Vorschau: CFB Playoff Halbfinals (und weitere Bowls)

Liebe Leserschaft,

Ihr habt es vielleicht gemerkt. Zu den letzten Bowl Games gab es keine Previews. Dies hat einen einfachen Grund: Ich wollte euch vorrangig eine lange und ausführliche Vorschau zu den Halbfinals bieten. Daran habe ich ein paar Tage inklusive intensivem Tape-Studium gesessen. Das Ergebnis seht ihr hier, gelegentlich untermalt mit einzelnen Plays.

Im Laufe des Tages werde ich die weiteren Bowl Games des 30. und 31. Dezembers unter diesem Beitrag ergänzen. Bei Interesse also ganz nach unten scrollen.

Zunächst aber viel Spaß bei der Lektüre!

Freitag, 31. Dezember

Cotton Bowl:

#1 Alabama Crimson Tide (12-1) vs. #4 Cincinnati Bearcats (13-0)
(in Arlington, Texas; 21:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Endlich ist es so weit. Nach Jahren des vergeblichen Werbens diverser ungeschlagener Mid-Majors hat es Cincinnati endlich geschafft, als erstes kleines Team in die Playoffs zu rutschen. Doch machen wir uns nichts vor: Ohne einen besonders günstigen Verlauf der letzten Wochen wäre das nicht passiert. Das Playoff Committee hätte sicherlich ungefähr jedes Power 5-Team lieber in den Playoffs gesehen. Nur haben die großen Zugpferde und bekannten Namen sich halt reihenweise hingelegt, so dass am Ende wirklich nur noch Cincinnati als Option blieb. Und seien wir ehrlich: Wenn Notre Dame seine einzige Niederlage nicht ausgerechnet gegen die Bearcats gefangen hätte, wären die Irish höchstwahrscheinlich der #4 Seed geworden.

Cincinnati: Das Triple Option-Projekt

Kleine Notiz in eigener Sache: Ein ganz kleines bisschen fühlt sich das auch wie ein Erfolg für den Triple Option-Blog an. Ich fing im November 2018 an, intensiver über die Bearcats zu bloggen, die 2017 im ersten Jahr von HC Luke Fickell ja lediglich auf eine 4-8 Bilanz kamen und noch keine mediale Aufmerksamkeit bekamen. In diesem Beitrag stellte ich erstmals ihre Man Press Defense vor (seinerzeit schon mit dem aktuellen Thorpe Award-Sieger CB Coby Bryant und dem heutigen Arizona Cardinal S James Wiggins) – seitdem waren sie ein ständiger Begleiter.

Vor der Saison 2019 verfasste ich ein Loblied auf QB Desmond Ridder, der in seiner Freshman-Saison überraschend den erfahrenen Hayden Moore abgelöst hatte und mir sofort ins Auge stach. Ich schrieb seinerzeit:

Die starken CBs [der UCLA Bruins] werden auch nötig sein, weniger wegen herausragender Receiver von Cincinnati, sondern wegen ihres QBs. Desmond Ridder mag noch kein großer Name sein, die Betonung liegt hier allerdings auf noch: großer mobiler pass-first dual-threat QB mit einer natürlichen Ausstrahlung und Leadership, die man durch den Fernseher mitbekommt. Ridder verdrängte letztes Jahr als Freshman den langjährigen Starter Hayden Moore und wirkte kein Stück überfordert. Hat immer wieder einen fantastischen Deep Ball im Arsenal. Ich bin extrem gespannt auf die Fortschritte in Saison 2. Merkt euch diesen Namen.

In derselbe Saison verguckte ich mich in das Defense Scheme von Fickell und seinem jungen DC Marcus Freeman, den ich seitdem dringend für einen HC-Posten empfahl. Unter anderem hier:

Ganz anders verhält es sich mit der Defense, die von HC Luke Fickell und seinem jungen DC Marcus Freeman betreut wird. Fickell, ehemaliger DC und Interims-HC der Buckeyes, hat das erfolgreiche Buckeyes-System implementiert (Basis: 4-3 mit Press Man Coverage). Allerdings agieren die Bearcats je nach Gegner ziemlich variabel, was auch auf Freeman zurückgeführt wird. Ich war von dieser Unit, die sicherlich nicht zu den allertalentiertesten gehört, mehrfach sehr beeindruckt und würde größeren Colleges empfehlen, sich mal intensiver mit Freeman zu beschäftigen. Macht einen extrem talentierten Eindruck.

Ihr wisst, wie die Geschichte ausging: Freeman ist seit kurzem Head Coach, und zwar nicht von irgendeinem Programm, sondern von Notre Dame.

Und natürlich darf auch meine kleine Entdeckung und zugleich mein großer Mancrush CB Ahmad „Sauce“ Gardner nicht fehlen. Es begab sich früh in der Saison 2019 in einem Nachtspiel unter der Woche, dass Cincinnati auf das AAC-Powerhouse UCF traf. Dort stach mir nicht nur der überragende Gameplan von Freeman ins Auge, sondern auch ein langer dürrer 3-star true Freshman Backup-Corner, der – anders als in seiner späteren Karriere – viel aus Off Coverage agieren musste und mit seinem Pick-Six das Spiel drehte

Gardner rotierte mit den beiden starting CBs Cam Jefferies und Coby Bryant und wurde in bestimmten Situationen (insbesondere wenn Größe gefragt war) wiederholt gegen UCFs besten WR Gabriel Davis gestellt, für den ich hier ja schon mehrfach die Trommel gerührt habe. Davis machte zwar insgesamt 13 Catches für 170 Yards, doch erstens einen größeren Teil in den letzten drei Drives (6 Catches) und zweitens sah Gardner gegen ihn mehrfach ziemlich gut aus. Nachdem Davis zuvor ja selbst Stanfords Top-CB Paulson Adebo vor einige Probleme gestellt hat, muss man Gardner eine herausragende Leistung attestieren. Werde künftig mehr auf ihn achten.

Seit diesem Spiel war ich hin und weg – und Gardner schon in seiner Freshman-Saison ein ständiger Hingucker für den Blog:

Die Bearcats forcieren mehr als zwei Turnover pro Spiel und haben gerade in der Pass Defense einige interessante Spieler. Keiner hat mich mehr beeindruckt als der lange true Fr. CB Ahmad „Sauce“ Gardner. Zwar nur teilweise Starter (neben den beiden anderen guten CBs Coby Bryant und Cam Jefferies), verdammt großes Talent. Setzt seine Größe bei Press gut ein, aus Off sehr instinktiv mit tollem Break und hervorragenden Ball Skills. Einer fürs Notizbuch.

Nun gilt er als beinahe sicherer 1st rounder in der Draft. Ziemlich wild, wenn ich an die Anfänge zurückdenke.

Das Team und insbesondere diese Defense wurden vom Blog gewissermaßen adoptiert und auf ihrem Höhenflug begleitet. 2020 gelang eine ungeschlagene Regular Season inklusive AAC Championship und Qualifikation für einen New Year’s Six Bowl, der knapp und unglücklich gegen Georgia verloren wurde.

Und schon da konnte man an einigen Momenten erkennen, wie sehr diese Niederlage getroffen hatte, aber auch, wie sehr sie eine weitere Motivationsspritze darstellte. Keiner dieser Momente war ikonischer als das Bild von Backup-DB und Special Teamer Justin Harris, der sich einsam und allein die gesamte Feierei von Georgia nach dem Peach Bowl-Sieg ansah.

Dieses Team war hungrig und bereit für mehr – und das sollte 2021 in der zweiten ungeschlagenen Saison kulminieren. Früher Höhepunkt war auswärts bei Notre Dame. Danach gab es eine kleine Schwächephase mit einigen engen Spielen gegen schwächer eingestufte Teams, doch kamen die Bearcats wieder rechtzeitig zum Saisonendspurt in die Spur. Die letzte Aufgabe, das AAC Championship Game gegen ein geranktes Houston, das zuvor 11 Spiele in Serie gewonnen hatte, wurde locker genommen. Wer sich ein paar Eindrücke der Bearcats verschaffen will:

Daher gab es dieses Mal gab schlicht keine Möglichkeit mehr, die Bearcats außen vor zu lassen. Schließlich waren sie schon die beiden Wochen zuvor in den Top 4 gerankt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bitte schon jetzt, einen gewissen Bias zu entschuldigen. Ich hatte vorher keine ausgeprägten Sympathien für das Programm (auch nicht aus ihrer vorherigen großen Zeit unter HC Brian Kelly und mit QB Tony Pike), aber das Schreiben und die intensive Beschäftigung über vier Jahre hat mir dieses Team – und insbesondere die Defense sowie QB Desmond Ridder nahegebracht. Ist denke ich nicht ungewöhnlich, wenn man einen solchen unerwarteten Aufstieg eng miterlebt und begleitet.

Und Alabama?

Wer die Crimson Tide unterschätzt, ist selber schuld. Und ja, auch ich muss mich da schuldig bekennen. Nach einer – zumindest für Alabama-Verhältnisse – etwas unrunden Saison mit einigen Höhen und Tiefen würgte sich das Team zu einem extrem glücklichen Sieg gegen den Rivalen Auburn in vierfacher Overtime. Und wenn Auburns Top-RB Tank Bigsby bei 10-3 Führung und unter 2 Minuten auf der Uhr nicht ins Aus gelaufen wäre oder die Tigers das folgende 3rd and 1 verwandelt hätten, hätte Alabama das Spiel wohl verloren. Doch dann folgte der Drive der Saison: 97 Yards bei 1:32 auf der Uhr und ohne Auszeiten gegen eine Defense, die zuvor kaum etwas zugelassen hatte. Das größte Spiel von Alabamas QB Bryce Young sollte noch folgen, aber der Touchdown-Pass auf Backup-WR Ja’Corey Brooks ist mein persönlicher Heisman-Moment:

Das SEC-Championship Game gehört sicherlich zu einer der Sternstunden in der großen Karriere von HC Nick Saban. Alabamas Offense zerlegte Georgias furchterregende Defense, meiner Meinung nach die beste Defense des vergangenen Jahrzehnts (die zuvor kaum glaubhafte 6.9 Punkte pro Spiel zugelassen hatte), und gewann das SEC Championship Game mit 41-24. Wer sich nochmal die Highlights anschauen möchte:

Ich gebe gerne zu, dass ich dachte, dass Alabama endlich fällig ist. Aber nix wars. Saban stellte auf einer instant classic Pressekonferenz klar, dass die ungewohnt deutliche Underdog-Rolle, in die die meisten Medien Alabama gesteckt hatten, ein sehr leckeres rat poison gewesen sei, das das Team enorm motiviert habe – im Gegensatz zu dem Rattengift, was ansonsten ausgelegt wird (sprich: Alabama ist eh klarer Favorit).

Rückblickend hätte der Iron Bowl womöglich gar nicht die großen Auswirkungen auf die Playoffs gehabt. Denn seien wir ehrlich: Selbst bei einer Niederlage eine Woche zuvor hätte das Komitee Alabama nach dieser Vorstellung gegen Georgia kaum draußen gelassen – oder?

Zurück zum Cotton Bowl

Kommen wir nun aber langsam zum Halbfinale, das in Arlington in Jerrah World, dem Stadion der Dallas Cowboys steigen wird. Die Rollen könnten nicht klarer verteilt sein: Big Player Alabama in seiner mittlerweile über ein Jahrzehnt andauernden Dynastie auf der einen Seite, der Mid-Major Cincinnati – und damit das erste ‚kleine‘ Team in den College Football Playoffs – auf der anderen Seite. Bei den Buchmachern ist Alabama mit 13.5 Punkten klarer Favorit. Und doch sehe zumindest ich ein wenig Potenzial, dass das Spiel enger sein könnte als erwartet. Warum? Schauen wir uns die Matchups einmal genauer an – und beginnen mit dem hochkarätigeren Duell.

