Vorschau Woche 6: Von roten Flüssen und Verteidigungsschlachten

Ich verrat euch was Persönliches: I am pumped! Und zwar so wie schon lange nicht mehr. Wenn man ehrlich ist, wurde der College Football in den letzten Jahren immer eintöniger. Kaum größere Überraschungen, immer dieselben Teams an der Spitze ihrer Conferences, und aus rein sportlichen Gründen konnte man letztlich mit wenigen Ausnahmen aufs Ende der Saison warten.

Natürlich habe ich die Saisons intensiv begleitet, wie ihr ja auch auf diesem Blog und bei Twitter nachvollziehen konntet. Doch tat ich das mehr aus einer Analystenperspektive und etwas Chronistenpflicht. Und der gewichtigste Grund: Ich merkte, wie stark das Interesse am College Football in diesen Regionen der Erde gestiegen ist. Das wollte ich nach besten Möglichkeiten begleiten und fördern.

Diese Saison aber hat meine kindliche Begeisterung für den Sport wieder ein wenig aufleben lassen. Ich fiebere auf die Wochenenden hin wie lange nicht mehr. Damit ist zwar nicht gesagt, dass sich nicht doch wieder die üblichen Verdächtigen am Ende der Saison um die National Championship streiten. Kann durchaus sein. Aber der Weg dahin wirkt bislang doch steiniger und unwägbarer. Es macht einfach gerade unglaublichen Spaß.

Wie ich in der letzten Vorschau ausführte, hat das meiner Meinung nach auch mit der speziellen (Post-)Corona-Situation und den Super Seniors zu tun. Daher bin ich eher skeptisch, dass es sich hierbei um eine Entwicklung hin zu einer ausgeglicheneren College-Landschaft handelt. Aber ganz egal, immerhin spüre ich seit längerem diese Magie wieder, die mich über Jahrzehnte in den Bann dieser Sportart gezogen hat. Gotta love College Football.

Seltsamerweise kann ich mich dennoch gerade eher schwer motivieren, Previews zu schreiben. Die an Spitzenspielen beteiligten Teams wiederholen sich ja trotzdem – und das Wissen der Leserschaft ist so viel größer geworden in den letzten zwei Jahren, dass ich ja nicht jedes Mal von Neuem die wichtigsten Spieler der Topmannschaften auflisten muss. Daher experimentiere ich gerade ein wenig herum. Letzte Woche habe ich mich auf schematische und taktische Finessen konzentriert. Das geht allerdings nicht jedes Mal, da das mit einem nochmaligen erheblichen Mehraufwand verbunden ist, den ich nicht immer leisten kann. Die Previews nehmen schon in ihrer Grundform sehr viel Zeit.

Diese Woche versuche ich mich auf anderem Wege von der klassischen Struktur der Vorstellung der Teams oder der Gegenüberstellung der Offenses und Defenses zu entfernen.

Auch wenn ich weiß, dass ihr eine schreibfaule Leserschaft seid, die ungern Feedback hinterlässt: Schreibt mir ruhig mal eure Präferenzen hier runter (oder kommentiert es bei Twitter). Irgendwie brauche ich neue Impulse.

Nun aber zu den Spielen. Und die haben es sowohl ganz oben als auch ganz unten in sich. Vor ziemlich genau drei Jahren titelte ich in einer Preview „Von roten Flüssen und Verteidigungsschlachten“. Das passt für diesen Spieltag so gut, dass ich die Überschrift kurzerhand recycle.

#6 Oklahoma Sooners (5-0) vs. #21 Texas Longhorns (4-1)
(in Dallas, 18:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit; bei ranCollege und DAZN)

Red River time! Natürlich steht das legendäre Duell von Oklahoma und Texas mal wieder im Mittelpunkt eines Previews. Wie üblich findet das Spiel im Cotton Bowl in Dallas statt, das in etwa gleich weit zwischen dem Campus in Norman und dem Campus in Austin liegt. Es gibt kaum schönere Bilder aus der Luft, als das Stadion halb in „burnt orange“ und halb in „scarlet“ zu sehen – neben dem Volksfest „State Fair of Texas“.

Normalerweise stimme ich euch bei großen Duellen ja immer mit einem legendären Spiel ein, das bereits ein wenig zurückliegt. Aber da ich weiß, dass der Großteil von euch auf offensive Explosionen und massig Punkte steht, gehe ich dieses Mal nur ein Jahr zurück und verweise auf den instant classic von 2020, als Oklahoma nach vier Overtimes gewann. Stimmt euch also doch nochmal für 15 Minuten ein – es lohnt sich:

In dieser Saison ist die Ausgangslage ein wenig anders als vor einem Jahr. Seinerzeit hatte Oklahoma zwei der ersten drei Spiele verloren und stand unter gewaltigem Druck. Eine Niederlage im Red River und die Big 12-Krone wäre wohl nicht mehr zu erreichen gewesen. Texas hatte sich ebenfalls bereits eine Niederlage eingehandelt – gegen TCU, die sie nun in der Vorwoche knapp bezwangen.

Und dennoch knatscht es bei beiden Teams ein wenig. Die Longhorns mussten eine deutliche Klatsche bei Arkansas hinnehmen, die für ein wenig Unruhe sorgte. Und Oklahoma konnte zwar bisher jedes Spiel gewinnen, würgte sich aber gerade offensiv ziemlich einen an. Doch bei beiden Teams konnte ein Aufwind verzeichnet werden, der substanziell mit den beiden Angriffsreihen zu tun hat.

Offensive Veränderungen Sooners

Beginnen wir bei den Sooners. Dort klappte über mehrere Spiele wenig. QB Spencer Rattler wirkte deutlich verunsichert und fiel wieder in die Leistungen zu Beginn der 2020er Saison zurück. Ungewöhnlich viele Fehler und schlechte Entscheidungen führten dazu, dass man vor zwei Wochen aus dem Stadion Rufe nach dem (hochtalentierten) Backup-QB Caleb Williams vernehmen konnte. Dazu kommt, dass sein deep Ball-Game überhaupt nicht mehr funktioniert. Probierte er es in den ersten Wochen noch – wenngleich recht erfolglos und inakkurat – nahm er diese Option mehr und mehr aus dem Programm der Sooners Offense.

