Coverage. Kommt mit Autorität und Physis beim Receiver oder Ballträger an.
  • Grundsätzlich enge Man Coverage. Beißt selten auf double Moves oder Verzögerungsschritte an.
  • Sehr gute Entzifferung von Route-Kombinationen. Verpasst hier fast nie seine Verantwortlichkeiten. Exzellente Instinkte in Coverage.
  • Orientiert sich bei Plays in andere Richtung schnell von seinem Spieler weg, mit enormem closing Speed zum eigentlichen Target.
  • Insbesondere im Slot und nahe der Box mit genialer Play Recognition und hyperschnellen Reaktionen, cuttet mit beinahe perversem Burst immer wieder vor Spieler bei kurzen Pässen. Der schnellste Trigger der Safety-Klasse. Mehrere seiner Interceptions kamen auf diese Weise zustande. 2019 gab es allerdings weniger solche Momente.
  • Blitzes kommen ebenfalls mit enormem Burst. Bei Slot Blitzes gerät er allerdings teilweise zu sehr hinter die Pocket.
  • Gegen den Lauf/Tackling:
  • Hatte 2018 immer mal wieder einen verpassten Tackle, 2019 dann extreme Verschärfung, auch schon vor der Knöchelverletzung (bspw. vs. Texas gegen Devin Duvernay). Dabei nicht nur der eine Grund, sondern verschiedene. Interessanterweise eher selten völlig falsche Winkel, Probleme lagen meist woanders: zu viele Ankle Tackles, keine Verwendung der Arme, zu viel Schulter, setzt die Füße nicht richtig, sondern fliegt in den Ballträger und prallt ab. Kopf teilweise unten. Too reckless. Wie kriegt man das wieder raus und wieviel lag an den verletzungsbedingten Limitationen?
  • Wenn er einen klaren Path hat, kann Tackling durchaus gut aussehen. Einige harte Hits.
  • Kann vom Slot in die Pocket ‚downcrushen‘, verhindert so Run Plays vom Start weg.
  • Hält teilweise zu sehr Contain, bringt den Ballträher so aber regelmäßig in die Spielfeldmitte zurück.
  • Vermeidet Blocks. Manchmal geschickt, zu oft umgeht er sie, was nicht ideal ist.

Bewegte Bilder:

Bei Delpit greife ich aufgrund obiger Ausführungen verstärkt auch auf 2018er Tape zurück – was für die GIFs insofern etwas verwirrend ist, da Delpit 2018 die Nummer #9 trug und 2019 die Nummer #7. Ich werde es sicherheitshalber bei jedem Play angeben.

Ich beginne mit diesem unfassbaren short-area Burst. Gegen Auburn 2018 (eines der besten DB-Tapes überhaupt) erkennt er aus seiner Slot-Position in Off die nach außen driftende Route hinter der in-breaking Route des outside WR, undercuttet sie sensationell schnell und fängt den Pass von QB Jarrett Stidham ab. Flash Delpit (#9):

Der Großteil seiner Interceptions kommt so zustande. Steht erneut im Slot, orientiert sich zur Mitte des Feldes. Dann wieder dasselbe Spielchen: Explosiver Break vor die Route und Pick gegen QB Nick Fitzgerald (#9):

Delpit hat durchaus seine Stärken in der Man Coverage. Hier am oberen Bildrand im Slot in Press Man gegen den gefährlichen TE Kyle Pitts, der läuft eine in-breaking Route (Stick?). Delpit ist hautnah dran, und als QB Kyle Trask sich zum Scramble entscheidet, entledigt er sich dem halbherzigen Blockversuch von Pitts und macht einen spektakulären Tackle (allerdings wieder tief und Kopf unten). 4th down (#7):

Das folgende Play illustriert seine Instinkte und seinen quick Trigger. Ist als einer von zwei tiefen Safeties aufgestellt (kommt kurz nach Beginn des GIFs auf der linken Seite ins Bild). Muss den Slot WR und den TE im Auge behalten, committet nicht zu früh, aber als der Pass auf TE Pitts kommt, ist er mit Top Break & Burst auch schon da und sorgt für die Incompletion. Das Agieren mit der Schulter ist allerdings ein kleiner Schönheitsfehler, sowas kann schnell zu Verletzungen führen (#7):

Nochmal schnelle Reaktion aus dem Slot (Off, unterer Bildrand): Erkennt den WR Screen sofort, und ist so fix vor Ort, dass er sogar einen incomplete Pass forciert (#9):

Ich möchte auf seine Tackling-Problematik hier nicht vollständig eingehen, sonst sitzen wir morgen noch dran. Eines von vielen Beispielen hier gegen Alabamas Najee Harris: Kommt eigentlich gut und sogar recht geduldig an, doch dann der Karinalsfehler: Leaves his feet und der unvermeindliche Sprung ins Leere.

Und zumindest einen der Duvernay-Hits kann ich euch auch nicht vorenthalten. Aua:

Fazit: Grant Delpit ist ein enorm instinktiver Safety mit extrem schnellen Processing und der Athletik für schnelle Reaktionen. Er kann in verschiedenen Alignments glänzen und hat eine Nase für den Ball und das Big Play. Sein 2018er Tape schreit geradezu nach einem Top 10-Prospect, 2019 gab es in der Problemzone Tackling noch einmal deutliche Rückschritte. Die Gretchenfrage lautet, wieviel davon an seinen Verletzungen lag. Spielzugerkennung und der Weg zum Play sind auch in der Run Defense nicht das Problem. Lassen sich seine Tackling-Probleme effektiv beheben oder zumindest reduzieren? Wenn ja, reden wir hier vom besten Safety der Klasse – und das nicht einmal knapp. Ich weiß, dass Delpit gerüchteweise die Boards runterpurzelt, aber ich kann 2018 nicht ignorieren. Mid 1st mit minimaler Tendenz nach unten.

 

Antoine Winfield, Minnesota (redshirt Sophomore)
(5‘9, 203, Arms 30 1/8)
(40: 4.45 // Vert: 36 // Broad: 124)

Old Takes:

Zu Winfield gibt es ebenfalls eine längere persönliche Geschichte. Er ist der Sohn meines all-time Mancrushes mit gleichem Namen, der seinerzeit in einer der ersten Drafts, die ich (gemessen an den damaligen Möglichkeiten) intensiver verfolgte, von den Bills gepickt wurde. Winfield der Ältere war winzig, aber einer der physischsten CB der damaligen Zeit. Bei meinem Besuch in Buffalo 1999 konnte ich live bejubeln, wie er als Rookie eine Interception gegen die Dolphins in einer ultradominanten Defense-Leistung der Bills fing.
Nun also der Sohnemann, den ich daher wohlwollend seit Beginn seiner Karriere in Minnesota verfolge. Winfield gilt als redshirt Sophomore, hat aber bereits vier College Football-Saisons bestritten, von denen die beiden mittleren nach starkem Beginn jeweils im vierten Spiel gegen Maryland mit einer Verletzung endeten (einmal bekam er ein redshirt, einmal ein medical redshirt). Vor der 2019er Saison schrieb ich im Big Ten-Preview:

Wichtigster Mann ist S Antoine Winfield (der Sohn meines damaligen Bills-Crushes mit gleichem Namen). Er dürfte begeistert vom Spielplan gewesen sein, da das Spiel gegen Maryland erst das achte in der Saison sein wird. Hintergrund: In den beiden letzten Jahren verletzte er sich jeweils gegen Maryland im vierten Spiel so schwer, dass er für den Rest der Saisons ausfiel. Wenn gesund, ist er ein starker Tackler mit einer Nase für Big Plays und nebenbei ein exzellenter Punt Returner.

