Don’t sleep on… (4) – MLB-Edition

Es ist nie eine gute Idee, Blogeinträge zu lange aufzuschieben. Man verliert schnell die Lust, doch noch das aufzuschreiben, was man eigentlich schon eine Woche vorher (oder so) geplant hatte. Außerdem sind in der Zwischenzeit wieder Ereignisse oder Gedanken dazugestoßen, über die man viel lieber schreiben würde. So ging es mir mit der nächsten Don’t sleep on…-Folge. Jede Woche hatte ich Lust, doch wieder andere Spieler vorzustellen – was ich dann aber auch nicht realisierte. Daher schreibe ich nun exakt das, was ich eigentlich schon vor einigen Wochen geplant hatte.

Es gibt dieses Jahr so viele Off-Ball-Linebackers wie selten zuvor, die mich begeistert haben. Selbst in meinen beiden Conferences Big 10 und MAC fallen mir bestimmt 10 LBs ein, die eine Erwähnung verdient hätten. In diesem Sinne schränke ich mich hier noch weiter ein und befasse mich mit drei Middle Linebackers, die allerdings sehr unterschiedliche Profile aufweisen.

 

LB Devin Bush, Michigan

Bush ist ein true Sophomore und 1st year starter als der Wolverines MLB und tritt in die Fußstapfen von Ben Gedeon (nun Vikings). Während Gedeon eher den klassischen MLB verkörperte, ist Bush ein Spieler, den man auf allen drei LB-Positionen einsetzen könnte. Letzte Saison war er beispielsweise der WLB-Backup.

Bush ist deutlich undersized (angegeben mit 5’11, 227, also vor allem klein), weswegen man ihn eher auf einem der OLB-Spots vermuten würde, aber als MLB kommt seine extreme Range am besten zur Geltung. Bush ist ein echter Sideline-to-Sideline-LB aufgrund seines Speeds, seiner lateral Quickness und nicht zuletzt seines Bursts. Immer wieder explodiert er in den Gegner hinein. Bush tacklet – insbesondere für seine Größe – sehr hart. Er ist allerdings ein wenig „edgy“: immer nah an der Grenze des Erlaubten und manchmal eben auch drüber.

Grundsätzlich erkennt Bush die Plays gut und reagiert schnell. Aufgrund seines Speeds und seiner Aggressitvität kommt es allerdings ab und an zu Overpursuing, mit dem er sich selbst aus dem Spiel nimmt, auch ein verpasster Tackle kommt mal vor.  In der Box spielt er grundsätzlich jedoch bemerkenswert physisch upfield und lässt sich nicht allzuoft aus dem Spielzug blocken. Block shedding ist (erneut: in Anbetracht seines Körperbaus) absolut okay. Zudem ist er ein unterschätzter Blitzer. Seine Coverage-Skills bekommen bislang zu wenig Beachtung, auch hier setzt er seine lateral Quickness und Change-of-Direction-Skills effizient ein.

Bushs Stats lesen sich extrem gut: Er hat mit Abstand die meisten Tackles in der Wolverines-Defense (aktuell 77, der nächste Spieler hat 57), darunter 9,5 Tackles for Loss und 5,5 Sacks. Dazu verbuchte er 7 Pass Deflections, was seine angesprochenen Stärken in der Coverage unterstreicht.

Ich halte ja allgemein von Highlight-Videos recht wenig, aber in Anbetracht der Tatsachen, dass es von Bush noch nicht extrem viel zu finden gibt und dass Draftbreakdown nun eh in den Bezahlmodus gewechselt ist, verlinke ich die Highlights aus dem Saisonauftakt gegen Florida (sein erstes Spiel als Starter). Da blitzt schon einiges an Talent auf. Macht Bush so weiter, ist er meiner Meinung nach auf dem Weg zum Superstar:

Devin Bush Highlights vs Florida

 

LB Skai Moore, South Carolina

Moore ist ein redshirt Senior, also bereits im fünften Jahr am College. Er startete seine ersten drei Jahre, fiel dann aber 2016 mit einem Bandscheibenvorfall im Nacken komplett aus, nahm ein Redshirt und ist daher für eine letzte Saison zurück in der Defense der Gamecocks.

Moore spielt dieses Jahr zugegebenermaßen gar nicht mehr auf der MLB-Position, tat das aber in den Jahren vor seiner Verletzung. Ich habe schon länger ein Auge auf ihn geworfen, für mich war er der beste Coverage-(M)LB der Saison 2015. Moore fing bislang 13 Interceptions in seiner College-Karriere ab, eine fehlt ihm noch zum (geteilten) School Record – eine unglaubliche Leistung für einen Linebacker. Aber auch sonst sehen seine Stats hervorragend aus: Er führte die ersten drei Jahre das Team in Tackles an (auch als true Freshman), befindet sich diese Saison aber in einem engen „Battle“ mit dem aktuellen MLB T.J. Brunson.

Moore ist ebenfalls undersized, aber anders als Bush: Mit angegebenen 6’2, 218 ist er eher groß und schmal – und wirkt auch ein wenig so. Seine größte Stärke sind aus meiner Sicht seine erstklassigen Instinkte. Er erkennt Plays schnell, reagiert entsprechend und hat aufgrund seiner Athletik eine große Range. Gegen den Lauf bewegt er sich gut durch Traffic und tacklet recht sicher, ihm geht aber oft eine gewisse Physis und Aggressivität ab (eher der Typ Wrap-up-Tackler), wenngleich sich das diese Saison in den Spielen, die ich gesehen habe, schon verbessert hat. Aufgrund seiner Statur und (möglicherweise) fehlenden Power löst er sich nicht übermäßig gut von Blocks und kann von O-Linern entsprechend kontrolliert werden. Er kann Blocks aufgrund seiner Quickness einigermaßen gut ausweichen, manchmal aber auch zu seinem Nachteil. In diesem Sinne könnte er auf OLB eventuell besser aufgehoben sein (oder muss vor sich eine starke Line haben, die ihm die O-Liner vom Hals hält). Er ist auch weniger der Gap Shooter als etwa ein Devin Bush.