Crimson Tide Offense vs. Bearcats Defense

Hier trifft Stärke auf Stärke, ganz egal, welche Statistiken oder Metriken man bemühen mag: Nach Punkten die viertbeste Offense gegen die vierbeste Defense (von 130 FBS-Teams), nach SP+ die drittbeste Offense gegen die neuntbeste Defense. Und wenn wir noch ein wenig tiefer reingehen: Alabama hat ein unglaublich explosives Passspiel, Cincinnati die vielleicht beste Passverteidigung des Landes. Something’s gotta give.

Alabamas Receiver gegen eine schier unglaubliche Secondary

So erfolgreich das SEC Championship Game für die Crimson Tide vom Spielausgang war, so katastrophal war es in anderer Hinsicht: Top-WR John Metchie zog sich einen Kreuzbandriss zu und fällt monatelang aus. In den vergangenen Saisons wäre eine Verletzung (s. Jaylen Waddle 2020) noch eher verschmerzbar gewesen, doch dieses Jahr ist die Depth auf Receiver merklich dünner.

Daher werden alle Augen und jedes offensive wie defensive Scheme auf einen Spieler ausgerichtet sein, nämlich Superspeedster Jameson Williams (68-1445-15). Williams transferierte vor der Saison von Ohio State (wo er nur WR #4 gewesen wäre, erneut ein Zeichen, wie pervers das Receivertalent bei den Buckeyes war) zu Alabama und entwickelte sich hier zur gefürchtetsten Big Play-Waffe im College Football. Gerade bei vertikalen Go Routes oder Slants (gerne als RPO) ist er kaum zu stoppen. Im freien Feld ist er der absolute Angle Eraser. Gutes Beispiel aus der Partie gegen Georgia.

Doch Williams ist mehr als das. Viele verwiese gerade zu Beginn der Saison nur auf seinen Speed und übersahen, welche Fortschritte er im Route Running gemacht hatte – und wie gut er seinen Burst einzusetzen vermag. Nochmal gegen Georgia, und ich muss sagen, dass ich einen solch perfekten Stutter&Go selten gesehen habe: Verkauft den Break mit dem ganzen Körper, sinks his hips (wie bei einem ‚echten‘ Break) – und dann die sofortige Explosion daraus. Als CB Kelee Ringo abstoppt, nimmt Williams schon wieder Speed auf.

Das Problem: Williams ist ohne Metchie die einzige wirklich gefährliche Waffe auf Receiver. Und wir haben gegen Auburn gesehen, welche Probleme die Offense hat, wenn nur einer der beiden auf dem Feld steht: Williams war in der ersten Halbzeit ejectet worden, daher spielte hier nur Metchie, und das merkte man der Offense nur zu gut an.

Sprich: Es braucht dringend Unterstützung. Nur durch wen? Slot-WR Slade Bolden (32-333-2) ist solide, aber alles andere als ein Game Changer. Und der Rest ist ziemlich unerfahren. Die erste Chance wird wohl Ja’Corey Brooks bekommen, der eine Held aus dem Auburn-Spiel. Doch schwankten seine Leistungen auch innerhalb der Spiele beträchtlich. Vielleicht setzen Saban und sein OC Bill O’Brien verstärkt auf einen zweiten Speedster neben Williams, true Fr. JoJo Earle?

Ich halte eine andere Option für wahrscheinlicher: 2-TE-Sets mit Cameron Latu (20-299-6) und Jahleel Billingsley (16-244-3). Beide sind hervorragende Receiver. Bei Billinsgley wartete ich auf ein Breakout-Jahr, doch landete er im Doghouse von Saban, wohl wegen mangelnder Einstellung. Mittlerweile hat er dieses wieder verlassen, und mit seiner Receiver-artigen Beweglichkeit könnte er ein wichtiges Target abgeben.

Betrachten wir nun die Bearcats-Defense, die unter HC Fickell und seinem neuen DC Mike Tressel weiterhin in einer sehr aggressiven 3-3-5 Formation aufläuft, die sich gegentlich auch mal zu einer 4-2 Nickel umformiert. Die zwei klaren Prinzipien dieser Defense sind: vorne viel Druck (mit einigen Blitzes), hinten viel Press Man (meist Cover 1, also single-high). Sprich: Die Cornerbacks stehen an der Line den Receivern quasi auf den Füßen. Und das passt hier ganz gut, denn wenn Alabama im Passspiel Probleme hatte, dann mit Man Coverage (so auch im Iron Bowl gegen Auburn, die viel Off Man und gelegentlich Press spielten).

Das Scheme ist also schonmal nicht ungünstig, und dazu kommt die enorme individuelle Klasse dieser Unit. Ich muss natürlich nochmal kurz mit meinem Crush CB Sauce Gardner (3 INTs) beginnen: Ein 6‘3 Corner mit langen Armen und hervorragender Bump&Run-Technik, fußflink genug, damit Receiver ihm nicht beim Release entwischen können, top Mirroring, versteht Leverage exzellent und hat dazu gute Hände. Kaum glaubhafte Statistik, aber er hat in Man Coverage immer noch keinen einzigen TD zugelassen. Zudem ist er trotz schlanker Statur ein aggressiver Run Defender und sogar ein guter Blitzer (3 Sacks), siehe gegen Houston:

Gardner wurde diese Saison kaum noch getestet und war dennoch bei den seltenen Gelegenheiten hellwach.

Jameson Williams gegen Sauce Gardner ist vielleicht das hochkarätigste Duell des Spiels, aber dennoch glaube ich nicht, dass Gardner mit Williams traveln wird – zumindest nicht zu Beginn. Der Grund befindet sich auf der anderen Seite: CB Coby Bryant (11 PBU, 2 INTs) ist ebenfalls ein exzellenter physischer Press-Corner – und gewann den Thorpe Award für den besten Defensive Back des Landes (obwohl er meiner Meinung nach nicht einmal der beste Cornerback seines Teams ist, aber egal). Bryant ist nicht so flashy wie Gardner, jedoch ebenfalls extrem diszipliniert und mit seiner ruhigeren Art und hyper-professionellen Einstellung ein absoluter Leader und Vorbild für die jüngeren Teamkollegen – etwas, was auch Gardner immer wieder betont hat.

Diese beiden outside CBs haben über die gesamte Saison quasi nichts zugelassen (Bryant vielleicht eins, zwei tiefe Bälle mehr) und sind der Grund, warum sich das Passspiel der meisten Gegner schnell nach innen orientierte.

Doch da ist ebenfalls Klasse vorhanden: Nickel-CB Arquon Bush (6 PBU, 3 INTs) ist ein profilierter Man-CB, und die beiden Safeties Bryan Cook (9 PBU, INT) und Ja‘von Hicks (2 INTs – teilweise allerdings zu sehr Gambler) konnten die Lücke von Darrick Forrest (nun Washington Football Team) und James Wiggins (Arizona Cardinals) exzellent schließen. Cook und Hicks rotieren, haben also keine ganz feste Zuteilung, meist ist allerdings eher Hicks der Centerfielder und Cook ist underneath in Man (gegen TEs) oder als Robber tätig. Gerade Cook hat sich diese Saison enorm gesteigert, geht allerdings in diesem Starensemble ein wenig unter – noch…

Und dann wäre da noch der junge LB Deshawn Pace, der eine unglaubliche Nase fürs Big Play hat, gerade in Coverage (4 INTs). Kann er der X-Factor für die Bearcats sein?

Unabhängig davon bedeutet all dies für Alabama: Es ergeben sich voraussichtlich gegen diese aggressive Man-Defense wenig einfache Completions (etwa underneath oder in kurzen Zonen über die Mitte). Fast jede Completion muss direkt gegen einen der Defensive Backs erfolgen. Die Corners legen es darauf an, durch Jabs und Rerouting an der Line of Scrimmage die Releases zu erschweren und das Timing zu killen.

Was könnte helfen? Gegen Man sind oft Slants und Crossers von sehr explosiven Spielern wie Williams sinnvoll. Doch selbst das wird gegen einen Corner wie Gardner nicht leicht, wie er bspw. hier gegen Notre Dames Kevin Austin demonstriert. Handeinsatz und Bewegung unter die Route, da kanns auch schnell zur INT kommen.

Zudem ist zu erwarten, dass bei dem klaren Fokus auf Williams nach Metchies Ausfall öfter ein Robber (Cook?) auf seiner Seite positioniert wird, um schnellen Inside Routes zu nehmen. Könnte also sein, dass wirklich mehr auf die TEs und das Passspiel über die Mitte gesetzt werden muss, um den outside Corners zu entgehen. Es ist natürlich möglich, dass Williams gegen Bryant oder vielleicht sogar Gardner ein oder zwei Big Plays gelingen, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tide mit Perimeter Passing den Ball konstant bewegen kann.

Von daher betrachte ich dieses Matchup – insbesondere von den schematischen Voraussetzungen – als gar nicht sooo ungünstig für die Bearcats.

No fronts? O-Line gegen D-Line (und Blitzes)

Welche Alabama O-Line kriegen wir in diesem Spiel? Die, die gegen Auburn selbst bei 4-man-Rush so große Probleme hatte, von etwaigen Blitzes ganz zu schweigen? Oder diejenige, die gegen Georgia trotz einer Menge Blitzes (gerade inside) ihren QB Bryce Young wirklich hervorragend abschirmen konnte? Das ist die zweite entscheidende Frage.

Diese Line ist sehr ungleich besetzt: Auf der einen Seite haben wir Star-LT Evan Neal, der nicht umsonst als potenzieller Top 5-Pick in der kommenden Draft gilt. Neal ist ein Hüne von einem Mann (6‘7, 350) und brachial kraftvoll, aber gleichzeitig so beweglich, wie man es bei dieser Statur nicht sein dürfte. Problem ist, dass der Rest der Line nicht ansatzweise mit ihm mithalten kann. Mehrfach wurde die Besetzung geändert (so spielte RT Chris Owens zeitweilig auch als C), doch die ideale Kombination ist noch nicht darunter gewesen. Und wie so oft gilt: Besser eine rundherum gute Line zu haben als ein oder zwei Stars und ein oder zwei Schwachstellen. Denn die können gezielt attackiert werden.

Auch hier sehen einige Matchups für Cincinnati verlockend aus. Die Front der Bearcats hat zwei Charakteristika:

1) Sehr schnelle Pressure: Vor allem ist hier DE Myjai Sanders (7.5 TFL, 2.5 Sacks) mit seinem Getoff und Burst beim outside Speedrush zu nennen. Die Statistiken sind etwas misleading, denn er ist weiterhin für sehr viele Pressure verantwortlich (insg. 51 laut PFF); außerdem musste konnte er in einer 3er Line nicht ganz so frei agieren wie als 4-3 DE (was er in den vergangenen Saisons noch etwas häufiger spielte).

Hier ein gutes Beispiel für seinen Impact, der sich nicht (bzw. zumindest nicht bei ihm) in den Stats zeigt (Sanders ist die #21).

Sanders spielt meist gegen den RT, wir werden ihn also nicht viel im Duell mit Neal sehen. Das wird eine schwierige Aufgabe für den erfahrenen, aber etwas wackligen Chris Owens.