Und ja, er überstand das Spiel gegen Maryland und konnte eine die erfolgreichste Saison der Gophers seit Äonen entscheidend mitprägen.

  • Stats 2019: 88 Tackles, 3.5 TFL, 3 Sacks, 8 PBU, 7 INTs. Unanimous All-American.
  • Wie schon sein Vater sehr klein, immerhin kompakt gebaut. Überraschend starker Speed bei der Combine und solide Explosion-Werte.
  • Spielt in der Gophers Defense viel meist den Free Safety, ob single-high oder in 2-deep. Oftmals als letzte Absicherung bei Cover 1, aber auch in anderen Coverage-Konzepten vielseitig einsetzbar. Weniger nahe der Line of Scrimmage als die meisten anderen Top Safety-Prospects.
  • Sein Speed transferiert sich noch nicht ganz in gewünschter Weise aufs Feld. Seine Quickness und seine Richtungswechsel würde ich ebenfalls als mittelgut einordnen.
  • Selten aus dem Play aufgrund seiner hohen Spielintelligenz.
  • Gegen den Pass/Coverage:
  • Als Centerfielder ganz starke Antizipation des Plays der Offense.
  • Nicht ganz ideale Range. Liegt möglicherweise weniger am Speed als am Burst. Kommt bspw. bei in-breaking Routes vor ihm nicht gut vor den WR geschossen. Kein explosiver plant foot. Allerdings helfen ihm seine Instinkte bei den leichten Range-Problemen enorm. Bewegt sich gut in Richtung des Plays, gleicht damit einiges (auch in punkto Körpergröße) aus.
  • Augen immer im (Offense) Backfield, sehr diszipliniert, committet selten zu früh für eine Seite als single-high.
  • Wenn im Slot oft in Off Man Coverage. Herbei sehr aggressiv mit viel Armeinsatz, disrupts the route. Gegen große TEs in Man mit enger Deckung und guter Leverage.
  • Kennt seine Limitationen so gut wie kaum ein anderer Prospect der Klasse und weiß sie zu berücksichtigen.
  • Fantastische Ball Skills. Dreht sich regelmäßig zum Ball, behält QB stets im Auge, gutes Timing bei Sprüngen.
  • Gegen den Lauf/Tackling:
  • Einer der besten Tackler der Safety-Klasse. Technisch meist absolute Form Tackles.
  • Gute Angles, wenn er von tiefer Position Richtung Box kommt. Passt Angles je nach Laufweg gut an, wird daher selten überrascht.
  • Extrem diszipliniert beim Tackling. Throttles down, kommt nicht full speed an, sondern setzt seine Füße. Textbook.
  • Gutes flüssiges Movement in und nahe Traffic, lässt sich trotz geringer Statur selten absorbieren.
  • Beim Lösen von Blocks nahe der Line of Scrimmage ineffektiv. Bei downfield Plays kann er dagegen recht gut Blocks umgehen und dennoch das Tackle setzen.
  • Wenige Punt Returns, doch die waren extrem gefährlich.

Bewegte Bilder:

Zunächst mal sind Winfields Ball Skills als tiefer Safety hervorzuheben. Hier covert er eine tiefe Post Route. Positionierung, Augen zum Ball, Orientierung auf dem Feld, Play auf den Ball – einfach perfekt (Winfield trägt die #11):

Obwohl er viel tief gespielt hat, ist Winfield in Man Coverage mehr als nur funktional. Hier covert er Penn States TE Pat Freiermuth (einen kommenden Top-Star), der deutliche Größenvorteile hat, auf einer Art Fade Route. Nimmt ihm mit seinem Arm beim Break und seiner Leverage viel Raum zur Seitenlinie, ist hauteng an ihm dran und dreht sich rechtzeitig um:

Kommen wir zum Tackling. Das hier ist ein absolut fantastisches Play: Winfield ist der tiefe Safety auf der linken (unteren) Seite, der Lauf von Iowas speedy RB Tyler Goodson geht auf die rechte Seite. Erstens zeigt Winfield hier, dass seine Range gar nicht so übel ist, zweitens illustriert er hier das von mir angesprochene „throttling down“: Überrennt das Play nicht, sondern setzt seine Füße erst, bevor er zum Tackle ansetzt. Dadurch auch kein Cutback möglich.

Als Tackler von der FS-Position: Penn States QB Clifford entscheidet sich für einen Scramble, doch Winfield hat überhaupt keine Probleme, den Block von K.J. Hamler zu umgehen und den QB sicher und hart zu Boden zu bringen:

Sein Tackling ist einfach so unfassbar sound. Hier noch ein Beispiel beim Blitz. Man sieht genau, wie er nicht hirnlos nach vorne schießt, sondern seine Rush Lane immer wieder minimal anpasst und Nebraskas QB Bunch dadurch keine Chance lässt. Sehr kontrolliert und dennoch schnell:

Seine Breaks nach vorne sind teilweise nicht wirklich explosiv, wie man hier sieht. Kein grundsätzlich schlechtes Play, doch er müsste schlicht schneller bei TE Freiermuth sein (tiefer Safety, obere Bildhälfte):

Fazit: Antoine Winfield ist zu klein für einen typischen Safety? Na und? Ich habe selten einen Spieler erlebt, der so diszipliniert entlang seiner Limitationen spielt und dennoch so ein Playmaker ist. Seine Instinkte und Ball Skills erlauben ihm viele Plays als tiefer Safety, und Tackling-Schwierigkeiten bringt er trotz körperlichen Reichweiten-Limitationen keine mit. In der NFL wird er wahrscheinlich nicht als Centerfielder spielen, ideal wären Systeme mit zwei tiefen Safeties (Colts neben Malik Hooker wäre bspw. ein Traum). Projectet auch für den Slot, tief sehe ich aber mehr Potenzial. Größe und schwerere Verletzungshistorie lassen mich ihn leicht unter den besten erstgenannten ranken. Mid/late 1st. Wettet lieber nicht gegen ihn.

 

Tier 2:

Jeremy Chinn, Southern Illinois (Senior)
(6‘3, 221, Arms 32 1/8)
(40: 4.45 // Bench: 20 // Vert: 41 // Broad: 138)