HC Lincoln Riley bewies erneut, was für ein starker Playcaller er ist, und stellte die Offense notgedrungen um. Gerade letzte Woche setzte er auf ein kurzes und mittleres Passspiel, das Rattler Selbstvertrauen geben sollte. Dies beinhaltete erstaunlich viele Pässe über die Mitte mit Mesh-Plays und Crossern, die Rattler ziemlich genau bedienen konnte. Den Sooners mag aktuell ihre Big Play-Affinität abgehen, aber so sieht das verhältnismäßig gut aus. Jadon Haselwood, Michael Woods und der kleine Mario Williams machen sicheren Raumgewinn, und Marvin Mims sorgt mit seinem Speed dafür, dass die Safeties nicht zu sehr underneath committen. Zudem setzt Riley in seiner üblichen 2-Back-Spread vermehrt auf die beiden H-Backs Jeremiah Hall und Brayden Willis, die er gerne aus dem (oder ins) Backfield in Motion schickt und mit denen er kurze Zonen der Verteidigung überfordert.

Auch das Run Game um die RBs Kennedy Brooks und Eric Gray konnte sich etwas erholen. Hier fand ich, dass Riley variablere Run- und Block-Konzepte callen ließ, die der Offense zugutekamen. Sicherlich ist ein Spiel gegen Kansas State noch kein Beweis für eine konstant verbesserte Offense, doch der erste Schritt ist getan.

Kann die Defense der Longhorns dagegenhalten? Die vielen Misdirections, Motions, RPOs und Playactions werden ein guter Test für OLB DeMarvion Overshown sein, der mittlerweile als hoher Draftpick gilt (Ex-Safeties auf Linebacker werden immer attraktiver), von dem ich aber immer noch nicht restlos überzeugt bin, gerade was die Tackling-Skills betrifft. Vielleicht straft er mich ja Lügen? Die Secondary der Longhorns schätze ich grundsätzlich talentiert ein, wobei ich glaube, dass man da noch mehr rausholen könnte bei CBs wie D’Shawn Jamison und Josh Thompson sowie einem Safets vom Kaliber eines B.J. Foster, doch wie gut werden sie das underneath und intermediate Pass Game kontrollieren können? Diszipliniertes Tackling wird hier besonders gefragt sein.

Offensive Veränderungen Longhorns

Bei den Longhorns lässt sich der offensive Aufschwung der letzten Wochen an einer Personale festmachen: Seitdem der mobilere QB Casey Thompson für den anfänglichen Starter Hudson Card reinkam, funktionieren alle Units deutlich besser. Ich hatte es hier ja schon vor ein paar Wochen angesprochen: Ich habe nicht verstanden, wie man Thompson nach dem Saisonende 2020 nicht den ersten Shot auf den Starterposten gibt. Klar, HC Steve Sarkisian ist neu und hat womöglich andere Vorstellungen, aber ein mobilerer Quarterback gibt bei in etwa gleichen Passing-Leistungen dieser Offense doch deutlich mehr.

Wobei man natürlich auch sagen muss, dass es aktuell fast egal ist, wer da hinter dem Center den Ball entgegennimmt, wenn man einen solchen Gamebreaker wie Bijan Robinson im Backfield hat. Ich mag den Stil einiger anderer Top-Runner (Tank Bigsby!) persönlich lieber, muss aber dennoch eingestehen, dass es gerade wohl keine bessere Offensivwaffe im College Football als Robinson gibt. Als Illustration einer der besten Runs der bisherigen Saison. Das Footwork ist einfach Wahnsinn, die Beschleunigung daraus und die allgemeine Fluidität exzellent.

Bijan lief 35 mal gegen TCU (für 216 Yards und 2 TDs), und ohne Sark da irgendetwas vorschreiben zu wollen, würde ich ihn gegen Oklahoma etwas anders einsetzen: Die Sooners Defense ist in der Mitte der Defense mit DT Perrion Winfrey und den LBs DaShaun White, Brian Asamoah und David Ugwoegbu gegen den Lauf ganz gut aufgestellt, dazu kommt noch all-aroung Playmaker OLB/EDGE Nik Bonitto. Womit diese Unit aber größere Probleme hatte, waren Pässe auf die Runner, wie K-States quirliger Deuce Vaughn (10 Catches, 104 Yards) letzte Woche offenlegte. Robinson ist nicht nur ein spektakulärer Runner, sondern auch ein exzellenter Receiver, der unglaublich scharfe Routes laufen kann. Warum ihn also nicht etwas mehr als Receiver einsetzen? Könnte mir zudem gut einige 2-Back-Formations vorstellen, da sein Backup Roschon Johnson ebenfalls ein ziemlich guter Runner (kräftig, Power, unterschätzte Athletik) ist.

Wie im Play oben mag ich übrigens die Pistol bei den Longhorns. Daraus konnte QB Thompson einige Male schöne RPOs gerade auf den physischen WR Jordan Whittington (oft als Big Slot aufgestellt) komplettieren, die der mit seiner Athletik veredeln kann. Etwa hier:

Dazu würde ich ein paar tiefe Shots aus Playaction auf speedy Freshman WR Xavier Worthy empfehlen – gerade weil der gegen TCU kein prominenter Teil des Gameplans war. Aber klar ist: Alles beginnt und endet mit Bijan Robinson.

Fazit: Oklahoma ist der Favorit – und das auch zurecht. Doch irgendwie juckt es mich fast, auf Texas zu setzen, wenngleich ich die Defense der Sooners stärker einschätze als die der Longhorns. Doch kann diese abgespeckte Sooners Offense wirklich mit den Big Plays von Bijan Robinson mithalten? Ganz enge Nummr – auf dem Papier einer der spannendsten Red River Shootouts der letzten Jahre. Und das will was heißen.

#13 Arkansas Razorbacks (4-1) @ #17 Ole Miss Rebels (3-1)
(18:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Tja, das war wohl nichts. Ich – und viele andere – hatten die beiden Topduelle in der SEC gnadenlos hochgejazzt, doch letztlich waren die Herausforderer viel zu schwach. Georgia deklassierte Arkansas mit 37-0, und Alabama dominierte Ole Miss wesentlich deutlicher, als es der Endstand von 42-21 suggeriert. Wie es der Spielplan so will, ergibt sich für beide Verlierer die Chance auf Wiedergutmachung in einem direkten Duell.