Wer sehr von Sanders profitiert hat, allerdings auch selbst eine exzellente Saison spielt, ist derjenige, der in obigem Ausschnitt den Sack macht. DT Curtis Brooks (12.5 TFL, 7.5 Sacks). Brooks ist für die Mitte deutlich undersized, dafür enorm quick und kann sich mit Handeinsatz schnell von gegnerischen Linern lösen. Gerade diese beiden Spieler verstehen es, schnell im Backfield zu sein und so den Quarterback zu schnellen Entscheidungen zu zwingen, was gegen Press Man Coverage besonders schwierig ist. Vielleicht bauen die Bearcats auch mehr Stunts ein, mit denen Alabama einige Probleme gegen Auburn hatte.

2) Sehr effektive Blitzes: Cincinnati blitzt gern und häufig mit seinen Linebackers. Darrian Beavers (9 TFL, 3 Sacks) ist ein physisches Tier, von dem man wirklich nicht gern gehittet werden möchte. Sein Nebenmann Joel Dublanko (106 T, 11 TFL, 5.5 Sacks) ist noch effektiver und wählt exzellente Rush Lanes. Hat eine sehr hohe Passrush Win Rate, sprich: Wenn er blitzt, ist Pressure wahrscheinlich. Ich gehe davon aus, dass Fickell und Tressel diesen aggressiven Ansatz auch in der Front fortsetzen wollen.

Aktuell wirkt es so, als ob diese Defense gar keine Schwächen hat. Das ist natürlich nicht richtig. Die meisten Probleme hatte Cincinnati diese Saison mit physischem Laufspiel, gerade durch die Mitte. Dort sind die etwas undersized und können sich von Line plus kräftigem Runner überpowern lassen. Das wären gute Nachrichten für das Alabama von 2020 gewesen: Najee Harris hinter einer Line mit Neal, Alex Leatherwood, Landon Dickerson und Deonte Brown wäre für die Bearcats von 2021 wohl ein unüberwindliches Hindernis gewesen. Doch die Tide dieses Jahres ist kein besonders dominantes Run Team und hat hier vor allem riesige Depth-Probleme: Starter Brian Robinson (1064 Rush Yards. 14 TDs, Receiving 32-268-2) ist ein durchaus physischer RB, hatte allerdings auch mit einigen Verletzungen zu kämpfen. Dahinter fehlen alle Backups – bis auf den einst hochveranlagten Trey Sanders, der allerdings aufgrund diverser Verletzungen und den Nachwirkungen eines schweren Autounfalls nur noch ein Schatten seines einstigen Talents ist. Ich glaube nicht, dass sich Saban und O’Brien für einen besonders lauflastigen Gameplan entscheiden werden. Ein wenig testen wird man das allerdings sicherlich, insbesondere wenn man sich für 12-Personnel mit zwei TEs entscheidet.

Bryce Young: Das Phänomen – und der X-Factor?

Es erscheint absurd, einen Quarterback – und erst recht einen Heisman-Sieger – als X-Factor zu betrachten, aber in diesem Spiel könnte es darauf hinauslaufen. Denn selbst wenn Cincinnati sowohl Press Man Coverage als auch schnelle Pressure gelingen sollte, bleibt Bryce Young immer noch als unwägbarer Faktor übrig. Nicht nur weil er ein exzellenter Passer ist (68.0%, 4322 Yards, 9.3 Y/A, 43 TDs, 4 INTs), sondern vor allem wegen seinem Pocket-Verhalten, das eigentlich keinen Vergleich kennt.

Ich habe selten einen Quarterback gesehen, der so mobil ist und zugleich so ungern selbst läuft, weil er immer noch eine Lösung im Passspiel sucht. Young bleibt so lange es geht hinter der Line, scramblet wild, aber niemals unkontrolliert umher und hat seine Augen immer – wirklich immer! – downfield. Dazu kommt ein enorm quicker Release, der es ihm ermöglicht, den Ball kurz vor dem Einschlag noch loszuwerden.

Vor allem agiert er in der Pocket so cool und poised, wie ich es ganz selten, vielleicht sogar noch nie erlebt habe. Eines der anschaulichsten Beispiele gabs gegen Georgia zu sehen.

Metchie (#8) läuft aus dem Slot einen tiefen Crosser, der von CB und S doppelt gedeckt wird. Young sieht das und bedeutet ihm mit einer Armbewegung, nach außen auszubrechen, und genau da kommt der Ball gegen die beiden Defender punktgenau hin. All das wohlgemerkt gegen die beste Defense des Landes. (Wartet auf die Perspektive aus Youngs Rücken, da sieht man es noch besser.)

Young ist bei ankommendem Rush vollkommen furchtlos in der Pocket, obwohl er ja ein kleiner und nicht besonders kräftig gebauter Quarterback ist. Nochmal auf Metchie, besser kann man den nicht legen (und das trotz Route-Verwirrung bei den Receivern):

Gegen Auburn war es noch krasser. Er kassierte in fast jedem Play einen Hit – und blieb dennoch unfazed. Kein College-QB sucht so gern den tiefen Pass wie Young – und keiner findet ihn so regelmäßig, selbst wenn die Protection um ihn herum zusammenbricht. Young ist auch der entscheidende Grund dafür, dass Alabama die beste 3rd down Conversion Rate des Landes hat (über 55%), und das ohne wirklich dominantes Laufspiel. Special, special Quarterback.

Ich hatte in meiner Preview für das SEC Championship Game gegen Georgia Young schon geraten, bei aufkommender Pressure „in den sauren Apfel“ zu beißen und ein wenig mehr selbst zu laufen – was er dann auch in entscheidenden Situationen tat. Das könnte in diesem Spiel ebenfalls eine verlockende Option sein, gerade da Cincinnati so viel Man Coverage spielt. Das bedeutet, dass die Defensive Backs den Receivern zugewendet sind und so erst später registrieren, dass der Quarterback selbst geht. Würde ich sogar ganz explizit in den Gameplan einbauen.

Key Matchups:

WR Jameson Williams vs. CB Sauce Gardner / Coby Bryant

Ein Muss für Alabama, in diesem Matchup Plays zu generieren. Kann Williams an der Anspiellinie gewinnen?

TE Cameron Latu vs. S Bryan Cook

Alabama wird die Mitte des Feldes attackieren müssen.

Slot-WR Slade Bolden vs. NCB Arquon Bush

Wenn außen nix geht, vielleicht hier? Vorteil aber eher auf Seiten des Corners.

RT Chris Owens vs. DE Myjai Sanders

Hat der wacklige Owens der Explosivität von Sanders etwas entgegenzusetzen?

RG Emil Ekiyor vs. DT Curtis Brooks

Kein QB liebt schnelle inside Pressure. Kriegt Ekiyor (oder C Darrian Dalcourt) den quicken Brooks in den Griff?

RB Brian Robinson vs. LB Darrian Beavers

Underrated Duell, dessen Relevanz stark vom Gameplan Alabamas abhängen wird.

X-Factor:

  • QB Bryce Youngs Running
  • LB Deshawn Pace als Big Play Guy

Bearcats Offense vs. Crimson Tide Defense

Desmond Ridder als all-around Playmaker

Hier beginne ich mal mit dem Quarterback. Desmond Ridder hat seine vier Jahre als Starter andauernde College-Karriere mit seiner besten Saison als Passer gekrönt (65.9%, 3190 Yards, 9.0 Y/A, 30 TDs, 8 INTs). Er wuchs in der zweiten Saisonhälfte, als es nicht immer so rund lief, nochmal über sich hinaus und hob die Offense auf ein zuvor nicht bekanntes Niveau. Trug die Defense die Offense über weite Strecken der Saisons 2020 und 2021, waren diese beiden Units in den letzten Wochen beinahe gleichwertig stark. Das ist keine Verwalter-Offense mehr, die Fehler vermeidet und der Verteidigung vertraut!

Ridder ist weiterhin ein exzellenter Runner, auch wenn er davon diese Saison etwas weniger gezeigt hat (oder zeigen musste). Doch darin besteht weiterhin die Basis dieser Offense: Zone Reads von ihm und RB Jerome Ford, daraus dann auch Playaction und RPOs. Doch was er im Pasing daraus gemacht hat, verdient Erwähnung. Sein Decision Making hat sich enorm verbessert, ihm unterlaufen kaum noch Fehler. Er ist genauer geworden mit seinen Pässen, sein Ball Placement sitzt teils exzellent. Gerade die tiefen Bälle kommen wesentlich konstanter. Der allererste Wurf der Saison gab da bereits einen Vorgeschmack auf das, was noch folgen sollte.

Für mich hat sich Ridder mittlerweile wieder für eine höhere Draftposition in Stellung gebracht, wenngleich er bei den meisten Medien aus dem obersten Quarterback-Regal abgerutscht ist. Aber warten wir mal ab. Auf jeden Fall bietet dieses Spiel natürlich die größtmögliche Gelegenheit, sich wieder eindrucksvoll in Erinnerung zu bringen.

Aber: Gegen eine gewohnt physische Alabama-Defense braucht Ridder Hilfe. Wieviel kann er von einer Offense ohne die ganz großen Namen erwarten?

Kann Cincinnatis O-Line (mit)halten?

Hier liegt meiner Ansicht nach einer der Knackpunkte des Spiels. Cincinnati hat eine passable O-Line (unter anderem mit dem deutschen OG Lorenz Metz, der sich nach seinem Wechsel von OT nach innen deutlich stabilisiert hat und ins All-Conference-Team berufen wurde), aber keine wirklich eindrucksvolle. Ich würde die 2020er Version sogar ein wenig höher einstufen – und wir wissen, was Azeez Ojulari erst mit James Hudson (mittlerweile Cleveland Browns), dann mit Metz im Peach Bowl angestellt hat. Kann das gegen eine Tide Front reichen, die in den letzten Wochen wieder zu Normalform aufgelaufen ist?

Wie üblich lässt Saban eine physische 3er Front spielen, die viel two-gappt, ab und an Tite spielt (also eng beieinander aufgestellt ist) und eher die O-Liner beschäftigt als selber viele Plays macht (und wenn dann eher gegen den Lauf). Eine Ausnahme gibt es allerdings: Big DE/DT Phidarian Mathis (8 Sacks), von dem ich schon seit seiner Backup-Zeit ein ziemlicher Fan bin: für einen 310 Pounder ziemlich beweglich, dazu mit sehr kräftigen Armen und Händen ausgestattet.

Doch all das ist nur ein Vorgeschmack auf die Reihe dahinter – und vor allem: Star-OLB Will Anderson. Ich sage es direkt: Anderson ist für mich der aktuell beste Spieler im College Football – and it isn’t close. Anderson mag mit seinen 243 pounds etwas undersized sein, aber er ist der perfekte Passrusher: überragender Burst & Speed around the Edge, toller Bend, kann jedoch genauso gut mit inside Countern zum Erfolg kommen. Too quick für O-Liner, man kriegt ihn einfach nicht gestellt. Vor allem aber hat er eine natürliche Leverage und überragende Handarbeit. Dies beides in Kombination erlaubt ihm selbst Bullrushes gegen interior O-Liner und jede Menge Plays als Edgesetter gegen den Lauf. Er brilliert ja nicht nur mit seinen Big Plays (unglaubliche 29 TFL, 15.5 Sacks), sondern in wirklich jedem einzelnen Play dank eines unreal Effort und Motor (Anderson hat Sideline-to-Sideline Range!). Davon zeugen auch seine 91 Tackles (die bei Line- und Edge-Spielern schon etwas aussagen). Zum Vergleich: Aidan Hutchinson hat 58 Tackles, Kayvon Thibodeaux 49 Tackles (bei allerdings weniger Spielen). Anderson ist ein Energizer Bunny, das wirklich jede Millisekunde auf dem Feld Gas gibt – und damit natürlich auch eine Inspiration ist. Ihr wisst, ich verlinke nicht oft Highlight Reels, aber schaut euch bitte mal diese knapp 6 Minuten an. Es lohnt sich allein deswegen, weil es eben so viele verschiedene Plays sind, die er auf unterschiedliche Weise direkt beeinflusst. Und wie er Spielzüge und Misdirections sofort erkennt. Einfach nur absurd:

Anderson musste allein deswegen mehr Verantwortung übernehmen, weil sein Gegenüber OLB Christopher Allen gleich im ersten Spiel für die Saison ausfiel. Mittlerweile müssen wir aber wieder von zwei exzellenten Passrushern sprechen: True Freshman OLB Dallas Turner (5.5 Sacks) steigert sich von Spiel zu Spiel. Hier könnte tatsächlich der nächste exzellente Passrusher der Tide vor unseren Augen heranwachsen. Achtet mal auf ihn, halte ihn für ein weiteres big-time talent.