  • Quasi 4 Jahre Starter bei Southern Illinois in der FCS. Kam als CB, wurde aber vor seiner Freshman-Saison zum S umgemodelt. Sprang allerdings zwischendurch mal als CB ein. Herausragende Produktion (jedes Jahr mindestens 3 INTs). Stats 2019: 71 Tackles, 2.5 TFL, 1 Sack, 7 PBU, 4 INTs. Consensus FCS All-American.
  • Gebaut wie ein Linebacker mit langen Armen. Wahnsinns-Auftritt bei der Combine: Für einen 220+ Pound Safety sind das beinahe perverse Zahlen in long Speed und Explosion. Dazu ein 1.55 10 yard split? Come on. Freak.
  • Für FCS-Prospects ist der Sprung natürlich größer. Chinn sah beim Senior Bowl aber ziemlich gut aus, ich habe hier über ihn geschrieben.
  • Spielte bei den Salukis meist den tiefen Free Safety. Wenn im Slot, dann meist Off und damit letztlich auch tief. (Übrigens, wer sich fragt, was Salukis sind: Ägyptische Windhunde).
  • Athletik und Physis übertragen sich sichtbar aufs Feld. Enormer closing Speed in allen Facetten.
  • Gegen den Pass/Coverage:
  • Starke Range, schnell an der Seitenlinie, sowohl tief als auch Richtung kurze Flat Zonen.
  • Was die volle Entfaltung seiner Athletik hindert, sind Probleme bei der Spielzugerkennung. Teilweise Konfusion in Zone, welche Route er übernehmen soll. Teilweise Probleme bei der Orientierung auf dem Feld. Dadurch einen Schritt zu viel Verzögerung, einen Schritt zu spät.
  • Wenn Lane zu Pass vor ihm klar ist, kommt er mit Autorität und Physis an. Teilweise wählt er aber noch ungünstige Angles beim Break auf den Pass (oder Spieler).
  • Starke Ball Skills vom Centerfield aus. Exzellenter Ball Tracker.
  • Sehr wenig Erfahrung in Man Coverage, da meist FS. Wird in der NFL wahrscheinlich eine andere Rolle spielen. Seine Man Coverage beim Senior Bowl ließ immerhin Potenzial aufblitzen.
  • Extrem gefährlicher und physischer Blitzer. Hierbei gute Körperkontrolle (bei inside Blitzes mit Dip), enormer closing Speed. Schlägt mit 100 Meilen beim QB ein.
  • Gegen den Lauf/Tackling:
  • An sehr vielen Tacklings beteiligt, steht selten daneben. Insgesamt vernünftige, wenngleich ausbaufähige Tackling-Technik. Kommt trotz Größe oft mit guter Leverage an.
  • Großer Tackling-Radius. Setzt seine langen Arme gewinnbringend ein und kommt mit Physis und Power. Einiges davon wird in der NFL nicht in gleicher Weise funktionieren.
  • Ab und an kein ideales Flow zum Play, kommt zu heiß an und wählt den aggressiven Winkel oder den dicken Hit.
  • Erstaunlich gutes Tackling in der Box.
  • Herausragender Pursuit und Motor. Mehrere sensationelle Hustle Plays.
  • Kann sich von Blocks gut lösen. Frage, ob das transferierbar ist.

Bewegte Bilder:

Chinns Range und Closing Speed zeigt sich in jedem Play. Hier ist er als tiefer Safety aufgestellt und attackiert die Out Route auf den Slot WR nach Rollout des QBs. Burst und Timing des Einsatzes mit dem äußeren Arm perfekt (Chinn trägt die #2):

Auch wenn er in der NFL nicht dauerhaft den tiefen Safety geben wird, ist seine Range für gelegentliche Plays absolut ausreichend. Der gewählte Weg ist exzellent:

Hier zeigt sich Chinns Athletik und Pursuit in voller Pracht. Steht im Slot und crasht down, der Run geht aber zur anderen Seite. Chinn dreht sich, geht mit Top Speed in Pursuit und macht downfield den Tackle. Man mag bei ihm grundsätzlich über das Level of Competition streiten, aber das ist ein Play gegen North Dakota State, das Powerhouse der FCS (mindestens Mid Major-Niveau):

Es gibt Plays, die tun beim Zuschauen weh. Dieses gehört zweifelsohne dazu: Chinn mit Inside /A-Gap-Blitz aus einer tieferen LB-Positionen, schlägt mit voller Wucht beim QB ein und forciert einen Fumble. Puh:

In einigen Situationen überrennt er das Play. Hier ist er aus einer LB-Position nicht diszipliniert genug und schießt ins Backfield, anstatt sich lateral zum Play zu bewegen und ist so am TD Run von NDSU QB Trey Lance (übrigens: kommender Star, kleiner Tipp nebenbei) mitbeteiligt.

Doch selbst wenn er falsche Wege wählt, hat er eben den genialen Recovery Speed. Steht als FS und macht einen etwas halbherzigen Break auf die Route (Curl Out) des inneren Receivers mit einigen ineffizienten Schritten. Damit müsste er eigentlich aus dem Play sein, aber immerhin kann er mit seinem überragenden Burst noch den Tackle setzen.

Fazit: Jeremy Chinn hat einen Linebacker-Körper, Cornerback-Athletik und viel Erfahrung und Produktion als Free Safety. Er beweist gute Range und Ball Skills und ist zudem ein physischer und ziemlich sicherer Tackler. Neben dem üblichen Problem des geringeren Levels of Competition fällt bei ihm eine zu große Zögerlichkeit, wohl aufgrund nicht idealer Spielzugerkennung, ins Gewicht, mit der viel an Effektivität einbüßt. Zudem müsste er sich in der NFL an eine neue Rolle näher an der Box gewöhnen, die mehr Man-Coverage als bisher erfordert. In den Senior Bowl Practices hat er angedeutet, dass er dazu in der Lage ist. Spannende Tools, die allerdings für die NFL noch zu einem runden Ganzen entwickelt werden müssen. Mid/late 2nd.

 

Ashtyn Davis, Cal (redshirt Senior)
(6’1, 202, Arms 30 1/2)
(Bench: 14 // ansonsten kein Combine Workout)

Old Takes:

Das Play, von dem ich hier schwärmte, möchte ich euch natürlich auch nicht vorenthalten.

In einem anderen Preview schrieb ich: S Ashtyn Davis, der woanders wohl das Potenzial zum Star hätte: starke Instinkte, guter Athlet, spielt physischer als seine Statur nahelegt, selten out of position.“
Aber ob das mit den Instinkten so stimmt? Schauen wir lieber mal genauer hin:

  • Davis kommt eigentlich von der Leichtathletik (Hürdenlauf und Sprint), Football war zunächst nicht prominent in seinen Plänen. Als Walk-on kämpfte er sich in das Team der Golden Bears, spielte erst eine Saison CB und wurde dann zum Safety umgeschult. Die letzten beiden Saisons startete er komplett. Stats 2019: 57 Tackles, 1 TFL, 6 PBU, 2 INTs.
  • Wird im Herbst bereits 24 Jahre alt.
  • Auch ohne Combine-Ergebnisse ist klar: Davis ist ein überragender Athlet mit herausragendem Speed und Sprungvermögen.
  • Spielte bei Cal zumeist einen echten Free Safety, oftmals als single-high. Selten nahe der Line of Scrimmage, teilweise wirklich sehr tief positioniert.
  • Sein Speed und seine Explosivität sind bei allen sichtbaren Plays dermaßen offensichtlich. Richtungsänderungen wirken nicht steif, also kein reiner straight-line Speedster.
  • Gegen den Pass/Coverage:
  • Herausragende Range, zudem ein exzellenter closing Burst, der bei Plays auf den Ball hilft.
  • Gute Orientierung zum Mann, gutes Ball Tacking tief.
  • Bei Pässen vor ihm ein paar Mal zu früh am Mann, versucht das Play durch den Körper des WRs. Zieht Flaggen.
  • Instinkte und Augen etwas unterentwickelt. Zu viele Schritte in die falsche Richtung. Hat den make-up Speed, um einiges davon auszugleichen, aber wieviel in der NFL? Könnte sehr anfällig gegen Misdirection sein. Hat sich im Verlauf seiner College-Karriere in diesem Bereich allerdings deutlich gesteigert.
  • Wenig Erfahrung in Man Coverage. Wenn dann Off Man, aufgrund seines Bursts hat er auch hier sicher Potenzial. Die Snaps als SS sahen nicht verkehrt aus, doch hat FS schlicht den höheren Wert.
  • Gute, keine fantastischen Ball Skills.
  • Harter Blitzer, kommt mit Vollgas an und bereitet passblocking RBs damit öfter Probleme.
  • Gegen den Lauf/Tackling:
  • Einige Ähnlichkeiten zum Profil gegen den Pass: Fehlende Instinkte hier noch deutlicher. Findet öfter den Ball(träger) und die Rush Lane nicht. Gap-Entscheidung oft hit & miss, insbesondere wenn er von der tiefen S-Position kommt. Wege zum Run Play wirken teilweise zufallsbasiert.
  • Angles sehr inkonstant und öfter auch schlecht. Allerdings eben fantastischer closing Speed
  • Sehr williger und harter Tackler. Geht allerdings zu oft auf den big Hit, anstatt sicher zu tacklen. Receiver über die Mitte werden schonungslos abgeräumt. Probleme bestehen eher bei Runnern in vollem Schwung.
  • Exzellenter Pursuit und Motor. Hohe Energie in jeder Faser. Lässt keinen Spielzug liegen und nimmt keinerlei Rücksicht auf Verluste.