Da ich beide Teams in der letzten Woche ausführlich inklusive vieler ihrer bevorzugten Schemes vorgestellt habe, verzichte ich in diesem Rahmen darauf. Arkansas wird bemüht sein, ihr variables Laufspiel mit QB KJ Jefferson und die diversen Runner um Trelon Smith wieder in Gang zu bringen, nachdem das von Georgia aber mal sowas von abgewürgt wurde. Da die Defense von Ole Miss größere Probleme gegen das inside Power Running von Alabama um Brian Robinson hatte, ist das eh keine schlechte Herangehensweise. Gerade der kräftige Jefferson könnte als running QB hier für Unruhe sorgen. Zudem wird Star-WR Treylon Burks sich beweisen wollen, nachdem die Bulldogs-Defense ihn bei erbärmlichen 3 Catches für 10 Yards hielt.

Dennoch sehe ich Ole Miss hier vorne. Ich hätte nie erwartet, dass die variable RPO-Offense von HC Lane Kiffin derart abgewürgt werden könnte. Dazu gibt es eigentlich zu viele einzelne Teile, auf die man zurückgreifen kann. Doch Alabama entschied sich für Dauerdruck, der sowohl QB Matt Corral als auch das Laufspiel vor gewaltige Probleme stellte. Das ist eigentlich nicht das Spiel der Razorbacks, die eher ihrer Line um den herausragenden Speedrusher Tre Williams vertrauen, genügend Passrush zu generieren, während der Rest der Defense in engmaschiger Zone sitzt und auf jeden Ballträger oder -fänger sofort downhill reagiert. Corral sollte also etwas mehr Zeit haben, was der gesamten Offense deutlich zugutekommen dürfte. Während die Razorbacks in der Mitte der Defense Vorteile haben mit ihrem extrem aktiven Linebacker-Corps um Grant Morgan sowie Top-S Jalen Catalon, den man als extra Run Defender zählen muss (obwohl er keinesfalls darauf beschränkt ist), sehe ich außen ein paar Vorteile für die Rebels. Besonders gespannt bin ich auf das Duell des physischen YAC-Monsters WR Dontario Drummond gegen Razorbacks CB Montaric Brown, der (auch im Tackling) eine ziemlich gute Saison spielt. Corral sollte jedoch ebenso einige tiefe Shots auf die andere Seite nehmen, wo mit Braylon Sanders und Jonathan Mingo spannende deep threats positioniert sind. Sanders gelang übrigens das wohl einzige Highlight der Rebels gegen Alabama. Verdient hier zumindest nochmal Erwähnung:

Fazit: Die variablere und explosivere Offense von Ole Miss sollte sich hier durchsetzen. Aber aufgepasst, Arkansas wird nach der Klatsche nun wieder gut eingestellt sein und verfügt über einige unterschätzte Waffen in Offense und Defense.

Um 21:30 Uhr ergeben sich ein paar Optionen, doch letztlich sind die nur der Vorgeschmack auf den Kracher, der eine halbe Stunde später erfolgt.

#2 Georgia Bulldogs (5-0) @ #18 Auburn Tigers (4-1)
(21:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Eine der oft vergessenen, aber nichtdestotrotz großen Rivalitäten steht vor der Tür: Deep South’s Oldest Rivalry. Auburn und Georgia treffen bereits zum 126. Mal aufeinander, das erste Duell gab es bereits 1892. Damit ist sie die am zweithäufigsten ausgetragene Rivalität der FBS (hinter Wisconsin-Minnesota). Auf dem Papier handelt es sich um ein echtes Spitzenspiel, wenngleich Georgia glasklar favorisiert ist.

Zweimal in Folge konnten die Tigers enge Spiele auf dramatische Weise gewinnen. Gegen den riesigen Underdog Georgia State tat man sich extrem schwer und überlebte nur dank eines sensationellen Scramble-Drill 4th down Plays von Backup-QB TJ Finley auf WR Shedrick Jackson.

Kein Problem, dachte sich starting QB Bo Nix im nächsten Spiel gegen LSU. Was Finley kann, kann ich schon lange – und doppelt. Sein 4th down Scramble und TD-Pass auf TE Tyler Fromm ist eines der bislang besten Plays der Saison:

Später gelangen ihm noch zwei weitere Wizard-Plays, einmal bei 4th down auf WR Demetris Robertson, einmal bei 3rd down auf TE John Samuel Shenker.

Doch kann man natürlich nicht erwarten, dass solche Plays – auch noch in der Fülle – jedes Spiel gelingen. Auburn konnte so zwei enorm wichtige Spiele gewinnen, aber wie soll das gegen Georgia klappen.

Die grundsätzliche Ausrichtung der Offense bleibt ja gleich: Ein unglaublich starkes Run Game um meinen Crush Tank Bigsby, dem der sensationelle Freshman Jarquez Hunter allerdings mehr und mehr Carries abknüpft. Während Bigsby ja mittlerweile endlich medial die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient, empfehle ich allen, mal einen Blick auf Hunter zu werfen. „Nur“ 3-star true Freshman, jedoch ebenfalls ein special Player.

Kein reiner kleiner Jitterbug, sondern einer, der austeilen kann. Gerne auch zweimal hintereinander gegen denselben Defender, wie er gegen Akron und gegen LSU illustrierte. Witzige Sequenzen:

Mit Bigsby, Hunter und QB Nix müsste Auburn irgendwie gegen Georgia ein variables, unwägbares Laufspiel aufziehen, um eine Chance zu haben. Nur wie? Die Georgia-Front spielt aktuell wie nicht von dieser Welt – oder machen wir es kurz: nahe NFL-Niveau. NT Jordan Davis hat sich noch einmal verbessert. War ja schon zuvor kein reiner space eater, sondern ein recht fußflinker 1-tech, und macht nun zudem einige Plays im Backfield mit guter und vglw. schneller Disruption. Obwohl die Position an Bedeutung in der NFL verloren hat, in dieser Form fast ein Kandidat für die erste Runde. Tja, nun hab ichs ausgesprochen. Neben ihm spielt übrigens auch 5T Travon Walker immer besser auf.