Was willst du mit einer ‚nur‘ soliden Line gegen eine solche Front machen, zu der übrigens auch immer wieder mal Blitzes der beiden ILBs Christian Harris (2 Sacks) und insbesondere Henry To’oto’o (4 Sacks) eingestreut werden? Das einzige, was meiner Ansicht nach hilft, ist eben größtmögliche Variabilität in allen Bereichen: Das betrifft Run und Pass ebenso wie inside und Perimeter Plays, quick Passing Game und Playaction deep Shots, Zone Read und andere Options, mit denen man defensive Playmaker gezielt aus dem Spiel nehmen kann; Jet Sweeps und Misdirections, mehr Runs von Ridder etc. Gerade das Rollout Passing Game der Bearcats erscheint als gute Alternative, um Ridder ein wenig aus der Pocket zu bewegen. Hier agieren die Bearcats gerne mit Levels-Konzepten mit ihren TEs und Receivern.

Auf gar keinen Fall sollte man eindimensional werden, auch wenn die Dynamik des Spiels dies nahelegt. Ansonsten befürchte ich, dass die Line von Anderson und Co. lebendig verspeist wird.

Passing Game: Günstige Matchups?

Wenn der Passrush um anderson nicht so unglaublich dominant wäre, gäbe es gute Gründe für Fickell und seinen OC Mike Denbrock, stärker als üblich auf den Pass zu setzen. Denn Alabama hatte über die gesamte Saison Probleme in der Secondary, die aktuell nicht kleiner geworden sind. Der erfahrene CB Josh Jobe fällt wohl definitiv aus, und auch der anderen Starter Jalyn Armour-Davis ist fraglich. Es ist also gut möglich, dass Saban außen mit den beiden ersten Backups, true Freshman CB Kool-Aid McKinstry (ja, der heißt mittlerweile wirklich so und hat damit gleich einen netten NIL-Deal mit eben jenem Getränkehersteller eingefädelt) und JUCO-Transfer Khyree Jackson antreten muss. Während McKinstry zwischen Starter und Backup umherpendelte und kein allzu großes Downgrade sein sollte, wäre Jackson eine komplette Unbekannte. Nicht ideal für ein Playoff-Spiel – gerade da das klassische Cover3/Cover 1-Pattern Match eine gewisse Eingespieltheit zwischen den einzelnen Defensive Backs voraussetzt (nicht nur bei den Übergaben und Übernahmen in Coverage, sondern insbesondere beim Spacing zwischen den einzelnen Zonen). Falls das früh Probleme bergen sollte, könnte ich mir vorstellen, dass Saban auf seine alte Strategie zurückgreift: Wenn nichts klappt, gibts hinten Cover 1 Man (teils Press) und vorne wird geblitzt, was das Zeug hält, damit der Quarterback den Ball sofort loswerden muss.

Anyway, zurück zu den Bearcats. Durch die Backup-Corners ergibt sich zumindest ein richtig günstiges Matchup, und zwar für den großen Perimeter WR Alec Pierce (50-867-8). Ich halte den seit zwei Saisons für wahnsinnig underrated: guter Route Runner (gerade bei vertikalen Routes), exzellent in contested Catch mit sehr sicheren Händen, setzt seinen Körper sehr gut ein (Backshoulder!), deutlich besserer Speed als gedacht. Wartet mal ab, der wird uns auch im Frühjahr noch beschäftigen. Paar typische Pierce-Plays:

Genau diese Dinger könnten gegen unerfahrene Corners klappen, weil es hier so viel um (subtiles) Positioning geht.

Der Rest der Receiver-Crew wird munter durchgewechselt, hier gibt es für verschiedene Spielsituationen die geeigneten Typen. Besonders erwähnenswert vielleicht noch der kleine dürre WR Tyler Scott (26-477-5), der der Bearcats-Offense mit seinem Top-Speed eine weitere Dimension gegeben hat. Oftmals dicke Separation downfield.

Die wichtigste Rolle neben Pierce dürften aber eindeutig die beiden TEs haben, die oftmals gemeinsam in 12-Personnel auf dem Feld stehen: Josh Whyle (25-320-6) und Leonard Taylor (27-274-4) sind zwei große Targets (6‘6 respektive 6‘5), die gerne underneath nach Playaction (oder bei Rollouts gesucht werden) und athletisch genug für Yards after Catch sind. Whyle wurde über Strecken der Saison unverständlicherweise vernachlässigt, mittlerweile sieht das glücklicherweise wieder anders aus.

Der Vorteil der Bearcats ist, dass sie keinen ganz klaren go-to-guy haben und ihre Targets nach günstigen Matchups verteilen werden. Das können die outside CBs ebenso sein wie der STAR (also Sabans Nickel-DB): egal ob Brian Branch oder doch Malachi Moore (der nach fantastischem 2020 stark nachgelassen hat) da auflaufen, beide hatten Probleme mit schnellen quicken WRs. Man könnte also Tyler Scott in den Slot setzen oder den wieselflinken Mini-WR und Returner Tre Tucker etwas mehr featuren? Die Hoffnung Alabamas in der Secondary ist eindeutig S Jordan Battle (74 T, 3 INTs), der ein exzellenter Cover-S gegen TEs ist. Könnte ein erstklassiges Duell mit Whyle geben. Auch als Robber gegen Crosser über die Mitte stets zu beachten. Einer, der gegnerische Quarterbacks zu Fehlern verleitet. Ridder muss höllisch aufpassen. Man frage mal bei Georgias Stetson Bennett nach:

Um abschließend auch hier nochmal aufs Laufspiel einzugehen: RB Jerome Ford (1238 Yards, 6.8 Y/C, 19 TDs, Receiving 18-209-1) ist ein ehemaliger Alabama-Spieler, könnte also eine Schippe Extra-Motivation gegen sein altes Team haben. Ford war ein bigger Back, der vor der Saison ein wenig abgespeckt hat und vor allem viel explosiver geworden ist. Mittlerweile ein echter Big Play Runner, der eine prominente Rolle im Game Plan haben wird.

Dennoch weiterhin gut darin, die toughen Yards rauszuholen. Sein Duell mit den beiden ILBs, insbesondere mit dem energetischen Henry To’oto’o könnte ein low-key Highlight des Spiels werden.

Key Matchups:

RT Dylan O’Quinn vs. OLB Will Anderson

Anderson kommt bevorzugt von der rechten Seite. O’Quinn halt bestimmt schon Albträume. Wäre gut, einen TE oder Back zum chippen neben ihm zu positionieren.

RG Lorenz Metz vs. DE/DT Phidarian Mathis

Mathis ist eine Urgewalt, die von Metz zumindest kontrolliert werden müsste.

WR Alec Pierce vs. CB Kool-Aid McKinstry

Ein Duell, das voraussichtlich vor allem nahe der Sideline ausgetragen wird. McKinstry hat zumindest die Size, um Pierce Paroli zu bieten. Aber alles andere auch?

TE Josh Whyle (/Leonard Taylor) vs. Jordan Battle

Cincinnati braucht seine TEs dringend im Passspiel, kriegen sie diese von dem exzellenten Cover-S Battle weggeschemet? Oder machen sie gar Plays gegen ihn?

RB Jerome Ford vs. LB Henry To’oto’o

Siehe oben. Physis und Speed gegen Physis und unbändige Energie.

Ein letzter Gedanke: Special Teams

Können eventuell die Special Teams eine wichtigere Rolle spielen? Who knows. Beide Teams haben einen exzellenten Kick Returner: Jameson Williams ist vielleicht der beste des Landes (unglaubliche 37.4 Yards pro Return und zwei TDs), und auch Tre Tucker hat überzeugt (25.3 Yards pro Return, 1 TD). Wenn es hier einen Knackpunkt gibt, dann das sehr unzuverlässige Kicking Game von Cincinnati: Die Bearcats haben bereits drei Kicker durchprobiert, von denen keiner einer Trefferquote von über 50% bei Field Goals erzielt hat. Bei Alabama ist dagegen das jahrelange Kryptonit von Saban aktuell verschwunden durch K Will Reichard, der zu den besseren des Landes gehört. Aber auch unter so großem Druck? Abwarten…

Fazit: Knapper als gedacht

Die Matchups gefallen wir aus Sicht von Cincinnati deutlich besser, als wenn es beispielsweise gegen Georgia gehen würde. Man hat zumindest schematisch die Defense, mit der Alabama im Saisonverlauf die meisten Probleme hatte, und die eigene Offense ist variabel genug aufgestellt, um die Tide Defense einigermaßen im Unklaren zu lassen. Dennoch: Es ist Alabama, und es ist eben Nick Saban, der seinem Team einbläuen wird, den Underdog bloß ernst zu nehmen. Ich glaube, dass das Spiel enger wird als der Spread, aber auf die Überraschung kann ich einfach nicht ganz setzen. Alabama setzt sich am Ende (wohl) knapp durch, doch es wird ein echter Fight. Einschalten!

Orange Bowl:

#2 Michigan Wolverines (12-1) vs. #3 Georgia (12-1)
(in Miami; 01:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Und nochmal kann ich ein langes Preview mit denselben Worten beginnen: Endlich ist es so weit. Nach jahrelangem Scheitern haben es die Michigan Wolverines geschafft: Zunächst überlebten sie ihren Stolperstein Ohio State, von den sie beinahe schon ein Trauma entwickelt hatten. Wer sich an dieses unglaubliche Spiel nicht mehr erinnert oder jetzt erst mit dem College Football einsteigt:

Danach siegte man locker im Big Ten Championship Game gegen Iowa und gewann somit die erste outright Big Ten-Meisterschaft seit 2003! Eine extrem lange Dürreperiode für ein so großes Programm – und die große Erleichterung für HC Jim Harbaugh, der letzte Saison kurz vor dem Rauswurf stand und nur zu gekürzten Bezügen weitermachen durfte.

Lohn ist nun der erste Auftritt in den College Football Playoffs. Und da überlassen die Wolverines wirklich nichts dem Zufall: Die Mannschaft ließ sich komplett boostern, damit bloß keiner diese einmalige Chance verpasst. Wie OT Andrew Stueber in dem Artikel verlautbaren lässt:

We’ve implemented masks in meetings, kind of maintaining social distancing. A lot of people are taking their meals to go now and not really sitting (together) too much. But it’s a lot safer now out there. A lot of students have left the campus (for winter break).

Hier hat ein Team wirklich verstanden, was notwendig ist, um die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Gut so.

Georgia wird mit gemischten Gefühlen ins Halbfinale gehen. Die Bulldogs spielten eine überragende Saison, in der sie bis auf das erste Spiel gegen Clemson nur Kantersiege einfuhren. Die Defense gab kaum glaubhafte 6.9 Punkte pro Spiel ab, die wie ein Relikt aus einer fernen Zeit klingen, in der Spieler eher 13-10 als 33-30 ausgingen.