Bewegte Bilder:

Davis als tiefer Safety bedeutet aufgrund seiner lateralen wie vertikalen Range immer Interception-Gefahr. Hier (vor dem Snap nicht im Bild zu sehen, also sehr tief aufgestellt) orientiert er sich stark zum überworfenen Ball und beweist gutes Ball Tracking sowie Körperkontrolle (Davis trägt die #27):

Bei Receivern vor ihm muss er als tiefer Safety aufpassen, nicht zu aggressiv am catch point anzukommen und durch den Receiver durch zu spielen. Die Physis ist grundsätzlich wünschenswert, aber hierfür gabs zurecht ne Flagge:

Davis hat nicht viel Man Coverage gespielt, zeigt dabei allerdings durchaus einige Tools, mit denen man arbeiten kann. Hier in Off Man, ist von der Fußarbeit sicher nicht ideal, aber gegen den Hook nach dem Turn gute change of direction (definitiv besser als der WR) und schneller Break nach vorne (obere Bildmitte):

Zum Tackling gibt es wie angesprochen unterschiedlich gute Plays. Zwei Beispiele aus dem Spiel gegen Washington, die das ganz gut verdeutlichen. Hier spielt er den tiefen Safety als Absicherung: Speedy RB Salvon Ahmed bricht durch, Davis kann ihn mit seinem starken closing Speed tacklen (achtet mal auf seine letzten zwei Schritte, wie er nochmal mehr Fahrt aufnehmen kann):

Selbes Spiel, selber RB, anderes Ergebnis: Davis schießt viel zu unkontrolliert an Ahmed vorbei und erlaubt ihm den TD. Gerade bei einem 4th and 1 muss er mehr Awareness zeigen: Wenn der RB durch die Line durchgeschossen ist, geht es nur noch darum, ihn zu tacklen. Kommt viel zu hot und unkontrolliert an und lässt sich so locker über die Seite umgehen (vergleicht das mal mit den Bildern von Winfield oben):

Fazit: Ashtyn Davis ist ein wachechter Centerfielder-Prospect mit herausragender Athletik und Range, der dabei aber alles andere als unphysisch spielt. Leider sind seine Football-Instinkte deutlich unterentwickelt, was insbesondere im Run Support deutlich wird. Insgesamt fehlt es ihm ein wenig an allgemeiner Awareness. Davis ist kein variabler Prospect, allerdings sind seine Stärken in der heutigen NFL nunmal besonders relevant. Mit leichter Steigerung in der Play Recognition wartet hier ein Starter für einen tiefen Safety-Posten. Early 3rd – mit leichter Tendenz nach oben, da Range bei allen sonstigen Defiziten nunmal das Gebot der Stunde ist.

 

Kyle Dugger, Lenoir-Rhyne (redshirt Senior)
(6’1, 217, Arms 32 7/8)
(40 : 4.49 // Bench : 17 // Vert : 42 // Broad : 134)

  • Dugger ist neben Jeremy Chinn der zweite spannende Small-School-Prospect. Er kommt allerdings von noch einer Ebene drunter, dem Division II-Team Lenoir-Rhyne Bears. Das mag auf den ersten Blick nicht besonders wirken, doch der Unterschied zwischen der FCS und der Div. II ist – auch was die Menge an NFL-Prospects betrifft – ziemlich gravierend.
  • Dugger ist ein seltener 6th year Senior: Seine erste Saison 2014 redshirtete er, dazu bekam er ein medical redshirt für die 2016er Saison aufgrund eines Meniskusrisses. Die zweite Hälfte der abgelaufenen Saison verpasste er wegen einer Handverletzung – und wurde dennoch (sicherlich auch symbolisch) zum Div.II Defensive Playoer of the Year und zum Div.II All-American gewählt. Stats 2019 (7 Spiele): 31 Tackles, 1 TFL, 6 PBU, 2 INTs.
  • Bereits 24 Jahre alt. Zusammen mit dem Level of Competition sicherlich ein kleiner Downgrader.
  • Sah in den Senior Bowl Practices erstaunlich gut aus. Ich schrieb hier über ihn https://tripleoptionblog.wordpress.com/2020/01/28/senior-bowl-2020-notizen/
  • Spielte bei den Bears FS und SS, zudem Erfahrung in CB, LB, RB und ein exzellenter Punt Returner mit 6 Return TDs in seiner College-Karriere.
  • Großer schwerer Safety mit ultralangen Armen und riesigen Pranken (10 3/8 – mehr als alle Top O-Liner außer Becton!). Testete enorm athletisch starkem Speed und sensationellen Explosion-Werten.
  • Tape war allein schon deswegen interessant, weil er mit seiner Statur so sehr herausstach. Wäre wohl auf jeder anderen Position weniger aufgefallen. Grundsätzlich ist es schwer, aus den Cutups valide Schlüsse zu ziehen.
  • Gegen den Pass/Coverage:
  • Kein schlechtes Footwork für einen großen Safety. Backpedal sieht ok aus. Bleibt geduldig, kein Overcommitment.
  • Wenn Centerfielder, dann gutes Raumverständnis. Range ist okay, allerdings nicht ganz so gut wie erwartet.
  • Erfahrung in Man Coverage, insbesondere im Slot: grundsätzlich enge Deckung, es fehlt aber etwas an Quickness. Kann von Breaks der WR überrascht werden, lässt gerade bei in-breaking Routes etwas zu viel Separation zu (trailt nicht unbedingt, sondern befindet sich zu weit vertikal versetzt).
  • Aus Off wirken Breaks nicht besonders dynamisch. Müsste mit seinen Werten in Vertical und Broad wesentlich besser sein. Footwork-Problem?
  • Starke Jumps, gute Ball Skills.
  • Hat erstaunlich wenig geblitzt (zumindest in den Ausschnitten, die ich sah). Kein einziger Sack in seiner Karriere.
  • Gegen den Lauf:
  • Evaluation fällt insgesamt schwer, da er so überlegen ist, dass er auch mit falschen Schritten oder Entscheidungen locker durchkommt, da er sie mit seiner dominanten Athletik rechtzeitig korrigieren kann.
  • Viele gute Tackles. Angles teils fragwürdig, aber spielte halt keine Rolle. Wird in der NFL damit nicht durchkommen.
  • Kommt downhill mit Schwung und Physis: meist kontrolliert und mit guten Schritten, verteilt harte Hits.
  • Gute Tackling-Range. Verpasst wenig Tackles, die in seiner Reichweite sind.