Und dahinter steht dann eben noch die beste ILB-Crew des Landes. Ich habe mich im Laufe der letzten eineinhalb Saisons so hart in Nakobe Dean verknallt, wie ich es bei einem ILB seit – genau – Roquan Smith nicht mehr getan habe. Dean ist der perfekte Mix für einen heutigen Off-Ball Linebacker mit seiner enormen Spielintelligenz und Auffassungsgabe, seinem harten und sehr sicheren Tackling trotz undersized Statur, seiner Range und Athletik zu den Seitenlinien und in die Flats, seiner Coverage-Skills und nicht zuletzt seinem exzellenten Blitzing. Für mich die größte Augenweide auf dieser Position aktuell. Ich bin einfach in love, okay?

Und ich bleibe dabei, dass selbst Channing Tindall, der eigentlich Backup des anderen ILBs Quay Walker ist, ebenfalls einen genaueren Blick verdient hätte. Warten wir mal ab. So oder so, die Line mit diesen Linebackern dahinter (plus Lewis Cine, der meiner Ansicht nach einer der besten runstopping Safeties des Landes ist), wird selbst von Nix, Bigsby und Hunter nur schwer zu bezwingen sein. Ein Blick lohnt sich aber allemal.

Auf der anderen Seite wissen wir mittlerweile, dass Georgia auch ohne QB JT Daniels locker gewinnen kann, indem man einfach Handoff an Handoff reiht und die verschiedenen Runner hinter einer langsam verbesserten O-Line ihr Ding machen lässt. Backup Stetson Bennett musste gegen Arkansas ganze 11 Pässe werfen, den Rest erledigten die Backs. Noch ist nicht gesichert, ob Daniels auflaufen kann oder erneut Bennett ran muss. Wenn letzteres, sollte sich Auburn auf sehr, sehr viel inside Running mit Zamir White und Kendall Milton einstellen, unterbrochen von einigen outside Runs und Catches auf James Cook und Kenny McIntosh. Dann wäre es umso wichtiger, dass LB Owen Pappoe zurückkehrt und gemeinsam mit Zakoby McClain das gewohnt starke Duo in der Mitte bildet. Pappoe ist allerdings ebenfalls noch fraglich. Falls QB Daniels auflaufen kann, sollten die Linebacker und S Smoke Monday etwas stärker in die Coverage der Tight Ends Brock Bowers und Darnell Washington eingebunden werden. Der Unterschied im Playcalling von OC Todd Monken ist doch groß. Mit Daniels werden die Bulldogs wesentlich aggressiver und risikoreicher callen.

Fazit: Georgia rollt momentan über alle rüber – auch in diesem Spiel sollte es nicht knapp werden. Auburn besitzt im Passspiel nicht die Mittel, um diese Monster-Defense zu gefährden. Und irgendwann ist die Magie auch mal vorbei, ein zweites 2013 gibt es nicht.

Weitere Alternativen um 21:30 Uhr:

Boise State Broncos (2-3) @ #10 BYU Cougars (5-0)
(21:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Nur mal kurz eingeworfen, um nicht immer dieselben Teams drin zu haben. BYU hat sich heimlich, still und leise in die Top 10 des AP Polls vorgearbeitet. Das sah nicht immer beeindruckend aus, doch immerhin gelangen den Cougars drei Siege gegen Pac-12 Teams (u.a. die seinerzeit gerankten Utah und Arizona State). Wer gedacht hätte, dass die letzte Saison ein Sonderfall war, der nur mit QB Zach Wilson und dem genial kreativen OC Jeff Grimes zusammenhing, sieht sich zumindest bis jetzt getäuscht. Das Team von HC Kalani Sitake mag noch nicht dieselbe Offensiv-Power haben, dafür springt die Defense überzeugend ein – wie so oft bei den Cougars nicht unbedingt mit ein oder zwei großen Stars, sondern als toughe und gut eingestellte Einheit.

Dennoch: Die Offense scheint sich auch unter dem neuen OC Aaron Roderick (interne Promotion nach Grimes‘ Abgang zu Baylor) langsam zu machen. Die beiden QBs Jaren Hall und Baylor Romney können bisher durchaus überzeugen, die O-Line agiert trotz Abgängen weiter auf recht hohem Niveau (wenngleich nicht mehr 2020er Style). RB Tyler Allgeier ist einer der underrated Backs des Landes, und im Passing hat sich gerade der Transfer von deep threat Puka Nacua (vormals Washington) bezahlt gemacht. Er ergänzt die von 2020 bekannte Skill-Truppe aus Neil Pau’u, Gunner Romney (die Romneys gehören in diesem Bundesstaat einfach dazu) und dem jungen TE Isaac Rex hervorragend.

Boise State befindet sich unter dem neuen HC Andy Avalos im Umbruch, und das merkt man allein an der ungewöhnlich schlechten Bilanz von 2-3. Die Offense kriegt bislang überhaupt kein Laufspiel in Gang und ist extrem abhängig von der – zugegebenermaßen großartigen – Connection von QB Hank Bachmeier auf WR Khalil Shakir. Ich hatte Shakir vor einem Jahr mal als einen der besten Slot-WR des Landes vorgestellt. Mittlerweile muss man fast von Star-Status sprechen, so viele Highlight-Plays, wie er jede Woche produziert. Letzten Spieltag unter anderem das hier:

Neben Shakir ruhen noch ein paar Hoffnungen auf WR Stefan Cobbs, der sich als nette deep threat-Ergänzung gezeigt hat. Doch wird das genug sein? Fraglich.

Immerhin hat Avalos seine Spezialdisziplin Defense bei den Broncos auf dem richtigen Weg. Die geben zwar noch viel zu viele Rush Yards ab (knapp 200 pro Spiel), sind aber in Sachen Big Plays ganz okay unterwegs. Die Secondary um Tackle-Monster S JL Skinner, den erfahrenen S Tyreque Jones und unseren alten Bekannten CB Markel Reed ist ganz gut besetzt. Doch kriegen sie RB Allgeier gestoppt?