Und dann stand da mal wieder Alabama im weg. Dieses Mal kein dominantes, furchterregendes Alabama, sondern ein Alabama mit einigen Fragezeichen, das gerade den Iron Bowl gegen ein durchschnittliches Auburn mit allem Glück der Welt im Gepäck gewonnen hatte. Aber Georgias HC Kirby Smart kann gegen seinen alten Lehrer Nick Saban einfach nicht gewinnen. Im Gedächtnis geblieben sind vor allem die beiden dramatischen Niederlagen im National Championship Game 2017/18 und dem SEC Championship Game im Jahr darauf. Und nun kam eine fette 24-41 Klatsche dazu (deren Highlights ja bereits oben verlinkt in der Alabama-Preview verlinkt wurden, daher spare ich mir das hier). Gerade die Bulldogs-Defense dürfte eine gehörige Wut im Bauch haben und hätte sicher nichts dagegen, diese Scharte ein für allemal auszuwetzen. Denn in einem Championship Game könnte ja erneut Alabama warten.

Dieses Spiel ist schematisch und in den Playcalls vielleicht etwas klarer vorhersehbar als das andere Halbfinale. Es erwarten uns zwei Verteidigungsreihen, die über die gesamte Saison betrachtet überzeugt haben – und das ist ein ziemliches Understatement. Schauen wir aber auch hier auf die Duelle zwischen den Units.

Wolverines Offense vs. Bulldogs Defense

Kann Michigan gegen diese Front sein Power Running aufziehen?

Michigan hat diese Saison eine klare offensive Identität: mit dem Run Game den Gegner überpowern. Die Wolverines stellen eine sehr gute O-Line, ohne dass darin zwangsläufig besonders viele Stars spielen. Dafür ist sie wahnsinnig eingespielt und alle Rädchen greifen ineinander. Das ist manchmal vorteilhaft gegenüber einem oder zwei Stars (vergleiche: Alabama). Die Wolverines setzen mehr auf Gap-Blocking als viele andere College-Teams, können aber genauso gut Inside Zone laufen. Hauptsache der Gegner wird physisch dominiert und mit der Zeit müde. Das Spiel gegen Ohio State war quasi die perfekte Umsetzung ihrer Philosophie.

Hinter der Line steht mit RB Hassan Haskins (1288 Yards, 20 TDs) ein ungemein physischer Back, der es wirklich hervorragend versteht, seine Füße immer weiter zu bewegen und dadurch auch im Kontakt immer noch weitere Yards rauszuholen. So kontrolliert Michigan im Idealfall Ball und Uhr. Gegen Ohio State gelangen Haskins 16 1st downs und 5 TDs. Wie gesagt, perfekte Umsetzung.

Dabei sollte man den toughen Running Style von Haskins nicht mit Unkreativität verwechseln. Haskins hat ein paar überraschende Moves im Arsenal, insbesondere der Hurdle wird einmal im Spiel ausgepackt. Achtet drauf und trinkt einen Kurzen, wenn es so weit ist.

Doch gegen Georgia wird ein solcher Gameplan voraussichtlich nicht klappen. Die Bulldogs verfügen schlicht über eine der besten Run Defenses des Landes. Das beginnt in ihrer 3er D-Line, in der nicht nur die üblichen Space Eater stehen. NT Jordan Davis dürfte mittlerweile bekannt sein, ein massiger 1-tech mit über 340 Pounds und brachialer Kraft im Oberkörper, aber einer fast grazilen Fußarbeit, die es ihm erlaubt, mit seiner lateral Quickness sogar Plays außerhalb der Box zu machen. Paar Beispiele?

Alabama schaffte es allerdings, ihn durch No-Huddle aus dem Spiel zu nehmen, da Davis normalerweise nur etwa die Hälfte der Snaps spielt und so innerhalb eines Drives keine Pausen erhalten konnte. Wird voraussichtlich aber nicht Michigans Strategie sein. Seine Nebenleute, die beiden 5TDEs/DTs Devonte Wyatt (7 TFL, 2 Sacks) und Travon Walker (5.5 TFL, 4 Sacks) sind stark unterschätzt und machen eben auch selbst Plays im Backfield. Hinzu kommt in einer Key Backup-Rolle Jalen Carter (8.5 TFL, 3 Sacks), der alle Line-Positionen besetzen kann und aus meiner Sicht der nächste Star der Bulldogs-Front wird. Extrem quicker und athletischer 310 Pounder. Achtet ruhig mal auf ihn (#88).

Die Run-Defense wäre allerdings nicht vollzählig ohne die beiden ILBs: Von Butkus Award Winner Nakobe Dean (61 T, 8.5 TFL, 5 Sacks, 2 INTs) und seiner unglaublichen Spielintelligenz habe ich genug geschwärmt in den letzten beiden Jahren:

Nun hat er seinen verdienten Lohn in Form individueller Auszeichnungen erhalten. Doch auch die anderen beiden rotierenden ILBs, Channing Tindall (58 T, 6 TFL, 4.5 Sacks) und Quay Walker (51 T, 4.5 TFL, 1.5 Sacks), werden meiner Meinung nach in der NFL spielen. Tindall war vor der Saison lediglich Backup, doch fiel er mir gleich im ersten Spiel positiv auf (siehe hier): aggressiver Downhill-Linebacker mit starkem Tackling.

Nun sind ILBs natürlich immer elementarer Teil der Run Defense, im Falle von Georgia allerdings besonders. Die ILBs bewegen sich mit dem Snap mit Schwung zur Line, kreuzen dabei meist ihre Wege (ähnlich wie beim Cross Dog-Blitz, den die Bulldogs auch regelmäßig spielen) und slanten so in die A-Gaps, was eben zu einer Menge Tackles for Loss führt. Einer der Gründe, warum Läufe gegen Georgia durchschnittlich nur 2.6 Yards einbringen. Seth Galina dröselt das hier wunderbar auf:

Aufgrund dieser unglaublichen Front konnten Smart und sein DC Dan Lanning (der neuer HC von Oregon wird, allerdings erst nach den Playoffs) es sich leisten, mehr als üblich mit zwei tiefen Safeties zu spielen. Mich würde es gegen Michigan aber auch nicht wundern, wenn Smart seinen S Lewis Cine (61 T, 8 PBU, INT), einen exzellenten und harten Tackler sowie superben Run Defender, näher Richtung Box beordert.

Erstes Fazit: Es wird krachen an der Line, und zwar ordentlich!

Nimmt man jedoch all diese Playmaker gegen den (inside) Run zusammen, glaube ich nicht, dass Michigans klassischer Gameplan funktionieren wird, zumindest nicht so konstant wie gewünscht. Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass ein lauforientierter Ansatz per se nicht möglich ist. Er muss allerding etwas variabilisiert werden, damit die Wolverines eine Chance haben:

1) Mehr Einsatz für den fantastischen Speed-Back Blake Corum (939 Yards, 6.7 Y/C, 11 TDs). Corum war gegen Ohio State angeschlagen, ist sonst der spektakuläre Komplementär-Back zu Haskins Grinder-Stil. Er sorgt für die Big Plays über außen. Wenn Corum eine Lücke präsentiert bekommt, ist er weg. Und notfalls packt er noch einen Move dazu, wie im Big Ten Championship Game gegen Iowa.

2) Ein paar Drives und Packages für Backup-QB J.J. McCarthy, der wesentlich mehr Mobilität mitbringt als Starter Cade McNamara und auch außerhalb der Pocket kreieren kann.

3) Misdirections und Jet Sweeps, v.a. mit Slot/RS A.J. Henning, der mit dem Ball in der Hand sehr gefährlich ist (18 Yards pro Run). Dazu eventuell Fake Jet Sweeps mit anschließender Wheel Route – die klappten in den letzten Wochen immer wieder. So ließe sich die massierte Bulldogs-Defense horizontal auseinanderziehen.

Das Gute ist: OC Josh Gattis (der etwas überraschend den Broyles Award für den besten Assistant Coach im College gewonnen hat) bewies in den letzten Spielen schon, dass er das Basis-Scheme sinnvoll je nach Gegner modifizieren und ergänzen kann.

Wieviel geht für Michigan im Passspiel? Und was?

Klar, Michigan wird nicht in den full-out Passing-Modus gehen und dauerhaft Shotgun Empty spielen und den Ball übers Feld passen. Das ist einfach nicht ihr modus operandi. Dennoch würde ich den Wolverines raten, von Beginn an mehr auf den Pass zu setzen: viel Playaction und einige RPOs.

Es ist ja auch nicht so, dass Michigan gar kein Passspiel hat. QB Cade McNamara (64.6%, 2470 Yards, 8.0 Y/A, 15 TDs, 4 INTs) mag kein spektakulärer Passer sein, aber er verteilt den Ball gut und macht vor allem wenig Fehler. McNamara ist ähnlich effizient über die Mitte wie im Perimeter-Passing, von daher ergeben sich durchaus einige Optionen:

1) Außen one-on-one Coverage identifizieren (Man, die klassische Cover 3 Pattern Match von Smart). WR Cornelius Johnson (30-609-3) ist ein physischer Mann in contested Catch-Situationen. Ich würde den dynamischen Fr. WR Andrel Anthony (11-213-2) stärker einbinden, der bei seinen wenigen Catches große Gefahr ausstrahlte und der vielleicht einzige relevante Big Play Guy im Passing ist.

2) Die TEs einbinden: Erick All (34-370-2) hat sich zu einer zuverlässigen Anspielstation underneath entwickelt und seine Dropsie-Probleme des letzten Jahres überwunden. All wird gerne mit Crossern gefüttert. So kam auch sein Play dieser Saison zustande, der entscheidende TD gegen Penn State: Trips WR right, die alle inside Routes laufen und so ein Mesh Play mit Alls Drag Route kreieren.

Eine weitere sehr effiziente Einsatzmöglichkeit waren delayed Releases, in denen er erst anblockte, um dann doch auf seine Route zu gehen (s. Nebraska-Game).

3) Pässe auf die Running Backs: Gerade Corum könnte noch viel häufiger in space bedient werden, um seine Explosivität auszuspielen. Spät in der Saison fanden die Wolverines eine weitere Option: 3rd string true Fr. RB Donovan Edwards killte die Maryland Defense mit diversen Wheel Routes. Siehe hier:

Daher vielleicht auch mal mit 2 RB-Sets überraschen und daraus Routes laufen?

Dennoch sollte Michigan nicht den Fehler machen und aus dem SEC Championship Game den Schluss ziehen, dass Georgia Schwächen in der Passverteidigung hat. Dem ist nicht so. Die Secondary ist natürlich weiterhin richtig stark – aber eben attackierbar.

Der eine Faktor ist der Passrush: Der hat durch die (wohlgemerkt absolut korrekte) Suspendierung von Speedrusher Adam Anderson (Verdacht auf Vergewaltigung) einen schweren Schlag hinnehmen müssen. Seitdem liegt hier die komplette Verantwortung auf OLB Nolan Smith (5 TFL, 2.5 Sacks), der allerdings eher variable Einsatzmöglichkeiten bietet, aber kein Passrush Demon ist. Daher ist zu erwarten, dass Smart weiterhin auf die Inside Blitzes und Cross Dog Blitzes der ILBs um Dean setzen wird. Michigans interior OL muss höllisch diszipliniert sein, hier steht insbesondere C Andrew Vastardis mit seinen Protection Calls im Fokus.