Bewegte Bilder:

Erneut muss ich den Hinweis voranstellen, dass diese Plays nicht ganz so viel aussagen. Ihr seht gleich bestimmt selbst, warum.

Zunächst ein Play als tiefer Safety: Dugger (zunächst nicht im Bild zu sehen) kommt bei diesem Jet Sweep WR Pass Trick Play schnell an die Seitenlinie, macht ein gutes Play auf den Ball und räumt nebenbei den WR ordentlich ab (trägt die #2):

Zeigt Potenzial in Man Coverage: Hier spielen die Bears bei 3rd down eine Stick Coverage (alle fünf Passverteidiger stehen kurz vor der Höhe der 1st down Markierung, also an den Sticks). Dugger deckt den Slot auf der rechten Seite in einer 5 WR-Aufstellung auf einer Corner-Route ziemlich eng und verhindert damit letztlich die Completion:

Qualität der Gegner hin oder her, das hier ist einfach ein starkes Play gegen den Lauf. Als tiefer Safety erst abwartend mit flüssigem Footwork, erkennt die Gap, schießt ins Backfield, setzt die Füße und tacklet sicher:

Kommt von der tiefen Safety-Position schnell nach vorne und setzt den Tackle. Kontrollierte Steps, etwas zu hoch angesetzter Tackle, aber das passt schon (rechter Bildrand):

Hier finde ich, dass man das Guessing ganz gut sieht. Als tiefer Safety positioniert (rechter Bildrand), Draw Play, läuft nach vorne, aber identifiziert den Ballträger erst sehr spät und lässt sich leicht ausfaken. Lane auch nicht optimal:

Sowas wie im folgenden Spielzug kann er sich in der NFL nicht erlauben. Mittig positioniert, nimmt sich bei dem outside Run komplett aus dem Play. Keine Ahnung, was er da gesehen hat oder was er da wollte. Kommt ja nicht mal in die Nähe eines Tackle-Versuchs:

Fazit: Ich bin ganz ehrlich: Die Cutups von Kyle Dugger bieten für mich wenig Aufschluss. Er verfügt definitiv über enormes athletisches Potenzial und ist technisch für einen Div.II-Prospect überraschend okay. Ich weiß nicht, ob er von der Konkurrenz gelangweilt war, doch auf dem Tape hätte ich mir etwas mehr Explosivität und Urgency gewünscht – insbesondere in Coverage. Anhand der verfügbaren Ausschnitte tue ich mich schwer, Dugger einzuschätzen. Mehr Material vom Senior Bowl wäre wünschenswert. Sicherlich ein spannender SS-Prospect, der allerdings schon älter ist und einen Riesensprung in eigentlich allem (außer der Athletik) vor sich hat. Mit viel Projektion gebe ich ihm eine 3rd round grade, für mehr müsste ich schlicht mehr Relevantes zum analysieren haben.

 

Joker:

Kenny Robinson, West Virginia / St. Louis Battlehawks (XFL)
(schätzungsweise 6’2, 205)

Kenny Robinson befindet sich bereits seit seiner Freshman-Saison 2017 auf meiner Watchlist (hier die Vorschau für den Heart of Dallas Bowl 2017 gegen Utah). Doch nach zwei vielversprechenden Saisons mit dem Mountaineers (insg. 7 INTs, 2019 1st team All-Big 12) nahm seine Karriere einige Wendungen: Im Sommer 2019 flog Robinson wegen eines akademischen Täuschungsversuchs von der Uni. Doch anstatt wie üblich zu transferieren, entschied er sich – auch aufgrund der Krebsdiagnose seiner Mutter – für einen anderen Weg. Er wählte die XFL und damit eine gewisse finanzielle Sicherheit, wurde von den St. Louis Battlehawks gedraftet und startete dort den ersten Teil der Saison bis zum Abbruch als Safety. Nun wird er wohl der erste gedraftete XFL-Spieler. Trotz seiner vielen Stationen ist er erst 21 Jahre alt.
Von Robinson gibt es sehr wenig vernünftiges Material in den Weiten des Netzes. Hier habe ich durch mein Scouting während der CFB-Saisons den kleinen Vorteil, auf ein paar Notizen zurückgreifen zu können. Ich werde versuchen, die mit ein paar Videoschnipseln zu untermauern.

  • Großer, eher dürr wirkender Safety mit gutem Speed und Burst. Quickness wirkt auf den ersten Blick ebenfalls ausreichend.
  • Spielte in der Mountaineers Defense zumeist einen der beiden tiefen Safeties (wie viele Big-12 Teams oftmals in Cover-4), kann aber auch runter an die Line kommen oder im Slot spielen. In der XFL variabler eingesetzt.
  • Quicker, technisch recht sauberer Backpedal.
  • Starke Range als Centerfielder. Kommt flüssig an die Seitenlinien und an die Zonen vor ihm.
  • Echter Ballhawk mit einigen spektakulären Interceptions, fängt nicht nur die leichten überworfenen Pässe über die Mitte. Top Body Control, starke Jumps, hervorragende Hände. Jede Menge Highlight-Plays.
  • Grundsätzlich ziemlich instinktiv und entscheidet sich oft richtig, aber gamblet teils zu aggressiv. Muss etwas disziplinierter und sicherer spielen lernen. Zu sehr Freelancer, da sind NFL-Teams gerade bei Safeties sehr allergisch (bedeutet im Notfall halt gleich den langen TD).
  • Zone Spacing nicht immer optimal. Müsste schneller Tiefe bekommen, wenn kein Traffic vor ihm.
  • Schnelle Reaktion auf Pässe vor ihm, starker plant Foot und Burst, der es ihm erlaubt, die Route zu undercutten.
  • Erfahrung im Slot und in Man Coverage. Noch nicht alles super, aber viel Potenzial für Coverage von TEs und RBs. Für einen Safety gute change of direction.
  • Tackling muss deutlich konstanter werden: Setzt für seine dürre Statur ungewöhnlich aggressive, harte Hits über die Mitte, räumt Receiver kompromisslos ab, muss hier aufpassen wegen Penalty-Gefahr. Zu viel spearing, zu viele Killshot-Versuche.
  • Kommt schnell downhill bei Laufspielzügen, jedoch viel zu undiszipliniert. Schlechte Angles, zu viel Schulter und Kopf, throttlet nicht down, sondern kommt mit Vollgas, setzt die Füße nicht richtig oder springt (leaves his feet). Geht aufgrund seines Spielstils oftmals gut, aber wirds nicht in der NFL. Hat allerdings in der XFL klar erkennbare Fortschritte gemacht.
  • In College-Football und XFL enorme Produktion. Big Play-Magnet.
  • Hat ordentlich Swagger. Trash Talker, der nach dem Hit noch ein paar nette Worte verliert.
  • Was man nicht unterschätzen darf: enorm wertvolle Erfahrung durch eine NFL-ähnliche Umgebung in der XFL. Dürfte reifer ankommen als viele andere.