Nun aber die echten Perlen:

UConn Huskies (0-6) @ UMass Minutemen (0-5)
(21:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Willkommen zum Toilet Bowl der Saison 2021! In einem lang ersehnten Match treffen die aktuell wohl miesesten FBS-Programme aufeinander. Es ist ein wenig wie mit der roten Laterne bei der Tour de France: Wer schafft es, noch etwas schlechter zu sein und selbst dieses Spiel zu verlieren?

Um sich die Bilanzen des Grauens mal zu vergegenwärtigen: UConn war in den 2000er Jahren ja ein solides Programm in der Big East (also einer damaligen großen Conference). Doch mit dem Wechsel in die AAC 2013 ging es bergab. Von einer 6-7 Saison abgesehen gab es nie mehr als drei Siege. 2020 verließen die Huskies die AAC und gehen seitdem als Independent an den Start. Die Bilanz der letzten drei Saisons ist 3-27. Nach zwei Spielen 2021 trennte man sich von HC Randy Edsall, der in seiner zweiten Amtszeit bei weitem nicht an die Erfolge der späten 2000er Jahre anknüpfen konnte. Doch unter Interims-HC Lou Spanos lief es bislang nicht besser.

Bei UMass sieht es ähnlich trüb aus: Seit dem Wechsel von der FCS in die FBS versuchte man sich erst in der MAC (mit bescheidenen acht Siegen in vier Saisons) und wurde dann Independent. Unter dem aktuellen HC Walt Bell erreichte man von 2019 bis heute eine beeindruckende Bilanz von 1-20.

Ich werde jetzt ganz sicherlich nicht so tun, als ob ich euch zu diesen Teams viel sagen könnte. UConn habe ich einmal ganz basal für Woche 0 previewt, von UMass habe ich in den letzten Jahren kaum etwas gesehen. UConn scheint etwas näher an einem Sieg dran zu sein, wie die knappen 2-Punkt-Niederlagen gegen Wyoming und Vanderbilt beweisen. Gegen die Cowboys war man eine 2-point Conversion von der Overtime entfernt, die Commodores benötigten gar ein FG bei auslaufender Uhr zum Sieg. Leider hat sich der neue Starter QB Tyler Phommachanh (Bruder des Backup-QBs von Clemson) verletzt, so dass nun wieder QB Steven Krajewski spielen wird. Er wird auf Fr. RB Nathan Carter und ein breites, nicht besonders auffällige Receiving-Corps setzen. Der einzige Receiver mit mehr als einem Touchdown ist Keelan Marion (3). Vielleicht kommt ja RB Kevin Mensah wieder in Schwung, die letzte echte Offensiv-Waffe der Huskies aus der Saison 2019.

UMass hat noch keine Niederlage unter 14 Punkten Differenz halten können und einige amtliche Klatschen kassiert. HC Bell lässt hier einen true Freshman QB namens Brady Olson starten. Der setzt im Passspiel größtenteils auf Charlotte Transfer WR Rico Arnold, den einzigen bekannteren Skillplayer. Im Run Game geht alles über den kräftigen Ellis Merriweather. Die Defense der Minutemen scheint mit über 500 abgegebenen Yards pro Spiel (davon fast die Hälfte Rush Yards) beeindruckend schlecht zu sein.

Fazit: Ein Spiel für ganz spezielle College Football-Liebhaber. Der Trend spricht ein wenig für UConn, doch man sollte die Ansprüche und Hoffnungen auf beide Teams wirklich in sehr überschaubaren Rahmen halten.

#4 Penn State Nittany Lions (5-0) @ #4 Iowa Cyclones (5-0)
(22:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Kommen wir vom Toilet Bowl zum defensiven Highlight des Spieltags. Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf dieses Spiel freue. Egal, welche Statistiken und Metriken man bemüht, hier treffen zwei der besten Verteidigungen des Landes aufeinander: Nach zugelassenen Punkten die #2 (Iowa) gegen die #3 (Penn State), nach SP+ die #4 (Iowa) gegen die #5 (Penn State). Hier wird es krachen, aber nicht unbedingt so, wie man sich das Duell von zwei exzellenten Defenses vorstellt. Denn es sind vor allem die Secondaries, die begeistern.

Ganz unsympathisch wie gewohnt kann ich euch ein wenig Eigenlob nicht ersparen. Ich beschäftigte mich für das Big Ten Preview mit beiden Teams intensiver und hatte nicht nur beide Defenses als potenzielle Top-Units ausgemacht, sondern auch die OLBs Brandon Smith (Penn State) und Jack Campbell (Iowa) als meine Breakout Player beworben, die diesem Status jeweils bisher absolut gerecht geworden sind. So ganz unzutreffend sind die Beobachtungen in den Previews jedenfalls nicht gewesen. Wer sich nochmal genauer zu den Teams informieren will: Preview Penn State // Preview Iowa.

Davon abgesehen ist dieses Spiel natürlich auch eminent wichtig für die Situation in der Big Ten und mittelbar auch für die Playoffs. Gerade Iowa kann sich mit einem Sieg in eine hervorragende Ausgangsposition manövrieren, da die Hawkeyes in der weniger hochwertigen Big Ten West spielen und auch nicht mehr auf Ohio State treffen.

Schauen wir uns diese beiden Verteidigungen einmal genauer und im Vergleich an. Lohnt sich.

Hawkeyes Defense – und was dagegen zu tun ist

Iowa spielt unter ihrem von mir sehr geschätzten DC Phil Parker eine stark auf Zone-Elementen beruhende 4-3/4-2-5 Defense, bei der zwei tiefe Safeties Standard sind. Es gibt also ziemlich viel Cover-2 und Cover-4 mit einigen Off-Aufstellungen. Die Cornerbacks Riley Moss und Matt Hankins sind lange, aggressive, extrem erfahrene Zone-Corner mit guten Ball Skills und zugleich sehr viel Disziplin. Sie beißen extrem selten auf Fakes und vertrauen auch downfield sehr ihrer Technik. Einfach hervorragend geschult. S Jack Koerner ist meist die tiefe Absicherung, während S Kayvon Merriweather gelegentlich in Cover-3 oder ähnlichem nach vorne bewegt wird. Diese Truppe lässt extrem wenig Big Plays zu und produziert selber welche am laufenden Band. Marylands QB Taulia Tagovailoa kann ein Lied davon singen: Nach nur einer Interception in den ersten vier Spielen wurde er von der Hawkeyes Defense gleich fünfmal interceptet. 12 Interceptions nach fünf Spielen sprechen eine klare Sprache.