Anschauungsunterricht etwa der Saisonauftakt gegen Clemson, als Dean und Walker gefühlt bei jedem Pass Play geschickt wurden:

Den double ILB Blitz werden wir immer und immer wieder sehen:

Da wird natürlich auch die Pass Pro von Haskins und Corum ein entscheidender Faktor sein.

Der andere Moment betrifft die Secondary. Die beiden CBs Derion Kendrick (2 INT) und Kelee Ringo (7 PBU, 1 INT) haben für ihren Auftritt gegen Alabama einige Kritik bekommen. Meiner Ansicht nach zu viel. Gerade Kendrick sollte außen keine leichte Aufgabe für die Michigan-WR darstellen.

Interessant wird zweierlei sein: Erstens (wie bereits angesprochen), ob S Cine eher gen Line of Scrimmage beordert wird und der solide S Christopher Smith (2 INTs) das Centerfield allein bemannt. Dann würde es vor allem auf gute Angles gegen schnelle Crosser und outside Runs ankommen, da Michigan die tiefe Mitte nicht übermäßig oft attackiert. Zweitens stellt sich die Frage nach dem STAR (also Nickel-DB): Topmann Tykee Smith fehlte fast die komplette Saison, sein Ersatz Latavious Brini (8 PBU) machte seine Sache eigentlich gut, doch fehlte er überraschend im SEC Championship Game – und sein Backup William Poole sah im ersten Start ein ums andere Mal alt aus. Sollte Michigan häufiger den Slot attackieren, etwa mit WR Mike Sainristil oder dem genannten A.J. Henning?

Expect the unexpected

Kaum ein Team callt so gerne Trickspielzüge wie die Wolverines: Double Reverses, double Passes, Flea Flicker, diverse Misdirection Plays – und im Big Ten Championship Game bewies RB Edwards, was für einen großartigen Arm er besitzt:

Das alles sind nicht nur Spielereien, sondern insofern wesentlicher Bestandteil der Offense, da das klassische Passspiel nicht die Menge an Chunk Plays generiert wie bei einigen anderen Teams. Von daher sollten nicht nur wir, sondern auch die Georgia Defense hellwach sein und gerade mit ihren Safeties nicht zu schnell auf vermeintliche Run Plays anbeißen – denn die können plötzlich eine ganz andere Gestalt annehmen.

Key Matchups:

C Andrew Vastardis vs. NT Jordan Davis

RB Hassan Haskins (/Blake Corum) vs. ILB Nakobe Dean & Channing Tindall (/Quay Walker)

In Kombination sicherlich der Schlüssel des Spiels überhaupt. Kann Michigan auf seine präferierte Weise den Ball bewegen? Gegen Haskins braucht es geballte Physis in der Defense, gegen Corum schnelle Reaktionen und Range nach außen

TE Erick All vs. S Lewis Cine

Könnte mir wie gesagt vorstellen, dass Smart Cine nach vorn beordert gegen den Lauf und daher auch öfter gegen All stellt.

RT Andrew Stueber vs. OLB Nolan Smith

Für Georgia wäre es entscheidend, Passrush außerhalb von D-Line und ILB-Blitzes zu generieren.

WR Cornelius Johnson vs. CB Derion Kendrick

Kann Johnson mit seiner Physis ein paar direkte Duelle am Perimeter gewinnen?

Bulldogs Offense vs. Wolverines Defense

Auf dem Papier ist das Duell der Georgia Offense mit der Michigan Defense noch hochkarätiger als sein Counterpart: sowohl nach Punkten (#7 Offense vs. #5 Defense) als auch nach SP+ (#3 Offense vs. #7 Defense). Der Eye Test verrät zumindest partiell etwas anderes (ohne damit sagen zu wollen, dass das schlechte Units sind), aber betrachten wir das alles mal der Reihe nach.

Die unendliche Quarterback-Saga

Ein Quarterback-Duell zwischen Cade McNamara und Stetson Bennett hätten wohl die wenigsten in einem College Football-Halbfinale erwartet. Das zeigt, wie ungewöhnlich diese Saison verlaufen ist, in der sogar eher die Defenses als die Offenses den Ausschlag über den großen Erfolg gegeben haben (alle vier Playoff-Defenses befinden sich nach SP+ unter den Top 10, hingegen nur zwei Offenses). Allerdings gilt es hier zu differenzieren: Während Michigan von Beginn an auf McNamara setzte (und setzen musste), birgt das Quarterback-Narrativ der Bulldogs doch ein wenig mehr Sprengkraft.

Gerade nach der letzten Saison, in der Bennett doch überfordert wirkte und USC Transfer JT Daniels nach seiner Genesung in den letzten Spielen einen ziemlich guten Eindruck hinterließ, rechneten eigentlich alle mit Daniels als klarem Starter. Mit ihm und OC Todd Monken (der neben seiner NFL-Erfahrung bei den Browns auch ein paar Air Raid-Erfahrungen sammelte – übrigens genau wie Daniels) sollte die Offense endlich explosiver werden. Doch Daniels verletzte sich früh in der Saison, und Bennett spielte sich danach fest – und behielt den Job sogar, als Daniels wieder einsatzbereit war. Smart und Monken begründeten ihre Entscheidung unter anderem damit, dass Bennett der etwas mobilere Typ ist. Doch das allein kanns eigentlich nicht sein.

Man sollte fairerweise anfügen, dass Bennett einen deutlich gefestigteren Eindruck als 2020 hinterließ, der sich auch an den Zahlen festmachen lässt (64.1%, 2325 Yards, 10.1 Y/A (!), 24 TDs, 7 INTs), dennoch: Daniels ist von seinen Anlagen der deutlich talentiertere QB. Dass Bennett ausgerechnet im entscheidenden Spiel gegen Alabama strugglete, war Wasser auf die Mühlen der Kritiker.

Daher stellte sich nun – erneut – die Frage, wie die Entscheidung auf der Quarterback-Position ausfällt. Doch die ist den Coaches nun wohl abgenommen worden: Daniels testete positiv auf Corona und könnte wohl erst einen Tag vor dem Orange Bowl wieder zur Mannschaft stoßen. Daher ist dringend anzunehmen, dass es mit Bennett weitergeht – wohlgemerkt zurecht, denn ohne Reps macht ein Starteinsatz von Daniels natürlich wenig Sinn. Ich hätte gern gewusst, wie es sonst ausgegangen wäre.

Im Kreuzfeuer: Georgias OL gegen das beste Passrush-Duo des Landes

Machen wir uns nichts vor: Das Duell, auf das alle Augen gerichtet sein werden, findet zwischen Georgias O-Line – genauer: Georgias OTs – und den Monster-Passrushern der Wolverines statt: Heisman-Finalist DE Aidan Hutchinson (15.5 TFL, 14 Sacks) und sein kongenialer Partner, Speedrusher David Ojabo (12 TFL, 11 Sacks). Wie man schon am Verhältnis von TFLs zu Sacks sieht, dürfen diese beiden in der Defense von DC Mike MacDonald die Ohren anlegen und Jagd auf den Quarterback machen. Das Problem für gegnerische Tackles ist die Geschwindigkeit, in der das geschieht. Ojabo ist mit seinem Antritt und Bend über außen im engen Bogen sofort durch. Dazu ist seine Handarbeit für einen Spieler mit wenig Footballerfahrung schon echt nicht schlecht:

Oder hätten sie gerne einen perfekt ausgeführten Spin Move?

Hutchinsons Klasse ist natürlich weitläufig bekannt. Ich bin allerdings ein ganz kleines bisschen stolz darauf, dass ich früh in der Saison darauf verwies, dass er den Vergleich mit keinem Defender scheuen muss – zu einer Zeit, als die allermeisten Kayvon Thibodeaux und eins, zwei andere Defender deutlich vor Hutchinson hatten:

Es war klar, dass EDGE Aidan Hutchinson den Unterschied machen kann – wenngleich ich immer noch überrascht bin, wie fantastisch er diese Saison spielt. Meiner Meinung nach muss er sich gerade hinter keinem Defender im College Football verstecken.

Spätestens das Spiel gegen Washingtons Top-OT Jaxson Kirkland gab den Ausschlag, ihn ganz oben zu platzieren.

Hutchinson kann einfach auf so viele unterschiedliche Weisen gewinnen: mit seiner überragenden Quickness, mit seiner bereits extrem prononcierten Hands Usage (auch hier überragende Quickness), mit einem violent initial Contact, mit Bullrush, aber genauso über außen mit Bend und closing Speed. Dazu ein unreal Effort, wirklich nie aus dem Spiel. Paar Eindrücke:

Getoff und Bend, sehr enger Arc. Immediate Pressure.

Quickness & Quickness der Moves (gerade in der Slomo gut zu sehen):

Getoff (wenngleich wohl Offside, aber der Antritt ist wow):

Effort (Counter/Secondary Moves):

Hier ein paar Plays aus seinem Heisman-Game gegen Ohio State mit eigenen Worten:

Wohlgemerkt, das diese Plays waren größtenteils gegen richtig gute Tackles wie Kirkland oder Nick Petit-Frere.

Und wenn Hutchinson und Ojabo zusammen kommen, sieht das in etwa so aus. Schlicht keine Zeit für irgendeine Play-Entwicklung:

Genug der Beweihräucherung. Georgia hat mit LT Jamaree Salyer einen exzellenten Tackle, der einen der beiden Rusher herausfordern wird. Salyer ist massig und wide – und hat bisher kaum etwas zugelassen, vor allem, wenn er fit war (was er nun wieder ist).

Problem für die Bulldogs Offense ist halt nur, dass du eben zwei solcher Kaliber auf beiden Seiten hast und daher nicht einfach die Plays von dem einen Star weg-schemen kannst (wie es bspw. Utah gegen Oregons Kayvon Thibodeaux machte). Eine Option wäre mit Trips Bunch-Formations zu agieren, um einen Ojabo (der eher die Standup-Rolle in Macdonalds hybrider 3-3-5/4-2-5 Nickel einnimmt) in Coverage-Aufgaben zu zwingen. Doch wie oft bekommt man das hin, bevor Macdonald umstellt?

Die beste Option, diese beiden Monster zu neutralisieren, bestünde natürlich in einem dominanten Laufspiel, um nicht zu oft in eindeutige Passing Downs zu kommen. Dann wird Georgia ineffektiv (in 3rd down Conversions mit 43.9% nicht unter den Top 30). Doch sowohl Georgias interior O-Line als auch das Run Game allgemein hat nicht ganz die Klasse vergangener Jahre. In einem Duell mit Michigans D-Line um die DTs Mazi Smith und Chris Hinton sehe ich höchstens ein ausgeglichenes Verhältnis. RB Zamir White (718 Yards, 5.3 Y/C, 10 TDs) ist ein physischer Runner, aber bei ihm vermisse ich so ein wenig den special trait. Ich weiß nicht, ob das reichen wird…

Hinzu kommt: Ich halte Michigans MLB Josh Ross (95 T, 8.5 TFL) für sehr unterschätzt. Er blüht im neuen Scheme von Macdonald richtiggehend auf und ist zugleich diszipliniert und genügend aggressiv beim Stopfen der Gaps. Doch wie gut sind die Run Fits des zweiten Off-Ball Linebackers? Dort hat Macdonald ein wenig rotiert, aktuell ist wohl true Freshman Junior Colson die erste Wahl. Kann er dem Druck standhalten?

Welche Sorte Bulldogs-Passattacke?

Nicht lachen, ich halte das durchaus für eine Möglichkeit. Laut PFF ist Georgia in der Tat das erfolgreichste Early Down-Passing Team. Eben weil die Defenses so sehr auf den Lauf achten, konnten die Bulldogs ein effektives Playaction Game aufziehen in Situationen, in denen gegnerische Defenses nicht unbedingt mit dem pass rechnen.