Bewegte Bilder:

Beginnen wir auch bei Robinson mit dem positiven: seinen spektakulären Interceptions. Steht zunächst in einer Aufstellung mit zwei tiefen Safeties, droppt nach dem Snap in eine single-high-Position (Cover-3). Flüssiger Pedal zurück, Orientierung zum Ball und ein sensationeller Jump. Interception gegen Sooners QB Kyler Murray (Robinson trägt die #2):

Bisschen XFL-Action gefällig? Bitte sehr! Robinson im Trikot der Battlehawks bei tiefem Pass nach Scramble Drill mit Break vor den Receiver und sensationellem Catch. Erneut beweist er seine Body Control:

Noch was Spektakuläres? Wie wärs mit dieser one-handed INT beinahe im Odell Beckham Style:

Seine Ballhawk-Mentalität hat allerdings auch ihre Schattenseiten. Oftmals reagiert er zu aggressiv auf das vermeintliche Target und ist so anfällig gegen tiefe Pässe. Erneut Cover-3, Robinson ist beim Snap auf Höhe des Refs positioniert und droppt dann ins tiefe Drittel. Orientiert sich daber allerdings viel zu früh auf den Hook des Receivers vor ihm und lässt in seinem Rücken Sooners WR Hollywood Brown einen langen Post gegen einen hilflosen CB komplettieren:

Im folgenden Play einer von den vielen verpassten Tackles. Oft geht Robinson überaggressiv nach vorne oder wrapt den Ballträger nicht, hier ist es in anderer Hinsicht ein völlig falscher Winkel. Ja, der Ballträger ist Hollywood Brown, aber come on, der war nun wirklich an die Seitenline gepinnt und hatte wenig Optionen. Schlechte Technik:

Dass er es durchaus kann, beweist Robinson immer wieder. Burst und Härte der Hits sind ziemlich verlockend. Er muss halt disziplinierter werden. Wenn er doch nur immer so calm und dennoch entschlossen wäre wie hier gegen Sooners RB Kennedy Brooks:

Fazit: Kenny Robinson ist nicht nur eine einzigartige Draft-Geschichte, sondern auch ein hochinteressanter Prospect, der auf vielen Draftseiten völlig unter dem Radar läuft und voraussichtlich in den mittleren Runden noch auf dem Board stehen dürfte. In solchen Regionen findet man echte Centerfielder-Ballhawks in der Regel nicht mehr. Robinson hat seine Mängel und Unzulänglichkeiten, aber wenn ich in der vierten Runde die Chance auf so viel Upside plus Produktion plus Erfahrung in einer qualitativ nicht unbedingt schlechten Profiliga bekomme, ich würde zugreifen. Vielleicht sogar schon eher. Für mich knapper Top 100 Prospect.

 

Weitere interessante und unterschiedlich einsetzbare Safety-Prospects im Kurzportrait:

Terrell Burgess, Utah, Senior (5’11, 202, Arms 29 1/2)
(40: 4.46 // Bench: 20 // Vert: 33.5 // Broad: 122)

Nur ein Jahr Startererfahrung in der Utes Defense, doch das merkt man nicht unbedingt. Spielte als tiefer Safety two-deep (mit überraschend viel Cover 2) oder im Slot, dagegen selten single-high. Fluider Athlet mit guten Bewegungen übers Feld. Exzellente Instinkte, herausragender Football IQ (und wohl auch sonstiger IQ, wie man liest). Als tiefer Safety nicht ganz die gewünschte Range, wirkt etwas nach fehlender Explosivität (was die Sprung-Werte untermauern). Kein besonderer Plant Foot, nicht der explosivste Drive nach außen. In Man Coverage vom Slot stark: Sauberes Footwork, gute Turns, nutzt geschickt Leverage gegen größere WR, sucht stets den Ball. Quickness und Richtungswechsel ausreichend, muss hier aber seinen fehlenden Burst/make-up Speed ausgleichen und ist nach guten Breaks von wendigen WRs teils etwas zu weit weg. Erfahrung in Off, Press und Bump & Run. Allerdings keine prominenten Ball Skills und schlechte Hände (insg. nur 1 INT). Versteht Zone-Konzepte und Route-Kombinationen, nur selten nicht an der richtigen Position. Grundsätzlich extrem sicherer und technisch sauberer Tackler, der kontrolliert ankommt und Wrap-Up Tackles bevorzugt. Teilweise leichte Tendenz zu Ankle-Tackles, funktioniert meist gut, aber manchmal eben auch nicht (s. beim entscheidenden langen TD von C.J. Verdell im Pac-12 CG gegen Oregon). Lösen von Blocks mäßig, kleine Statur und sehr kurze Arme helfen da natürlich nicht. Insgesamt kein extrem physischer Spieler. Bisschen mehr Playmaker wäre wünschenswert.

Fazit: Burgess projectet vor allem als Slot Defender und Nickel-Safety in Big Nickel Packages. Mit seiner herausragenden Spielintelligenz und vielseitigem Einsatz in verschiedenen Coverages könnte er schnell das Feld sehen. Wird wohl nie der spektakulärste Spieler, aber einer, der unauffällig seinen Job macht. Darauf kommt es in der heutigen Pass Defense eben auch an. Mid/late 3rd.

 

K’Von Wallace, Clemson, Senior (5’11, 206, Arms 31)
(40: 4.53 // Shuttle: 4.15 // Cone: 6.76 // Bench: 18 // Vert: 38 // Broad: 133)

Kein Spieler der Clemson-Defense hat sich zwischen 2018 und 2019 so verbessert. 2018 einer unter vielen, 2019 ein Difference-Maker. Spielte in DC Brent Venables variablem Scheme zunächst jede mögliche Safety-Position (FS, SS, single-high, two-deep, Slot, teilweise sogar Box LB), 2019 wurde er dann mehr auf die Nickel-DB Rolle festgezurrt und blühte richtig auf. Kompatk gebauter Typ mit passablem long Speed, starken Explosion-Werten und einer exzellenten Cone-Zeit, die noch etwas über sein Potenzial verrät (s.u.). Kann variable Aufgaben von Nickel/Overhang aus gleichermaßen stark ausfüllen: Sehr gefährlicher Blitzer, der mit ordentlich Burst ohne zu Zögern anschießt, auch als Run Blitzer (wenn Play auf die andere Seite mit gutem Pursuit). Extrem sicherer und sauberer Tackler, einer der besseren der Klasse, verpasst wenig Tackles, insbesondere nahe der LOS. Gute Tackling Form, durchaus physisch im Kontakt, wenngleich er nicht die größte Power hat. Insgesamt wirkt er explosiv und spielt mit schnellen Reaktionen, die es ihm u.a. erlauben, pullende OL oder blockende WR zu umgehen. Stark gegen WR Screens. Sticky in Man Coverage underneath, lässt sich von größeren WRs oder TEs keinesfalls einschüchtern. Spielt größer als er ist. Während der Routes und am catch-point sehr viel Hand- und Armeinsatz, oft an der Grenze des Erlaubten. Probleme bei tieferen Routen von Slot WRs, hier verliert er bei Transition/Turn und Beschleunigung daraus zu viel Schwung. Wird dann teilweise grabby. Nicht die beweglichsten Hüften in space. Aber: Exzellente Cone-Zeit als Indiz, dass das keine reinen athletischen, sondern technische Limitationen sind. Evtl. helfen leichte Adjustments in Footwork und Körperhaltung? In Zone Coverage grundsätzlich mit guter Awareness, insbesondere in short Zone. Driftet zurück und schließt instinktiv Wurffenster. Keine besonderen Ball Skills, in einigen Plays ziemliche stone Hands. Spielt mit hoher Intensität.