Diese lauernde 2-Safety-Defense funktioniert nur, weil die Front den Lauf und die kurzen Pässe sehr gut verteidigen kann. MLB Seth Benson ist ein klassischer Run Stopper, der von mir angesprochene Jack Campbell ein absoluter Playmaker, der überall auf dem Feld zu finden ist und trotz seiner Statur genug Athletik für (tiefere) Coverage-Aufgaben mitbringt. Schaut euch dieses Play an, wo Campbell förmlich riecht, dass erneut ein tiefer Crosser (Klassiker gegen zwei tiefe Safeties) gespielt wird, schnell ein paar Schritte Tiefe gewinnt und den Pass tippt, so dass Koerner ihn abfangen kann.

Wichtig ist zudem die OLB/Nickel-DB-Position CASH, auf der je nach Erfordernissen entweder der S Dane Belton oder der LB Jestin Jacobs eingesetzt werden. Beide mit ganz starken Leistungen nahe der LOS bisher, Belton auch immer wieder mit Plays gegen Slot WRs.

Gegenüber der Back 7 fällt die Front der Hawkeyes ein wenig ab. Man hat zwar mittlerweile einige Spieler mit mehreren Sacks (Passrush Specialist Joe Evans, DT Lukas Van Ness), doch außerhalb von DE Zach Van Valkenburg hat sich noch kein D-Liner dauerhaft und konstant in den Vordergrund gespielt. Immerhin ist die Rotation mittlerweile sehr tief.

Wie kann Penn States Offense diese Truppe am besten attackieren? Das wichtigste ist gerade hier das Vermeiden von Fehlern, gerade im Passing, denn darauf wartet diese extrem opportunistisch Secondary nur. Also, QB Sean Clifford, lieber einen Ball mehr wegwerfen als irgendwohin zu forcieren. Live another down. Gegen keine Unit des Landes gilt dieses Credo do sehr wie gegen die Hawkeyes Secondary.

Dennoch müssen die Nittany Lions wohl dennoch primär über den Pass kommen. Das Laufspiel hat mit keinem der Runner wirklich beeindruckend geklappt. Gegen Indiana hat Keyvone Lee sich in diesem großen Committee ein wenig in den Vordergrund gespielt, doch da dürfte weiterhin viel durchgewechselt werden. Ich glaube, dass ein dominantes Laufspiel zwar die beste Methode wäre, die Hawkeyes aus ihrem 2-deep Look zu bringen, aber haben die Lions da die Qualität für? Fraglich. Vielleicht helfen ein paar Runs von Clifford?

Ansonsten: Jahan Dotson, Jahan Dotson, Jahan Dotson. Der kleine Receiver ist zu Unrecht als reiner deep-threat gelabelt. Er ist tough, kann sich underneath ebenfalls beständig Separation holen, hat ganz starke Hände und ist wirklich tough. Er wird auch der Chain Mover sein. Vielleicht zwischen Slot und outside hin- und herbewegen? Ich halte recht viel von dem anderen WR Parker Washington, er wird gegen diese Corners vor allem über contested Catches und Shielding kommen müssen. Vielleicht hat OC Mike Yurcich noch einen überrachenden Trumpf im Ärmel – so wie gegen Auburn, als er urplötzlich die zuvor kaum eingesetzten Tight Ends prominent ins Passing einband. Seine Gameplans haben mich bislang voll überzeugt.

Nittany Lions Defense – und was dagegen zu tun ist

Penn State gab ein paar mehr Yards als Iowa ab, aber dafür wird in der Red Zone die Mauer hochgezogen. Das durften bereits Wisconsin und Auburn schmerzlich erfahren, die einige Gelegenheiten gegen eine aggressive Unit vergaben.

Auch hier ist mit DC Brent Pry ein Coach verantwortlich, von dem ich seit Jahren viel halte, weil er selbst aus weniger Talent viel gemacht hat. Und dieses Jahr hat er wirklich viel Talent zur Verfügung. Pry lässt eine 4-3 Defense spielen, der erstaunlich viel in Base aufläuft, was schlicht an der überragenden Qualität der Linebacker liegt. In der Secondary wird ebenfalls viel auf Zone gesetzt, ebenfalls oft aus Off, allerdings im Vergleich zu Iowa mehr Cover-3, da man so den playmaking Star-S Jaquan Brisker gerne mal zur Line schickt, auf TEs ansetzt oder die Robber-Position spielen lässt. Brisker ist mit seiner Spielintelligenz, seinem Tackling und seiner Nase fürs Play der entscheidende Spieler der Lions Defense. Hier das entscheidende Play gegen Wisconsin, als er ahnte, dass der Ball auf TE Ferguson gehen muss. Sein Break nach vorne gibt übrigens noch in wesentlich beeindruckender aus anderen Szenen.

Brisker kann auch deswegen eine etwas freiere Rolle in Anspruch nehmen, da die beiden outside CBs Tariq Castro-Fields und Joey Porter auf sehr hohem Niveau spielen. Interessanterweise gefällt mir der junge Porter diese Saison besser als der erfahrene Castro-Fields. Porter hat ein natürliches Gefühl für sich entwickelnde Routen und fürs Timing – exzellente Voraussetzungen gerade für Zone Corner.

Der Secondary wird zudem durch einen der besten Passrusher des Landes geholfen, der immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Die Rede ist von Temple Transfer Arnold Ebiketie, der gerade im outside Speedrush bisher jeden Tackle dominiert hat. Explosivität, Bend & Dip, top closing Speed. BOOM.

Der Rest der Line spielt ebenfalls auf hohem Niveau: DT P.J. Mustipher ist als Run Stuffer in der Mitte eine enorm wichtige Präsenz (und hat mit seinen starken Shedding- und Tackling Skills meiner Ansicht nach durchaus NFL-Potenzial). Auf der anderen Seite der Line steht mittlerweile mit Jesse Luketa ein ehemaliger MLB, der aufgrund der hohen Qualität der Off-Ball LB nun einfach an der Edge eingesetzt wird. Hat jetzt natürlich keine besondere Passrush-Technik oder Moves, ist aber an erstaunlich vielen Plays beteiligt dank Power und Effort.