Die Frage ist, welche Receiver dafür zur Verfügung stehen, denn bei kaum einer Position musste so oft umgestellt werden. Immerhin scheinen nun alle relevanten Spieler an Board zu sein. Hier wäre zunächst Top-WR George Pickens zu nennen, doch der hat sich gerade erst von einem Kreuzbandriss erholt und wird sicherlich nur spärlich eingesetzt werden. In diesen Plays könnte er allerdings mit seiner Größe, seiner Athletik und seinen Top-Ballskills den Unterschied machen. Pickens wurde vor ein paar Tagen COVID-positiv getestet, aber die Nachtests ergaben einen falschen Alarm.

Auch der andere Langzeit-Invalide, Dominick Blaylock (sogar zwei Kreuzbandrisse in Folge) ist wieder dabei, hier sollte man jedoch noch vorsichtiger sein. Pickens außen und Blaylock als Big Slot wären natürlich schon verlockend. Wahrscheinlicher ist aber eine starke Rotation, in der nach Spielsituation entschieden wird: ein Big Target wie true Fr. Adonai Mitchell (25-342-2) außen oder Ex-Walk-on Ladd McConkey (28-430-5) im Slot dürften wohl mehr Spielzeit sehen als Pickens und Blaylock. Oder?

Anyway, die verhältnismäßige Schwäche der Receiver wird ausgeglichen durch den wohl talentiertesten TE-Room des Landes. True Freshman Brock Bowers (47-791-11) ist schon jetzt einer der Top 5 TEs des Landes – mindestens. Ehemaliger Receiver, kann als Move-TE, Off-Set, H-Back oder im Slot eingesetzt werden und wirkt von seiner Größe und Masse abgesehen wie ein Receiver. Deep Balls? Kein Problem:

Yards after Catch mit Speeeed nach dynamischem Slant? Check.

Bowers wird der go-to-guy sein, den Michigan unbedingt aus dem Spiel nehmen muss – gerade bei early Downs.

Hinzu kommt der – aus meiner Sicht immer viiiiel noch zu wenig eingesetzte – Darnell Washington (9-145-1), ein absoluter Riese mit beinahe O-Line-Maße (6‘7, 265) und Receiver-Beweglichkeit. Georgia spielt viel mit 2-TE-Sets, was bei diesen beiden und der eher fraglichen WR-Depth sehr viel Sinn macht.

DC Macdonald lässt – wie sein berühmt-berüchtigter Vorgänger Don Brown – viel Man spielen, allerdings längst nicht mehr so einseitig Cover 1 Man Press, die sehr anfällig gegen Crossers und Mesh Plays war. Hier wird munter variiert: Press, Off, single-high – und erstaunlich viel Cover-2 Man. Macdonald beorderte seinen größten DB-Playmaker, S Daxton Hill (65 T, 4.5 TFL, 2 INTs) nach vorne in die Nickel-Position, um ihn näher an der Action zu haben und seine Tackling-Skills besser nutzen zu können. Hill war daher oftmals für die TEs zuständig. Sein Duell mit Bowers könnte episch werden.

Hinten spielen der erfahrene S Brad Hawkins, der sich enorm gesteigert hat, und ein Nebenmann (true Fr. Rod Moore oder R.J. Moten), die Big Plays vermeiden und den Cornerbacks ein wenig Verantwortung abnehmen. QB Bennett muss bei zwei tiefen Safeties ohne Man-Verantwortung aufpassen mit zu späten Bällen über die Mitte – wenngleich die Wolverines hier bisher nicht besonders opportunistisch agierten (nur 1 INT der tiefen Safeties).

Auch die Matchups am Perimeter sollte den Wolverines Hoffnung geben – zumindest solange Pickens nicht plötzlich in Topform aufläuft. Die Cornerbacks haben sich gegenüber 2020 enorm gesteigert. Gerade DJ Turner (7 PBU, 2 INTs), der erst durch die Verletzung von Gemon Green in die Formation gerückt ist, macht einen exzellenten Eindruck, ganz enge Coverage und gutes Verhalten am Catch Point. Gegenüber Vincent Gray hat sich stabilisiert. Außen sehe ich die Wolverines daher leicht im Vorteil.

Falls die Receiver Probleme mit der Separation haben und auch im early down-Passing zu wenig geht, sollte Georgia verstärkt auf ihren X-Factor zurückgreifen: RB James Cook (619 Yards, 6.1 Y/C, 7 TDs, Receiving 21-157-3) ist ein exzellenter 3rd down Back bei Draws und auf Passrouten, der gerade bei letzterem noch viel häufiger eingesetzt werden müsste. Cook gegen einen der Linebacker oder Safeties wäre ein Matchup, in dem ich die Bulldogs klar vorne sehen würde.

Key Matchups:

LT Jamaree Salyer / RT Warren McClendon vs. EDGE Aidan Hutchinson / David Ojabo

Das Duell des Spiels. Salyer wird seinen Gegenspieler womöglich nicht ganz so stark aufblühen lassen, aber über die rechte Seite sollte einiges gehen.

OG Justin Shaffer vs. DT Mazi Smith

Shaffer hier als Synonym für die interior O-Line. Kriegen sie die ebenfalls massige Wolverines Front (Smith ist 320+ Pounds) bewegt?

RB Zamir White vs. LB Josh Ross

Mit White werden die Bulldogs versuchen, Down & Distance zu kontrollieren. Ross versteht es durchaus, Löcher schnell zu stopfen.

TE Brock Bowers vs. S Daxton Hill

Wen auch immer Macdonald primär auf Bowers ansetzt, hier haben wir das entscheidende Matchup im Passspiel.

WR George Pickens vs. CB DJ Tuner

Hier ist der Wunsch Vater des Gedankens. Wäre schön, wenn Pickens eine prominente Rolle spielen würde.

Zu guter Letzt: Special Teams

Ich machs kurz: Beide Teams verfügen über hervorragende Kicker-Punter-Combos. Georgias Jack Podlesny verwandelte 18 von 22 Kicks, Michigans Jake Moody sogar 22 von 24. Beide Punter kicken über 46 Yards im Schnitt. Michigan hat mit Corum und Henning wohl die etwas besseren Returner und starke Coverage Units. Aber wird das wirklich entscheidend sein?

Fazit: Dogfight

Georgia ist mit 7.5 Punkten Favorit. Zu viel? Schwer zu sagen. Ich bin ebenfalls geneigt, die Bulldogs vorne zu sehen. Ich glaube nicht, dass die Wolverines gegen diese Bulldogs-Front konstant den Ball auf dem Boden bewegen können. Wie weit kann OC Gattis vom präferierten Ansatz der Offense abrücken und dennoch Erfolg haben? Psychologisch ist das schon schwieriger einzuschätzen: Georgia wird mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch antreten, nachdem die Defense vermeintlich entzaubert wurde. Motiviert das oder lähmt das? Auf der anderen Seite habe ich selten ein Team erlebt, das mehr „determined“ wirkte als die Wolverines. Die Spieler sind vollkommen überzeugt, dass 2021 ihre Saison ist. Ich wünsche mir absolut kein reines SEC-Finale, komme aber an Georgias Defense nicht ganz vorbei. So oder so erwartet uns ein Duell in den Trenches mit krachenden Hits und womöglich nicht ganz so vielen Punkten.

Gehen wir nochmal einen Tag zurück und betrachten die Spiele von heute:

Donnerstag, 30. Dezember

Music City Bowl:

Tennessee Volunteers (7-5) vs. Purdue Boilermakers (8-4)
(in Nashville; 21:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Der Music City Bowl wartet mit einer durchaus interessanten Partie auf, allerdings fehlen auch hier die wichtigsten Protagonisten, vor allem auf der Seite der Boilermakers. Können die Vols also ihren Quasi-Heimvorteil nutzen?

Die Saison von Tennessee hatte ihre Höhen und Tiefen, am Ende bleibt in der ersten Saison des neuen HC Josh Heupel aber eher die positive Note. Die 5-3 Bilanz in den letzten acht Partien relativiert sich etwas, wenn man bedenkt, dass die drei Niederlagen gegen die zwei Playoff-Teilnehmer Alabama und Georgia sowie Top-10 Team Ole Miss zustande kamen. Ganz dran an der Spitze sind die Vols noch nicht, doch der Anfang ist gemacht.

Auch Purdue wird nicht unzufrieden sein, auch wenn das Team von HC Jeff Brohm sicherlich so ein wenig auf da Big Ten Championship Game geschielt hatte (das sie nur um ein Spiel verpassten). Insbesondere die beiden Siege gegen die (seinerzeit Top 5-Teams Iowa und Michigan State werden im Gedächtnis bleiben.

Tennessee

Die Offense der Vols kam gegen Ende der Saison immer besser in Schwung und konnte die Heupel’sche Spread-Variante mit dem Hyperspeed zwischen den Snaps immer besser umsetzen. Das lag vor allem an dual-threat QB Hendon Hooker, der sich etwas unbemerkt zu einem der gefährlichsten Playmaker des Landes entwickelt hat (2567 Yards Passing, 26 TDs, 3 INTs, 561 Yards Rushing, 5 TDs). Hooker gab bekannt, für 2022 zurückzukehren, so dass die Zukunft für die Vols durchaus positiv erscheint.

Der beste Runner Tiyon Evans ist zu Louisville transferiert, daher wird im Laufspiel neben Hooker vor allem auf RB Jabari Small hinter einer guten O-Line vertraut. Obwohl der Run die letzten Spiele herausragend funktioniert hat (v.a. mit Hooker selbst), könnte in diesem Spiel der Pass wichtiger werden, in dem Hooker mit dem erfahrenen Ex-USC Slot-WR Velus Jones und Big Body Cedric Tillman (57-931-9), der in seiner vierten Saison bei den Vols aus dem Nichts vollkommen explodiert ist, ganz gute Waffen zur Verfügung hat.

Die Defense ist der deutlich schwächere Mannschaftspart und hatte insbesondere (aber nicht nur) gegen den Pass so ihre Probleme. Dass der mit Abstand beste DB, CB Alontae Taylor, auf den Bowl verzichtet, macht die Sache nicht gerade einfacher. Gegen ein sowieso passfreudiges Purdue wird es daher wohl vor allem auf den guten Passrush um DT Matthew Butler (5 Sacks), Passrush Specialist Byron Young (5.5 Sacks) und den besten verbliebenen Defender, do-it-all LB Jeremy Banks (4.5 Sacks) ankommen. Ein wenig Hilfe des Backfields wäre dennoch nicht schlecht. Hier sticht nun vor allem Slot Theo Jackson heraus, der auch ein sehr aktiver Run Defender und guter Tackler ist. Vielleicht so ein wenig ein Geheimtipp.

Purdue

Wie schon angedeutet. Purdue kann den Ball nicht besonders gut laufen, daher macht HC Brohm das einzig richtige: Er versucht es gar nicht erst besonders doll. Aidan O’Connell ist ein sehr akkurater short und intermediate Passer (73.5% Completions!), doch wird er es in diesem Spiel schwer haben: Star-WR David Bell hat für die Draft gemeldet und verzichtet, und auch der zweitbeste WR Milton Wright steht nicht zur Verfügung. Daher könnte dem ewigen Slot Jackson Anthrop (48-496-5) in seinem nun wirklich letzten Spiel eine größere Rolle zukommen (nettes Duell mit Jackson btw), ebenso könnte TE Payne Durham (40-382-4) noch etwas mehr eingebunden werden. Bin gespannt, wer sich außen anbieten wird, eventuell Marshall Transfer Broc Thompson?