Fazit: K’Von Wallace projectet aus meiner Sicht als idealer Big Nickel Slot DB, der gerade underneath und nahe der Line of Scrimmage gegen den Lauf, Pass und beim Blitzen seine Stärken hat. Eignet sich für Man Coverage, muss für tiefere Verantwortlichkeiten aber noch sein angedeutetes athletisches Potenzial ausschöpfen und seine Hände bei sich behalten. Underrated Safety Prospect, allerdings hat er aus meiner Sicht nur in einer Rolle ein hohes Ceiling für die NFL. Als Slot DB 3rd round pick (Tendenz sogar früh für mich), für andere Positionen eher 3rd day pick.

 

Brandon Jones, Texas, Senior (5’11, 198, Arms 30 1/8)
(No combine workout)

Brandon Jones verfolge ich wohlwollend schon eine Weile und habe 2017 und 2018 für ihn die Trommel gerührt. In der Vorschau zum Red River Shootout 2018 gegen Oklahoma habe ich ihn mal etwas genauer vorgestellt (inklusive bewegter Bilder). Aber wie es so oft ist, wenn ein Spieler zu lange im College spielt, tritt fast eine Art Gewöhnung ein. Drei Jahre Starter bei einem Top-Programm. Spielte 2018 noch öfter als tiefer Safety (im Longhorns Quarters-Look neben Caden Sterns), 2019 dann mehr im Slot, was ihm entgegenkam. Guter straight-line Athlet mit starkem Burst, allerdings nicht der beweglichste Safety. Spielt wesentlich physischer, als seine Statur nahelegt. Nahe der Line of Scrimmage instinktiv gegen Pass und insb. Lauf. Schießt nach vorne (netter closing Speed!) und tacklet grundsätzlich sehr sicher. Ein paar zu viele Ankle Tackles, aber durch gutes Timing klappts meist. Stark im Lösen von Blocks, kommt mit Schwung und guter Leverage und schiebt Blocker regelmäßig zurück. Dabei beweist er gute long Arm-Technik, obwohl er gar keine langen Arme hat. In Man Coverage funktional, allerding keine besonders fluiden Hüften und Richtungswechsel. Footwork wirkt teils etwas staksig, anfällig gegen double Move Routes. Als tiefer Safety mit grundsätzlich guten Instinkten, immer mal wieder ein überraschendes Play auf den Ball (allerdings sicher kein Ballhawk). Break nach vorne okay, muss allerdings Timing verbessern, dass er nicht vor dem Ball beim WR einschlägt. Effizienz nimmt zu, je näher er am Geschehen spielt. Extrem tough und erfahren, Leader der Defense.

Fazit: Brandon Jones projectet am ehesten als Strong Safety, da er hinten seine größten Stärken nicht so gut ausspielen kann und im Slot gegen quicke Slot WRs in Man Probleme haben dürfte. Wäre vor einigen Jahren noch höher gegangen. Grundsätzlich aber kein eindimensionaler Typ, für den es auch in der heutigen NFL Verwendung geben sollte. Aus meiner Sicht Starterpotenzial. Late 3rd, eher early 4th.

 

J.R. Reed, Georgia, redshirt Senior (6’1, 202, Arms 32 1/2)
(40: 4.54 // Bench: 15 // Vert: 34 // Broad: 130)

Sehr lange und ereignisreiche College-Karriere. Über SMU (Grayshirt) und Tulsa ging es zu Georgia, wo er nach einem Transferjahr dann drei Saisons startete und der unumstrittene Leader der Secondary war (2019 Finalist für den Thorpe Award als bester DB des Landes). Mit 24 Jahren ein älterer Prospect. Vater ist übrigens der langjährige NFL-Receiver Jake Reed (v.a. Vikings).
Reed war in den letzten Jahren einer meiner Lieblingsspieler, den ich über ein Dutzend Mal auf meinem Blog beworben habe, weil er einfach sehr verlässlich unterwegs ist und man ihm seine Spielintelligenz und Film Room-Erfahrung förmlich ansieht. 2018 schrieb ich mal: „Dahinter steht mit J.R. Reed ein hervorragender Safety, der in der Safety-reichen SEC leider ein wenig untergeht. Nicht flashy, wahnsinnig sound und immer da, wo er sein soll.“
In seiner letzten Saison hat er dann auch endlich ein wenig die Anerkennung bekommen, die ihm zu lange versagt blieb. Zusammen mit Richard LeCounte in den letzten zwei Jahren eines der besten und unterschätzen Safety-Duos im College Football.

Reed hat einen durchschnittlichen Safety-Körperbau mit sehr langen Armen und zeigte bei der Combine passable Athletik, da hatten sicherlich einige mit schlechteren Werten gerechnet. Er spielte überwiegend tiefer Safety in two-deep und single-high sowie Strong Safety, seltener im Slot. Mag ihm besonders, wenn er das Play vor sich hat und lesen kann. Gegen den Pass oft schnelle Entscheidungen, die mit gutem Burst untermauert sind. Vernünftige Range, macht hier den fehlenden Top-Speed mit seinem Play Diagnosing wett. Verleitet QBs zu Würfen in vermeintlich offene Fenster, die er dann schnell schließt (s. gegen Tua im 2018er SEC CG). Exzellente Zone Awareness und Identifizierung von Route-Kombinationen. Lässt sich nur ganz selten auf dem falschen Fuß erwischen, wenig anfällig gegen Play Action. Ball Skills passabel. Am catch point gegen wirkliche Top-WR unterlegen trotz guter Position (bspw. Ja’Marr Chase). Kommt gegen den Lauf schnell downhill, nimmt es physisch mit Blocks auf (allerdings nicht immer erfolgreich). Tackling nicht ideal, zu viele verpasste Tackles: teils zu viel Schulter, teils geht er nicht durch den Spieler, sondern absorbiert den Tackle. In anderen Spielen dann wieder sicher. Zu inkonstant in diesem Bereich. Wenn in Box, sind die Probleme gefühlt geringer. Weniger geeignet für Man Coverage aus dem Slot, hier fehlt es wohl an short-area Quickness. Einige Verletzungen in den letzten Jahren, durch die er allerdings meist durchgespielt hat.

Fazit: J.R. Reed projectet als solider, unspektakulärer deep Safety, der auch mal in der Box spielen kann. Aufgrund seiner Spielzugerkennung macht er sehr wenig Fehler, und seine schnellen Reaktionen führen ab und an zu einem Play. Eher kein Safety, den man mit vielen Man Coverage-Aufgaben betreuen wird. Starterpotenzial (high floor, low ceiling). Hab Reed höher als andere gerankt, aufgrund Alter und Verletzungen allerdings kein Day 2-Player mehr. Early/mid 4th.