Die Linebacker sind das Prunkstück der Defense: Der angesprochene Brandon Smith ist überall zu finden. Fast eine Micah Parsons-Rolle – mit weniger Passrush-Aufgaben und mehr Coverage-Skills. Herausragender Athlet mit Big Play-Potenzial. Ellis Brooks in der Mitte und der junge Curtis Jacobs überzeugen bisher ebenfalls, selbst MLB Brooks löste übrigens einige Coverage-Aufgaben (selbst Man) überraschend gut.

Wie kann Iowa dieser Defense nun weh tun? Zunächst mal muss betont werden, dass Iowa unter HC Kirk Ferentz immer Iowa bleiben wird. Riesengroße Adjustments zu einer völlig anderen Offense wird es hier nicht geben. Der modus operandi ist klar: Zone Running mit dem explosiven RB Tyler Goodson als Basis (oft auch noch mit FB Monte Pottebaum als Vorblocker) hinter einer starken Line, in der man mit C Tyler Linderbaum einen echten Difference Maker in der interior Line hat (und das sage ich nicht oft). Genialer Mix aus Power, Leverage und Beweglichkeit. Gerade seine Reach Blocks sind dank seiner Quickness und Gefühl für Positionierung plus schierer Kraft absolut fantastisch und haben Goodson schon die eine oder andere große Lücke beschert.

Aus dieser Basis werden dann Pässe genommen mit einiger Playaction. QB Spencer Petras ist immer noch kein wirklich akkurater Quarterback, immerhin hat er sich etwas gesteigert. Mit TE Sam LaPorta hat er ein gutes Target für underneath und intermediate Routes. Ich halt einiges von LaPorta, nur wird der es gegen Brisker recht schwer haben. Hier erwarte ich ein Duell auf extrem hohem Niveau. Vielleicht ist der unauffällig Slot Nico Ragaini eine Option in diesem Spiel, gerade wenn Penn State in Base-Defense aufläuft? Besondere Gamebreaker-Qualitäten sollte man von ihm jedoch nicht erwarten. Außen wird es sehr schwierig sein, konstant Plays zu kreieren, da das schon gegen wesentlich schlechtere Secondaries nicht gelang. Meine Hoffnung auf Ex-Buffalo WR Charlie Jones hat sich bisher nicht bestätigt (von den Special Teams einmal abgesehen).

Iowa muss hoffen, sein Laufspiel aufziehen zu können, ansonsten keine Fehler zu machen und selbst mit Turnovers gute Feldposition zu kreieren. Es wird voraussichtlich keine ästhetisch schöne Offense sein, sie muss die Defense aber halt ergänzen und darf das Spiel nicht aus der Hand geben.

Fazit: Die etwas größere Qualität in der Offensive – und hier im Passspiel – lässt für mich das Pendel etwas zugunsten von Penn State ausschlagen. Doch damit unterschätze ich wahrscheinlich erneut die unglaublichen Big Play-Qualitäten der Hawkeyes Defense. Es wird ein Fest für Defense-Liebhaber, so oder so!

#9 Michigan Wolverines (5-0) @ Nebraska Cornhuskers (3-3)
(01:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Ich muss es einfach tun. Gibt es hier die Chance auf einen Upset? Jaja, ich weiß, den hatte ich Michigan auch schon letzte Woche zugeteilt – und dann gewannen die Wolverines mit 38-17 gegen Wisconsin (wobei das Spiel über drei Viertel etwas enger als das Endergebnis war). Aber ich kann gerade nicht anders, als so ganz leichte Hoffnung für die Huskers zu versprühen. Daher muss ich dieses Preview etwas persönlicher angehen. Bitte nicht zu ernst nehmen.

Was ich an mir und anderen in der vergangenen Woche erkannt habe: Huskers-Fans sind eigentlich fürchterlich simpel gestrickt. Sie haben allerdings erstaunlich klare Vorstellungen und Präferenzen. Und manchmal reicht ein einziges Play, das die Liebe wieder so richtig entfacht. Das hier ist das Play, das ich mir ohne Witz bestimmt 20 Mal in der vergangenen Woche angeschaut habe.

Gestatten: Jaquez Yant, ehemaliger Walk-on Freshman RB aus Tallahassee. Er belebte das Huskers Run Game, das in den bisherigen Wochen und in der vergangenen Saison viel zu sehr von QB Adrian Martinez abhängig war. HC Scott Frost und OC Matt Lubick probierten verschiedene Runner aus, leider nicht mit dem gewünschten Erfolg. Bis letzte Woche: Yant kam rein und verteilte Stiff Arms nach Belieben. Warum er in den ersten Spielen kaum auf dem Feld stand? Er musste sich erst von fast 260 Pounds auf die aktuellen knapp 235 Pounds runterhungern. Dahinter steckt bei allem Spaß natürlich eine nicht ganz ideale Work Ethic, aber vielleicht hat ers ja verstanden. Die Anlagen für einen Big Ten-Back hat er mit seiner Statur, genügend Speed, etwas lateral Movement plus den mächtigen Stiff Arm durchaus.

Der 56-7 Sieg über Northwestern war das beste Spiel, das ich in den letzten vielen Jahren von den Huskers gesehen habe. Und es war ein Spiel, das sich nach Nebraska Football anfühlte: harte, toughe Blackshirts Defense, bruising Runner – und: eine echte Option-Attacke.

Nach diesem Spiel ist mir noch einmal mehr klar geworden, was mein Fantum zu Nebraska von meinem Fantum zu Buffalo unterscheidet. Bei den Bulls ist es mir egal, wie sie spielen, hauptsache sie gewinnen: ob Offense- oder Defense-lastig, ob mehr Lauf oder mehr Pass spielt keine Rolle. Bei den Huskers ist mir die Identität wichtiger: Ich will Option Football. Ich will physischer Runner und keine speedy RB-Schnaken. Ich will eine harte Defense, die diszipliniert spielt und gut tacklet. Darum: Sollte es mit Frost nichts mehr werden, würde ich mir Coastal Carolina HC Jamey Chadwell als neuen Coach wünschen. Das wäre wohl für alle Huskers-Fans der feuchte Traum.