Die überraschend starke Defense ist ebenfalls ihres Stars beraubt. Der designierte 1st rounder DE George Karlaftis setzt aus, und der beste CB Dedrick Mackey soll ebenfalls nicht auflaufen. Doch hier sieht es nicht ganz so trüb aus: Mit dem rohen, aber vielversprechenden EDGE DaMarcus Mitchell und DT Branson Deen gibt es vorne durchaus noch Spieler, die Druck auf den Quarterback entfachen können. Darüber hinaus stellen die Boilermakers eine extrem aktive Linebacker-Crew mit Jaylan Alexander und Jalen Graham, die beide auch gerne mal von den gleich drei Co-DCs auf Blitzes geschickt werden, und gerade Graham ist auch ein guter Cover-LB. Durch die beständige Pressure vorne hat das Defensive Backfield profitiert, das vielleicht keine besonderen Talente stellt, aber sehr diszipliniert agiert. S Cam Allen (4 INTs) hat eine Nase fürs Big Play.

Fazit: Mit voller Kapelle hätte ich Purdue vorn gesehen, aber so tippe ich auf die Vols. Die großen Lücken auf WR in der relativ eindimensional passlastigen Offense der Boilermakers werden schwer zu stopfen sein.

Peach Bowl:

#12 Pitt Panthers (11-2) vs. #10 Michigan State Spartans (10-2)
(in Atlanta; 01:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit)

Zwei der positiven Überraschungen der Saison treffen im ersten New Year’s Six Bowl aufeinander: Pitt gewann die ACC und war damit der erste Sieger dieser Conference seit 2010, der nicht entweder Clemson oder Florida State hieß. Für die Panthers ist es auch die erste Teilnahme an einem New Year’s Six Bowl.

Michigan State erlebte in der zweiten Saison von HC Mel Tucker einen ungeahnten Höhenflug. Nach einer 2-5 Bilanz in der 2020er Saison blieben die Spartans die ersten acht Spiele dieser Saison ungeschlagen, bis sie noch zwei Niederlagen gegen Purdue und Ohio State kassierten, die ihnen die Teilnahme am Big Ten Championship Game verwehrten. Dennoch ein großer Erfolg, der in der ersten New Year’s Six-Teilnahme seit 2015 mündete. Seinerzeit erreichten die Spartans sogar das Halbfinale, wo sie allerdings eine 0-38 Klatsche gegen Alabama hinnehmen mussten.

In den Storylines vor dem Bowl Game gingen die herausragenden Leistungen der beiden Teams allerdings etwas unter. Geredet wurde vor allem über den Bedeutungsverlust selbst der großen Bowl Game außerhalb der Playoffs. Grund waren die Absagen der beiden Gesichter des Erfolgs: Sowohl Pitt QB Kenny Pickett (dritter der Heisman-Wahl) als auch Michigan State RB Kenneth Walker (sechster der Heisman-Wahl) entschieden sich, das Spiel zugunsten einer intensiveren Draftvorbereitung sausen zu lassen. So sehr die Beweggründe der Spieler verständlich sind, kann ich mir gut vorstellen, dass mittelfristig eine Diskussion über den Wert der Bowlspiele angestoßen wird. Dass selbst die relevantesten Bowls keine Zugkraft für die Spieler mehr haben, wird wohl unvermeidlich als – wohlgemerkt sehr brüchiges – Argument für eine Playofferweiterung verwendet werden.

Nun denn, die Teams und ihre auflaufenden Spieler verdienen dennoch unsere Aufmerksamkeit.

Pitt

It’s Nick Patti time! Der langjährige Backup von Pickett darf nun endlich einmal auf großer Bühne zeigen, was er drauf hat. Patti warf lediglich 14 Pässe diese Saison, so dass wir von einer ziemlichen Wundertüte sprechen. Dass OC Mark Whipple mittlerweile nach Nebraska abgewandert ist, macht die Sache auch nicht unbedingt leichter.

Wie wird die Offense nun aussehen? Es ist zu erwarten, dass man Patti etwas mehr Hilfe durchs Laufspiel geben wird. Israel Abanikanda als physischer Runner und Vincent Davis als kleiner wendiger Komplementär-Back dürften mehr Carries als üblich sehen.

Doch anhand der Schwäche der Passverteidigung der Spartans würde ich es zumindest zu Beginn mit Pattis Pässen versuchen. Wer weiß, vielleicht kann er ja überraschen? Die größten Probleme der Spartans offenbarten sich am Perimeter, der beste WR der Panthers ist allerdings unzweifelhaft Biletnikoff Award-Gewinner Jordan Addison (93-1479-17), der vorzugsweise aus dem Slot agiert und dort seine überragenden Fähigkeiten als Playmaker ausspielt (top Ballskills, YAC-Monster, und trotz seiner geringen Größe dank unterschätzter Physis eine vorzügliche Redzone-Waffe). WR Taysir Mack wählte den Opt Out (fehlte zuvor auch schon ein paar Spiele), aber mich hat außen Jared Wayne als größeres Target eh ein wenig mehr überzeugt. Und dann wäre da noch TE Lucas Krull (37-443-6), der in der zweiten Saisonhälfte eine wichtigere Anspielstation wurde.

Aber reden wir nicht drumherum: Es hängt an Patti.

Auf der anderen Seite des Balles erwartet uns die typische Defense von HC Pat Narduzzi: aggressiv gegen den Lauf und mit vielen Blitzes, sehr viel Risiko mit Man und Cover 4 Press-Varianten in der Secondary. Das führt zu extrem vielen Sacks (#2 im College Football) und einigen forcierten Turnovers, aber eben auch zu dem einen oder anderen Big Play der gegnerischen Offense via Pass. Bei Pitt lebt und stirbt man eben mit diesem Risiko.

Die Line ist super bestückt mit DE Habbakuk Baldonado (9 Sacks) und meinem kleinen Mancrush DT Calijah Kancey (7 Sacks), aber auch genug andere Spieler (plus Depth) gehen erfolgreich auf QB-Jagd. Dahinter steht mit SirVocea Dennis einer der wenigen wirklich Playmaking Middle Linebacker (76 T, 9.5 TFL, 4 Sacks), der einige Plays hinter der Line machen kann. Diese Front wartet nicht ab, sondern attackiert bedingungslos. Keine leichte Aufgabe für gegnerische O-Lines.

In der Secondary sieht es etwas weniger optimistisch aus, v.a. da der beste CB Damarri Mathis den Opt Out gewählt hat. Gerade die Cornerbacks werden gegen die beiden starken Receiver der Spartans gefragt sein. Die beiden Safeties (hervorzuheben: Brandon Hill als hervorragender Run Defender) sollten vielleicht ein wenig vorsichtiger als üblich agieren, denn Michigan State lebt von Big Plays.

Michigan State

Natürlich ist auch der Ausfall von Kenneth Walker ein harter Schlag, aber er verändert die Tektonik der Offense nicht ganz so sehr wie Picketts Fehlen auf der anderen Seite. Im Laufspiel ergeben sich nun Chancen für Jordon Simmons (der vom Typ her vielleicht eher die Walker-Rolle übernehmen könnte) und den Big Back Elijah Collins, der nach der Durststrecke nach einer hervorragenden 2019er Saison nun wieder voll angreifen will. Die beiden werden Walker nicht ersetzen können, doch gegen Pitt wird es eh mehr auf den Pass ankommen.

QB Payton Thorne war eine der positiven Überraschungen der Saison. Kein spektakulärer Quarterback, aber besserer Arm als gedacht und mit genügend Mobilität ausgestattet, um Druck auch mal auszuweichen – was gerade in diesem Spiel wichtig sein wird. Seine Line ist okay, wird aber gegen diese Front sicher ein wenig zulassen.

Umso wichtiger ist es, den Ball schnell loszuwerden. Mit den beiden WR Jalen Nailor (31-587-6), einem ausgemachten Speedster, und Jayden Reed (53-946-8), ebenfalls nicht langsam unterwegs, ein guter Route Runner mit teils spektakulären YAC-Skills (auch durch konstant gebrochene Tackles), hat er gute Waffen, mit denen man die Secondary der Panthers attackieren kann. Die Spartans Offense lebt unter OC Jay Johnson von einem Mix aus schnellen Screens und Sideline-Pässen und tiefen Shots. Gerade erste werden sich gegen diese Front durchaus anbieten. Zudem ist mit Trickspielzügen zu rechnen, gerade die Flea Flicker funktionierten mehrfach erstaunlich gut.

Ich vermute, dass wir auch ein wenig mehr von TE Connor Heyward sehen, dem konvertierten RB (und Sohn vom legendären Ironhead Heyward). Hat sich doch erstaunlich schnell an die neue Position gewöhnt und ohne die überragende Saison von Walker vielleicht ein paar mehr Bälle gesehen. Aber so konnten die Spartans ihrem Big Play-Laufspiel vertrauen.

Die Defense – und hier insbesondere die Pass-Defense – hat letztlich einen noch besseren Saisonverlauf verhindert. Mit 338 zugelassenen Passing Yards pro Spiel liegen die Spartans auf dem letzten Platz aller 130 FBS-Teams. Total Yards sind oftmals misleading, eine solche Zahl – auch noch in der eher lauflastigen Big Ten – sollte allerdings schon Anlass zur Sorge geben. In diesem Falle ist es wohl wirklich gut, dass ein Gunslinger wie Pickett nicht gegen diese Unit antritt.

Die Stärken der Spartans liegen in der Front: DE Jacub Panasiuk (6 Sacks) und DT Jacob Slade führen eine unterschätzte Front an, die gegen den Lauf sehr diszipliniert agiert und – auch ohne die ganz großen Sack-Zahlen zu haben – vernünftig Pressure entfachen kann.

Auf Linebacker hat mir rFr. Cal Haladay (85 T) ziemlich gut gefallen, und aktuell bekommt sogar mein alter Favorit Noah Harvey aufgrund von Ausfällen wieder mehr Spielzeit. Diese beiden werden gefragt sein, das wahrscheinlich prominenter eingesetzte Laufspiel der Panthers in Schach zu halten, um ungünstige Down&Distance-Situationen für den unerfahrenen QB Patti zu forcieren.

HC Tucker wird hoffen, dass seine wackligen outside CBs nicht so häufig getestet werden wie in der regulären Saison. Eine besondere Aufgabe wird wohl NCB Darius Snow zukommen, der sich um Wr Addison kümmern muss – was ihm kaum gelingen dürfte. Hier ist wohl konstante Doppeldeckung oder verschiedene Arten Bracket Coverage angesagt. Verwendet man hierauf den mit Abstand besten Passverteidiger Xavier Henderson? Oder lässt man ihm mehr Freiheiten in Richtung Box, wo er seine exzellenten Fähigkeiten als Run Defender ausspielen kann? Immerhin verbuchte er nicht nur die meisten Tackles, sondern auch die meisten Tackles for Loss. Eher selten für einen Safety, der nicht primär im Nickel bzw. als Overhang eingesetzt wird.

Fazit: Zwei Secondaries mit Schwächen, zwei Receiving-Units mit Klasse – und ein unerfahrener Quarterback, der die nochmal deutlich schlechtere Secondary vielleicht nicht in gewünschtem Rahmen ausnutzen kann? Spricht man da von einer Patt(i)-Situation? Nein, ich tendiere zu Michigan State und ihrer Passing Offense. Oder verläuft das Spiel ganz anders und eine der Laufattacken dreht auf? Aufgrund der Ausfälle ein Spiel mit einigen Unwägbarkeiten.

4 Gedanken zu „Vorschau: CFB Playoff Halbfinals (und weitere Bowls)

Hinterlasse einen Kommentar