 

Antoine Brooks, Maryland, Senior (5’11, 220, Arms 31 1/8)
(40: 4.64 // Bench: 18 // Vert: 34.5)

Und noch ein langjähriger Favorit von mir, den ich 2018 gemeinsam mit seinem Secondary-Kollegen Darnell Savage lieben lernte und die beiden in einem meiner wenigen Hot Takes als eines der besten Safety-Duos des Landes kürte. Immerhin: Savage wurde ein 1st rounder und Brooks könnte in den mittleren Runden gehen. Zumindest keine ganz schlechte Trefferquote für zwei seinerzeit ziemlich unbekannte Safeties.
Brooks ist eher gebaut wie ein undersized Linebacker als wie ein Safety und spielt auch so. Athletik deutet ebenfalls eher in die Richtung mit einer nicht ganz idealen 40 time. Bei den Terps nahm er eigentlich keine klassische Safety-Rolle ein (war eh eine Base-D mit drei nominellen Safeties), sondern eher eine Nickel-S und Overhang-Rolle nahe der Line of Scrimmage. Absolut herausragender Run-Defender mit jeder Menge Physis und Toughness. Überraschend starke Technik beim Lösen von Blocks (hierin einer der besten S der Klasse) trotz vergleichsweise kurzer Arme. Sehr viel Power im Oberkörper, starker initial punch. Nahe der Line of Scrimmage mit vernünftiger lateraler Quickness dank solidem Footwork und einer Nase für die Play-Entwicklung. Im Kontakt ein echter Enforcer mit teils knüppelharten Tackles. Dabei starke Verbesserung gegenüber 2018, da er kaum noch Tackles verpasste. Passable Tackling Range. Erfahrung als QB Spy. Physischer Blitzer, der dem RB einiges abfordert. In underneath Coverage gegen TEs gar nicht so schlecht: nicht unbedingt viele Plays auf den Ball, aber sichere Tackles vor dem 1st down. In Zone Coverage okay, kommt mit immerhin durchschnittlichem Pedal halbwegs schnell an seinen Spot. Für Man Coverage fehlt ihm deutlich die change-of-direction. Dreht sich bei tiefer Coverage zu selten um und spielt immer den Gegner. Insgesamt sehr energetischer und aggresssiver Spieler, von dem man sich leicht anstecken lässt.

Fazit: Antoine Brooks‘ Projection für die NFL ist nicht eindeutig und könnte ihn ein wenig weiter fallen lassen. Stark nahe der Line of Scrimmage (gerade von der Slot-Position), doch werden seine Coverage-Fähigkeiten in der NFL nicht ausreichen. Monströser Tackler mit deutlichen Schwächen im open field. Dürfte als reiner Strong Safety betrachtet werden mit viel Potenzial in den Special Teams. Für mich Kandidat ab der 4th round, bei anderen ist er eher später gelistet (was ich aufgrund der Projection durchaus verstehen kann). Not a player for everyone.

 

Geno Stone, Iowa, Junior (5’10, 207, Arms 29 1/4)
(40: 4.62 // Bench: 12 // Vert: 33.5 // Broad: 116)

Stone startete eineinhalb Jahre in der Hawkeyes-Defense. Leicht undersized, kompakt gebaut, dazu absolute Miniarme. Testete bei der Combine in allen Bereichen ziemlich mau. Wenn schon kein Speed, hätte man sich bessere Explosion-Werte vorgestellt. Immerhin wirkt er auf dem Feld quicker und mit einem gewissen Burst ausgestattet.
Meist als einer von zwei tiefen Safeties im traditionell Zone-lastigen Scheme eingesetzt (einige Cover-2 und Quarters, oder einer der beiden Safeties geht in Cover 3 nach vorne in die Hook Zone oder als Buzz). Wenig Erfahrung im Slot und in Man Coverage. Wie so viele Defensive Back der Hawkeyes-Schule von DC Phil Parker in Sachen Spielzugerkennung und Instinkte hervorragend ausgebildet, und er sticht hier noch einmal heraus. Auf kaum einen mid-round Safety passt der Begriff „quick trigger“ so gut, trotz der körperlichen Limitationen. Erkennt den Spielzug vor ihm und ist auch schon da. Al tiefer Safety keine besondere Range, weder zur Seitenlinie noch im Tackling, muss also viel über Antizipation lösen. Solider Pedal, gewinnt mit verschiedenen techniekn notfalls schnell Tiefe. Herausragende Zone-Instinkte, insbesondere bei Route-Kombinationen. Trifft die richtige Entscheidung und verleitet zu riskanten Würfen in nur teilweise offene Fenster. Allerdings weniger der Big Play Guy mit den top Ball Skills, eher derjenige, der mit dem Catch beim Tackle ist. Für mehr spielt er teilweise zu reaktiv. Diszipliniert am catch point, gerät selten in Panik. Aus tiefem Alignment starker Break auf das Play, kommt gegen den Lauf oder bei kurzen Pässen mit Yards after Catch in guter Lane energisch downfield. Break aus dem Pedal oder Shuffle mit deutlich weniger Dynamik und Explosivität (hier kein ausgeprägter plant foot & Burst). Grundsätzlich guter Tackler mit vielen Tackles für einen meist tiefen Safety (70), hier machen sich allerdings die Defizite in Power bemerkbar (gibt öfter noch 1-3 Yards im Kontakt ab). Kaum Erfahrung in Man Coverage und wirkt auch nicht geeignet dafür.

Fazit: Geno Stone ist ein Spieler, dem man die Daumen drücken muss, weil er sich athletisch nahe am Todesurteil für DBs entlanghangelt (klein, langsam, keine Top-Explosion) und so viel über Spielzugerkennung, die richtige Positionierung und Einsatz im Run Game löst. Ich sehe durchaus seine Qualitäten, tue mich aber in Sachen NFL-Projection ein wenig schwerer als andere. Für mich kein Day 2-Prospect, sondern im Bereich late 4th/early 5th. Würde mich allerdings auch nicht wundern, wenn er in der NFL besser produziert und eine längere Karriere hat als einige vor ihm gepickte Safeties.

 

Je weiter man in die mittleren und späten Runden schaut, desto mehr findet man traditionell eher die Box-Safeties mit Stärken im Run Support und Tackling, die zumeist Schwächen in der Coverage oder zumindest athletische Limitationen für NFL-Coverages aufweisen. Solide Kandidaten wären hier etwa ein Alohi Gilman von Notre Dame (Navy Transfer), ein instinktiver harter Tackler mit funktionaler Coverage, die gegen bessere Teams und bessere Receiver aufgrund seiner deutlichen Limitationen in change-of-direction und Burst aber zu oft sichtbar gemacht worden sind. Oder ein Daniel Thomas von Auburn, der noch unausgeschöpftes athletisches Potenzial aufweist, dies in Coverage jedoch noch nicht konstant aufs Feld bringen konnte. Ansonsten ein Typ, den ich aufgrund seiner Toughness und seines aggressiven upfield Spielstils durchaus schätze. Tiefe Safeties mit Stärken in der Pass Coverage finden sich in diesen Regionen seltener. Ein zweifellos interessanter Kandidat zum weiteren Entwickeln ist Julian Blackmon von Utah, der nach zwei Saisons als guter starting CB der Utes als Senior auf Safety wechselte und dort durchaus als Playmaker auftrumpfte. Er ist mit der Position und den Aufgaben noch nicht final vertraut (Eye Discipline, Entzifferung der Routen, Timing bei Breaks etc.), aber bringt hier einiges an Potenzial und eben die Cornerback-mäßigen Ballhawk-Skills mit.

Weitere Safety-Prospects aus den tieferen Runden werden dann im Sleeper-Beitrag vorgestellt.

3 Gedanken zu „Die Safety-Klasse im Überblick

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