Wie gesagt, einfach gestrickt. Am Tag nach dem Spiel waren die Message Boards voll von zwei Dingen: Jaquez Yant und der Option. Letztere könnte Frost den Job retten. Denn die Plays machten die Huskers Offense wirklich unberechenbar. Vor allem der Wrinkle mit der Orbit Motion eines Receivers, der dann der Pitch Man ist, klappte herausragend – nicht nur beim 80+ TD Run von WR Zavier Betts (der mit seinen gliding langen Schritten Big Play-Qualitäten hat). Dadurch ergaben sich übrigens auch mehr Lücken im Passspiel. Und Adrian Martinez wirkt stark verbessert. Aktuell einer der besten Quarterbacks der Big Ten.

Die Offense wacht gerade zur richtigen Zeit auf, denn die Defense spielt seit Wochen auf überragendem Niveau. Nach dem fürchterlichen Auftaktspiel gegen Illinois gab man in fünf Spielen kaum noch Punkte ab und spielt so aggressiv, dass mir das Herz aufgeht. Die Physis erstreckt sich nicht nur auf die Front, sondern gerade auf die Secondary (Cam Taylor-Britt, Deontai Williams). Und LB JoJo Domann ist für mich ein glasklarer NFL-Prospect, allein dank seiner Cover-Skills.

Nun denn, diese kleine Schwärmerei sei mir hoffentlich gestattet, denn schon diese Woche könnte alles wieder vorbei sein. Denn die Wolverines haben gezeigt, dass sie im Notfall nicht nur von ihrem dominanten Run Game um Hassan Haskins und Playmaker Blake Corum hinter einer exzellenten Line leben können. Denn die Line hält auch den bisher eher unauffälligen QB Cade McNamara frei von jeglicher Pressure, so dass er irgendwann dann doch den freien Receiver findet. Hier muss die Huskers Defense bei aller Konzentration auf den Run höllisch aufpassen, denn oftmals gehen diese Bälle dann weit. Und gerade Cornelius Johnson ist ein gefährlicher Receiver, der nach dem Ausfall von Ronnie Bell allerdings in große Fußstapfen treten muss.

Die noch größere Leistung der Wolverines ist meiner Ansicht nach die Defense unter dem neuen DC Mike Macdonald. Trotz vollkommen neuem System zeigt diese Unit Woche für Woche exzellente Leistungen, überraschenderweise auch und gerade gegen den Pass. Es war klar, dass EDGE Aidan Hutchinson den Unterschied machen kann – wenngleich ich immer noch überrascht bin, wie fantastisch er diese Saison spielt. Meiner Meinung nach muss er sich gerade hinter keinem Defender im College Football verstecken. Die Leistung von S Dax Hill hatte ich ebenfalls erwartet, er ist nochmal mehr ein Playmaker gegen den Lauf und den Pass (gerade underneath/intermediate) geworden. Doch andere Defender haben teils riesige Leistungssprünge gemacht: Gerade LB Josh Ross, bei dem ich immer etwas skeptisch war, ist kaum wiederzuerkennen. Eine echte Präsenz in der Mitte. Auch OLB David Ojabo oder S Brad Hawkins sind Woche für Woche top drauf. Zudem forciert Macdonald Big Plays durch seine Blitz-Calls.

Das wird eine monströse Aufgabe für die Huskers-Offense werden. Gerade die frisch neuformierte O-Line mit true Freshman LT Teddy Prochazka und dem deutschen LG Nouredin Nouili wird gegen Hutchinson und Co. wahrscheinlich Lehrgeld zahlen. Kriegt Martinez den Ball schnell genug weg? Kann man mit der Option für etwas mehr Zögerlichkeit in der Wolverines-Attacke sorgen? Oder sorgen wirklich Yant und RB-Kollege Rahmir Johnson für den Unterschied?

Fazit: Ich bin irrational optimistisch vor diesem Spiel und werde es in der Nacht auf Sonntag wahrscheinlich bitterlich bereuen.

#1 Alabama Crimson Tide (5-0) @ Texas A&M Aggies (3-2)
(02:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

How the mighty have fallen! Vor der Saison hatten sich dieses Spiel wohl viele im Kalender notiert. Die beiden Top-Teams der SEC West im Duell. Gelingt es Jimbo Fisher endlich, einen wirklich großen Sieg mit A&M zu feiern? Davon ist nicht mehr viel übrig. Während Alabama gerade defensiv eine eindrucksvolle Leistung gegen Ole Miss zeigte, legte sich Texas A&M zum zweiten Mal in Folge hin: erst gegen Arkansas, nun auch gegen Mississippi State. Was soll da erst gegen Alabama passieren?

Die Probleme in der Offense der Aggies sind bekannt und wurden durch die Verletzung von starting QB Haynes King noch verstärkt: Kein Difference Maker auf (outside) WR, kein konstantes Pass Game. Dazu trat nun noch eine enttäuschende O-Line (teils verletzungsbedingt, aber nicht nur) und eine Regression der Defense, die in der Form die wenigsten erwartet hatten.

Irgendwie wollte ich das Spiel hier dennoch kurz erwähnen. Und es ist ja durchaus spannend zu evaluieren, was Alabama gegen eine primäre Rushing Offense mit hervorragenden Runnern a la Isaiah Spiller, Devon Achane und eventuell Ainias Smith macht. Gegen Florida hatte man ja mit einer weitaus weniger talentierten, allerdings herausragend geschemten Laufattacke so seine Probleme. Und es lohnt sich immer, ein Auge auf OLB Will Anderson zu werfen. Schlicht einer der all-around dominantesten Defender im College Football.

Aber spannend sollte es nicht werden. Vielleicht lohnt es daher sogar mehr, sich ein anderes SEC-Duell reinzuziehen, und zwar LSU @ #16 Kentucky (ab 01:30 Uhr)? Schließlich sind die Wildcats noch ungeschlagen. Doch das werde ich jetzt nicht noch genauer vorstellen.

5 Gedanken zu „Vorschau Woche 6: Von roten Flüssen und Verteidigungsschlachten

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