Das Highlight sind aber seine angesprochenen Coverage-Skills. Er hat (beinahe) die beweglichen Hüften eines Safetys, die es ihm erlauben, TEs, RBs und ab und an sogar Slot WR in Man Coverage zu nehmen (was er nun als OLB häufiger tut). Sein Backpedal wirkt sehr sauber. Für einen LB verfügt er über sehr sichere Hände. Aber auch hier ist es vor allem die Spielintelligenz, die begeistert. Gerade in Zone Coverage zeigt er immer wieder während der Plays ein hervorragendes Verständnis davon, inwiefern (etwa wenn der QB aus der Pocket scramblet) er seine Zone anpassen muss. Liest die Augen des QBs.

Verstehe nicht ganz, warum Moore – gerade aufgrund seiner Coverage Skills – nicht mehr im medialen Fokus steht, auch in Richtung NFL Draft. Die Evolution der TEs hat dazu geführt, dass undersized Linebacker oder große Safeties mit Coverage Skills sehr gefragt sind (und immer öfter S/LB-Hybrid-Rollen einnehmen). Moore wäre aufgrund seiner erstaunlich guten Technik in Coverage theoretisch ein Idealkandidat als MLB für eine Tampa-2 mit schweren D-Tackles. Da dieses Defensivsystem gerade nicht übermäßig in Mode ist, werden ihn viele Teams auf WLB und als Nickel-Linebacker sehen. Warten wir mal ab…

Zu Moore findet man einiges mehr in den Weiten des Netzes. Hier eine seiner Interceptions dieser Saison gegen Kentucky, als er in die Mittelzone droppt und exzellent die Augen des QBs liest: Skai Moore INT vs Kentucky

Und als Anspieltipp für ein ganzes Skai-Moore-Spiel der Saisonauftakt 2015 gegen North Carolina (noch als MLB): Skai Moore vs UNC 2015

 

LB Khalil Hodge, Buffalo

Ein Spieler aus der MAC muss immer dabei sein, und diesmal fällt die Wahl auf einen meiner Bulls, Khalil Hodge. Hodge spielte Highschool Football in California, erhielt aber kein einziges Offer eines FBS-Colleges. Daher entschied er sich zunächst für ein Jahr Junior College in San Francisco und zog dabei das Interesse der Bulls auf sich. Eine Entscheidung, die sich mehr als bezahlt machen sollte: In seiner ersten Saison 2016 gelangen ihm 123 Tackles, zwei weniger als der School Record. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Diese Saison knackte er die Marke bereits im drittletzten Saisonspiel. Und wer weiß, eine Saison hat er ja noch vor sich, um seinen diesjährigen Rekord zu jagen…

Hodge hat die Statur (6’1, knapp 240) und den Spielstil eines klassischen Thumpers. Er liest den Spielzug gut, steht in der Mitte und macht den Tackle. Immer und immer wieder. Nicht unbedingt spektakuläre Hits oder Highlight-Tackles, aber eben eine echte Tacklemaschine. In diesem und im letzten Jahr hatte er jeweils vier Spiele mit über 15 Tackles, dieses Jahr gab es überhaupt nur zwei Spiele, in denen er weniger als 10 Tackles hatte. Mit 128 Tackles (nach 10 Spieltagen) ist er der zweitbeste Tackler des Landes.

Hodges größte Stärke neben dem sicheren Tackling ist das Block shedding. Er kann sich mit seiner Armarbeit und seiner Power die gegnerischen O-Liner sehr gut vom Leib halten und wird daher selten(er) aus dem Spielzug geblockt, sondern ist gefühlt immer beim oder am Tackle.

Hodge ist sicherlich nicht der größte Athlet und hat keine Range von Sideline to Sideline. Aber er ist in Sachen laterale Beweglichkeit zumindest funktional und hält seinen Bereich des Feldes unter Kontrolle. In Man Coverage wird er kaum eingesetzt, in den kurzen Zonen stellt er sich gar nicht so schlecht an (und konnte nebenbei vor einigen Wochen seine erste Interception fangen).

Ich glaube, dass Hodge trotz seiner Limitationen eine Chance auf die Pros hat. Gerade als 3-4 ILB könnte ich ihn mir gut vorstellen. Er ist sicherlich kein Star und wird auch kein besonders hoher Draftpick sein, aber auch solche Oldschool-Typen könnten bei der langsamen Wiederentdeckung des Running Games in der NFL an Attraktivität gewinnen.

Von den Bulls und ihren Spielern gibt es traditionell wenig zu finden, daher kann ich weder mit einem Cutup- noch mit einem Highlight-Video aufwarten. Immerhin gibt es das Spiel der Bulls gegen P.J. Flecks Minnesota Golden Gophers als Komplettversion. Hodge machte gegen eine Power-5-Laufoffense 20 Tackles, von daher kann man in beinahe jeden Gophers-Drive schalten. Ich habe mich gleich für den ersten entschieden, in dem er bei allen vier Plays in irgendeiner Form beteiligt war:

Khalil Hodge vs Gophers: 1st drive